Handelsblatt - 12.09.2019

(lily) #1

Joe Kaeser


N


ach der Reise mit der Bundeskanzle-
rin nach China hatte Joe Kaeser Ge-
sprächsbedarf. In Berlin verwahrte
sich der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Aus-
schusses vor Journalisten dagegen, als unkri-
tischer China-Freund abgestempelt zu wer-
den. Zudem warnte der Siemens-Chef vor
einer „Teilung der Weltwirtschaft“. Er fürch-
tet, dass der Handelskonflikt zu einem „De-
coupling“ führen könnte, also zu einer Spal-
tung der Weltwirtschaft in eine amerikani-
sche und eine chinesische Einflusssphäre.
Zu den großen politischen und wirtschaft-
lichen Themen äußert sich Kaeser oft. Doch
auch im eigenen Konzern gibt es Gesprächs-
stoff: Kommende Woche könnte auf einer
Aufsichtsratssitzung der Chef des neuen
„Powerhouses“ bestimmt werden. Die Ener-
giesparte, die für 40 Prozent der Siemens-
umsätze steht, soll vollständig abgespalten
werden. Als Favorit gilt Vorstand Michael
Sen, doch sind laut Branchenkreisen auch
weitere Kandidaten im Gespräch. Zudem

muss eine Nachfolge für die scheidende Per-
sonalchefin Janina Kugel gefunden werden.
Über allem steht die Frage, wie lange Kae-
ser selbst noch weitermacht. Der Vertrag
des 62-jährigen läuft bis Anfang 2021. Man
könne ihm eigentlich nicht raten, noch ein-
mal um zwei Jahre zu verlängern, meint ein
gut vernetzter Personalberater. „Ich kenne
keinen Fall, in dem das besonders gut gelau-
fen ist.“ Auch im Aufsichtsrat gibt es einzel-
ne Stimmen, die überzeugt sind, dass die
Zeit für den Wechsel an der Spitze langsam
gekommen ist. Der Umbau finde mit dem
Börsengang der Energiesparte ein vorläufi-
ges Ende. Die nächsten Schritte solle dann
der nächste Siemens-Chef planen. Andere
Aufsichtsräte würden eine Verlängerung be-
grüßen. Kaeser selbst hat sich zu seinen Plä-
nen noch nicht geäußert.
Gut möglich, dass sein Vertrag am Ende
ohne nochmalige Verlängerung ausläuft. Als
Favorit für die Nachfolge gilt Technikvor-
stand Roland Busch, auch Sen werden
Chancen eingeräumt. Laut maßgeblichen
Industriekreisen werden die Weichen in Sa-
chen Vorstandsvorsitz aber noch nicht jetzt
gestellt. Erst solle das neue Powerhouse auf
den Weg gebracht werden. Axel Höpner,
Torsten Riecke

Joe Kaeser: Im Siemens-
Aufsichtsratratenmanche von
einer Vertragsverlängerung ab.
Thomas Dashuber für Handelsblatt (M)

Ich kenne
keinen Fall,
in dem das
besonders gut
gelaufenist.
Ein Personalberater
über eine mögliche,
zweijährige
Vertragsverlängerung
für Kaeser

BusinessLoungeLoungge


Der ewige Kicker:Hamburgs Erster Bürgermeis-Hamburgs Erster Bürger
ter Peter Tschentscher (SPD) lässt sich beim
Rundgang über den Digitalisierungskongress
solutions.hamburg am Stand der Firma SAP
von Christina Volk, SAP-Marketingmitarbeiterin,
einen digitalen Tischkicker erklären.

Art Week:Kunst-
sammler Thomas
Olbricht steht bei
der Eröffnung
der Ausstellung
„Kirchner – Rich-
ter – Burgert“ im
me Collectors
Room in Berlin
vor den Werken
des Künstlers
Jonas Burgert.

A s O d d „ t m R v d J


Weltrekord:Auf dem Ford-Testgelände im belgi-
schen Lommel stellte die US-Automarke einen
Weltrekord in eigener Sache auf: 1 326 Modelle
des legendären Sportwagens bilden die größte
Ford-Mustang-Parade, die es jemals gab.

Weltrekord:Auf dem Ford Testgelände im belgi


Grüner Besuch:Grünen Chefin Annalena Baer
bockkwar im Politischen Salon der Kommunikati-
onsagentur MSL in Berlin-Mitte zu Besuch, inmit-
ten der Geschäftsführer (v.l.) Wigan Salazar,
Axel Wallrabensteinund Christoph Moosbauer.

Grüner Besuch:Grünen-ChefinAnnalena Baer-


obs, dpa (2), MSL Germany


Bei Siemens werden wichtige
personelle Weichen gestellt. Dabei
geht es auch um die Zukunft des
Konzernchefs.

Matthias Hartmann


Prestigeprojekt für „Big Blue“


M


atthias Hartmann will IBM zu al-
tem Glanz führen. Der Chef der
deutschen Landesgesellschaft ist
davon überzeugt, dass der älteste und einst
größte IT-Konzern der Welt für die Unter-
nehmenswelt relevant ist, trotz des Nieder-
gangs der vergangenen Jahre. Um den Kun-
den Technologien wie Cloud-Computing
und Künstliche Intelligenz zu verkaufen,
stellt er über einen Zeitraum von drei Jahren
2 200 neue Mitarbeiter ein.
Nun ist dem Manager ein Coup gelungen,
der dem Image des Unternehmens enorm
dienen dürfte: IBM baut in Kooperation mit
der Fraunhofer-Gesellschaft an einem deut-
schen Standort den Quantencomputer „Q

System One“ samt einem Kompetenzzen-
trum auf – eine Premiere in Europa. Ziel ist
es, diese neue Technologie gemeinsam zu
erforschen. „Es ist wichtig, frühzeitig Erfah-
rungen mit dieser neuen Technologie ins
Land zu holen“, so Hartmann.
Bis „Big Blue“ daraus kommerziellen Nut-
zen ziehen kann, dürften viele Jahre verge-
hen – die Technologie, die bahnbrechende
Rechenkapazitäten verheißt, befindet sich
im Laborstadium. Doch das Projekt dient
dem Prestige. „Bei der Transformation der
Firma ist es wichtig, dass wir Zukunftsfelder
besetzen“, sagt Hartmann. Quantencompu-
ter zählen ohne Frage dazu.
Bei der Anbahnung der Kooperation half
Konzernchefin Ginni Rometty. Sie treffe
beim Weltwirtschaftsforum regelmäßig Bun-
deskanzlerin Angela Merkel, berichtet Hart-
mann – „dort wurde die Idee geboren“. Der
deutsche Manager übernahm die Vorberei-
tung.Christof Kerkmann

Der Chef von IBM Deutschland lässt
einen Quantencomputer aufstellen


  • es ist ein Vorzeigeprojekt für seine
    Landesgesellschaft.


Matthias Hartmann:
Prestigeprojekt für
IBM den Turnaround.


Namen des Tages


DONNERSTAG, 12. SEPTEMBER 2019, NR. 176^47

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