SEITE 18·DONNERSTAG, 12. SEPTEMBER 2019·NR. 212 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
LEIPZIG,11. September (dpa-AFX).
Die Betreiber von gewerblichen Fanpa-
ges auf Facebook sind mitverantwort-
lich für die Sammlung von Nutzerdaten
im Hintergrund. Bei schwerwiegenden
datenschutzrechtlichen Mängeln dürfen
Datenschützer daher die Betreiber ver-
pflichten, die Unternehmensseite abzu-
schalten. Das hat das Bundesverwal-
tungsgericht in Leipzig am Mittwoch
entschieden. Schleswig-Holsteins Daten-
schutzbeauftragte Marit Hansen, deren
Haus den Musterfall ins Rollen gebracht
hatte, bezeichnete das Urteil als „Rü-
ckenwind für den Datenschutz“. Das
Verfahren beschäftigt die Justiz schon
Jahre. Es beruht noch auf alter Rechtsla-
ge vor Einführung der Datenschutz-
Grundverordnung. Das Unabhängige
Landeszentrum für Datenschutz forder-
te 2011 von der Wirtschaftsakademie
Schleswig-Holstein die Deaktivierung
der Fanpage. Bei Aufruf der Seite wür-
den Daten der Nutzer erhoben, ohne
dass diese darüber informiert würden.
Die Akademie, ein Bildungsunterneh-
men der Industrie- und Handelskam-
mern, trage eine datenschutzrechtliche
Verantwortung.
dc. BERLIN, 11. September. Die Zahl
der Beschäftigten, die nur einen befriste-
ten Arbeitsvertrag haben, geht zurück.
Insgesamt 8 Prozent der Arbeitnehmer,
die älter als 25 Jahre waren, hatten im
vergangenen Jahr ein zeitlich befristetes
Arbeitsverhältnis, 0,3 Prozentpunkte we-
niger als 2017. Das zeigt eine am Mitt-
woch veröffentlichte Auswertung des
Statistischen Bundesamts. Einen
Höchststand hatte dieser Wert 2011 mit
8,9 Prozent erreicht. Hingegen ist der ak-
tuelle Wert der niedrigste seit 2005.
Zugleich zeigt sich allerdings, dass Ar-
beitnehmer in der ersten Phase ihres Be-
rufslebens deutlich häufiger befristete
Arbeitsverträge haben als später. In der
Altersgruppe von 25 bis 34 Jahren ermit-
telten die Statistiker für das vergangene
Jahr einen Befristungsanteil von 16,
Prozent. Auch das ist allerdings der nied-
rigste Wert seit mehr als zehn Jahren.
Die Grünen werteten die Ergebnisse
der Auswertung am Mittwoch jedoch als
ein „arbeitsmarktpolitisches Desaster“,
da der Statistik zufolge 56 Prozent der
befristeten Verträge auf eine Dauer von
weniger als einem Jahr angelegt sind.
Dies sei eine „unhaltbare Situation“, kri-
tisierte die Grünen-Abgeordnete Beate
Müller-Gemmeke und warf der Regie-
rung Untätigkeit vor. Diese plant, Befris-
tungen durch eine gesetzliche Höchst-
quote für Unternehmen einzudämmen.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Be-
rufsforschung (IAB) hatte indes in einer
am Dienstag veröffentlichen Studie fest-
gestellt, dass Unternehmen mit Betriebs-
rat häufiger befristet einstellen als Un-
ternehmen ohne Betriebsrat. Zudem
würden Befristungen häufig genutzt, um
auch solchen Bewerbern eine Chance zu
geben, die nicht genau dem Suchprofil
des Unternehmens entsprechen.
hw.BERLIN, 11. September. Amerika,
China, Indien – inzwischen drängen viele
Nationen ins All. „Wir leben wieder in
spannenden Zeiten“, meint der Esa-Astro-
naut Matthias Maurer, „wie damals, als es
in den sechziger Jahren ein Wettrennen
gab zwischen den Amerikanern und den
Russen.“ Heute sei der Druck eher wirt-
schaftlich bedingt. „Alle haben erkannt,
dass der Weltraum eine wichtige Ressour-
ce ist – wer als erster da ist, bestimmt die
Regeln“, sagte der Raumfahrer der F.A.Z.
Dass es im All voller wird, zeigte sich
erst vergangene Woche, als die Esa knapp
die Kollision eines wichtigen Klimasatelli-
ten mit einem Raumgefährt des privaten
Anbieters SpaceX verhindern konnte.
„Wir haben jeden Tag Kollisionswarnun-
gen“, sagt Esa-Generaldirektor Johann-
Dietrich Wörner. Gerade bei „mega-con-
stellations“, also Netzen aus Tausenden
Kleinstsatelliten, werde teils billig produ-
ziert und mit Ausfall einzelner Teile ge-
rechnet. Die Esa müsse ihr Eigentum wie-
der herunterholen, auch wenn dafür nie-
mand gern Geld ausgebe. Im November
werden die Minister der Esa-Staaten über
die Finanzierung des Programms bera-
ten.
Derzeit suche die Esa einen Anbieter,
der Schrott aus dem All entfernt, berich-
tet Wörner. Der Favorit sei eine Schwei-
zer Firma, sagt er, deren Modell arbeite
mit Tentakeln, die den Schrott aus der
Umlaufbahn fischen sollen. Außerdem
müssten Anbieter rechtlich verpflichtet
werden, von Beginn an Vorkehrungen für
die Schrottentsorgung zu treffen. Wörner
ist verhalten optimistisch, was die interna-
tionale Zusammenarbeit angeht. „Auch
Trump möchte nicht, dass seine Satelliten
morgen kaputt sind.“
„Sputnik war reines Prestige“, sagt Wör-
ner mit Blick auf den Satelliten, mit dem
die Sowjetunion den Westen im Jahr 1957
einen Schock versetzte. Das gelte im We-
sentlichen auch für die Apollo-Mission.
Kommerzielle Dienstleister im All versor-
gen die Erdbevölkerung mit Fußballüber-
tragungen, Navigation und Wettervorher-
sage. Auch der Klimaeffekt sei durch Welt-
raumerforschung entdeckt worden, näm-
lich durch den Treibhauseffekt auf der Ve-
nus, sagt Wörner. Dass der amerikani-
sche Präsident für Raumfahrtmissionen
zu Mars und Mond wirbt, „kann politisch
sein“, sagt Wörner, sei aber auch inhalt-
lich motiviert. Der Erdtrabant sei wichtig
für die Wissenschaft, aber auch als
Sprungbrett für andere Missionen im All.
Dabei überschätzten die Bürger meist,
wie viel Geld für Raumfahrt ausgegeben
werde. 245 Euro im Jahr je Kopf hätten
die Europäer in einer Umfrage geschätzt,
die Esa bekommt 10 Euro, die gesamten
Ausgaben für die Raumfahrt in Europa lie-
gen bei etwa 20 Euro je Kopf und Jahr.
„Die Ausgaben in den Vereinigten Staa-
ten pro Kopf sind wesentlich höher als
bei uns“, sagt der Vorsitzende der Parla-
mentsgruppe Luft- und Raumfahrt,
Klaus-Peter Willsch (CDU). „Wir müssen
das Bewusstsein für die Bedeutung des
Weltraums stärken.“ Deutschland stehe
gut da, sagte der Weltraumkoordinator
der Bundesregierung, Thomas Jarzombek
(CDU), in Berlin. Mehr als 9000 Mitarbei-
ter seien in der Industrie beschäftigt, im
vergangenen Jahr seien 1,6 Milliarden
Euro in die Raumfahrt geflossen, aber
man wolle wachsen.
Wörner fordert auch mehr Mut. „Ich
fände es besser, wenn wir mehr kritische
Dinge machen würden“, sagt er, man müs-
se bei Tests „dicht an die Versagenswahr-
scheinlichkeit“. Da hapere es noch am
Umgang mit Fehlern. Als etwa der euro-
päische Mars-Lander abstürzte, habe es
geheißen, die Esa sei „gescheitert“. „Da-
bei haben wir unglaublich viel gelernt.“
Amerikaner schrieben dagegen eher von
„fast geschafft“, zum Beispiel, als es Elon
Musk bei den ersten Versuchen misslang,
eine Trägerrakete wieder auf der Erde lan-
den zu lassen.
Neben Wissenschaft und Wirtschaft
lockt in Zeiten des wiedererstarkenden
Nationalismus womöglich ein noch edle-
res Motiv: Im Kalten Krieg war die Raum-
fahrt auch ein Friedensversprechen – die
Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“
phantasierte davon, wie der Japaner Hika-
ru Sulu und der Russe Pavel Chekov fried-
lich auf der Brücke des Raumschiffs En-
terprise zusammenarbeiteten, wenn auch
unter dem Kommando des Amerikaners
Jim Kirk. „Ich war beim Start von Alex-
ander Gerst dabei, damals war grad Krim-
krise“, erinnert sich Wörner. „Ich habe ge-
sagt, das kann doch nicht gutgehen, dass
wir Gerst, Amerikaner und Russen in
eine kleine Kapsel stecken und die sich
friedlich unterhalten – aber es ging.“
Auch heute arbeite man trotz Streit um
Sanktionen gegen Russland in der Raum-
fahrt eng zusammen.
pwe. TOKIO, 11. September. Der Han-
delskrach zwischen Japan und Südkorea
kommt vor die Welthandelsorganisation
(WTO) in Genf. Die Regierung in Seoul
kündigte am Mittwoch an, ein formales
Verfahren gegen Japan einzuleiten. Ja-
pan habe mit seiner verschärften Export-
kontrolle den Handel willkürlich aus po-
litischen Gründen beschränkt, erklärte
Handelsministerin Yoo Myung-hee. Süd-
korea will gemäß der WTO-Regeln zu-
nächst Japan zu bilateralen Diskussio-
nen auffordern und, wenn diese kein Er-
gebnis bringen, in einem zweiten Schritt
eine Schlichtung durch die Welthandels-
organisation beantragen. Japan hatte An-
fang Juni die Kontrollen für den Export
von drei Chemikalien nach Südkorea ver-
schärft und mit Sicherheitsbedenken be-
gründet. Die Chemikalien sind wichtige
Stoffe für die Produktion von Halblei-
tern und Bildschirmen. Die südkoreani-
sche Regierung sieht die schärferen Ex-
portkontrollen als Versuch Japans, auf
Südkorea Druck im Streit um die Ent-
schädigung ehemaliger südkoreanischer
Zwangsarbeiter durch japanische Unter-
nehmen auszuüben.
Facebook-Fanpages
dürfen untersagt werden
Befristete Arbeitsverträge so
selten wie seit Jahren nicht
Grüne sehen dennoch „arbeitsmarktpolitisches Desaster“
Das Rennen ums Weltall hat gerade erst begonnen
Im All ist es voll, wie diese Computersimulation zeigt:Jeden Tag gibt die Organisation Esa Kollisionswarnungen heraus. Foto dpa
Südkorea wendet sich an
die WTO
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