FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen DONNERSTAG, 12. SEPTEMBER 2019·NR. 212·SEITE 19
cag.FRANKFURT,11. September. Die
Volkswagen-Kernmarke VW Pkw hat
im August unter den schwächeren Ver-
käufen in Europa und China gelitten.
Mit weltweit 493 800 Autos lieferte VW
3,8 Prozent weniger aus als im Vorjahres-
monat, teilte das Unternehmen am Mitt-
woch mit. Insbesondere in Europa fiel
das Minus mit knapp 10 Prozent deut-
lich aus, der deutsche Heimatmarkt mel-
dete sogar ein Minus von 10,9 Prozent.
VW-Markenvertriebschef Jürgen Stack-
mann führte den Einbruch auf den Re-
kordverkauf im Vorjahresmonat zurück,
als VW wegen des anstehenden neuen
Abgas- und Verbrauchstestverfahrens
WLTP Fahrzeuge mit älteren Prüfverfah-
ren mit hohen Rabatten verkaufte. „Ab
dem kommenden Monat sollte hier der
Umschwung kommen“, sagte er. Zudem
wies Stackmann darauf hin, dass die po-
sitive Entwicklung für die Marke in Bra-
silien und den Vereinigten Staaten mit
einem Auslieferungsplus von 15,4 bezie-
hungsweise 9,8 Prozent in einem anhal-
tend rückläufigen Weltmarkt weiterhin
stabil sei.
Im wichtigsten Einzelmarkt für die
Marke, in China, lieferte VW 1,6 Pro-
zent weniger Fahrzeuge aus. China hat
bei der Marke VW einen Anteil von mitt-
lerweile mehr als der Hälfte am Ver-
kauf. Seit geraumer Zeit schwächelt der
Markt wegen der Zurückhaltung der chi-
nesischen Kunden infolge des Zoll-
streits mit Washington. Weil der Markt
insgesamt stärker schrumpfte, baute
VW seinen Marktanteil in China weiter
aus. Weltweit lieferte VW bis einschließ-
lich August fast 3,92 Millionen Autos
aus, 3,8 Prozent weniger als in den ers-
ten acht Monaten 2018.
VW-Verkauf in Europa
schwächelt im August
cmu.HAMBURG,11. September. Ei-
gentlich hat die Kreuzfahrtbranche allen
Grund zum Jubeln. Die Nachfrage ist wei-
ter hoch, so dass in diesem Jahr nach
Schätzung des Branchenverbands Cruise
Lines International Association (CLIA)
auf der ganzen Welt 30 Millionen Gäste
eine Kreuzfahrt machen; ein neuer Re-
kord. 290 Schiffe sind im Einsatz, und
über die nächsten acht Jahre kommen
114 hinzu. Doch das Wachstum wird von
Kritik überschattet. „Die Industrie gilt
vielerorts als negatives Beispiel für Mas-
sentourismus und als einer der Hauptver-
ursacher für Umweltverschmutzung“,
sagte der Vorsitzende der CLIA in Euro-
pa, Michael Thamm, in Hamburg. Dar-
auf müsse die Branche reagieren.
Zum Auftakt der Messe Seatrade
Europe in den Hamburger Messehallen
hob Thamm die eigenen Initiativen her-
vor, mit denen Kreuzfahrten sauberer
werden sollen. So habe sich die Industrie
verpflichtet, ihre Treibhausgasemissio-
nen bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu
senken. Um das zu erreichen, investier-
ten die Reedereien 20 Milliarden Euro
unter anderem in neue Antriebe. So hat
Aida vergangenes Jahr erstmals ein
Schiff in Dienst gestellt, das im Hafen
und auf See mit emissionsarmem Flüssig-
gas, kurz LNG, betrieben werden kann.
Bis 2026 sind in der Branche 26 weitere
LNG-Schiffe geplant.
Aus Sicht von Umweltschützern reicht
das aber noch lange nicht, um Seereisen
richtig sauber zu machen. Dass diese De-
batte weitergeht, wissen die Unterneh-
men, deshalb planen sie weitere Schritte.
So will Aida, eine Marke der britisch-
amerikanischen Carnival Corporation
für den deutschsprachigen Markt, als
Nächstes die bislang größte Batterie in
die „Aida Perla“ einbauen, die dem
Schiff ermöglichen soll, bis zu 60 Minu-
ten auf See ohne Dieselmotoren zu fah-
ren.TUI Cruisessetzt unter anderem auf
Katalysatoren, die Stickoxidemissionen
um 75 Prozent reduzieren. Darüber hin-
aus seien weitere Anstrengungen nötig,
um die „Kreuzfahrt mit null Emissio-
nen“ zu erreichen, sagte die Chefin von
TUI Cruises, Wybcke Meier.
Neben dem Schadstoffausstoß gibt es
weitere Schwierigkeiten in Häfen, die
dem Ansturm kaum gewachsen sind.
Zwar seien mancherorts gute Lösungen
gefunden worden, etwa in der kroati-
schen Hafenstadt Dubrovnik, wo die In-
dustrie mit der Stadtverwaltung daran ge-
arbeitet hat, Auswirkungen zu begren-
zen. Michael McCarthy von „Cruise
Europe“, einem Bündnis, in dem sich vie-
le Kreuzfahrtziele und Häfen zusammen-
geschlossen haben, kritisierte aber, die
Unternehmen informierten zu wenig
und seien zu unflexibel. „Warum muss
ein Schiff um sieben Uhr morgens im Ha-
fen anlegen und um acht Uhr 2000 Men-
schen in die Stadt bringen, wenn der Be-
rufsverkehr in vollem Gange ist und die
Einwohner ihre Kinder zur Schule brin-
gen?“, fragte er. Nur eine Stunde später,
und die Situation wäre entschärft. Dafür
fehle aber oft die Einsicht.
ikop.FRANKFURT, 11. September. Hen-
ne und Ei – diese Argumentation kennt
auch Carlos Tavares, der als Vorstands-
chef des französischen Autoherstellers
PSA derzeit dem europäischen Autolobby-
verband Acea vorsitzt. Soll heißen:
Braucht es zuerst E-Autos oder die Lade-
infrastruktur, damit sich mehr Autofahrer
für einen Stromer entscheiden?
Tavares jedenfalls kam mit klaren Bot-
schaften zur Internationalen Automobil-
ausstellung: „Unsere Industrie ist willens,
um schnellstmöglich eine Mobilität ohne
Emissionen zu erreichen“, sagte er auf der
Acea-Pressekonferenz. Und auf der Messe
könne man sehen, dass die Hersteller mit
zig neuen Modellen daran arbeiteten, die
nun bald bei den Händlern stünden.
„Aber dieser Wandel ist eine geteilte Ver-
antwortung“, sagte er weiter. Parallel zu
den Anstrengungen der Autokonzerne
müssten Regierungen in ganz Europa in
dieser Geschwindigkeit nachziehen und
deshalb für den Ausbau der Elektromobili-
tät ihre Investitionen in die Infrastruktur
„dramatisch“ hochfahren, mahnte Tava-
res. Auch bedürfe es Kaufanreize, die den
Menschen geboten würden.
Nach Angaben des Branchenverbands
gab es in Europa im vergangenen Jahr
knapp 145 000 Ladepunkte, dreimal mehr
als vor fünf Jahren. Bis zum Jahr 2030 be-
dürfe es nach Schätzungen des Verbands
allerdings 2,8 Millionen solcher Ladepunk-
te. Zudem seien die bisherigen Punkte un-
gleich verteilt und mehrheitlich in den
vier Ländern Niederlanden, Deutschland,
Frankreich und Großbritannien installiert
worden. In Ost- und Südeuropa sei außer-
dem das Pro-Kopf-Einkommen zu nied-
rig, um sich die noch relativ teuren E-Au-
tos zu kaufen.
Es gehe um einen langfristigen Ansatz,
da sich auch die Frage stelle, wie man die
Steuereinnahmen von Benzin und Diesel
künftig verändere. Auch einige Hersteller
äußerten sich ähnlich. VW-Chef Herbert
Diess jedenfalls schlug vor, das System der
Kraftfahrzeugsteuer und die Besteuerung
von CO 2 neu zu regeln.
Ganz anders sah das Roberto Vavasso-
ri, der Präsident des europäischen Autozu-
liefererverbands Clepa. „Ich glaube nicht,
dass die Ladeinfrastruktur das Problem
ist. Es ist vielleicht eines der Probleme“,
sagte er. Er persönlich lade nicht an öffent-
lichen Punkten, das sei deutlich teurer als
zu Hause. Er sprach sich klar gegen den
Einsatz von Steuergeldern für den Ausbau
der Infrastruktur aus. Man werde sonst in
einigen Jahren eine vergleichbare Situati-
on haben wie mit den Solarpaneelen auf
Häuserdächern, die jahrelang subventio-
niert wurden. Am Ende setzte sich den-
noch die chinesische Industrie durch. In ei-
nigen Jahren werde es viel leistungsstärke-
re Ladestationen geben, die die dann
schon errichteten Punkte überflüssig
machten. Das könne man dem Steuerzah-
ler nicht aufbürden. „Wir brauchen ein Ge-
schäftsmodell für die Ladesäulen“, forder-
te er deshalb.
Für die Zulieferer sind die Elektromobi-
lität und die damit verbundenen nachlas-
senden Aufträge für Verbrenner allerdings
nur eine Herausforderung. Derzeit berei-
tet die schwache Konjunktur große Sor-
gen und führt zu teils harten Einschnitten
bei den Unternehmen – von Investitions-
kürzungen, über Kurzarbeit bis hin zu
möglichen Werksschließungen. „Wir
schlittern nicht in eine Krise hinein, son-
dern befinden uns mittendrin. Es hilft
nicht mehr, die Dinge schönzureden“, sag-
te Continental-Chef Elmar Degenhart. Er
schloss auch betriebsbedingte Kündigun-
gen nicht mehr aus. Auch ZF-Chef Wolf-
Henning Scheider sieht in den nächsten
zwei bis drei Jahren keine Belebung der
Geschäfte in der Autobranche und bezog
sich damit auf das aktuell niedrigere Ni-
veau der globalen Autoproduktion. Der
Brexit und der Handelskonflikt zwischen
Amerika und China belasteten. Scheider
sagte, in Normalfall bleibe die Beruhigung
des Marktes erst einmal auf diesem Ni-
veau bestehen. „Aber ich würde auch
nicht überrascht sein, wenn es eben doch
noch schwieriger wird, wenn sich an die-
sen beiden Fronten was tut.“
dkm.BAD HOMBURG, 11. September.
Zeppelinflüge begleiten die Internationa-
le Automobil-Ausstellung (IAA) in Frank-
furt am Main. Ein Luftschiff mit der Auf-
schrift „#MobilityLifeBalance“ startete
am Dienstag in Bad Homburg und wird
bis einschließlich Donnerstag über der
Frankfurter Innenstadt kreisen. Insgesamt
fliegt es vom Vormittag bis zum frühen
Abend wetterabhängig täglich etwa ein
Dutzend Flüge. Das Schiff dient dem Auto-
mobilzuliefererZFaus Friedrichshafen als
Werbeträger für die gleichnamige Kam-
pagne. Unter ihrem Motto stellt ZF über
das Jahr 2019 Lösungen für Mobilität vor,
die sich an den Lebensbedingungen und
-bedürfnissen von Kunden orientieren sol-
len. ZF benannte die Bedürfnisse mit Mo-
bilität, Sicherheit und einem verringerten
Ausstoß von Kohlenstoffdioxid. Das Un-
ternehmen stellt entsprechende Projekte
auch auf der IAA vor.
Der Zeppelin als Werbeträger hat sym-
bolischen Wert, da die Gründung des Un-
ternehmens ZF auch der Initiative von
Graf Zeppelin (1838–1917) zugeschrie-
ben wird. Bad Homburg als Startort für
die Flüge hat historische Bedeutung: Hier
fand am 22. April 1910 auf den Feldern
vor dem Kronenhof eine große Luftschiff-
parade statt, bei der Luftschiffe auf militä-
rische Einsatzfähigkeit getestet wurden.
hap.FRANKFURT, 11. September. Der
Autohersteller Opel produziert an sei-
nem Stammsitz in Rüsselsheim noch im-
mer viel zu teuer. Die Kosten lägen min-
destens 60 Prozent über denen des Wer-
kes im französischen Sochaux, sagte Kon-
zernchef Carlos Tavares auf der Messe
IAA in einem Gespräch mit dieser Zei-
tung. Sochaux sei der Kern von Peugeot,
es gebe mithin keinen Grund, warum Tra-
ditionswerke nicht effizient werden könn-
ten. „Aber das sind gute Nachrichten. Als
wir Opel gekauft haben, war der Abstand
noch mehr als doppelt so groß. Sie sind
also auf dem richtigen Weg. Es bleibt viel
zu tun, und manches könnte schneller ge-
hen“, sagte der Vorstandsvorsitzende von
PSA Peugeot Citroën, zu dessen Gruppe
Opel gehört. Tavares macht eindringlich
darauf aufmerksam, dass vor der gesam-
ten Industrie „ein Sturm aufzieht, für den
wir uns wetterfest machen müssen“.
Die von der EU beschlossene Verringe-
rung des CO
2
-Ausstoßes von neuen Perso-
nenwagen um 37,5 Prozent bis zum Jahr
2030 habe gravierende Auswirkungen,
und der PSA-Chef macht kein Hehl dar-
aus, dass er den Wert für überzogen hält.
„Das Parlament hat für die EU-Bürger ent-
schieden, dass CO
2
um 37,5 Prozent sin-
ken muss. Wir haben dazu eine Meinung,
aber wir müssen und werden die Vorga-
ben erfüllen.“ Nur solle niemand glau-
ben, derlei bleibe folgenlos. „In Europa
hängen 13,8 Millionen Arbeitsplätze an
der Autoindustrie, dafür trägt die Europäi-
sche Union Verantwortung. Fragen Sie
die bitte, was sie sich bei ihren Entschei-
dungen denken“, sagte er. Dafür verant-
wortlich seien aber natürlich auch die je-
weiligen Regierungen, also die Bundes-
kanzlerin, der französische Präsident
oder der italienische Ministerpräsident.
Im Übrigen gebe es eine Inflation an Re-
gularien für Autos bezüglich Emissionen,
Sicherheit, Assistenzsystemen und Ähnli-
chem. Diese Inflation sei größer als der
Produktivitätsfortschritt. Also müsse die
Industrie auch hierfür zusätzliche Kosten-
maßnahmen ergreifen.
Eine Konsequenz auf der Seite des An-
triebs ist die Hinwendung zum Elektroan-
trieb. Auch Peugeot mit dem 208 E und
Opel mit dem Corsa E setzen darauf, bei-
de kosten um 30 000 Euro, was viel ist für
einen Wagen dieser Klasse. Und trotzdem
nicht so einträglich wie bisherige Fahrzeu-
ge. „Mit der Elektromobilität sinken die
Margen der Unternehmen. Entweder kön-
nen wir also den Preis erhöhen oder Re-
strukturierungen vornehmen, um Verlust
zu vermeiden“, sagt Tavares. Das sei kei-
ne Drohung, sondern einfache Logik.
Eine ebensolche Logik greift bei der
Frage nach einer möglichen Batteriezel-
lenfabrik am Opel-Standort Kaiserslau-
tern. PSA hat dazu bei der EU-Kommissi-
on einen Antrag auf Beihilfe eingereicht.
„Wenn wir keine wasserdichte Zusage
von der EU bekommen, dass Deutschland
und Frankreich Zuschüsse für unsere ge-
plante Batteriefabrik in Kaiserslautern ge-
ben dürfen, werden wir sie nicht bauen“,
stellt Tavares klar. Ohne Zuschüsse sei
der Businessplan tiefrot. „Und wir be-
schließen keine Verlustprojekte.“ Es gehe
um ein signifikantes Investment über
mehrere hundert Millionen Euro. Die Pro-
duktion sei kapitalintensiv und treffe auf
einen wettbewerbsstarken Markt mit ge-
ringen Margen. Und falls die Zusage nicht
kommt? „Wenn wir dort nicht bauen, kau-
fen wir von chinesischen Firmen zu. Das
ist eine Grundsatzentscheidung von und
für Europa, ob eine wettbewerbsfähige
Batteriezellenfertigung hierzulande ent-
stehen soll oder nicht.“
Unterdessen hat PSA seinen Plan, Au-
tos in Iran zu verkaufen, aufgegeben.
Ohne Amerika direkt zu erwähnen, sagte
Tavares: „Ich möchte nicht, dass einer
meiner Manager im Gefängnis landet.“
Dabei gehe es nicht um globale Rechtsre-
geln, sondern schlicht um das Recht des
Stärkeren. Man dürfe da auch und gerade
als Europäer nicht naiv sein.
ppl.LONDON,11. September. Im Fall
eines chaotischen britischen EU-Aus-
tritts ohne Abkommen (No-Deal-Brexit)
könnte den 4500 Beschäftigten der Auto-
fabrik von Mini in Oxford eine unbezahl-
te Zwangspause drohen. Das kündigte
BMW für seine Tochtergesellschaft an.
Der Autokonzern überlegt demnach, die
Mitarbeiter in unbezahlten Urlaub zu
schicken, falls bei einem ungeregelten
Brexit die Lieferketten und damit die Pro-
duktionsabläufe gestört werden. BMW-
Finanzvorstand Nicolas Peter sagte, eine
solche Schließung des Werks könnte
„drei Wochen oder länger“ dauern, wenn
das Unternehmen Schwierigkeiten habe,
die nötigen Autoteile von seinen Zuliefe-
rern „just in time“ geliefert zu bekom-
men. Die Arbeiter im Mini-Werk in Ox-
ford haben Anfang April bezahlten Ur-
laub nehmen müssen, weil BMW damals
wegen des – dann abgesagten – Brexit-
Termins am 31. März eine Pause machte.
Auch Jaguar Land Rover hat über Ostern
eine Zwangspause eingelegt. Diese habe
das Unternehmen 200 Millionen Pfund
gekostet, sagte der JLR-Vorstandschef
Ralf Speth. Er rief dazu auf, die Brexit-
Unsicherheit endlich zu beenden.
Nach dem Willen der Regierung von
Boris Johnson soll das Königreich die
EU am 31. Oktober, mehr als drei Jahre
nach dem Brexit-Referendum, auf jeden
Fall verlassen – ob mit oder ohne Ab-
kommen. Dieser Termin scheint sie nun
aber kaum halten zu können, nachdem
das Parlament beschlossen hat, der Pre-
mier müsse bei der EU eine Verlänge-
rung des Austrittstermins beantragen.
Die britische Autoproduktion ist beson-
ders eng mit Zulieferern auf dem Konti-
nent verwoben.
smo./ols.FRANKFURT,11. Septem-
ber. Der insolvente Lackieranlagenher-
steller Eisenmann geht in den Verkauf.
Wie die F.A.Z. aus Finanzkreisen erfuhr,
ist die Investmentbank Macquarie man-
datiert, um Interessenten zu suchen.
Das Böblinger Unternehmen mit mehr
als 3000 Mitarbeitern hatte Ende Juli In-
solvenz angemeldet. Es gilt als mögli-
cher Vorbote für noch viele Zulieferer,
die wegen einer absehbaren Krise der
Automobilindustrie in Schieflage gera-
ten könnten.
Bevorzugt sei zwar, das Unternehmen
ganz zu verkaufen, wahrscheinlicher sei
aber eine Veräußerung in Teilen, ist zu
hören. Das passt zur jüngsten Aussage
des Eisenmann-Chefsanierers Michael
Keppel, man suche einen Partner für
das Geschäft mit den Lackieranlagen
und Applikationssystemen. Insolvenz-
verwalter ist die Sozietät Beck & Part-
ner. Eisenmann erzielte 2017 einen Um-
satz von 723 Millionen Euro.
Als Hauptgrund der Insolvenz gelten
hausgemachte Fehler. Vor zwei Jahren
hatte Eisenmann einen Käufer gesucht
und dazu die Bank UBS mandatiert. Um
sich attraktiv für Interessenten zu ma-
chen, habe das Unternehmen damals
eine Reihe Aufträge zu viel zu niedrigen
Preisen hereingeholt, sagten zwei mit
dem Verfahren vertraute Personen.
„Die haben das Auftragsbuch gepimpt,
um das Unternehmen aufzuhübschen“,
sagte einer. Das habe sich in Form defizi-
tärer Geschäfte gerächt. Der Verkauf
scheiterte dem Vernehmen nach an
überhöhten Preisvorstellungen der Eig-
ner: knapp eine Milliarde Euro. Realis-
tisch seien 500 bis 700 Millionen Euro
gewesen. Geboten hätten damals ein chi-
nesischer Interessent und Kuka, damals
auch schon in chinesischer Hand, ist von
mehreren Seiten zu hören. Die zweite,
nicht namentlich genannte Partei habe
ein „nahezu finales Gebot“ abgegeben,
hieß es von einer Quelle. Eisenmann
ließ eine Anfrage am Mittwoch bis Re-
daktionsschluss unbeantwortet. Macqua-
rie lehnte einen Kommentar ab.
Zum hausgemachten Problem kom-
men wachsende Schwierigkeiten der Au-
toindustrie. Mehrere Zulieferer haben
Stellenabbau angekündigt. Eisenmann
erzielte 2018 schon einen „hohen zwei-
stelligen Jahresverlust“, wie das Unter-
nehmen im März in einem Brief an die
Belegschaft schrieb, welcher der F.A.Z.
vorliegt. Man berief den in der Szene
profilierten Sanierungsspezialisten Kep-
pel in die Geschäftsführung und kündig-
te Umbaumaßnahmen an.
Langjähriger Leiter des Familienunter-
nehmens war Peter Eisenmann, der in
der Schweiz lebt. Sein Schwiegersohn
Matthias von Krauland war bis vor kur-
zem Vorstandschef, wechselte im Som-
mer in den Verwaltungsrat als dessen
Vorsitzender. In der Mitarbeiterinforma-
tion von März war als Ziel noch ausgege-
ben: „Bei konsequenter Umsetzung der
Maßnahmen planen wir bis 2022 eine
Ebit-Marge von über 5 Prozent und ein
Umsatzvolumen von gut 800 Millionen
Euro.“ Zu den Kunden von Eisenmann
zählten in der Vergangenheit Lambor-
ghini, Tesla oder Porsche. Die Lackieran-
lagen sind die Kernsparte. Das Unterneh-
men ist zudem in der Umwelttechnik tä-
tig und bietet Munitions- und Chemie-
waffenentsorgung an. Marktführer für
Lackieranlagen ist die börsennotierte
Dürr AG, welche die Hälfte des Welt-
markts abdeckt. Die Branche leidet gera-
de unter dem scharfen Wettbewerb.
sup./ikop.FRANKFURT, 11. September.
Noch vor seinem Amtsantritt im Mai hat
der neue Vorstandschef Ola Källenius an-
gekündigt, Produktion und Lieferkette
von Daimler bis zum Jahr 2039 klimaneu-
tral machen zu wollen. Details dazu gibt
es noch kaum, erst im Spätherbst will Käl-
lenius seine Strategie vorstellen. Erste De-
tails machte auf der Messe IAA For-
schungsvorstand Markus Schäfer öffent-
lich. Demnach hat Daimler eine soge-
nannte „Nachhaltigkeitspartnerschaft“
mit Farasis Energy Co. geschlossen, ei-
nem Lieferanten von Lithium-Ionen-Bat-
terien. Für die nächste Generation der
Elektrofahrzeuge werde ein Teil der Batte-
riezellen mit Strom aus erneuerbaren
Energien produziert werden, stellte Schä-
fer deswegen in Aussicht. Farasis baue in
der Region Bitterfeld eine Fabrik auf, die
Batteriezellen an die Batteriemontage-
Standorte von Mercedes in Kamenz,
Brühl und Sindelfingen liefern soll. Weite-
re Standorte in Amerika und China sollen
folgen. Der Prüfkonzern Dekra sei beauf-
tragt, die Einhaltung der Umweltstan-
dards zu überwachen. Im nächsten Schritt
gehe es auch um die Materialbeschaffung
und die Rohstoffgewinnung. Das Kriteri-
um der Klimaneutralität werde damit auf
weitere Lieferstufen ausgeweitet.
„Wir haben angefangen, mit Lieferan-
ten zu diskutieren und werden es zu ei-
nem Vergabekriterium machen, dass sie
klimaneutral produzieren“, kündigte Ola
Källenius zu der Daimler-Initiative „Am-
bition 2039“ weiter an. Dadurch „wacht
der eine oder andere auf“, erwartet man
bei dem Stuttgarter Konzern. Man werde
nicht der einzige Hersteller sein, der dar-
auf schaue, sagte der Manager. Daimler
will bis zum Jahr 2030 die Hälfe der Neu-
wagen elektrifiziert verkaufen, also ent-
weder als Plug-in-Hybrid oder als reines
Elektroauto. Der Technologiewandel sei
nur mit strikter Kostendisziplin und höhe-
rer Effizienz erreichbar, betonte Markus
Schäfer, der Nachfolger von Källenius im
Amt des Forschungs- und Entwicklungs-
vorstands ist. „Wir shiften auch Kapazitä-
ten von der klassischen Motoren- und Ge-
triebeentwicklung hin zu den Abteilun-
gen, die Batterietechnologie, Leistungs-
elektronik oder elektrische Antriebe ma-
chen.“ Beim Portfolio für Verbrennermo-
toren werde entsprechend aussortiert.
Ziel sei es, „30 Prozent weniger Komplexi-
tät und Varianz im Antriebsstrang“ zu er-
reichen. Die jüngst entwickelte Generati-
on an Verbrennermotoren, die aktuell aus-
gerollt werde, könnte auch die letzte sein,
so Schäfer: „Momentan gibt es keinen
Plan für eine Neuentwicklung.“ Er könne
aber nicht ausschließen, dass Daimler
künftig noch einmal an neuen Verbren-
nermotoren arbeiten werde. Das Budget
für Forschung und Entwicklung werde
der Konzern auch weiter auf hohem Ni-
veau halten.
Kreuzfahrer wollen Image retten
In Hamburg diskutiert die Branche über saubere Seereisen
Autozulieferer wirbt von oben
Ein Luftschiff schwebt über der IAA in Frankfurt
PSA-Chef: Opel produziert noch immer viel zu teuer
Autohersteller fordern Staatsgeld für Elektromobilität
Branchenverband Acea sieht Politik in der Pflicht für Aufbau von Ladeinfrastruktur / Konjunktur bereitet Sorgen
Unbezahlter Urlaub bei
No-Deal-Brexit
Insolventer Zulieferer Eisenmann
wird ins Schaufenster gestellt
Investmentbank mandatiert / Verkauf ganz oder in Teilen
Daimler kauft CO
2
-neutrale Zellen
Derzeit keine neuen Verbrennermotoren in Entwicklung
Fliegender Werbeträger:der Zeppelin von ZF aus Friedrichshafen Foto Bloomberg
Rüsselsheim liegt mit den
Kosten noch deutlich über
französischen Werken.
Carlos Tavares kritisiert
zudem die Regelflut für Autos.
Vorbild Automatisierung:Roboter montieren Autos in einer Fabrik von Peugeot. Der französische Hersteller gehört zum gleichen Konzern wie Opel. Foto Bloomberg