schmetterling

(Martin Jones) #1

Dann –
»Wir schließen den Zugang nicht.«
»Was soll das heißen?«
Dann –
Sie lächelt. Mit welcher Genauigkeit man einen Menschen nachbilden
kann. Großer Gott. Jedes ihrer Fältchen, jede ihrer Sommersprossen erzählt
von der dazugehörigen Person.
»Ob ich den Zugang schließe oder nicht, entscheidet sich, sobald ich deine
Absichten kenne.«
Er starrt und starrt. Perfide gelungen. Und doch ist unter ihrem offenen,
grün karierten, an den Knopflöchern ausfransenden alten Holzfällerhemd
wohl keine Haut. Beziehungsweise käme er auf die Idee, darunterzufassen,
wäre da welche. Als Kind in San Francisco, wann immer der Nebel
hereinzog, sah er die Welt verschwinden, und sie verschwand wirklich. Wer
hätte beweisen können, dass sie weiterhin existierte? Erst, wenn man in die
Schwaden, ins weiße Nichts, hineinging, konturierten sich plötzlich Umrisse,
trat Vertrautes zutage, die Details eingeebnet, und ging man noch näher
heran, war alles wieder an seinem Platz – aber war es auch da gewesen? Oder
erschuf sich die Welt jedes Mal neu, so wie sich diese Frau gerade erschafft,
immer so weit wie nötig, um die Illusion aufrechtzuhalten? Was er sieht, ist
Oberfläche, Substanz – mal wie Haut, mal wie Stoff – wie Haar, Horn und
Leder –
»Du bist nicht Ruth«, flüstert er.
»Ich dachte, es nimmt dir die Befangenheit.« Sie – das Ding, das wie Ruth
aussieht – betrachtet ihn interessiert, dann sagt es: »Warum bist du hier?«
»Wo ist Ruth?«
»Es geht ihr gut. Warum bist du –« hier, was hat dich hergebracht, was
sind deine Absichten – es trifft Ruths Stimmlage, Ausdruck, Betonung, doch
die Stimme wandert in seinen Kopf, wo sakrale Klarheit Einzug hält. Er hört
sich reden. Präzise erzählen, während er andächtig lauscht, von Sierra und

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