schmetterling

(Martin Jones) #1

Über Kenny, Phibbs und den alten Mann wagt sie gar nicht erst
nachzudenken.
Während der letzten Minuten ist sie der Äthiopierin mehrfach um
Haaresbreite entkommen. Einmal war sie dicht hinter Grace, aber was nützte
ihr das ohne Waffe? Flucht also. Doch wann immer sie fast am Fahrstuhl
war, tauchte ihre Verfolgerin im Mittelgang auf. Verzweifelt schlug Eleanor
sich sozusagen in die Büsche, kindliche Beschwörungen auf den Lippen,
lautlos natürlich, Kindergebete im Wald. Es schien ihr Schicksal, sich
hoffnungslos zu verlaufen, und dann begegnete sie zu allem Überfluss den
Mechanikern. Spontane Schnapsidee, sie so zu nennen. Drei von ihnen, direkt
hinter einer Biegung. Zwei mit endlos gespreizten Beinen wie riesige
Weberknechte ins Geflecht verhakt, vielfingrige Klauen am Werk,
Chitinwerkzeuge, die auf irgendeine chirurgische Art ins Kristallzeug
eintauchten, das sie weich und opalisierend – hat sie das wirklich gesehen? –
umfloss. Die dritte Kreatur, stehend, doppelt mannshoch, zu viele Augen und
alle auf sie gerichtet. Der Schock des Gesehenwerdens. Ihr Körper ein
Schaltwerk archaischer Impulse. Rennen, Kinderscham. Feigling, Feigling,
und wenn! Die Mechaniker lassen sie ziehen. Grace wäre wahrscheinlich
schlimmer. Dann ein Weg, eine Idee! Seitlich des Fahrstuhlschachts,
außerhalb der Blickachse des Mittelgangs – die Tür zum Treppenhaus, das
keines mehr ist –
Die Tür war dort. Ganz sicher!
Ist dort.
Sie huscht hinein. Dunkler als in ihrer Erinnerung. Der Abgrund bodenlos,
lichtlos. Ein kühler Luftzug streicht ihr übers Gesicht, als sie an die Kante der
Rampe tritt und sich vorbeugt. Tief unten geht es in die Sphäre. Angst
einflößend der Sog. Ein Schritt weiter und – spring! – zuckt zurück. Was löst
den Horror dieses abnormen Verlangens aus? Es schaudert sie bis ins Mark.
Im Zwielicht nimmt der spiralige Weg – stimmt ja, sie ist in einem Trichter –

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