schmetterling

(Martin Jones) #1

an die Ufer bauschen sich Blüten, die selbst wie Insekten aussehen, öffnen
sich schillernde Flügel und Klauen, zwischen denen grellgelbe Pollenstempel
um Kontakt werben.
Eine letzte Biegung trennt sie von Downieville –


Der Aufzug wird benutzt.
Zuallererst fällt Pilar auf, dass die einzigen Rückstände aus den
Reifenprofilen der Geländewagen stammen. Keinerlei Patina, nicht das
kleinste Krümelchen oder Stäubchen. Auch das Tor selbst umgibt diese Aura
des Makellosen, die nicht erkennen lässt, ob etwas schon mehrfach oder noch
nie in Betrieb genommen wurde. Wozu aber sollte man eine Anlage, die seit
Jahrzehnten, vielleicht seit Jahrtausenden existiert, in solch aseptischem
Zustand halten, wenn nicht, um ihre ständige Funktionstüchtigkeit zu
sichern? Auch der Fahrstuhl gleitet so geschmeidig durch den Schacht, als sei
er gerade erst gewartet worden.
»Die beobachten uns«, sagt Eleanor mit Blick auf die fluoreszierenden
Kreise in den Wänden.
»Wer? Die Lichter?«
»Je länger ich sie betrachte, desto mehr betrachten sie mich.«
»Nö. Glaube, das sind nur Lampen.« Eine kleine Pille der Gelassenheit,
der Sicherheit halber verabreicht, damit Eleanor einen kühlen Kopf behält.
»Manchmal sieht man Dinge, die nicht da sind. Schau in einen Abgrund, und
der Abgrund schaut in dich.«
Eleanor lächelt. »Nietzsche.«
»Echt?«
»Ja. Sehr kluger Mann. Er ist verrückt geworden.«
Tatsächlich nimmt Pilars eigenes Empfinden, beobachtet zu werden, mit
jeder Sekunde zu. Sie tritt bis nah ans seitliche Gitter. Jetzt glaubt sie zu

Free download pdf