schmetterling

(Martin Jones) #1

»Irgendwas in der Luft, das auf die Lungen geht. Beklemmend.« Sie hustet
und betastet ihren Oberkörper – die kugelsichere Weste haben sie ihr
gelassen. »Egal, wen schert’s. Wahrscheinlich sitzt mir noch der Treffer von
vorhin in den Knochen.«
Pilar betrachtet sie nachdenklich.
»Nein, lass uns ruhig wissen, wenn dir was auffällt.«
»Auf einmal doch?« Grace grinst. »Oh, danke, ich habe eine Aufgabe.
Danke!«
»Ich wünschte, Jim wär hier«, sagt Kenny leise.
»Mhm.« D.S. klopft ihm auf die Schulter. »War’n guter Kerl.«
»Ich hab nicht aufgepasst. Ich hätte sehen müssen –«
»Der Ripper hat ihn erledigt, Kenny«, sagt Pilar knapp. »Du konntest da
rein gar nichts machen.«
Sie versucht, nicht an Jim zu denken, mit dem sie durchaus gute Zeiten
hatte, auch wenn es nicht zur großen Romanze reichte. Vor allem aber hat sie
ihn zu Nordvisk gebracht. Ohne sie würde er immer noch versuchen, das
ruinöse Strandcafé über Wasser zu halten und keine Sekunde lang bedauern,
sein Studium geschmissen zu haben.
Ohne mich würdest du noch leben.
Müßig, dieses Abzählen von Kettengliedern. Wir haben uns
ineinanderverhakt, so wie sich alle ineinanderverhaken. Wer ist schon
ursächlich an irgendetwas schuld? Niemand. Bis auf Eva vielleicht. Die arme
alte Eva hat tatsächlich die ultimative Arschkarte gezogen; also, ohne Eva
würde Jim noch leben. Sehen wir’s doch einfach so.
Unerbittlich knallt die Mittagssonne auf sie herab und bringt die
Kristalllandschaft zum Gleißen. Pilar hält die Tränen zurück. Sie will, dass
ihre Stimme fest klingt.
»Packen wir’s«, sagt sie.

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