schmetterling

(Martin Jones) #1

wurde die Halle mit den Jahren enorm erweitert. Von den Avenuen, die sie
der Breite nach durchschnitten, scheint es deutlich weniger zu geben, dafür
durchlaufen längs abzweigende Korridore den Komplex zu Hunderten, und
anders als früher folgen sie keinen geraden Linien, sondern schlängeln und
verzweigen sich wie Pfade in einem Dschungel. Urwaldartig wuchern auch
die Strukturen, mal dicht wie Mangroven, mal weit auseinandergezogen,
sodass ein Mensch durchaus zwischen ihnen Platz fände.
Ob Elli sich da reintraut? Die Läuse scheint es millionenfach hier unten zu
geben, sie leben in geschäftiger Symbiose mit den verflochtenen Tentakeln
und Knoten und erwecken nicht den Eindruck, als könnten oder wollten sie
ihr gefährlich werden, allerdings hat Grace weniger freundlich anmutende
Gestalten ausgemacht. Flinke Schemen, sekundenlang, die das Riesenhirn
durcheilen und Erinnerungen an einen spanischen Maler des vergangenen
Jahrhunderts aufkommen lassen. Grace erfreut sich keiner nennenswerten
kulturellen Bildung, doch sie erinnert sich lebhaft eines Ölschinkens, dem ihr
Kunstlehrer an der High School huldigte, die surreale Zurschaustellung einer
Heiligenversuchung: Tiere mit absurd langen Beinen und Lasten, die sie
stärker kennzeichneten als ihre eigentlichen Körper. Ähnlich erscheinen ihr
die Dinger in den Tiefen des Kristallwaldes. Nie kommen diese staksenden
Kolosse besonders nahe, doch sollte Eleanor tatsächlich Zuflucht in dem
Gewirr gesucht haben, könnte sie schon engeren Kontakt mit ihnen gehabt
haben.
Vielleicht ist sie ja längst tot.
Oder passt die Gelegenheit ab, mit dem Fahrstuhl zu entwischen. Was
Grace hören würde. Um sie dann aufzuhalten, darf sie sich nicht allzu weit
vom Zentralkorridor entfernen. Hastig macht sie kehrt, doch als sie die
Mittelachse erreicht, steht die Kabine an ihrem Platz.
Sinnlos. Sie wird das Aas abschreiben müssen.
Ihr Blick wandert zu den Geländewagen. Täuscht sie sich? Lag Pilar
vorhin nicht näher am Fahrzeug?

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