Die Weltwoche - 05.09.2019

(ff) #1

Weltwoche Nr. 36.19


Angriff ist die beste Verteidigung. Nach
diesem Motto politisiert Jacqueline Badran,
SP-Nationalrätin aus dem Kanton Zürich, seit
2011 im Parlament. Sie ist gesetzt in der linken
Defensive und bekommt alle Freiheiten, nach
vorne das Spiel zu öffnen, wie es der moderne
Fussball schon lange vorlebt. Badran ist das
Gegenteil von zimperlich und kann auch mal
reingrätschen, wenn es gilt, einen Gegner zu
fällen.
Wer überleben muss, entwickelt ungeahnte
Kräfte. Die BDP verteidigt sozusagen ihre
eigene Existenz, und Rosmarie Quadranti
als Fraktionschefin ist es gewohnt, dass jeder
Match ihr Endspiel sein könnte. Mit dieser
Einstellung ist sie nominiert für die Innen-
verteidigung. Ihr zur Seite spielt Christian
Lüscher. Der freisinnige Rechtsanwalt aus
dem Kanton Genf verteidigt alles – selbst die
Interessen des dubiosen Abacha-Clans aus
Nigeria.
Würde man sich an das Links-rechts-Rating
der NZZ halten, wäre der Fall klar: Rechts aus-
sen müssten Erich Hess (SVP, BE) oder Pirmin
Schwander (SVP, SZ) auflaufen. Doch wir ge-
ben Christian Wasserfallen den Vorzug in der
rechten Defensive. Nach der grünen Kehrt-
wende der Parteispitze verteidigt der Berner
standhaft freisinnige Positionen gegen neue
Energieabgaben und zusätzliche Staatsinter-
ventionen im Umweltbereich.


Strategen im Mittelfeld


Im Mittelfeld der Politik drängeln sich die
meisten Parteien. CVP, BDP, EVP, Grünliberale,
die halbe FDP. Hier werden die Matches ent-
schieden, und keine Partei versteht es besser,
mal rechts, mal links zu passen, als die Christ-
demokraten.
Ob Altersvorsorge oder Steuer reform – bei
den ganz grossen Kisten hatte er seine Füsse
beziehungsweise Hände immer im Spiel: der
Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber. Er
ist der geborene Mittelfeldstratege. Seine
Schwäche: Er spielt den Ball auch mal und
durchaus bewusst der gegnerischen Mann-
schaft zu. Da Graber auf Ende Legislatur
zurücktritt, ist seine Position vorläufig va-
kant. Aus dem Ständerat hat der Obwaldner
Erich Ettlin (CVP) das Zeug, zum neuen Re-
gisseur der Mitte aufzusteigen.
Ins defensive Mittelfeld gehört Jacques
Bourgeois, der Protestant aus dem katholi-
schen Freiburg, Direktor des Schweizerischen
Bauernverbandes und passionierte Bergstei-
ger. Er schafft es, Freisinniger und Agrar-
Lobbyist zugleich zu sein. Ein Brücken-Bauer
im doppelten Wortsinn, auch aufgrund seiner
Zweisprachigkeit. Dossierfest, umgänglich,
effizient. Die leise Variante zum schnell-
schnatternden Bauernpräsidenten Markus
Ritter.
Im offensiven Mittelfeld kommt Tiana
Angelina Moser von der GLP zum Einsatz. Sie


ist, weil unberechenbar, brandgefährlich für
den Gegner. Mal stösst sie auf dem linken
(grün), mal auf dem rechten (liberal) Flügel
hervor. Sie verkörpert den neuen, säkularisier-
ten Typus des wendigen CVP-Politikers.
Dass Fussball und Politik Parallelen aufwei-
sen, zeigt der aktuelle Wahlkampf der SVP. Sie
wirbt mit einem Stickeralbum («Parlamen-
tini») für ihre Kandidatinnen und Kandida-
ten. Wer alle Fotos zusammenhat, kann ein
Auto gewinnen. Die Partei ist sturmerprobt
und bildet das Kernteam der Abteilung
Attacke. Als hängende Spitze ist Magdalena
Martullo nominiert. Sie empfiehlt sich auch
für die Captainbinde. Wer ein Exportunter-
nehmen mit 3000 Mitarbeitern erfolgreich
führen kann, dürfte auch den FC Nationalrat
zur Top-Equipe antreiben.

Doppelspitze?
Er ist der Mann mit der höchsten Kilometer-
zahl, der rhetorische Dribbler, der selbst
seine Mitspieler schwindlig redet: Roger
Köppel gehört in die Auswahl, weil die
Politik eben auch ein Spiel ist und die Tribü-
ne Spektakel erwartet. Der Zürcher SVP-
Nationalrat und Verleger der Weltwoche anti-
zipiert die Laufwege und stört mit seinem
Pressing den Spielaufbau des Gegners. An
seiner intellektuellen Firewall muss man erst
mal vorbeikommen.
Neben ihm agieren im Jobsharing als linke
Doppelspitze Cédric Wermuth (SP) und Irene
Kälin (Grüne), beide Feminst*in und aus dem
Kanton Aargau. Während rundherum in Euro-

pa die alten sozialdemokratischen Parteien ins
Nirwana entschwinden, hat der frühere Juso-
Präsident Wermuth wesentlich dafür gesorgt,
dass seine SP einen harten linken Kurs fährt.
Obschon die bürgerlichen Parteien auf dem
Papier die Mehrheit bilden, können SP und
Grüne die Politik im Bundeshaus entschei-
dend prägen, etwa in der Sozial- und Gesell-
schaftspolitik und jetzt über die Klima debatte.
Wer als vermeintlicher Underdog die Politik
dermassen erfolgreich beeinflussen kann,
gehört in die Stammelf.
Wenn vorne die Tore doch nicht fallen, war-
tet an der Aussenlinie Alfred «Fredi» Heer,
Nationalrat der Zürcher SVP, um eingewech-
selt zu werden. Er gehört zur Gattung jener
Goalgetter, die eine halbe Stunde fast un-
sichtbar vor dem Strafraum herumlungern,
bis die eine matchentscheidende Szene
kommt. Nervenstarke Knipser braucht jede
Mannschaft, die auf Sieg spielt. Heer hat als
Präsident des Bunds der Steuerzahler gerade
eine neue Volksinitiative lanciert: Die

Negativ zins-Gewinne der Nationalbank, die
vor allem Sparer und Rentner treffen, sollen
vollumfänglich in die AHV fliessen. Mit
diesem Vorschlag schiesst der SVP-Politiker
sozusagen mit dem linken Fuss einen Treffer
ins rechte Eck.

Krux der Konkordanz
Damit wäre die Mannschaft komplett. Min-
destens so wichtig wie die Auswahl der
Feldspieler ist jedoch die Frage nach dem
Coach. Und hier beginnt die Krux der Kon-
kordanz. Gut-schweizerisch müssten auf der
Trainerbank alle Fraktionschefs und Par-
teipräsidenten Platz nehmen. Aber wie sich so
auf eine gemeinsame Taktik einigen? Was ist,
wenn die halbe Mannschaft einen EU-Schieds-
richter will, der im Zweifelsfall gegen die
schweizerische Nati pfeift? Tatsächlich ist in
unserem Polit-System kein Teamchef vor-
gesehen. Wir haben keinen Minister-
präsidenten, keinen Bundeskanzler, keinen
Regierungschef. Auch der Bundesrat hat
keine besonderen Befugnisse. In einer direk-
ten Demokratie ist der Souverän, die Schwei-
zer Bevölkerung, der oberste Teamchef.

Wermuth? Dieser vermeintliche
Underdog gehört in die
Stammelf.

Der Autor ist Mitglied der SVP-Fraktion und vertritt
den Kanton Nidwalden im Nationalrat.

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