Die Weltwoche - 05.09.2019

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14 Weltwoche Nr. 36.
Bilder: Tomas Wüthrich (13 Photo), Anthony Anex (Keystone), Peter Klaunzer (Keystone), Rhona Wise (AFP), Dominik Plüss


Ueli Maurer, Wiederholungstäter, weibelt für
den EU-Beitritt weiterer Balkanstaaten. Schon
bei seinem Treffen mit Kroatiens Präsidentin
Kolinda Grabar-Kitarovic begrüsste Maurer
vor einigen Monaten das Engagement Kroati-
ens für die Aufnahme weiterer Länder aus dem
Balkan in die EU. Jetzt traf er sich mit der ser-
bischen Premierministerin Ana Brnabicćund
betonte, dass eine Beitrittsperspektive für
Staaten wie Serbien aus Sicht der Schweiz zur
regionalen Stabilität beitrage. Das hört sich
schön an, ist aber parteipolitisch etwas ge-
wagt: Eine EU-Mitgliedschaft Serbiens würde
nämlich noch mehr potenzielle Zuwanderer
aus der EU bedeuten. Dabei will Maurers
Partei, die SVP, den Zustrom mit der Begren-
zungsinitiative massiv drosseln. (hmo)


Guy Parmelin, Bürokrat, sucht einen neuen
Amtsdirektor, und zwar für das Bundesamt
für Wohnungswesen (BWO) in Grenchen. Des-
sen bisheriger Chef Ernst Hauri nähert sich
dem Pensionsalter. Das BWO ist eine Bundes-
stelle, die von etlichen bürgerlichen Politikern
als überflüssig angesehen wird und deren
Aufhebung schon seit Jahren im Raum steht.
SVP-Wirtschaftsminister Parmelin hält dem
Amt allerdings die Stange. Der neue Direktor
soll «strategische Grundsatzfragen der Woh-
nungspolitik» bearbeiten und sich für «fort-
schrittliche Rahmenbedingungen» rund um
Bauen und Wohnen einsetzen. Allerdings ist
vorgesehen, dass das BWO 2022 von seinem
Aussenposten in Grenchen nach Bern um-
zieht. Dort soll es sich die internen Dienste mit
der im selben Gebäude untergebrachten Wett-
bewerbskommission teilen. Immerhin. (fon)


Karin Keller-Sutter, Konsumentin, findet
trotz prallgefüllter Agenda Zeit, am Montag-
nachmittag in der Coop-Filiale an der Markt-
gasse in Bern einzukaufen. Normalerweise
schicken die Bundesrätinnen und Bundesräte
dafür ihre Weibelinnen und Weibel mit einem
Poschtizettel auf die Strasse. Keller-Sutter
macht das lieber selber. Doch warum Coop und
nicht die Migros? Liegt es daran, dass die
FDP-Bundesrätin inzwischen stärker nach
links neigt? Historisch gesehen steht Coop
nämlich den Sozialdemokraten und Gewerk-
schaften nahe. (hmo)


Personenkontrolle


Maurer, Grabar-Kitarovic,


Brnabic, Parmelin, Hauri,


Keller-Sutter, Fiala, Pfister,


Bachmann-Roth, Naef,


Lauber, Sommaruga, Wyss,


Soland, Herzog, Pence, Trump


Doris Fiala, FDP-Frau, hat sich mit Aussagen
gegenüber der «Rundschau» in die Nesseln ge-
setzt. In einem Beitrag über die Vereinbarkeit
von beruflicher und politischer Karriere sowie
Familie sagte die Präsidentin der FDP-Frauen,
der Dreiklang aus «Beruf, im Parlament sein und
dann noch Kinder haben» sei «fast nicht unter
einen Hut zu bringen». Sie empfahl jungen Frau-
en, sich erst einmal auf Familie und Beruf zu
konzentrieren und erst später auf die Politik. Die
Wogen gingen wie erwartet hoch. «Was für ein
erschreckendes Verständnis der FDP von Gleich-
berechtigung», empörte sich beispielsweise
Christina Bachmann-Roth, 34, Unterneh-
merin, dreifache Mutter und Nationalratskandi-
datin für die CVP im Kanton Aargau. Ihr Partei-
chef Gerhard Pfister sekundierte: «Fiala ist doch
Kommunikationsfachfrau... staune einfach im-
mer wieder, wie sie kommuniziert.» (fsc)

Martin Naef, Einzelgänger, ärgert sich. Es sei
äusserst bedenklich, dass viele Akteure der Eu-
ropapolitik nur noch ein Ziel hätten: das The-
ma zu vermeiden und totzuschweigen. «Es ist
an der Zeit, den Kopf aus dem Sand zu nehmen

und europapolitisch vorwärtszumachen.»
Diese Botschaft liess der SP-Nationalrat und
Co-Präsident der Neuen Europäischen Bewe-
gung Schweiz Nebs in den vergangenen Tagen
verbreiten. Mit Veranstaltungen in der gesam-
ten Schweiz will Naef die Debatte wieder in
Gang setzen. Allerdings hat er dabei ein we-
sentliches Problem: Auf den Teilnehmerlisten
fehlen die Namen der wichtigsten europapoli-
tischen Persönlichkeiten. Sie lassen sich offen-
bar nicht einmal für Naefs Europatour aus
dem Busch klopfen. (hmo)

Michael Lauber, Dealmaker, wird ausge-
bremst. Justizministerin Karin Keller-Sutter
(FDP) lehnte einen Antrag des Bundesanwalts
ab. Dieser wollte ein aus den USA bekanntes
Mittel aus dem Unternehmensstrafrecht
einführen: Die beschuldigte Firma anerkennt
einen Sachverhalt und bezahlt eine Busse. Im
Gegenzug wird die Anklageerhebung mit Be-
währungsfrist aufgeschoben. Solche ausserge-
richtlichen Deals eröffnen der Willkürjustiz
Tür und Tor. Firmen sind geneigt zu zahlen,
um die Sache vom Tisch zu bekommen. Ge-

Zufahrt für Eltern: SP-Verkehrsdirektorin Wyss.

Europatour: SP-Nationalrat Naef.

Familie und Beruf: FDP-Nationalrätin Fiala. Andere Welt: SP-Politikerin Soland.

Kein Rabatt: US-Vizepräsident Pence.
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