Süddeutsche Zeitung - 18.09.2019

(Tina Sui) #1

Leipzig– An diesem Montag haben in Dres-
denSondierungsgespräche von CDU, Grü-
nen und SPD zur Bildung einer Regierung
in Sachsen begonnen. Bei den Landtags-
wahlen erreichte die SPD nur 7,7 Prozent –
ein historisch schlechtes Ergebnis. Dirk
Neubauer ist Sozialdemokrat und seit
sechs Jahren Bürgermeister der Kleinstadt
Augustusburg. Ein Gespräch über Augen-
höhe in der Politik und warum viele Bürger
im falschen Film sitzen.


SZ: Herr Neubauer, Sie sind erst vor zwei-
einhalb Jahren in die SPD eingetreten. Ha-
ben Sie die Entscheidung je bereut – nach
dieser Landtagswahl zum Beispiel?
Dirk Neubauer: Nein. Wir haben es ja kom-
men sehen. Ich glaube auch nicht, dass die
Wähler zuallererst die Sachsen-SPD abge-
straft haben. Da war viel Berlin im Spiel.
Ein Satz, den ich im Wahlkampf oft gehört
habe: Ihr seid im Bund nicht wählbar.


Der Wahlkampf in Sachsen war ganz auf
den Spitzenkandidaten Martin Dulig zuge-
schnitten. Auf einem Plakat stand: „Wer
Dulig will, muss SPD wählen.“ Die eigene
Partei als Kröte, die man schlucken muss?
Martin Dulig steht in Sachsen als Gesicht
für die SPD, seine Beliebtheitswerte sind
gut. Nur hat das leider – wie bei der CDU üb-
rigens auch – kaum auf die Partei durchge-
schlagen. In Gesprächen habe ich immer
wieder gemerkt, dass die Menschen noch
zu wenig davon wissen, was die SPD in der
Landesregierung geleistet hat. Wir haben
beim Lehrermangel gegengesteuert, die Ki-
tas werden besser finanziert, mehr Polizis-
ten eingestellt. Wir sind ein wichtiges Kor-
rektiv zu einer CDU, die in den vergange-
nen 30 Jahren Fehler gemacht hat.


Reicht das als Markenkern?
Wir müssen die arbeitende Mitte wieder er-


reichen. Was wir jahrelang gemacht haben,
ist, die Leute in ein Kino zu setzen und im-
mer denselben Film zu zeigen, und jetzt fin-
den sie den Film scheiße und wollen ihr
Geld zurück. Das liegt auch daran, dass sie
den Film nicht selbst gedreht haben. Wir
müssen dahin kommen, dass Menschen
das Gefühl haben, dass sie ihr Leben beein-
flussen können und auch müssen.

Hat Ihre Partei Fehler gemacht?
Wir sind noch immer zu sehr mit dem Zei-
gefinger unterwegs. Dieses unterschwelli-
ge Belehren des Wählers: Diese Partei

darfst du nicht wählen. Das hat im Wahl-
kampf dazu geführt, dass die AfD nur noch
präsenter war. Jetzt führt kein Weg an der
Frage vorbei: Warum hast du so gewählt,
was ist dein Schmerz?

Wo tut es denn weh?
Das Gefühl des Abgehängtseins hat viele
Ebenen, nicht nur die wirtschaftliche. Ich
habe mit Handwerksmeistern gesprochen,
die mir sagten: Ich ersticke in Bürokratie.
Viele Ältere stellen fest, dass sie irgend-
wann mal ausgesperrt wurden aus ihrem
Leben. Weil sie ihre Biografie abhaken
mussten, ihr Wissen nach der Wende plötz-
lich nicht mehr gefragt war. Das sitzt tief.

Rechtfertigt es, eine in Teilen rechtsextre-
me Partei zu wählen?
Auf keinen Fall. Aber meine Erfahrung ist,
dass viele Menschen so entpolitisiert sind,
dass sie sich die Frage nach den Folgen ih-
rer Wahlentscheidung gar nicht stellen. Ich
habe Leute im Bekanntenkreis, die bei den
Ausschreitungen in Chemnitz dabei wa-
ren, denen habe ich gesagt: Leute, ihr habt
verdammt noch mal die Pflicht, euch zu in-
formieren, bei wem ihr euch da einreiht.

Seit den Kommunalwahlen im Mai sitzen
Sie auch im Kreistag Mittelsachsen. Bei
der Wahl des fünften Vertreters im Pla-
nungsverband Chemnitz wurde ein AfD-
Mann gewählt, wohl auch mit Stimmen
der CDU. Ähnliche Fälle gab es in Görlitz,
Pirna, Zwickau. Wächst da Schwarz-Blau
von unten?
Mein Kritikpunkt in Richtung CDU war ein
anderer: Ihr könnt nicht nach außen die
klare Ansage eures Ministerpräsidenten
stützen und dann hier still und heimlich da-
gegen arbeiten. Das ist ein Glaubwürdig-
keitsthema. Durch reines Ausgrenzen wer-
den wir aber auch nichts erreichen. Das
zahlt nur auf der Protestseite ein.

In den vergangenen Monaten haben viele
Politiker das Bürgergespräch wiederent-
deckt. Der sächsische Ministerpräsident
hat es zum Regierungsstil erhoben. Reicht
das, um AfD-Wähler zurückzugewinnen?
Reden allein sicher nicht. Wir brauchen ei-
ne inhaltliche Auseinandersetzung und
am Ende müssen wir die Leute davon über-
zeugen, dass wir die besseren Argumente
und Konzepte haben. Ich war auf einigen
AfD-Veranstaltungen: die gleichen Selbst-
hilfegruppen. Da steht einer vorn und sagt:
Das ist alles Mist. Dann melden sich fünf
Weitere und sagen: Stimmt, alles totaler
Mist. Dann ist die Veranstaltung zu Ende.

Was, wenn die Leute keine Inhalte wollen
außer „Ausländer raus?“
Wir dürfen die Menschen nicht unterschät-
zen. Dieses Wahlergebnis ist auch der Ruf:
Schaut mal, wir haben eine Stimme. Viele
von ihnen haben 30 Jahre lang die Erfah-
rung gemacht, dass ihre Meinung nieman-
den interessiert. Jetzt haben sie Aufmerk-
samkeit, und wir müssen uns auf die Ge-
sprächsebene begeben, mühsam kleinste
Fakten verhandeln und in konkrete Politik
übersetzen. Ich hasse das Wort alternativ-
los, aber in diesem Fall trifft es zu. Wir sind
an einem Punkt, wo die Leute uns nur noch
das glauben, was sie sehen. Mit Verspre-
chungen kommen wir da nicht mehr weit.

Es muss also in den kommenden Jahren
ein ICE von Berlin über Görlitz in die Ukrai-
ne fahren, wie es der Ministerpräsident
im Wahlkampf versprochen hat?

Das ist dann wohl so. Dieser politische Kon-
junktiv treibt ja selbst mich als relativ enga-
gierten Zeitgenossen die Wand hoch.
Wenn ich von etwas überzeugt bin, zum
Beispiel, dass der Freistaat digitalisiert
werden muss, dann schreibe ich in den An-
trag nicht hätte, wollte, könnte, sondern:
Wir müssen. Seit Michael Kretschmers An-
tritt hat sich da schon einiges geändert.
Zum Beispiel?
Es gibt eine andere Gesprächskultur. Bei-
spielsweise wurden alle Bürgermeister
von Gemeinden mit weniger als 5000 Ein-
wohnern eingeladen, um über Probleme
zu reden, ohne Agenda von oben, offenes
Mikrofon. So etwas habe ich lange ver-
misst. Nur haben 20 Monate vielleicht
nicht gereicht, um das im ganzen Land be-
kannt zu machen.
Wenn Ausgrenzen die Wut schürt, wohin
führt dann eine Kenia-Koalition?

All jenen, die sagen, nun hat die AfD bald
30 Prozent, ihr müsst die an der Regierung
beteiligen, erkläre ich gern Demokratie: 70
Prozent wollen das nicht – auch das ist ein
Wählerauftrag.

Wie wird die SPD wieder wählbar?
Ich würde der Bundes-SPD raten, ihr Heil
in der Opposition zu suchen. Wir müssen
uns sammeln, es sind Personalfragen zu
klären. Wir haben viele gute Leute, die
noch nicht sichtbar sind.

Welches Bewerberduo für den Bundesvor-
sitz der Partei ist Ihr Favorit?
Ich glaube Petra Köpping und Boris Pistori-
us wären die beste Lösung. Köpping hat
viel Erfahrung auf kommunaler Ebene, ei-
ne wechselvolle Ost-Biografie, eine starke
Stimme. Dann könnten wir ein so unsinni-
ges Amt wie den SPD-Ostbeauftragten ab-
schaffen. Wir hätten auch innerhalb der
Partei Augenhöhe.

Das Prinzip Augenhöhe pflegen Sie auch
als Bürgermeister. Sie haben das Internet-
portal „Mein Augustusburg“ eingerich-
tet, wo Bürger sich mit Ideen einbringen
können. Wie wird es angenommen?
19 Vorschläge gibt es in diesem Jahr. Darun-
ter eine eigene Wetterstation, damit auch
wir bei der ARD im Laufband auftauchen.
Gerade sind wir dabei, alte Telefonzellen
aufzukaufen, um darin öffentliche Bücher-
schränke einzurichten. Ich bin ein großer
Fan der Idee, das flächendeckende Küm-
mern in ein Ermöglichen zu verwandeln.
Mehr Vertrauen vom Freistaat gegenüber
den Kommunen und mehr Vertrauen der
Kommunen Richtung Bürger. Das ist der
entscheidende Hebel. Wenn wir den nicht
umlegen, haben wir das, was vor der Wahl
alle befürchtet haben, nur um fünf Jahre
verschoben. interview: ulrike nimz

von jan heidtmann

H

orst Nattke hat gerade – das macht
er recht unverblümt klar – genug
von Journalisten. In der Woche
nach der Wahl in Brandenburg haben sie
ihm die Tür eingerannt und heute, wäh-
rend seiner wöchentlichen Sprechstunde,
rufen gleich zwei von ihnen an. „Ich weiß
nicht, die wievielte Sie sind“, antwortet
Nattke einer Journalistin. „Aber Sie sind
nicht unter den ersten zehn.“
Horst Nattke ist Bürgermeister von Hei-
nersbrück, knapp 600 Einwohner, gelegen
an der Abrisskante zum Braunkohletage-
bau. Cottbus, die Hauptstadt der Branden-
burger Kumpel, ist nur 20 Autominuten
entfernt. Wenige Tage nach der Wahl hat
sein Ort so mit einer multiplen Interessen-
lage zu kämpfen: Da ist zum einen der
Tagebau, den das Verwaltungsgericht Cott-
bus kürzlich stillgelegt hat, weil die Um-
weltschutzauflagen nicht erfüllt wurden.

Da ist dieses Wahlergebnis, 50,5 Prozent
der Stimmen aus Heinersbrück gingen an
die AfD, das zweithöchste für die Rechts-
populisten in ganz Brandenburg. Und da
ist Bürgermeister Nattke selbst, der keiner
Partei angehört, sondern der Wählergrup-
pe Freiwillige Feuerwehr Heinersbrück.
Umfragen zeigen, dass die Brandenbur-
ger der Feuerwehr mehr vertrauen als je-
der anderen staatlichen Institution. Mehr
als der Polizei, ihrem Ministerpräsidenten
oder dem Wahlleiter. Ein Grund ist sicher-
lich, dass Feuerwehrleute etwas tun, was
nicht zu hinterfragen ist: Brände löschen,
Hochwasser abpumpen, Sandsäcke sta-
peln, Leben retten, manchmal bis an den
Rand der Erschöpfung. „Die Leute, die sich
bei der freiwilligen Feuerwehr verpflich-
ten, ticken anders“, sagt Nattke.
Nattke, ein Mann von Schrot und Korn,
kräftiger Händedruck und nur die Ruhe in
den Augen, ist seit 44 Jahren dabei. Lange
als Wehrführer, das heißt als Chef, 20- bis
25-mal müssen er und seine Leute im Jahr
ausrücken. Er schätzt die Kameradschaft
und den persönlichen Einsatz, Wochenen-
den, die einer bei Schulungen oder im
Einsatz verbringt, ohne einen Cent dafür
zu bekommen. „Wir können uns nicht
einfach alle drücken, so funktioniert
Gesellschaft nicht“, sagt er. Ohne die Frei-
willigen, das ist wahr, wäre Brandenburg
längst abgebrannt. Nur in den fünf größ-
ten Städten wie Potsdam oder Cottbus gibt
es Berufsfeuerwehren, abseits davon müs-
sen die 38 000 Ehrenamtlichen ran. Doch
die zunehmende Spaltung in der Gesell-
schaft, die sich in einem 23-Prozent-Erfolg
der AfD bei der Landtagswahl zeigt, spaltet
nun auch die Feuerwehren.
In Blankenfelde-Mahlow, einem Ort süd-
lich von Berlin, kam es zu einem veritablen
Streit. Anlass war ein Wahlplakat des AfD-
Kandidaten Daniel Freiherr von Lützow,
der sich in einer Art Uniform abbilden ließ.
„Dem Ehrenamt wieder eine Stimme ge-
ben“, lautete sein Slogan. 45 Mitglieder der
Gemeindefeuerwehr verwahrten sich in
einem offenen Brief gegen die Kampagne:
Sie wollten „ausdrücklich darauf hinwei-
sen, dass Herr von Lützow nicht mit der
Stimme aller Mitglieder der Gemeindefeu-
erwehr Blankenfelde-Mahlow spricht.“
Formal gehören die freiwilligen Feuer-
wehren zur Verwaltung, sie sind deshalb
verpflichtet, politisch neutral zu bleiben.

Aber es war immer ein gedeihliches Neben-
einander mit der Politik: Die Feuerwehr ist
für ihre Ausrüstung auf staatliches Geld
angewiesen, andererseits zehren Politiker
gerade in Wahlkampfzeiten gerne von ih-
rem Nimbus. So fehlte das Lob der Helden
auch in kaum einer Wahlkampfrede von
Ministerpräsident Dietmar Woidke. Auf ei-
nem Plakat warb er gemeinsam mit einer
Frau in Feuerwehruniform für die SPD.
Doch seitdem sich politisch die Fronten
verhärtet haben, müssen die Einsatzkräfte
um ihre Unabhängigkeit kämpfen.
„In den letzten fünf Jahren ist die Politik
in die Feuerwehr eingedrungen“, sagt
Heiko Nägel. Er ist Stadtbrandmeister in
Velten, einem kleinen Ort bei Oranien-
burg, ein Freiwilliger seit 33 Jahren. Wäh-
rend des Wahlkampfs „wollten sich die
Parteien gegenseitig ausstechen, wer mit
der Feuerwehr darf und wer nicht“, erzählt
Nägel. „Da haben wir ganz klar einen Rie-
gel vorgeschoben.“ Seitdem nimmt seine
Feuerwehr an keiner politischen Veranstal-
tung mehr teil, nicht einmal mehr an den
Familienfesten, die meist von einer Partei
mitveranstaltet werden. „Früher haben
wir das für die Kinder gemacht“, sagt
Nägel, aber das sei jetzt tabu. „Wir werden
sonst in eine Ecke gedrängt.“
Wie weit die Polarisierung die Feuerweh-
ren erreicht hat, zeigt sich in Cottbus. Dort
hat Lars Schieske bei der Landtagswahl
eines von zwei Direktmandaten für die AfD
gewonnen. Bis dahin hat der 42-Jährige bei
der Berufsfeuerwehr in Cottbus gearbeitet,
seit 25 Jahren ist er außerdem Mitglied der

freiwilligen Feuerwehr. Beides weiß er für
seine politische Agenda zu nutzen, die eng
verbunden ist mit dem hart rechten Verein
„Zukunft Heimat“. Bereits 2018 hat er am
Rande einer rechten Demonstration die
Mitläufer über den Lautsprecher seines
Feuerwehreinsatzwagens als „Patrioten“
gegrüßt. Ein anschließendes Disziplinar-
verfahren feierte er als „beste Wahlkampf-
veranstaltung für mich“. Von da an wurde
Schieske bei AfD-Veranstaltungen regelmä-
ßig als „der Feuerwehrmann aus Cottbus“

vorgestellt, nur um dann zu sagen, er sei
heute nicht als Feuerwehrmann da. An-
schließend hetzte er gegen Geflüchtete,
sprach vom „täglichen Vergewaltigen,
Messern und Morden“.
Die Situation in Cottbus war während
des Wahlkampfs derart zugespitzt, dass
sich andere Feuerwehrleute in der Stadt
aufgerufen sahen, zu reagieren. „Wir woll-
ten in Cottbus auch ein bisschen Farbe
zeigen. Zeigen, dass wir bunt sind“, sagt
Jonathan Kaschula, 30. Er ist bei der frei-

willigen Feuerwehr in Sandow, einem
Bezirk von Cottbus. Und so, wie Kaschula
seinen Verband beschreibt, ist er der Ge-
genentwurf zur Weltsicht eines Lars Schies-
ke. In der Jugendgruppe von Sandow sind
auch Jungs aus Indien oder Syrien, und als
es darum ging, an einem Bürgerfest gegen
einen Auftritt von Björn Höcke teilzuneh-
men, da waren sich die Kameraden schnell
einig, hinzugehen. „Die Feuerwehr muss
politisch neutral sein“, sagt er. „Aber man
ist in der Feuerwehr auch für jeden da.“
Auch für Flüchtlinge, meint Kaschula.
In Heinersbrück, dem Ort, in dem die
AfD 50,5 Prozent holte, könnte die Feuer-
wehr noch der Kitt sein, der das Dorf
zusammenhält. Horst Nattke, der Bürger-
meister von Heinersbrück, will eigentlich
gar kein Bürgermeister sein. Er war Fahrer
beim Kraftwerk Jänschwalde, dessen Kühl-
türme im Nordwesten emporragen, jetzt
ist er in Rente. Aber weil es keinen anderen
Kandidaten gab und Heinersbrück sonst
vom Amt Peitz mitverwaltet worden wäre,
hat er sich von der Wahlgruppe Feuerwehr
aufstellen lassen. „Bei einer ‚Fremdregie-
rung‘ von oben wäre sicherlich vieles
Persönliche im Ort verloren gegangen“,
sagt Nattke.
Die Aufregung über die AfD kann er
nicht verstehen. „Was meckern die etablier-
ten Parteien eigentlich so gegen die?“, fragt
Nattke. „Warum spricht man nicht einfach
mal mit denen?“ Aber Nattke sagte auch,
was schon Feuerwehrmann Kaschula aus
Cottbus gesagt hat: „Wir von der Feuer-
wehr sind unpolitisch. Wir helfen jedem.“

Wo es wehtut


Seit AnfangSeptember ist die SPD in Sachsen einstellig, das Land nach rechts gerückt. Wie soll es weitergehen? Ein Bürgermeister hat da ein paar Ideen


Berlin– Deutschland engagiert sich
weiter für eine Konferenz zur Befrie-
dung der Lage in Libyen. Zur Vorberei-
tung kamen am Dienstag die außenpoli-
tischen Berater und hochrangige Beam-
te aus den Außenministerien der ent-
scheidenden Staaten im Kanzleramt
zusammen, wie ein Regierungssprecher
derSüddeutschen Zeitungbestätigte.
Deutschland versucht, die ständigen
Mitglieder des UN-Sicherheitsrates,
aber auch Länder wie Italien und die
Türkei, für die Konferenz zu gewinnen.
Die Bundesregierung sehe die Lage in
Libyen mit „großer Sorge“, hatte ihr
Sprecher Steffen Seibert am Montag
gesagt. Es gebe militärische Auseinan-
dersetzungen, der politische Prozess
liege brach, die gesamte internationale
Gemeinschaft sei gefordert. Ziel sei eine
Konferenz im Herbst. Angela Merkel
(CDU) hatte vergangene Woche vor
einem Stellvertreterkrieg in Libyen
gewarnt und angekündigt, Deutschland
werde seinen „Beitrag leisten“. dbr


Berlin– Das Bundesamt für Sicherheit
in der Informationstechnik (BSI) hat
bestätigt, dass Tausende medizinische
Patientendaten ungeschützt abgeflos-
sen sind. Nach einem Bericht des Bayeri-
schen Rundfunks und der US-Investiga-
tivplattform ProPublica sind weltweit
sogar Datensätze von mehreren Millio-
nen Patienten auf nicht geschützten
Servern gelandet. Dabei soll es sich um
sensible Daten wie Brustkrebsscree-
nings, Wirbelsäulenbilder oder Röntgen-
aufnahmen handeln. In Deutschland
seien 13 000 Patienten betroffen.
„Wenn selbst bei so sensiblen Daten wie
Röntgenaufnahmen, Mammografien
oder MRT-Bildern grundlegende IT-Si-
cherheitsmaßnahmen missachtet wer-
den, zeigt das, dass IT-Sicherheit noch
immer nicht den Stellenwert einnimmt,
den sie verdient“, sagte BSI-Präsident
Arne Schönbohm. Nur wenn die Bürger
Vertrauen in die Sicherheit ihrer Daten
hätten, werde die Digitalisierung erfolg-
reich sein. Die Bundesregierung arbei-
tet derzeit an der Einführung einer
elektronischen Gesundheitskarte, auf
der Patientendaten gespeichert werden
sollen. reuters


Informationskasten an der alten Wache in Heinersbrück. Die Freiwillige Feuerwehr ist 96 Jahre alt, vor ein paar Jahren zog sie in ein neues Gebäude um. FOTO: HEIDTMANN

Horst Nattke (links) ist seit 44 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Heiners-
brück. Im Mai haben ihn seine Kameraden zum Bürgermeister gemacht.FOTO: NATTKE

Ungeschützte Patientendaten


Helden gesucht


Die Brandenburger vertrauen der Feuerwehr mehr als jeder anderen staatlichen Institution, das zeigen Umfragen. Diesen Nimbus machen
sich auch die Parteien zunutze, allen voran die AfD. Doch viele Einsatzkräfte sehen die Vereinnahmung durch die Politik mit Skepsis

Das Glas war nicht halb leer, sondern leer bei der SPD-Party zur Landtagswahl in
Sachsen,beider die Partei so verheerend abschnitt. FOTO: HENDRIK SCHMIDT / DPA

Berlin– Einem relativ geringen Anteil
Opiatabhängiger steht in Bayern eine
besonders hohe Zahl an Toten durch
Opiate gegenüber. Dies geht aus der
Antwort des Bundesgesundheitsminis-
teriums auf eine Anfrage der Linken
hervor. Nur Bremen hat demnach mehr
Herointote, bezogen auf die Einwohner-
zahl. In Bayern ist die Quote etwa dop-
pelt so hoch wie beim Drittplatzierten
Hessen, auch in Berlin sterben umge-
rechnet nur halb so viele Menschen wie
in Bayern an einer Vergiftung mit Hero-
in oder Morphin. In vielen bayerischen
Gefängnissen werde Süchtigen eine
Therapie mit Ersatzstoffen vorenthal-
ten, hatte die damalige Drogenbeauf-
tragte der Bundesregierung, Marlene
Mortler (CSU), im Mai bemängelt. Das
Problem verschärft sich: Kamen 2015
noch 4,1 Drogentote auf jede Million
Einwohner in Bayern, ist dieser Wert bis
2018 auf 5,1 gestiegen. „Statt auf Hilfe
durch sichere Drogenkonsumräume
und Substitutionsprogramme setzt der
Freistaat nach wie vor auf Repression“,
kritisierte Linken-Fraktionsvize Susan-
ne Ferschl. rst  Seite 4


Dirk Neubauer, 48,ist
seit 2013 Chef der sächsi-
schen Kleinstadt Augus-
tusburg, seit 2017 Mit-
glied der SPD. Kürzlich
erschien sein erstes
Buch: „Das Problem sind
wir: Ein Bürgermeister in
Sachsen kämpft für die
Demokratie“.FOTO: NIMZ

DEFGH Nr. 216, Mittwoch, 18. September 2019 (^) POLITIK HMG 5
Die zunehmende Spaltung
der Gesellschaftist auch
bei der Feuerwehr zu spüren
Viele Herointote in Bayern
Berlin willLibyen-Konferenz
INLAND

Free download pdf