schmetterling

(Martin Jones) #1

»Aber da.« Jaron zeigt auf eine kleine Halbinsel am Nordrand, etwa eine
halbe Meile entfernt. Ein Teil des Uferstreifens ist unbewachsen, ein
natürlicher Strand aus Lehm und Geröll.
Ruth schaut Luther an. »Halten wir das für eine gute Idee?«
»Spielt das noch eine Rolle?« Er versucht sich an einem Lächeln, schon,
weil es in letzter Zeit keine Veranlassung dazu gab. Einfach, um mal wieder
diesen Teil der Gesichtsmuskeln zu beschäftigen. »Unser bloßes Hiersein ist
keine gute Idee.«
»Abstimmung«, sagt Elmar. »Wer ist für landen?«
Die Neugierde siegt. Vielleicht auch die Hoffnung, menschlichen Wesen
zu begegnen, als sei dies dem Entdeckungsreisenden nicht in den allermeisten
Fällen zum Verhängnis geworden. In einer Wolke aus Staub, Erdreich und
Blättern setzen sie auf. Feuchte Luft schlägt ihnen durch die hochfahrenden
Türen entgegen, als schwappe heißes Wasser hinein.
»Ich brauche eine Waffe«, sagt Jaron.
Elmar schnaubt vor Lachen. »Das kannst du dir abschminken, Alter.«
»Wir sind in der Wildnis. Ich muss mich verteidigen können.«
»Wir verteidigen dich schon«, sagt Luther.
»Yep«, pflichtet ihm Ruth bei. »Und zwar bis zum letzten Atemzug.
Deinem, versteht sich.«
Der Hüne seufzt wie in deprimierender Einsicht, mit Kindern kein
vernünftiges Gespräch führen zu können. Kies knirscht unter seinen Stiefeln,
als er nach draußen springt und zum Wasser geht. Die anderen folgen ihm.
Luther sucht den Waldrand nach Hinweisen auf menschliche Besiedlung ab,
doch ein raumgreifendes Geflecht aus Büschen, Farnen und Moosen hat die
früher so gut passierbaren Kiefernhaine bis in die Wipfel durchsetzt. Lorbeer
und Nusseibe liefern sich Laokoon-Kämpfe mit Schlingpflanzen, denen die
maulartigen Blüten entsprießen. Kleine Käfer durchwimmeln die Kelche. Ein
penetranter Duft nach Gifteiche mischt sich mit Citrus- und Ananas-Aromen,
intensive Süße verspricht Kopfschmerzen bei längerem Einatmen.

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