schmetterling

(Martin Jones) #1

»Wie bitte?« Elmar schwenkt eine Faust in seine Richtung. »Die armen
Schweine in Afrika, denen du Ripper auf den Hals gehetzt hast, waren
geboren.«
»Die armen Schweine in 453, denen du Ares auf den Hals gehetzt hast,
auch.«
»Das war nicht ich! 453 ist nicht unsere Zukunft!«
Bravo, denkt Luther. Das würde Eleanor gefallen.
»Du hast mitverantwortet, ihn abzuschalten«, sagt Jaron ruhig. »Ohne
Vorstellung, was dann passiert. Und wir haben Afrika in Kauf genommen.
Was spielt es für eine Rolle, durch wen die Verlorenen sterben? Ob wir ihr
Dasein beenden oder eine Maschine? – Du in deiner Hybris willst alle retten
und gibst damit alle dem Untergang preis. Dein Humanismus ist inhuman. Du
verdammst Milliarden chancenloser, nutzloser Menschen dazu, geboren zu
werden und ein Leben in Rückständigkeit und Armut zu führen. Gnädig
wäre, ihnen zu ersparen, auf die Welt zu kommen, statt so vehement für ihr
Recht einzutreten, in der Scheiße zu sitzen. Finde dich damit ab, Elmar, du
hast keine Maschine gebaut, um die Menschheit zu retten, sondern eine, um
sie auf den Bruchteil ihrer selbst zu reduzieren.«
Die Worte pladdern in Luthers Bewusstsein, während er sich fragt, was
eigentlich so schlimm am Verschwinden der menschlichen Spezies wäre. Die
Antwort fällt sozusagen vom Baum; nein, eigentlich war sie immer schon da:
weil es gar keine Spezies gibt. Weil Spezies nur ein großspuriges Etikett ist,
ebenso wie Menschheit, Staat, Volk, Religion, Nationalität, Firma oder die
gern beschworene Sache, für die es zu kämpfen und zu sterben lohnt. Ideale
und höhere Ziele. All dieses Größere ist ein Sammelsurium von Konstrukten,
das schon der leiseste Wind der Veränderung umblasen kann. Und wieder
bleiben nur Menschen. Der Einzelne in seiner Einzigartigkeit –
Einzigartig? Wenn es dich unzählige Male gibt und du jedes mögliche
Leben irgendwo da draußen lebst?
Ich bin ich, denkt Luther.

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