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Gesellschaft
»Ja, beim Unglück sind Deutsche involviert.« ‣S. 48
Ernährung
Wie geht es dem deutschen
Apfel, Frau Fortak?
Sabine Fortak, 63, Vorsitzende des
Pomologen-Vereins, über
die bevorstehende Obsternte
SPIEGEL:In wenigen Wochen sind die
deutschen Äpfel reif. Erwarten Sie eine
reiche Ernte?
Fortak:Sprechen Sie nicht von deutschen
Äpfeln, so etwas gibt es nicht.
SPIEGEL:Aber es gibt doch deutsche Sor-
ten, Holsteiner Cox, Berlepsch ...
Fortak:Naturräume kennen keine Staats-
grenzen. Die Sorten haben in den vergan-
genen Jahrhunderten weite Reisen hinter
sich, sie wachsen mit unterschiedlichen
Namen in vielen Ländern. Man kann
nicht sagen: Das ist ein richtiger deutscher
Apfel. Wir leben in Zeiten Europas.
SPIEGEL:Sie vermischen Politik mit
Früchten.
Fortak:Bleiben wir beim Obst. Die Ernte
wird unterdurchschnittlich ausfallen: Der
letzte Sommer war trocken, der Winter
war es auch, im Frühjahr gab es Frost, und
dieser Sommer ist wieder ziemlich trocken.
SPIEGEL:Ist der Klimawandel daran
schuld?
Fortak:Das kann man nicht sicher sagen.
Der Erwerbsanbau ist von der Trocken-
heit und dem Frost jedenfalls weniger
betroffen, die großen Betriebe besitzen
Frostschutzanlagen und Flächenbewäs -
serung.
SPIEGEL:Es gibt das ganze Jahr über
Äpfel im Supermarkt. Warum sieht
man dort eigentlich immer nur
dieselben drei, vier Sorten?
Fortak:Marktwirtschaftlich
gesehen ist das einfacher. Und
alte Sorten sehen manchmal
nicht so aus, wie man es gewohnt
ist, und schmecken auch sehr unterschied-
lich. Aber genau das ist für uns spannend.
Wir vom Pomologen-Verein setzen uns
für den Erhalt der alten Sorten ein.
SPIEGEL:Warum?
Fortak:Monokulturen sind problematisch
für die Natur und Obstwiesen wegen ihrer
großen Vielfalt wertvoll. Die Obstsorten-
vielfalt ist ein Genpool.
SPIEGEL:Empfehlen Sie uns eine alte Sorte.
Fortak: Ich empfehle gern regionale Sor-
ten. Für Ostfalen, meine Region, etwa
die Hildesheimer Goldrenette. Oder den
Knebusch.
SPIEGEL:Das ist ein deutscher Apfel,
oder?
Fortak:Nein, die Sorte kommt ver-
mutlich aus den USA. Sie zeigt
hier im Norden sehr gute Wuchs -
eigenschaften, die Frucht ist
leuchtend rot und schmeckt im
Frühherbst frisch vom Baum
wunderbar aromatisch. MAP
Quelle: WWF
Nº 192: Nashornbestand
Früher war alles schlechter
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es
weniger als 200 Panzernashörner in Asien.
Aktuell sind
es 3588 Tiere.
Beinahe ausgestorben. Das Indische Panzernashorn, mit bis zu
1,90 Meter Schulterhöhe und 2,2 Tonnen Gewicht eines der
größten Landsäugetiere überhaupt, war von der Erde schon fast
verschwunden, 200 Exemplare lebten noch Anfang des 20. Jahr-
hunderts. Heute sind es wieder 3588, die im Norden Indiens und
in Nepal vor allem in zwei Nationalparks grasen und Blätter von
Büschen und Bäumen fressen. Tierpopulationen können sich
erholen, das ist die gute Nachricht. Was nötig ist? Genug Futter
und Platz müssen da sein, das richtige Klima muss herrschen.
Vor allem aber hat der Mensch zu helfen, ohne ihn geht es nicht.
Den Indischen Panzernashörnern hat geholfen, dass die Tiere
unter strengen Schutz gestellt und zum Beispiel besser vor Wil-
derei geschützt wurden. Teilweise wurde das Panzernashorn
sogar umgesiedelt, das verschaffte ihm mehr Platz und damit
Raum für weitere Vermehrung. Noch besser hat das, laut WWF,
mit dem Afrikanischen Breitmaulnashorn geklappt, das überwie-
gend in Südafrika lebt. Seine Population war vor 100 Jahren auf
weniger als 100 Tiere zurückgegangen, heute sind es 18 000
Breitmäuler. Dass so etwas gelingt, ist nicht selbstverständlich.
Eine Unterart, das Nördliche Breitmaulnashorn, steht kurz vor
dem Aus. Im vergangenen Jahr starb »Sudan«, der letzte Bulle,
nun leben nur noch zwei Weibchen. Durch eingefrorene Samen
und Leihmutterschaften soll das Überleben der Unterart ge -
sichert werden. Es gibt allerdings viele Arten, bei denen Hilfe
zu spät kommt; sie sind bereits ausgestorben. Zum Beispiel der
Riesenvogel Dodo. [email protected]