schmetterling

(Martin Jones) #1

»Ich will, dass Tamys Narben verheilen, Ruth. Dass sie sich niemals in
irgendeiner Weise verantwortlich fühlt.«
»Wofür sollte sie sich denn verantwortlich fühlen?«
»Du kennst Teenager schlecht.«
Ruth verzieht das Gesicht. »Schön, ich kenne Teenager schlecht, ich war ja
auch nie einer.«
»So habe ich das nicht –«
»Bloß dass du sie unterschätzt, wenn du glaubst, sie würde dich nicht in
jeder Sekunde durchschauen.«
Luther bläst Luft durch die Backen. Vergräbt Daumen und Zeigefinger in
den Augenwinkeln, massiert sein Nasenbein.
»Ich denke einfach, sie sollte wissen, dass es irgendwann besser wird.«
»Wird es ja auch. Nur nicht, indem du so tust.«
Er schweigt.
»Pass mal auf, Luther.« Sie beugt sich vor. »Du hast Stärke bewiesen,
jeden Tag, das hat euch durch schwierige Zeiten getragen, aber sie will nicht
Iron Man als Vater. Du bist mies drauf? Erweise ihr den Respekt, sie daran
teilhaben zu lassen. Damit sie sich nicht beschissen fühlt, wenn sie vor dir
mal die Deckung fallen lässt. Sonst wird sie nämlich einsam.« Ruth macht
eine Pause. »Himmel, warum muss ich dir das überhaupt sagen? Ich reiße
hier eine Kalenderweisheit nach der nächsten ab.«
»Nur weiter.«
»Keine Lust mehr.«
Er legt die Hände aufs Lenkrad und verharrt eine Weile so.
»Okay, du hast recht. Der Fall setzt mir zu.«
»Na, endlich.« Ruth sinkt in ihren Sitz zurück. »Du surfst die Welle.
Wusste ich’s doch.«
»Ja, und sie ist ziemlich groß. Und wie alle Wellen kommt und geht sie. Es
trifft zu, was du sagst, und ich nehme es mir zu Herzen, aber Tamy muss
nicht jede Welle mitsurfen, solange ich fest auf dem Brett stehe.«

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