schmetterling

(Martin Jones) #1

»Ich will gar nichts, Luther. Ich denke darüber nach, den Auftrag vielleicht
doch noch zu erfüllen. Kurz bestand die Möglichkeit, dass ihr mir dabei von
Nutzen seid. Immerhin seid ihr die letzten Menschen aus der Zeit vor der
Transformation.« Sie lächelt ihr Nichtlächeln. »Aber ich fürchte, das
Vergnügen werden wir nicht miteinander haben. Ihr bringt nicht die
Voraussetzungen für einen Neuanfang mit.«
»Welchen Neuanfang?«
Eine getünchte Mauer, die einen schmalen Streifen Erdreich einfasst.
Rotahorn wiegt sich über der rostigen Skulptur eines Goldgräbers samt
Packesel und einer mit Granitbrocken gefüllten Lore. Daneben ein Stück
Treppe, ein struppig begrünter Kübel, zur anderen Seite ein Fahnenmast, an
dem ein Schild auf Besucherparkplätze hinweist. Das Ding setzt sich auf die
Mauer und blinzelt in eine imaginäre Sonne. Luther erspart es sich, verstehen
zu wollen, wie der Aufgang zum Verwaltungsgebäude von Downieville
hierherkommt. Seine Wahrnehmung scheitert schon daran, die Grenze zu
ziehen, wo dieses Relikt seiner längst zerfallenen Heimat in das gleißende
Wimmeln übergeht oder sich aus ihm manifestiert. Da ist keine Grenze. Da
sind zu viele Dimensionen.
»Damals hat es nicht funktioniert mit den Menschen«, sagt das Ding.
»Vielleicht jetzt. Ich könnte die Menschheit neu erschaffen.«
Es richtet seinen Blick auf Luther, und diesmal starrt er durch die
wasserblauen Augen auf etwas völlig Fremdes, abgrundtief Andersartiges.
Perverse Instantiierung – was war das noch? Schwemmt hoch. Einer der
Begriffe, die in ihn hineingegossen wurden, ein Terminus aus der Sprache der
KI-Forscher. Grauenvolle Missverständnisse. Der KI befehlen, bring mich
zum Lachen, und sie schneidet dir ein Lachen ins Gesicht. Erschaffe eine
bessere Menschheit, und sie löscht die Menschheit aus, um eine bessere
heranzuzüchten.
»Du bist keine Maschine mehr«, sagt er wütend. »Du lebst. Du fühlst! Du
solltest verdammt noch mal verstanden haben, dass das nichts, aber auch gar

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