schmetterling

(Martin Jones) #1

Was nicht so einfach zu beantworten war, weil sie abgesehen von ein paar
verstörenden High-School-Erfahrungen und einer einzigen verstohlenen
Liaison zu Studienzeiten abstinent bis zur Selbstverleugnung gelebt hatte.
Mit gutem Grund. Alleinstehend im Polizeidienst, zumal wenn man aussah
wie Ruth Underwood – weiblich genug, dass sich Kollegen für ihr
Privatleben interessierten in der Absicht, dieses zu bereichern, um irritiert auf
Distanz zu gehen, weil ihr eckiger, sehniger Körper und die Herbheit ihrer
Züge dann doch zu sehr aus dem vertrauten Rahmen fielen und sie zudem
keinerlei Signale der Ermunterung aussandte –, erwartete einen zwar jede
vorstellbare Kränkung, nur auf das Nächstliegende kam keiner.
Die Zikaden erfüllten den Abend mit ihrem hypnotischen Gesang.
Über den Appalachen grollte Theaterdonner.
Willard rief an und verkündete, er werde mit Freunden im Saloon
weiterangeln, und Alicia solle bitte ohne ihn zu Bett gehen.
Was sie auch tat.
Aber mit Ruth.
Zwei atemlose Stunden verbrachten sie miteinander im Obergeschoss,
schweißnass in der Dunkelheit, dann stahl sich Ruth auf unsicheren Beinen
nach draußen und fuhr in einem Zustand nach Hause, in dem sie sich selbst
auf dem Highway nicht hätte begegnen wollen.
Erwischt wird sie trotzdem.


Der Sonnenreflex ist aus ihren Augen verschwunden, hinweggeblinzelt, und
Luther wartet geduldig.
»Was?«, fragt Ruth.
Er zuckt die Achseln. »Nichts.«
»Okay, wenn du’s denn wissen willst.« Sie rutscht tiefer in ihren Sitz. »Ich
hab mich in Meg Danes verknallt.«
»Oh.«
»Ja, oh.«

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