schmetterling

(Martin Jones) #1

verfluchte Gestank um ihn herum. Luther hält sich den Ärmel vor Mund und
Nase, sieht Elmar zum Rand der Plattform gehen, wo sie an den Sockel eines
der Röhrendinger grenzt, ein Stück weiter Jaron und Ruth und noch
jemanden, Jaron und Elmar, einen hochgewachsenen Schwarzen, schaut zur
Seite, um sich nicht selbst sehen zu müssen –
»Luther?«
Dreht sich um. Nein, dort ist Ruth. Er blinzelt, filtert weiter die Luft mit
dem Hemdgewebe. Die Pheromone der Ripper. Das war so ähnlich. Weniger
heftig in der Entfaltung des narkotischen Effekts, aber er weiß noch, man
kann sich dagegenstemmen, zwei kommt nach eins, drei nach zwei, die
Vergangenheit ist unauflöslich und unumkehrbar, ich bin die Summe, so
schnell nicht zu täuschen. Gebt euch mehr Mühe, verdammt! Da war ein
zweiter Jet. War dort und hat sein Dortsein hinterlassen, und warum ich das
weiß? Weil –
»Luther! Komm.«
Weil Zeit nicht verstreicht. Sie verstreicht nicht. Sie weist keinerlei
Dynamik auf, ebenso wenig wie Länge, Breite und Höhe dies tun. Zeit, lasst
euch das von einem einfachen Drogenbullen und Provinzsheriff sagen, ist
schlicht die vierte Achse eines Koordinatensystems, in dem ein ganzes Leben
zur Skulptur heranwächst, langsam wie ein Stalagmit, dem Schicht auf
Schicht an Dasein hinzugefügt wird und dessen Starre symbolisch für die
Unmöglichkeit einer Wahl steht, wie sehr man auch glauben mag, eine
gehabt zu haben. Nichts kann die unschönen Stellen nachträglich glätten.
Aber man kann die Skulptur betrachten und versuchen, sie dennoch zu lieben.
Weil es nur sie gibt. Man kann sie betrachten, und man weiß, weiß –
Eine weitere, strahlende Kapsel hängt über der Ebene. Kreiselt um ihre
Achse, verkapselt das Sonnenlicht, badet in silbernen Tropfen, während die
Welt sich unter ihr davonbewegt –
All sein Wissen zerrinnt.

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