gewöhnliche Paar. Nach Paris hatten Macrons
Eltern ihren Sohn geschickt, um ihn von der
verheirateten Brigitte zu trennen. Sie hat nie in
Paris gearbeitet, Macron war nie ihr Schüler – er
machte in seiner Heimatstadt Angers in ihrer
Theatergruppe mit. Ihr Altersunterschied be
trägt 25 Jahre. Brigitte war nicht 36, als sie sich
kennenlernten, sondern 39. Und Macron nicht
siebzehn, sondern vierzehn. Mit einem sexuel
len Verhältnis hätte sich Brigitte strafbar ge
macht.
- August: In Le Point erscheint das erste grosse
Interview mit dem neuen Finanzminister. Es ist
der Startschuss zur Kampagne, die ihn als Prä
sidentschaftskandidaten aufbauen soll.
Der Dreitagebart des Propheten
Ein turbulentes Jahr geht ins Land. Macrons
Popularität wird mit Meinungsumfragen ge
testet. Er liegt stets zehn bis fünfzehn Pro
zent hinter Juppé, der bis zu seiner über
raschenden Niederlage in der Vorwahl gegen
François Fillon als Favorit erscheint. Gegen
ihn laufen zwei Kampagnen. In der Qualitäts
presse wird seine Mitverantwortung am Ge
nozid in Ru anda – er war Aussenminister –
thematisiert. Im Internet wird er nach den
Attentaten als «Ali Juppé» angegriffen.
Aus den Weihnachtsferien kehrt Emmanuel
Macron mit einem Dreitagebart zurück: Er ist
das erste grosse Thema des neuen Jahres. In Las
Vegas präsentiert Macron eine «French Tech
Night».
- Januar 2016: Le Monde veröffentlicht ein
Interview, in dem Macron bedauert, dass in
Frankreich keine grosse Koalition von links
und rechts möglich ist. Noch denkt niemand
an einen möglichen Verzicht von Hollande.
Am gleichen Tag wird die Gesellschaft «EMA
en marche» nach den Initialen des Messias ge
gründet.
8. Mai: Frankreich feiert das Ende des Zweiten
Weltkriegs und JeanMarie Le Pen Jeanne d’Arc.
Auch der Finanzminister hält eine Rede über
die Jungfrau von Orléans. Die Medien deuten
sie als Absichtserklärung und Motiv für die
Kandidatur: Er will die nationale Einheit mit
einer grossen Koalition herstellen und in Per
sonalunion verkörpern.
14. Juli: Nationalfeiertag, Attentat in Nizza, 86
Tote und 458 Verletzte.
11. August: Titelgeschichte in der Illustrierten
Paris Match. Die Macrons am Strand, Brigitte im
Badeanzug: «Verliebt in den Ferien – vor der
Offensive».
30. August 2016: Macron tritt aus der Regie
rung zurück. Nach einer Woche Trommel feuer
erklärt der gemässigte Zentrumspolitiker
François Bayrou: «Wir beobachten einen gewal
tigen Versuch finanzieller Interessen vertreter,
die politische Macht zu erobern. Ich bin nicht
dafür, dass die Macht des Geldes die Politik un
terwirft. Aber darum geht es.»
In einem Punkt irrt Bayrou: «Die Rechnung
wird nicht aufgehen. Die Franzosen werden die
Operation durchschauen und erkennen, was
hinter diesem Hologramm steckt.»
16. November: Macron verkündet seine Kandidatur.
Im Wahlkampf wird Russia Today kolportieren,
Emmanuel Macron sei homosexuell und führe
ein Doppelleben mit dem Intendanten von Ra
dio France. Bei der geschickt geführten Offensi
ve gegen die Gerüchte spielen Xavier Niel und
Delphine Arnault, die Brigitte in Stilfragen be
rät, eine wichtige Rolle. Sie engagieren Mimi
Marchand, die Pariser «Königin der Paparaz
zi». Sie hatte Hollande auf einer Vespa bei der
nächtlichen Ausfahrt zum Seitensprung foto
grafieren lassen. Die Fotos erschienen in Closer.
Das Klatschmagazin gehört Berlusconi und
publizierte Dutzende von Gefälligkeitsartikeln
über Brigitte und Emmanuel Macron.
- Dezember 2016: Hollande wirft das Hand
tuch. Stemmelen: «Seine Teilnahme hätte
Macron jeglicher Chance auf den Einzug in die
Stichwahl beraubt.»
Und wenn sie nicht gestorben sind... Gegen Ma rine
Le Pen, die sich im TVDuell mit ihrem Amo
klauf selber besiegte, hatte Macron in der
Stichwahl leichtes Spiel. Stemmelen beendet
seine Chronik am 23. April 2017, dem Tag des
ersten Wahlgangs. Drei ExPremierminister
(Alain Juppé, François Fillon, Manuel Valls),
ein ehemaliger und der amtierende Präsident
sind auf der Strecke geblieben. Die Enthüllun
gen über den letzten ernsthaften Rivalen
François Fillons kamen nicht aus den Medien
der Milliardäre. Edouard Philippe, den Alain
Juppés als Regierungschef vorgesehen hatte,
wird Premier, François Bayrou Justizminis
ter. Mimi Marchand bekommt das Monopol
für Homestorys aus dem Elysée.
Es geschahen Wunder... Eric Stemmelen legt ei
ne überzeugende Darstellung der «Opéra tion
Macron» und ihrer wundersamen Zufälle vor.
Nur mit dem Mainstream und der Mimesis der
Medien, die sich gegenseitig imitieren, kann
man ihre Dynamik in der Tat nicht er klären. Ob
es wirklich einen Drehbuchautor und Regis
seur gab, wissen die Beteiligten. Der Statistiker
schmälert die Aussagekraft seiner fulminanten
Demonstration durch den Furor seines Stils
und mit abschätzigen Bemerkungen – die «Oli
garchie» der Medienmilliardäre nennt er auch
schon mal eine «Plutokratie». Jegliche Reform
- der Steuern, des Renten systems, des Arbeits
rechts – ist für den Autor ein Anschlag des
Grosskapitals auf den Sozialstaat und der Präsi
dent dessen Handlanger. Französische Verlage
haben «Opération Macron» abgelehnt, das
Buch erschien Ende Juni in Belgien. Ausser der
kommunistischen Humanité hat es bislang kei
ne französische Zeitung rezensiert.
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WEN WIR UM EIN
INTERVIEW BITTEN,
HAT AUCH VIEL
ZU SAGEN.
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