schmetterling

(Martin Jones) #1

»Keine Ahnung, wie stabil es ist.« Zwischen den Kuben und Türmen wellt
sich schimmernder Boden. Die meisten der Objekte stehen weit genug
auseinander, dass der Mercedes hindurchpassen würde, allerdings dürften
dabei etliche filigranere Strukturen zu Bruch gehen, die wie Mini-Skylines
aus dem Untergrund zacken. Dann beschreibt der Humusweg eine Kurve,
und Kenny trompetet zufrieden: »Landefeld Mittelachse. Wir sind wieder auf
Kurs. – Und etwa hier – gleich – jetzt genau müssten wir die Allee zwischen
Landefeld und Park überfahren haben. Gut, gut! – Durch den Park. Wir sind
praktisch da, ich bin mir sicher.« Er stoppt den Wagen an einer Y-Gabelung.
»Und hier war die hintere Terrasse. Definitiv. Wenn es hier ein Herrenhaus
gab, liegt es direkt vor unserer Nase.«
Sie steigen aus. Im Verklingen empfindet D.S. das Motorengeräusch erst
recht als vulgär und deplatziert in dieser Umgebung, die auf so seltsame Art
zugleich unberührt und bis ins Letzte durchgeplant wirkt. Schneidend klar ist
die Luft, unfassbar rein. Die Stille beredt. Kein ferner Autoverkehr, kein
Flugzeug, das in vielen Meilen Höhe dahindonnert. In ihrem Fehlen zeigt
sich die Allgegenwart menschgemachter Geräusche. Wenn dies das Resultat
einer Invasion ist, muss man ihr Pracht und Erhabenheit bescheinigen, aber
vielleicht gibt es ja nicht mal einen bewussten Urheber. Die Welt ist voller
natürlicher Erscheinungen, aus denen Menschen irrtümlich auf Konstrukteure
geschlossen haben: die sechseckigen Säulen von Staffa, Linien in der Nasca-
Wüste, Unterwasserpyramiden von Yonaguni, das Wachstum der Kristalle –
könnten auch diese glitzernden Formationen schlicht das Resultat kosmischer
Aussaat sein, eines Befalls? Doch die Wege und die hangarähnliche Kuppel
sprechen so unmissverständlich dagegen, dass D.S. beim Gedanken daran die
Haare zu Berge stehen.
Und plötzlich hat er das deutliche Gefühl, dass die Kristalllandschaft ihre
wahre Natur verschleiert.


Die Quantenrechner sind verschwunden.

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