Die Welt Kompakt - 19.09.2019

(C. Jardin) #1
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DIE WELIE WELIE WELT KOMPAKTT KOMPAKT DONNERSTAG, 19. SEPTEMBER 2019 POLITIK 5


dafür, dass das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge in
Anker- und funktionsgleichen
Einrichtungen in Zusammenar-
beit mit den Jugendämtern bei
der Altersfeststellung unbeglei-
teter minderjähriger Schutzsu-
chender stärker eingebunden
wird“, sagte Mayer WELT.
Inzwischen hat Baden-Würt-
temberg nachgezogen: Ähnlich
wie im Saarland werden Asylbe-
werber, die verdächtigt werden,
beim Alter zu schummeln, nun
zentral an der Universitätskli-
nik Heidelberg untersucht. Bei
bisher vier von sieben Ver-
dachtsfällen wich demnach laut
„Stuttgarter Zeitung“ das medi-
zinisch festgestellte Mindestal-
ter vom behaupteten Alter ab.
Bisher verließen sich Jugendäm-
ter im Südwesten vor allem auf
die Angaben der Migranten. Ge-
röntgt wurde selten, weil Kriti-
ker wie die Bundesärztekammer
oder Flüchtlingsinitiativen dies
fffür einen schweren Eingriff inür einen schweren Eingriff in
die körperliche und seelische
Unversehrtheit halten.

Altersprüfung:


Viele Zweifel


sind berechtigt


Studie besagt: Vier von zehn jungen


Asylbewerbern machen falsche Angaben Röntgenbilder helfen bei der Altersbestimmung


PICTURE ALLIANCE / DPA

/ FELIX KÄSTLE

D


ie Zweifel an den Al-
tersangaben junger
Asylbewerber bei
der Einreise nach
Deutschland sind nach einer
Studie in vielen Fällen berech-
tigt. In einer noch unveröffent-
lichten Erhebung haben Rechts-
mediziner der Uniklinik Müns-
ter Hunderte Altersgutachten
aus den Jahren 2007 bis 2018
ausgewertet. Insgesamt wurden
den Angaben zufolge 594 Gut-
achten überprüft; bei 234 Be-
troffenen wurde ein Mindestal-
ter von 18 Jahren oder darüber
ermittelt. Demnach waren 40
Prozent der Asylbewerber, die
sich bei ihrer Einreise als Min-
derjährige ausgegeben hatten
und die in Münster untersucht
wurden, 18 Jahre oder älter.
Hauptherkunftsländer der un-
tersuchten Personen waren Af-
ghanistan, Guinea, Algerien und
Eritrea. Bei 92 Prozent der un-
tersuchten Fälle handelte es
sich um männliche Migranten.

VON PHILIP KUHN

Rechtsmediziner werden in
einem Drei-Stufen-Verfahren
aktiv, wenn Gerichte oder Ju-
gendämter Zweifel an den Al-
tersangaben der Asylbewerber
haben. Dabei wird mithilfe von
Röntgenbildern des Handge-
lenks und des Kiefers sowie ei-
ner Untersuchung des Schlüs-
selbeins nachgewiesen, ob das


  1. Lebensjahr vollendet ist.Die
    Ergebnisse der Münsteraner
    Studie, über die zuerst „Focus
    online“ berichtete, sind wenig
    überraschend. Eine ähnliche
    Quote hatte das Saarland be-
    reits 2018 ermittelt. Als einziges
    Bundesland hat man im kleins-
    ten deutschen Flächenland Ju-
    gendämtern frühzeitig die
    Kompetenz zur Altersfeststel-
    lung entzogen – offiziell, um
    die Ämter zu entlasten. Statt-
    dessen werden seit 2016 alle
    Migranten, die im Saarland an-
    geben, minderjährig zu sein,
    durch eine zentrale Stelle auf
    ein Hofgut gebracht und dort
    begutachtet. Die Untersuchun-
    gen decken sich etwa mit der
    Studie aus Münster: Von Febru-
    ar 2016 bis Januar 2018 wurde
    bei 528 Migranten im Saarland
    nach Inaugenscheinnahme und
    Befragung das Alter angezwei-
    felt und eine Röntgenuntersu-
    chung des Handknochens ange-
    ordnet. Ernüchterndes Ergeb-
    nis: 254 Migranten hatten fal-


sche Altersangaben. „40 Pro-
zent ist eine hohe Quote“, sagte
die stellvertretende Unions-
fraktionsvorsitzende Nadine
Schön (CDU) WELT mit Blick
auf die Münsteraner Studie.
„Wir nutzen im Saarland alle
Methoden, um das richtige Al-
ter herauszufinden – seit Jah-
ren mit Erfolg. Ich kann nur da-
für werben, das überall in
Deutschland zu machen“, sagte
die Saarländerin, die sich seit
Jahren mit dem Thema Alters-

feststellung befasst. „Unter 18-
jährige Flüchtlinge profitieren
von deutlich besseren Leistun-
gen – damit sind auch höhere
Kosten verbunden, die den
Steuerzahler treffen. Deswegen
müssen wir Grenzen setzen
und konsequent gegen Miss-
brauch vorgehen. Nur so schaf-
fen wir Akzeptanz für unsere
Flüchtlingspolitik.“ Tatsächlich
haben minderjährige Migranten
Vorteile. Sie können die Stan-
dardprozedur für Asylbewerber

vermeiden, müssen nicht in
Sammelunterkünften leben,
sondern werden in Einrichtun-
gen der Jugendhilfe gefördert.
Minderjährige dürfen sofort ei-
ne Schule besuchen und kön-
nen nur schwer abgeschoben
werden. Auch der parlamentari-
sche Staatssekretär im Bundes-
innenministerium, Stephan
Mayer (CSU), fordert eine bun-
deseinheitliche Regelung. „Ent-
sprechend der Vorgaben des
Koalitionsvertrags bin ich sehr
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