schmetterling

(Martin Jones) #1

Witz. Buster ist mindestens einen Kopf kleiner als er. »Und was führt dich
rauf zu mir, Junge?«
»Dein Kaffee.«
»Klar, und ich bin wegen der rauschenden Partys hier.«
»Wir haben einen Todesfall. Jemand ist abgestürzt.«
»Diese verdammten Kids«, sagt Buster kopfschüttelnd. »Städter.«
»Keine Kids. Könnte sich um ein Verbrechen handeln.«
»Doch nicht in unserem schönen Sierra.«
»Nein, nie. Ist kompliziert. Vielleicht auch ganz einfach. Ich muss in Ruhe
nachdenken.« Luther tippt an seine Schläfe. »Wenn du’s rauchen siehst,
schlag keinen Alarm. Ist nur mein Kopf.«


Er geht mit seinem Kaffee nach draußen und setzt sich auf einen Felsbrocken.
Genießt einen Moment die Stille hier oben. Geräusche scheinen nicht länger
an ihren Ursprung gebunden, sondern schweben frei im Raum, ein steter
Fluss von Klangpartikeln, die der Wind heran- und mit sich fortträgt. Werden
und Vergehen, dessen Zeuge Luther wird, ohne etwas davon festhalten zu
können. Wenn Vergänglichkeit die Natur aller Dinge ist, also auch der
Gedanken, kommt man ihr hier so nahe wie sonst kaum irgendwo, und an
manchen Tagen gäbe er so einiges für das Verlöschen seiner Erinnerungen
oder dass der Wind sie einfach davontrüge. Ein Stück abwärts, in Höhe der
höchsten Baumwipfel, ragt ein windschiefer Fahnenmast aus einem
schneegefleckten Haufen Geröll. Das Sternenbanner bläht sich in der
erhitzten Luft. Auch wenn sattes Grün die Landschaft zurückerobert, das mit
zunehmender Entfernung ins Blaue und schließlich Tiefblaue schlägt, sodass
man am Horizont einen in riesigen Wogen erstarrten Ozean zu erblicken
glaubt, hat die Szenerie etwas von 1969, Mare Tranquillitatis, grob gepixelte
Schwarzweißbilder auf den Monitoren alter Röhrenfernseher, Fiepen und
Rauschen, durch das eine Stimme dringt wie eine Abfolge atmosphärischer
Störungen:

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