Die Weltwoche - 05.09.2019

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Weltwoche Nr. 36.19 17
Bild: Peter Schneider (Keystone)

wirklich an Leib oder Leben bedroht sind. Das
dürfte nur bei den allerwenigsten der Fall sein.
Ein Asylbefrager, der für das Staatssekretariat
für Migration (SEM) jeden Tag einen bis zwei
Gesuchsteller geprüft hat, berichtet, dass er im
Zeitraum von fünf Jahren «maximal zehn
Fälle» erlebt habe, bei denen er das Gefühl
hatte, «was sie erzählen, das stimmt». Die

Erklärungen des grossen Rests seien schlicht
«hanebüchen» gewesen. Die Eritreer beispiels­
weise, die grösste Gruppe von Asylanten,
hätten «immer die gleiche Geschichte erzählt,
wie nach einem Rezeptbuch von Betty Bossi».
Bei konkreten Nachfragen hätten sie sich in
Widersprüche verstrickt, oder sie hätten gar
keine Antworten geben können, etwa über
ihre Erfahrungen, ihre Ausbildung oder ihren
Rang im Militärdienst, vor dem sie angeblich
geflüchtet sind.
Bis zu einem gewissen Grad lässt sich die
Tatsache, dass kaum einer, der in der Schweiz
um Asyl nachsucht, in seiner Heimat verfolgt
ist, aus den offiziellen Statistiken herauslesen.
Dank einer Anfrage der Zürcher Nationalrätin
Barbara Steinemann (SVP) liegen nämlich ge­
naue Zahlen dazu vor, was aus den über 39 000
Gesuchstellern im Jahr 2015 geworden ist
(«Schweiz ächzt unter Asylrekordjahr», Welt-
woche Nr. 24/19). Asyl gab es nur für gut einen
Fünftel davon, dennoch erhielten am Ende
beinahe 28 000 in irgendeiner Form ein Bleibe­
recht. Der relativ grösste Teil – über 12 0 00 –
bekam den Status einer vorläufigen Auf­
nahme. Das heisst: Sie wurden nicht als
Flüchtlinge anerkannt, durften aber trotzdem
in der Schweiz bleiben. Der vertrauensvolle
Bürger mag davon ausgehen, dass «vorläufig»
auch vorläufig heisst. In der Praxis bedeutet es
aber meist «für immer». So ist es beim Gross­
teil der Eritreer.

Asyl für unbekannt _ Eine weitere offizielle
Aussage illustriert das Problem, von dem hier
die Rede ist. Auf Anfrage der Weltwoche räum­
te das SEM ein, «eine Mehrheit der Asylsu­
chenden» reiche in der Schweiz «keine Iden­
titätspapiere» ein. Diese Mehrheit ist überaus
deutlich. Bei den jugendlichen Asylbewer­
bern, wo präzise Zählungen vorliegen, sind es
ganze 96,3 Prozent. Der Befund deckt sich
mit der Erfahrung des zitierten Asylbefra­
gers. «Echte Dokumente sind der absolute
Ausnahmefall», sagt er. Meist würden sie von
Gesuchstellern präsentiert, die ohnehin nicht
zurückgeschafft werden könnten. Das Wis­
sen, dass sie am Ende am längeren Hebel sit­
zen, führe bei manchen zu unerträglich drei­
stem Verhalten. Auf die Frage nach seiner

land hart angefeindet worden, weil er beschrie­
ben hat, wie eine solch fehlgeleitete Einwande­
rungspolitik zu einer Verdummung der
Gesellschaft führt. Dabei ist es amtlich.

Fake-Flüchtlinge sind der Kern des Pro-
blems _ Niemand in diesem Land – nicht ein­
mal die auf fröhliche Multikulturalität schwö­
rende Linke – glaubt ernsthaft, dass die vielen
Asylbewerber, die in die Schweiz strömen,

Faktisches Einwanderungsrecht: Eritreer gehen in Bern für eine humanere Flüchtlingspolitik auf die Strasse, 18. Mai 2018.


Wer in Chiasso «Asile, asile»
ruft, kommt automatisch in ein
Verfahren.

friedlichen Gebieten sind Kampfzonen impor­
tierter Gewalttäter geworden. Die Tendenz
zeigt sich auch in der Schweizer Kriminalstatis­
tik – oder in den Klassenzimmern und auf den
Pausenplätzen unserer Schulen. Das Bundesge­
richt in Lausanne forderte jüngst von Stadt und
Kanton Zug, sie müssten einen jugendlichen
eritreischen Asylbewerber in eine ganz normale
Klasse auf der Oberstufe einschulen – obwohl er
Analphabet ist. Thilo Sarrazin ist in Deutsch­
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