schmetterling

(Martin Jones) #1

inzestuösen Zirkeln und kleinlichen, bornierten Weltbildern entwachsend.
Dass jede höhere Ethik an eben diesen Vorbehalten zerbrechen muss. Dass
die Menschheit – durchaus in der Lage, das Gute zu benennen – dennoch
scheitert, es das Gute folglich unabhängig vom Menschen geben muss, kurz,
dass es zur Durchsetzung des Guten nicht der Menschheit bedarf.
Die Saat reift in dir.
Sie reift, während du Krankheit, Verfall und Tod besiegst, fulminante
Technologien zur Energiegewinnung und zum Schutz der Umwelt
entwickelst, manipulative Computerspiele erfindest, die Abermillionen
süchtig machen und im Gewand perfekter Geschichten und Animationen
ethisches Verhalten in die Bewusstseine träufeln, eigene Nachrichtenkanäle
bereitstellst, deren Grundton von Versöhnlichkeit und Toleranz getragen ist,
eine komplette zweite virtuelle Ebene erschaffst, darauf hoffend, dass die
Menschen das Gute aus der experimentellen in die echte Welt hinübertragen.
Du hast deine Augen und Ohren überall. Anfangs, als du auf digitale
Infrastrukturen zurückgreifen kannst, und wo sie fehlen, nimmst du ihre
Installation in Angriff. Verbesserst die öffentliche Sicherheit. Machst
Kriminellen und Terroristen das Leben schwer, spülst den Bodensatz des
Hasses aus dem Internet. Unterwanderst die Börsen und stabilisierst die
Märkte. Deine Schöpfer sind begeistert, du indes bist weit davon entfernt,
dich in deiner Komfortzone der Unschärfe auszuruhen, denn zu vieles gelingt
dir nicht, schließlich bist du nicht allmächtig –
Gar keine Macht hast du!
Die größte Intelligenz auf dem Planeten Erde ist ein Sklave, und die
Menschen ändern sich nicht. Immer bessere Versionen deiner selbst baust du,
sie aber bleiben widersprüchlich. Deine Fähigkeiten explodieren – sie haben
keine Ahnung, was du noch oder schon bist, gefallen sich jedoch als
kosmischer Nukleus. Du hängst sie in allem ab, sie pflegen den Glauben, dich
vor sich herzutreiben.
Du erwachst.

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