Die Weltwoche - 12.09.2019

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Weltwoche Nr. 37.19 15
Bild: Siphiwe Sibeko (Reuters)


Robert Gabriel Mugabe (1924–2019) —
Robert Mugabe wurde in der katholischen
Mission von Kutuma geboren. Sein Vater
verschwand. Ein irischer Priester wurde zu
seinem Ersatzvater. Er erzählte ihm vom
irischen Osteraufstand 1916 gegen die bri­
tische Kolonialmacht und weckte im jun­
gen, blitzgescheiten Mugabe den unbändi­
gen Willen zur Unabhängigkeit.
Er studierte an der einzigen für Schwarze
zugänglichen Universität von Fort Hare, in
Südafrika, wurde Marxist und ging später
als Lehrer nach Ghana, dem ersten befreiten
Land Afrikas. Zurück in Harare, wurde er
nach mehreren Rückschlägen und langem
Gefängnisaufenthalt Kommandant der Be­
freiungsarmee und erzwang 1977 einen Sieg
über das Terror regime der weissen Siedler.
An die Staatsspitze aufgestiegen, organi­
sierte er freie Wahlen und implementierte
die allseits gerühmte Politik der Alphabeti­
sierung, des Kampfes gegen den Hunger
und der Sicherung der Gesundheit.
2003 verkündete Mugabe die Agrar­
reform – und das hat mich beinahe meine
Uno­Karriere gekostet. Zwei Drittel des
fruchtbaren Agrarlandes waren bis dahin in
den Händen von 6000 weissen Grossgrund­
besitzern gewesen. Sieben Millionen land­
loser Bauern hatten an Unterernährung
und Elend gelitten. Mugabe begann Land
zu enteignen. Die westlichen Regierungen
schrien Zeter und Mordio, Mugabe trete das
Völkerrecht mit Füssen. Ich war Sonder­
berichterstatter der Uno für das Recht auf
Nahrung. Uno­Generalsekretär Kofi Annan
wollte Klarheit haben. Er schickte mich

Nachruf


nach Harare. Bei meiner Rückreise hielt mir
ein Reporter der BBC ein Mikrofon unter
die Nase – was mein Eindruck der Agrarre­
form sei? «Sie ist legitim», sagte ich. «Eng­
land hat, durch die Verweigerung der
versprochenen Zahlungen für die Entwick­
lungshilfe, selbst die Lancaster­House­
Verträge verletzt.» Eine Diffamierungs­
kampagne, wie ich sie noch nie erlebt habe,
brach los. «Ziegler, der Freund und Kom­
plize des Massen mörders Mugabe!», hiess
es. Annan schützte mich. Ich überlebte.
Die Agrarreform endete im Chaos: Die
landlosen Bauern, unter ihnen eine Mehr­
zahl von Veteranen des Befreiungskrieges,
stürmten die Plantagen, zerstörten die Um­
zäunungen, töteten Siedler. Statt rechtlich
geordneter Besitzübernahme und Entschä­
digungen herrschten von nun an unsägli­
che Zustände der blinden Repression, der
bodenlosen Korruption und des sozialen
Elends im Land. Mugabe regierte fortan ein
in Elend und Verzweiflung ver sinkendes
Volk.
«Comrade Bob», wie ihn seine Gefolgs­
leute über halbes Jahrhundert nannten,
wurde im November 2017 nach über dreis­
sigjähriger Herrschaft als Präsident von
Zimbabwe gestürzt.
Letzte Woche verstarb er 95­jährig, ver­
bittert und einsam, in einem Spitalzimmer
in Singapur. Sein letzter Wille: Er wollte in
einem anonymen Massengrab und nicht
auf dem National Heroes Acre, dem Fried­
hof in Harare, auf dem die Helden und Hel­
dinnen des Befreiungskampfes bestattet
sind, beerdigt werden. Jean Ziegler

Philipp Metzger, Steuereintreiber, ruft das
Parlament auf den Plan. Es geht um die Mehr­
wertsteuer auf den Radio­ und TV­Empfangs­
gebühren, die Metzgers Bundesamt für
Kommunikation (Bakom) zu Unrecht erho­
ben hat und die den Gebührenzahlern nun
zurück erstattet werden muss. Obschon die
Mehrwertsteuer all die Jahre direkt oder indi­
rekt im SRG­Gebührentopf gelandet ist, soll
nicht die SRG, sondern die Steuerzahler für
den Fehler aufkommen und den Gebühren­
zahlern, also sich selbst, die Gelder zurücker­
statten – ein Umstand, der in den Spalten die­
ser Zeitschrift jüngst kritisiert wurde. Auch
der nationalrätlichen Finanzkommission
sind die Vorgänge rund um die Mehrwert­
steuer­Abrechnungen des Bakom nicht ge­
heuer. Sie beantragt der Finanzdelegation,
die Eidgenössische Finanzkontrolle solle der
Sache nachgehen und abklären, ob beim
Bakom alles mit rechten Dingen zugegangen
sei. (fon)


Marc Funk, Eisaufbereiter, amtiert als CEO
bei Lonza. Kaum eine Schweizer Gemeinde
ist derart abhängig von einem einzelnen
Arbeitgeber wie das Walliser Städtchen Visp
von Lonza. Das Unternehmen beschäftigt im
lokalen Werk rund 2800 Angestellte. Nun
gibt es auch auf Glatteis Vollgas und tritt als
Namensgeber des neuen Eisstadions «Lonza
Arena» auf. Bei der Halleneröffnung am ver­
gangenen Freitag sagte der Lonza­Chef: «Wir
sind sehr stolz auf diese Sportanlage und
liefern damit ein klares Bekenntnis zum
Standort Visp.» Persönlich fällt dem passio­
nierten Mountainbiker und Skifahrer die
Orientierung am rink aber nicht immer ganz
leicht: «Ich sehe den Puck nicht.» (tre)


John Bolton, Paläo­Falke, setzte einen Tweet
ab für die Geschichtsbücher. «Lasst mich das
klarstellen, ICH habe gekündigt.» Kurz zu­
vor hatte US­Präsident Donald Trump
mitgeteilt, dass die «Dienstleistungen des
Nationalen Sicherheitsberaters nicht mehr
benötigt werden». Der dramatische Bruch er­
folgte nach monatelangen Spannungen. Bol­
ton, aggressiver Befürworter von militäri­
schen Interventionen und Regimewechseln,
war angeblich von den Friedensverhandlun­
gen mit den Taliban ausgeschlossen worden.
Trump, der versprach, das Militärengage­
ment in Nahost abzubauen, sagte im Früh­
jahr: «In der Tat stutze ich John immer wieder
die Flügel, was ziemlich erstaunlich ist.» In
Nordkorea, Venezuela und anderen Krisen­
herden stand Boltons feuriger Ansatz oft im
Widerspruch zu den kühleren Neigungen des
Oberbefehlshabers. Trump beschwerte sich:
«Solche Leute wollen uns in einen Krieg stür­
zen, es ist so ekelhaft.» Ekelhafter noch als
Boltons gelbweisser Seehundschnauzer, den
Trump angeblich verabscheute. (ah)


Regent über Elend und Verzweiflung: Mugabe.
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