schmetterling

(Martin Jones) #1

himmelhoch wie über Bergschluchten, weit kühner als in der Ebene und von
deutlich stabilerer Bauart, während das Geflecht der Netze und Gitter die
monumentale Architektur unverändert fein durchwirkt, wodurch es fast vor
den Augen verschwimmt. Der Höhenmesser zeigt eine Viertelmeile über
Grund, und immer noch fliegen sie unterhalb der meisten Turmspitzen und
Strebebögen. Von den Rändern der Granitabbrüche, die den Stadtrand
säumen, wölbt sich der Boden steil bergauf, weder ebene Flecken sind zu
sehen noch Treppen oder begehbare Rampen. Wer soll hier entlanglaufen,
geschweige denn fahren?
»Pilar?«, sagt Elmar. »Könnt ihr uns empfangen?«
Keine Antwort. Ins allgegenwärtige Rauschen mischen sich Knackser und
Krachen, Jaulen und Pfeifen und das Bollern von Wind. Luther vermeint
Schrittgeräusche zu hören, was eine wiederkehrende atmosphärische Störung
sein kann. Elmar drosselt das Tempo, und sie überfliegen den Rand der
Kristallstruktur.
»Komisch.« Er fummelt an den Reglern des Funkgeräts herum. »Wir
haben doch Sichtverbindung zur Farm. Vorhin hat’s funktioniert. Kenny,
Pilar? Jemand zu Hause?«
Dieselbe Frage stellt sich Luther hinsichtlich des Terrains, auf das sie jetzt
vordringen. Die Stadt sendet keinerlei Signale von Leben, und ganz sicher
wurde sie nicht für Menschen errichtet. Am ehesten noch lässt der äußere
Ring hergebrachte Strukturen erkennen, auch wenn sie in ihrer
monumentalen Art unbewohnbar wirken. Wie aus Eisbergen geschnittene
Quader hinter gleißenden Umfassungswällen, spitze und stumpfe Kegel und
kopfstehende Pyramiden, Obelisken, von denen gefrorene Fontänen auf
benachbarte Erhebungen überspringen, Reihen um Reihen gebogener
Nadelzinnen, als werde dieser außerweltliche Ort zubeißen, sollte jemand
Unbefugtes seine Grenze zu überqueren wagen. Es gibt beulige Kugeln, in
denen erstarrtes Zytoplasma zu leuchten scheint, spiralige Türme und endlos
emporstrebende Minarette. Es gibt Terrassen in schwindelnder Höhe, aber

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