44 Weltwoche Nr. 36.19
Bild: Twitter
Es war einmal... Über Emmanuel Macrons
märchenhaften Aufstieg an die Macht gibt es
viele Bücher, die Hagiografien einer «Roman
figur» und eines «Philosophen Präsidenten».
Historiker verklärten seinen Sieg zum Ende der
Revolution nach 200 Jahren. Eine «neue Welt»
hatte Macron den Franzosen verheissen.
Jetzt legt der Statistiker Eric Stemmelen, der
Programmchef des öffentlichrechtlichen TV
Senders France 2 war, eine Chronik von Macrons
Wahl vor und stellt fest: So viele Zufälle und
Wunder kann es nicht geben. Stemmelens The
se: Die Medien haben das Drehbuch von Emma
nuel Macrons Machtübernahme geschrieben –
im Auftrag ihrer Besitzer, der französischen
Mil liardäre. Er nennt sie eine Oligarchie.
Zehn branchenfremde Milliardäre beherr
schen die französischen Medien. Ihnen ge hören
90 Prozent der landesweit vertriebenen Tages
zeitungen. Ihre TV und Radiosender erreichen
Marktanteile von über 50 Prozent. Die schon
lange im Medienbereich aktiven Unternehmer
haben ihre Vermögen mit Staatsaufträgen er
wirtschaftet: Die BouyguesGruppe, Eigen
tümer von Europas grösstem Privatsender TF1,
baut Autobahnen. Der GroupeDassaultBesit
zer des Figaro produziert Militärflugzeuge und
Waffen. Die Luxusgüterindustriellen und Tele
komUnternehmer sind in der Pressekrise auf
Schnäppchenjagd gegangen. Xavier Niel – in
der Schweiz gehört ihm Salt – ist Miteigen
tümer von Le Monde und L’Obs. Bernard Arnault
(LVMH) besitzt die Wirtschafts zeitung Les Echos
- das Boulevardblatt Le Parisien hatte er gekauft,
um Nicolas Sarkozy zu unterstützen.
Ein Studienfreund wird lanciert
Macron unterstützten alle. Er hatte die Elite
schule ENA absolviert und bei Rothschild als
Banker gearbeitet. 2012 weibelte er für François
Hollande, der sagte: «Mein Feind ist die Hoch
finanz.» Als Präsident machte dieser Macron
zum stellvertretenden Generalsekretär.
- Juli 2014: Macron verlässt das Elysée. Er
will ein StartupUnternehmen gründen und
im Herbst bei der London School of Economics
als Professor anheuern. Er macht Ferien in
Kalifornien. - August: Alain Juppé gibt bekannt, dass er
für die Präsidentschaftswahl von 2017 kan
didieren wird. In der Presse wird Edouard
Philippe als sein Premierminister gehandelt. In
Los Angeles sitzt an diesem gleichen Tag
Macron mit Xavier Niel und dessen Lebens
gefährtin Delphine Arnault, der Tochter des
LVMHBesitzers, zu Tisch. Es sei um die
Firmen gründung gegangen, werden später die
Zeitungen berichten.
- August: Le Point veröffentlicht ein Interview
mit einem Unbekannten namens Emmanuel
Macron, der seine wirtschaftspolitischen Vor
stellungen für Frankreich erläutert. Der Chef
redaktor ist ein Studienfreund. - August: Zu seiner «eigenen Überraschung»
wird Macron zum Wirtschafts und Finanz
minister ernannt. Er habe beim Velofahren
einen Anruf bekommen. Ein Wunderkind,
Schüler und Assistent des Philosophen Paul
Ricœur wird gefeiert. Die Medien der Milliar
däre haben ihren Messias. - August: Niels Le Monde veröffentlicht ein
paar «ergänzende Informationen»: «Emmanu
el Macron ist mit der zwanzig Jahre älteren Bri
gitte Trogneux, die seine Französischlehrerin
am Lycée Henri IV war, verheiratet.»
Der Satz mit mehreren Fehlern wird zur
Grundlage der Berichterstattung über das un
Messias der Milliardäre
Schrieben die Medien der Milliardäre das Drehbuch von Macrons märchenhafter Wahl?
Wie einen Messias haben sie ihn hochgespielt. Die Chronik einer Kampagne aus Titelgeschichten,
Enthüllungen und Meinungsumfragen. Von Jürg Altwegg
Wundersame Zufälle: Tausendsassa Macron.
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WEN WIR UM EIN
INTERVIEW BITTEN,
HAT AUCH VIEL
ZU SAGEN.
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