Süddeutsche Zeitung - 12.09.2019

(Brent) #1
Nach lauter Kritik beansprucht Rumänien
keinenÜbergangskommissar mehr für die
letzten Wochen der Juncker-Kommission.
Der Sozialdemokrat Ioan Mircea Pașcu wä-
re nur bis Ende Oktober im Amt und ohne
Zuständigkeit gewesen, hätte aber nach
Angaben der EU-Behörde mit allen Vergü-
tungsansprüchen Kosten von bis zu einer
Million Euro verursacht. Zuvor hatte auch
Estland verzichtet. Beide Länder sind seit
Juli nicht mehr in der EU-Kommission ver-
treten, weil die Amtsinhaber nach der Eu-
ropawahl ins EU-Parlament wechselten.
Während Estlands Kandidatin für die Über-
gangsphase, Kadri Simson, unter Ursula
von der Leyen das Energieressort betreu-
en soll, wäre Pașcu nach wenigen Wochen
ausgeschieden. Rumänien soll künftig von
Rovana Plumb vertreten werden; sie ist als
Transportkommissarin vorgesehen. MATI

Bern– Väter in der Schweiz erhalten
künftig zwei Wochen bezahlten Vater-
schaftsurlaub. Das hat das Parlament
am Mittwoch entschieden. Die geschätz-
ten Kosten belaufen sich nach Angaben
des Bundes auf etwa 229 Millionen
Franken pro Jahr. Abgelehnt wurde
dagegen der Vorschlag einer Volksinitia-
tive von vier Wochen Elternzeit. Die
Initiatoren können ihren Vorschlag nun
zurückziehen oder die Bevölkerung
abstimmen lassen. Bislang gewährt die
Schweiz Vätern nur einen Tag Eltern-
zeit. Mütter erhalten 14 Wochen bezahl-
ten Mutterschaftsurlaub. iff


Washington– Anlässlich des Jahres-
tags der Anschläge vom 11. September
2001 hat US-Präsident Donald Trump
neue Maßnahmen zur Terrorabwehr
angeordnet. Die Regierung hat künftig
mehr Handlungsspielraum beim Vorge-
hen gegen Terrorverdächtige, deren
Geldgeber und Unterstützer. Trumps
Dekret erweitere eine Exekutivanord-
nung von Ex-Präsident George W. Bush,
die nach den 9/11-Anschlägen unter-
zeichnet worden sei. Danach sollen
US-Außen- und Finanzministerien in
die Lage versetzt werden, Köpfe mut-
maßlicher Terrorgruppen und deren
Verbündeter direkt ins Visier zu neh-
men, „ohne Terrorführer mit bestimm-
ten Akten in Verbindung bringen zu
müssen“. ap


Berlin/Peking– Noch ehe der junge Mann
den Raum betritt, rangeln die Fotografen
bereits um die besten Plätze. Joshua Wong,
der wenig später durch die Tür der Bundes-
pressekonferenz tritt, wirkt umso ruhiger.
Beinahe staatsmännisch tritt der 22-Jähri-
ge am Mittwoch im grauen Anzug auf das
Podium. Er schaut zunächst abwechselnd
nach links und nach rechts, damit alle
Kameras ihn erwischen. Als er dann sitzt,
nimmt er erst einmal einen Schluck Was-
ser und legt sich einen Zettel zurecht. Dann
redet er. 15, 20 Minuten lang, ohne dass es
jemand wagt, ihn zu unterbrechen. Manch-
mal klingen seine Sätze pathetisch: „Hong-
kong ist das neue Berlin in einem neuen
Kalten Krieg,“ sagt er über die Proteste in
der Sonderverwaltungszone. Was dort
passiert, geht die ganze Welt an, will er da-
mit sagen.
Seit Wochen gehen in Hongkong Hun-
derttausende Menschen auf die Straße. Es
ist eine Bewegung, die keinen Anführer
will, keinen Anführer hat; Wong ist den-
noch als eine Art Sprecher der Zornigen
nach Berlin gekommen. Die ersten Wo-
chen, als die Proteste um das Ausliefe-
rungsabkommen mit China gerade erst be-
gonnen hatten, saß der 22-Jährige noch im
Gefängnis. Zwei Monate musste er wegen
Missachtung des Gerichts absitzen. Die
Vorwürfe stammten immer noch aus der
Zeit der Regenschirmbewegung von 2014.
Die Prozesse gegen die führenden Köpfe
der Bewegung waren damals für viele Men-
schen das erste Zeichen dafür, dass sich et-
was veränderte in ihrer Stadt, im stolzen
Hongkong, in dem es lange Freiheiten und
Rechte gab, die Peking seinen eigenen Bür-
gern nie zugestanden hat.
Dicke Brille, strubbelige Haare und ein
Gespür dafür, im richtigen Moment die
richtigen Worte zu finden: Das zeichnet
Wong aus. Mit zwölf Jahren organisierte er
erstmals Proteste in seiner Heimat, da-
mals ging es gegen ein neues Schulfach,
das den jungen Hongkongern Treue zur
kommunistischen Partei vermitteln sollte.
Am Mittwoch sagt er: „Wir werden niemals
schweigen“. Man werde kämpfen bis zum
letzten Tag. David gegen Goliath, schrei-
ben die Medien; das Unmögliche möglich
machen, nennt Joshua Wong das.
An diesem Vormittag wirkt es, als
bräuchte die Protestbewegung jemanden
wie ihn vielleicht gar nicht so sehr in Hong-
kong, sondern vielmehr in Deutschland,
wo man sich schwertut bei der Suche nach
dem richtigen Umgang mit der aufsteigen-
den Wirtschaftsmacht. China ist ein Land,
das viel verspricht, aber wenig hält, das

überall mitspielt, aber immer wieder Re-
geln bricht. Joshua Wong aus dem kleinen
Hongkong steht auch für diesen weltwei-
ten Konflikt. Wong sieht sich selber gar
nicht als Sprecher der Proteste in Hong-
kong, in Berlin wird er es zwangsläufig. Au-
ßenminister Heiko Maas lässt sich dort mit
ihm ablichten. Christian Lindner lädt ihn
zum Kaffeetrinken ein. Die Grünen-Politi-
kerin Margarete Bause posiert mit ihm mit
passenden grünen Regenschirmen.

Erreicht hat Wong in seiner kurzen Zeit
in Deutschland vor allem eins: Peking ist
so richtig sauer. Oder „stark unzufrieden“,
wie man das im chinesischen Außenminis-
terium nennt. Deutschland habe sich mit
dem Besuch entschieden, „Separatisten
die Einreise zu gestatten“, so der Vorwurf.
Für China ist das ein „Akt der Respektlosig-
keit“. Mehrmals soll Peking Berlin dazu ge-
drängt haben, dem Hongkonger Aktivisten
die Einreise zu verweigern. Dort wollte
man aber nicht hören. Deshalb hat China
den deutschen Botschafter in Peking einbe-
stellt. Der „Zwischenfall“, wie es der chine-
sische Botschafter in Berlin nennt, werde
zudem negative Konsequenzen für die bila-

teralen Beziehungen zwischen Deutsch-
land und China haben.
Die Reaktionen zeigen, wie sehr die chi-
nesische Regierung derzeit unter Druck
steht. Vor einer Woche hat die Hongkonger
Regierung die Rücknahme des Gesetzes-
entwurfs für das geplante Auslieferungsab-
kommen angekündigt. Geholfen hat das
wenig. Die scheinbar versöhnliche Geste
beeindruckt die meisten Demonstranten
kaum: zu wenig und zu spät, sagen die
Hongkonger. Sie pochen auf die vier ver-
bleibenden Forderungen, darunter eine
unabhängige Untersuchung der Polizeige-
walt und eine Reform des Hongkonger
Wahlsystems. Außerdem sollen Festge-
nommene freigelassen und die Demonstra-
tionen nicht mehr Aufstände genannt
werden.
Jeden Tag gibt es in der Stadt weitere
Demonstrationen. Viele Universitätsstu-
denten und Schüler streiken. Am Sonntag
könnten erneut Hunderttausende auf die
Straße gehen. Bei einem Fußballspiel am
Dienstagabend buhten die Zuschauer, als
die chinesische Nationalhymne lief. Tau-
sende drehten dem Spielfeld ihren Rücken
zu. Später sangen die Fußballfans „Glory
to Hongkong“ – ein eigens für die Bewe-
gung komponiertes Lied, das in der Stadt
inzwischen als inoffizielle Hymne gehan-
delt wird. Es ist diese Art des Protests, die
kaum daran glauben lässt, dass sich die La-

ge in der Stadt bald beruhigen könnte.
Auch zu Hause muss die Kommunistische
Partei um Schadensbegrenzung kämpfen.
In den vergangenen Monaten hat die
Staatspresse Hass gegen die Hongkonger
Demonstranten geschürt, sie als Kakerla-
ken und Aufständische verunglimpft. Zu-
letzt unterstellte ein Blatt den Frauen in
Hongkong sogar, sich den Demonstranten
zum Sex anzubieten.

Viele Festlandchinesen haben seit der
Rücknahme des Gesetzes nun das Gefühl,
dass den Menschen in der chinesischen
Sonderverwaltungszone mehr Rechte zu-
gestanden werden als ihnen selbst. Immer-
hin hat Peking die Forderungen von Be-
ginn an als grundlos abgetan. Die Staats-
medien bemühen sich daher, nun so wenig
wie möglich über Hongkong zu berichten.
Debatten um Hongkong werden im Netz
nicht mehr angestachelt, sondern zensiert.
Beruhigen kann das viele Chinesen kaum.
In zweieinhalb Wochen feiert China sei-
nen 70. Gründungstag. Es ist einer der
wichtigsten Jahrestage in diesem Jahr-
zehnt für die Parteiführung. Auf dem Platz
des Himmlischen Friedens werden bereits

die Anlagen für die größte Militärparade
aufgebaut, die es in der chinesischen Ge-
schichte je gegeben hat. An einigen Orten
hat Peking Plakate aufhängen lassen, auf
denen es zur Einheit aufruft. Hongkong,
Taiwan, Macao und alle Chinesen, die im
Ausland lebten, müssten nun fest zusam-
menstehen.
Doch egal wie viele Panzer und Raketen
Präsident Xi am 1. Oktober auffahren lässt:
Es kann nicht darüber hinwegtäuschen,
wie falsch die Partei die Lage in Hongkong
eingeschätzt hat. Erst im Januar hatte der
Präsident im Kreis hochrangiger Kader vor
politischen Unruhen und wirtschaftlichen
Schwierigkeiten in China gewarnt. „Träg-
heit, Inkompetenz und ein Außer-Acht-
Lassen der öffentlichen Meinung“ seien
die größten Gefahren für die Macht der Par-
tei, warnte Xi Jinping. Neun Monate später
liest sich das wie eine ziemlich treffsichere
Analyse seiner eigenen Hongkong-Politik.
Der Konflikt in der Stadt hätte vom
ersten Tag an durch wenige Zugeständnis-
se gelöst werden können. Doch auf jeden
Widerstand hat Peking mit noch mehr Ge-
walt geantwortet. Anstatt pragmatisch
Zugeständnisse zu machen, hat die Zentral-
regierung unter Präsident Xi auf ihrem
absoluten Machtanspruch bestanden. Und
sich damit maßlos verkalkuliert. Aus einer
Forderung, nämlich der Rücknahme des
Gesetzes, sind nach drei Monaten fünf ge-
worden. Gleichzeitig scheint das Vertrauen
zwischen den Hongkongern und ihrer Poli-
zei fast irreparabel zerstört. Der Schaden
ist immens. Der Wirtschaftsstandort Hong-
kong ist international massiv beschädigt.
Wongs Auftritt in Berlin verdeutlicht
dies. Überparteilich scheint es fast so et-
was zu geben wie einen Konsens: China als
Partner bleibt unberechenbar. Verträge gel-
ten wenig, Zusagen nichts. In die Debatte
mischen sich auch Fragen wie die nach
Huaweis Beteiligung am 5G-Netz. Hong-
kong hat Berlin aufgerüttelt. Und mit einer
harten Linie gegenüber China, härter als
die von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu-
mindest, macht man anscheinend in die-
sen Tagen in Berlin erfolgreich Politik.
Der Schaden für Präsident Xi Jinping ist
so groß, dass derzeit in Peking noch ein an-
derer Verdacht kursiert: dass es in der kom-
munistischen Partei vielleicht auch Interes-
se gäbe, den Konflikt weiter eskalieren zu
lassen. Dass man dem Präsidenten absicht-
lich falsche Informationen habe zukom-
men lassen, um seine Position weiter zu
schwächen. Im Peking dieser Tage scheint
plötzlich alles möglich zu sein.
lea deuber, benjamin emonts

Geld gespart


von karoline meta beisel
und matthias kolb

Brüssel– In ihrer Rede vor den EU-Abge-
ordneten hatte Ursula von der Leyen im Ju-
li angekündigt, sie wünsche sich eine „stär-
kere Partnerschaft“ mit dem Parlament.
Die anschließende Wahl machte deutlich,
dass die Beziehung bislang noch nicht be-
sonders stark ist: Gerade mal neun Stim-
men mehr als benötigt erhielt die CDU-Poli-
tikerin bei ihrer Wahl zur künftigen Präsi-
dentin der EU-Kommission.
Das zeigte zum einen die Vorbehalte des
Parlaments gegen eine Kandidatin, die
nicht als Spitzenkandidatin bei der Europa-
wahl angetreten war, sondern von den
Staats- und Regierungschefs gekürt wur-
de. Das knappe Ergebnis erlaubte aber
auch einen ersten Blick auf die neue Reali-
tät im Europaparlament: Weil Christ- und
Sozialdemokraten erstmals zusammen kei-
ne Mehrheit haben, ist es viel schwieriger
geworden, dort Beschlüsse zu fassen.

Manfred Weber (CSU), Chef der Christ-
demokraten im EU-Parlament, weiß, dass
das seine Arbeit verändern wird. „Wenn
wir im Parlament erfolgreich sein wollen,
dann müssen wir anfangen, uns als Koaliti-
on zu begreifen“, sagte er, frisch aus dem
Urlaub zurück, kürzlich in Brüssel. Wenn
es ihn noch schmerzt, dass er sich als Spit-
zenkandidat der Christdemokraten im Par-
lament nicht durchsetzen konnte, dann
merkte man ihm davon nichts an: gut ge-
launt, erholt und seit Neuestem mit Bart
präsentierte er sich vor Journalisten.
Mit „wir“ meint Weber das Trio aus
Christ- und Sozialdemokraten und der libe-
ralen Renew-Fraktion, die mit ihren Stim-
men maßgebend waren für die Wahl von
der Leyens. Auf deren Zusammenarbeit
hofft er auch für die Zukunft. „Der erste
Moment dafür ist das Votum über die künf-
tige Kommission“, sagt er. Denn ohne Zu-
stimmung einer Mehrheit der 751 Abgeord-
neten kann von der Leyens Team die Ar-
beit nicht zum 1. November aufnehmen.

Solches Bündnisdenken ist dem Europa-
parlament eigentlich fremd, weil es in dem
Sinne keine EU-Regierung gibt, die von ei-
ner Koalition gestellt werden würde. Natür-
lich haben die Parteien auch vor der Wahl
zusammengearbeitet, um Gesetze zu ver-
abschieden. Aber eben nicht so fest, wie
das bei einer Regierungskoalition der Fall
ist. Hört man sich bei den Sozialdemokra-
ten um, gewinnt man nicht den Eindruck,
als würde sich an diesem Vorgehen bald et-
was ändern: Wenn es um den Rechtsstaat
oder die Rolle des Europaparlaments gehe,
werde man zusammenstehen – etwa im Ju-
li bei dem Plan, Abgeordneten der rechts-
populistischen Fraktion „Identität und De-
mokratie“ Schlüsselpositionen im Parla-
ment zu versperren. Zu ihr gehören neben
der AfD die italienische Lega und der Ras-
semblement National von Marine Le Pen.
Ansonsten entscheide man von Gesetz zu
Gesetz, heißt es bei den Sozialdemokraten.
Unterstützung erhofft sich Weber auch
von den künftigen Exekutiv-Vizepräsiden-

ten der Kommission: dem Sozialdemokra-
ten Frans Timmermans und der Liberalen
Margrethe Vestager. Er wünscht sich, dass
sie im Parlament eine „aktivere Rolle“ spie-
len und Einfluss auf die jeweiligen Fraktio-
nen nehmen: „Sie könnten dabei helfen,
für Gesetze die notwendigen Mehrheiten
zu erreichen.“ Und dass von der Leyen mit
dem Letten Valdis Dombrovskis kurz vor
der Präsentation des Teams und zum Er-
staunen vieler auch einen Christdemokra-
ten zum Exekutiv-Vize machte, sorgt auf
dieser Ebene für ein Gleichgewicht der Par-
teien, was Weber recht sein dürfte.
Wen er bei seinen Überlegungen nicht
einplant, sind die Grünen. Deren Fraktion
hatte vor der Abstimmung im Juli angekün-
digt, nicht für die Kandidatin zu stimmen.
Die Ausgangslage sei darum klar: „Wir hat-
ten sie eingeladen, sich unserer Gestal-
tungsmehrheit anzuschließen, aber sie ha-
ben sich gegen Ursula von der Leyen ent-
schieden“, sagt Weber. Er gehe aber davon
aus, dass die Grünen „im Einzelfall auch
konstruktiv an Bord sein“ werden.

Das entspricht ziemlich genau dem, wie
der grüne Co-Fraktionsvorsitzende Philip-
pe Lamberts seine Partei in den kommen-
den fünf Jahren sieht, nämlich in der Rolle
der „konstruktiven Opposition“. Der Belgi-
er sagt: „Wir werden jeden Gesetzesvor-
schlag genau prüfen und dann entschei-
den.“ Er verweist darauf, dass von der Ley-
en bei der geheimen Wahl offenbar auch
Stimmen von Europaskeptikern aus Polen,
Ungarn oder Italien bekommen haben
dürfte. „Wenn sie eine prodemokratische
Mehrheit haben will, dann braucht sie un-
sere Stimmen“, sagt Lamberts.
Wie groß der Konsens der vier Fraktio-
nen ist, die sich „proeuropäisch“ nennen,
dürfte sich im Oktober bei den Anhörun-
gen der designierten Kommissare zeigen.
Alle müssen Fragen des jeweiligen Fach-
ausschusses beantworten, die danach der
Personalie zustimmen oder sie ablehnen.
Als wahrscheinlich gilt, dass der Ungar Lá-
szló Trócsányi durchfällt: Dass der Ex-Jus-
tizminister des autokratisch regierenden
Viktor Orbán für Erweiterungspolitik zu-
ständig sein und in dieser Funktion Länder
auf dem Westbalkan zu mehr Rechtsstaat-
lichkeit und Korruptionsbekämpfung an-
halten soll, halten viele für inakzeptabel.
Als gesichert gilt die Zustimmung für Pa-
olo Gentiloni , den designierten Währungs-
kommissar und Ex-Premier Italiens. Des-
sen Nachfolger Giuseppe Conte äußerte in
Brüssel die Hoffnung, dass Europa Italien
„starke Unterstützung“ leisten werde, um
in eine digitale und grüne Wirtschaft zu in-
vestieren. Der Nachrichtenagentur Reu-
ters zufolge plant seine Mitte-links-Regie-
rung eine höhere Neuverschuldung für


  1. Das Haushaltsdefizit solle auf 2,
    Prozent des Bruttoinlandsproduktes stei-
    gen; für 2019 wird mit 2,04 Prozent gerech-
    net. Sollte die EU-Kommission erneut ein
    Defizitverfahren gegen Rom einleiten, wä-
    re Gentiloni zuständig.  Wirtschaft


Das Gesicht des Konflikts


Während in Berlin der Hongkonger Aktivist Joshua Wong als Idol der Proteste gefeiert wird, schadet die Krise Präsident Xi in Peking schwer


Mehrfach soll Peking Berlin dazu
gedrängt haben, Joshua Wong
die Einreise zu verweigern

Tokio– In Japan hat Ministerpräsident
Shinzo Abe bei einer Kabinettsumbil-
dung den populären Abgeordneten
Shinjiro Koizumi zum Umweltminister
ernannt. Damit könnten Koizumis Chan-
cen für die Nachfolge Abes als Chef der
Liberalen Demokratischen Partei stei-
gen. Abes Mandat als Parteichef endet
im September 2021. Shinjiro Koizumi
ist Sohn des charismatischen Ex-Regie-
rungschefs Junichiro Koizumi und ei-
ner der beliebtesten Abgeordneten. Der
38-Jährige wird drittjüngster Minister
in Japan seit Ende des Zweiten Weltkrie-
ges sein. Von den 19 künftigen Kabi-
nettsmitgliedern hatten 13 zuvor noch
kein Ministeramt inne. Abe hält aber
auch an einigen Weggefährten fest wie
dem 78-jährigen Finanzminister Taro
Aso. reuters  Seite 4


Kairo– Ein Gericht in Ägypten hat den
Anführer der dort verbotenen Muslim-
bruderschaft, Mohammed Badie, sowie
zehn weitere Islamisten zu lebenslanger
Haft verurteilt. Sie sollen mit der Palästi-
nenserorganisation Hamas Spionage
betrieben haben. Das Strafgericht in
Kairo verurteilte am Mittwoch auch
fünf Mitangeklagte zu sieben bezie-
hungsweise zehn Jahren Haft. Badie
und andere Kader der inzwischen aufge-
lösten Muslimbruderschaft waren in
anderen Verfahren bereits zum Tod
oder langen Haftstrafen verurteilt wor-
den. Menschenrechtsorganisationen
kritisieren an diesen Massenprozessen,
dass sich die Angeklagten nicht ausrei-
chend verteidigen könnten und die
Anklagen konstruiert und politisch
inspiriert seien. Vorwürfe gegen den
mittlerweile verstorbenen Ex-Präsiden-
ten Mohammed Mursi ließ das Gericht
wegen seines Todes fallen. dpa


Madrid– Das katalanische Regionalpar-
lament in Barcelona hat Carola Rackete,
Kapitänin des RettungsschiffsSea
Watch 3, und Òscar Camps, dem Grün-
der der spanischen Hilfsorganisation
Proactiva Open Arms, für ihren Einsatz
zur Rettung von Migranten aus dem
Mittelmeer Ehrenmedaillen verliehen
(FOTO: REUTERS). Die Laudatio hielt Fußball-
trainer Pep Guardiola, der als eine Gali-
onsfigur der katalanischen Unabhängig-
keitsbewegung gilt. Die Ehrung fand
am Vorabend der jährlichen Großkund-
gebung zur Diada statt, des katalani-
schen Nationalfeiertages, auf der mehre-
re Hunderttausend Demonstranten die
Unabhängigkeit forderten. Guardiola,
der frühere Trainer des FC Bayern,


derzeit bei Manchester City, sagte: „Ei-
ne Welt, die nicht rettet, ist eine Welt,
die untergeht, in der die Gesellschaften
ertrinken.“ Scharfe Kritik richtete er an
die Regierung in Madrid, da diese den
Rettern ihr Handwerk systematisch
erschwere. Der sozialistische Premier
Pedro Sánchez hatte nach seinem Amts-
antritt im Juni 2018 noch erklärt, dass
Flüchtlinge willkommen seien. Doch
zwei Wochen später machte Sánchez
eine Kehrtwende, nur in wenigen Fällen
durften seither Schiffe von Hilfsorgani-
sation, Migranten nach Spanien brin-
gen. Rackete war Ende Juni trotz eines
Verbots der italienischen Behörden mit
40 Migranten an Bord Lampedusa ange-
laufen. Sie verbrachte drei Tage in Un-
tersuchungshaft.tu


Die Chinesen haben das Gefühl,
dass den Hongkongern mehr
Rechte zugestanden werden

6 HMG (^) POLITIK Donnerstag, 12. September 2019, Nr. 211 DEFGH
Verlängerte Elternzeit
Das neue Konsensdenken
Seitdem Christ- und Sozialdemokraten zusammen keine Mehrheit mehr im Europaparlament haben, ist es viel
schwieriger, dort Beschlüsse zu fassen. Der erste große Test wird das Votum über die künftige Kommission
Die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen empfängt Italiens Premier Giuseppe Conte. Der hofft auf „starke Unterstützung“. FOTO: REUTERS
Eineshat er mit Sicherheit erreicht: Die Regierung in Peking ist so richtig sauer. Joshua Wong am Mittwoch vor der Bundespresse-
konferenz in Berlin. FOTO: MICHAEL SOHN/AP
Als wahrscheinlich gilt,
dass der Ungar László
Trócsányi durchfällt
Neues Kabinett in Tokio
Lebenslang für Muslimbrüder
Schärfere Anti-Terror-Gesetze
Medaille für Carola Rackete
AUSLAND

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