Die Welt - 07.09.2019

(Axel Boer) #1
Ausstellungen, Performances,
Gespräche, Installationen
Zum Geburtstag von Alexander von Humboldt
Samstag, 14.09.2019 ab 12 Uhr
Eintritt frei · Info & Anmeldung: humboldtforum.org

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Wissensdurst


statt Hunger


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07.09.19 Samstag, 7. September 2019DWBE-VP1


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DWBE-VP1

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DIE WELT SAMSTAG,7.SEPTEMBER2019 KUNSTMARKT 35


E


inst waren sich Köln und Düs-
seldorf spinnefeind. Auf dem
Markt der Galerien aber kom-
men sie sich von Jahr zu Jahr
näher. Im elften Jahr der Düsseldorf
Cologne Open, kurz DC Open, beteili-
gen sich am gemeinsamen Start in die
Herbstsaison mittlerweile rund 50 Ga-
lerien aus beiden Städten.

VON ALEXANDRA WACH

Eigentlich ist Düsseldorf bekannt
fffür seinen Fotografieschwerpunkt. An-ür seinen Fotografieschwerpunkt. An-
gekündigt ist dort zum Beispiel für
2 020 das Fotofestival „Düsseldorf
Photo +“. Es soll das bisherige, gerade
mal eine Ausgabe alte Format „Düssel-
dorf Photo“ unter der Leitung von
Alain Bieber (NRW-Forum) ablösen.
Die Künstlerinnen Christine Erhard
und Pola Sieverding, die Galeristen
Rupert Pfab und Thomas Rieger (Kon-
rad Fischer-Galerie) sowie der Journa-
list Carl Friedrich Schröer sitzen noch
an dem Konzept.
Die rheinische Vernunftehe aber
ffführt nun Köln mit höchster Fotokunstührt nun Köln mit höchster Fotokunst
an: Julian Sander feiert in der Altstadt

sein zehntes Jubiläum mit Fotografien
von John Cohen, der Mitte der 50er-
bis Anfang der 60er-Jahre die Kunst-
welt von New York dokumentierte –
die Happening-Szene, die abstrakten
Expressionisten oder Bob Dylans Le-
ben in der Stadt. Bei Thomas Zander
kommt es zu einem Treffen amerikani-
scher Seismografen: Neue Fotos des
amerikanischen Fotoheroen Mitch Ep-
stein, Jahrgang 1952, und Zeichnungen
und Skulpturen von Claudia Parducci,
Jahrgang 1963. Epstein stellt sich den
AAAbgründen des trumpschen Amerika,bgründen des trumpschen Amerika,
Parducci den politischen Folgen von
WWWerden und Vergehen.erden und Vergehen.
Kölner Kunstgeschichte fächert
Brigitte Schenk in der Albertusstraße
auf. Sie zeigt mit Klaus vom Bruch ei-
nen Pionier der Videokunst. Nach ei-
nem Studium der Konzeptkunst am
legendären California Institute of the
Arts gründete er in Köln mit Ulrike
Rosenbach und Marcel Odenbach die
Produzentengruppe ATV. Sein 32-mi-
nütiger Film „The McLuhan Project“
von 2018 durchstreift mit feinster
Ironie einen Hürdenlauf aus media-
len Zeitphänomenen, von Pornoclips

bis zu kuriosen Entgleisungen in den
sozialen Medien.
Einige Hausnummern weiter setzt
Priska Pasquer auf die Anziehungskraft
von lebensnahen Fotoporträts. „La Cu-
caracha“ heißt die neueste Serie des
Südafrikaners Peter Hugo, der zuletzt
in Wolfsburg, Dortmund und Lissabon
mit Retrospektiven geehrt wurde. Er
zeigt Menschen und Landschaften, die
er in Mexico aufspürte. Straßenkehrer
spielen als Mitglieder einer Laienspiel-
gruppe Szenen aus einem Wandgemäl-
de des Revolutionsmalers David Alfaro
Siqueiros nach, eine ausdrucksstarke
Porträtreihe taucht in die Transgender-
kultur der „Muxe“ von Juchitán ein.
Die Düsseldorfer Konkurrenz begeg-
net der Kölner Genrevielfalt mit Lokal-
matadoren wie etwa Thomas Ruff und
Thomas Schütte bei Ute Parduhn in
Düsseldorf Kaiserwerth und einer Male-
rei-Offensive: Während sich Heribert
Ottersbach bei Beck & Eggeling unter
dem diskurssicheren Titel „Identität
und Gelände“ auf das Terrain der bio-
grafischen Selbstanalyse zurückzieht,
wählt bei Setareh auf der Königsallee
die Berlinerin Bettina Scholz eingefärb-

te Glasscheiben als Unterlage für ihre
abstrakten Transformationen von Moti-
ven aus Literatur, Musik und Science-
Fiction-Filmen, etwa von „Solaris“ bis
zu „Blade Runner 2049“. Die Oberflä-
chen bedruckt, collagiert oder begießt
sie mit chinesischer Tinte; auf dem Bild-
träger angekommen löst sie ein ozeani-
sches Zittern aus.
Wie jüngere Jahrgänge an die Perfor-
mances eines Yves Klein anknüpfen,
zeigt Kadel Willborn mit einer Solo-
schau von Keltie Ferris. Geboren in den
1970ern in den USA, verbindet sie Abs-
traktion mit Performance Art und dem
überbordenden Fluss der digitalen Bild-
welten. Seit 2015 entsteht etwa die Serie
der „Body Prints“. Im Mittelpunkt steht
der androgyne Körper der Künstlerin
selbst, bedeckt mit Hemd und Hose, Öl-

der androgyne Körper der Künstlerin
selbst, bedeckt mit Hemd und Hose, Öl-

der androgyne Körper der Künstlerin

farbe und Pigmentstaub, gepresst gegen
Papier. Die Abdrücke sieht Ferris nicht
als Feier eines männlich determinier-
ten, sinnlichen Frauenkörpers, sondern
als „Index“ ihrer fluiden Geschlecht-
lichkeit – ganz auf der Höhe der Zeit.

TDC Open, am 7. und 8. September.
Information auf http://www.dc-open.de

AAAufuf


der


Höhe


der


ZEIT


Köln und Düsseldorf, zwei getrennte kulturelle Welten. Einmal im Jahr aber


verbünden sich die Galerien und feiern das Kunstfestival „DC Open“. Ein Rundgang


Mitch Epsteins „Veterans Respond Flag, Sacred Stone Camp, Standing Rock Sioux Reservation, North Dakota“ von 2017

BLACK RIVER PRODUCTIONS, LTD./ MITCH EPSTEIN, COURTESY GALERIE THOMAS ZANDER, COLOGNE

„Papierarbeiten auf den normalen Mes-
sen gar nicht zeigen kann“. Die Stände
seien viel zu teuer. Sie tritt mit dem Früh-
werk von Sebastian Dacey (ab 2400Euro)
und Zeichnungen und Papiercollagen von
Max Brand an (ab 1500Euro).
Jean-Claude Maier und Parisa Kind
beteiligen sich nicht an der Messe. Mai-
er hat vor sieben Jahren begonnen, Aus-
stellungen in seiner Wohnung im Bahn-
hofsviertel zu organisieren, seit vier
Jahren ist er aktiv als Galerist, fördert
vor allem junge Künstler mit internatio-
nalem Profil. „Futur 1“ hat für ihn der
Frankfurter Künstler Arthur Löwen ku-
ratiert. Neben Löwens eigenem Werk
„Index (Celeste 5)“ sind Bilder von Ma-
ximilian Arnold und Hassina Taalbi zu
sehen (bis 8100 Euro). In der Beletage
eines Jahrhunderthauses stellt bei Pari-
sa Kind erstmals Ben Echeverria aus
Los Angeles, der malt, dann seine Lein-
wände zerschneidet und sie zu neuen
Kompositionen zusammensetzt; pure
Malerei als Prozess (bis 9000 Euro).

Kai Middendorff, Galerist im Bahn-
hofsviertel, steht hinter der „Frankfurt
Art Experience“, „weil sie sich um uns
herum aufbaut“. Nur Künstler und In-
stitutionen zu fördern, führe auf lange
Sicht nicht zu einer lebendigen Kunst-
stadt. Er ist auf der Messe vertreten und
zeigt in seiner Galerie erstmals Christi-
ne Gironcoli (*1941). Das ist die Witwe
des Bildhauers Bruno Gironcoli. Sie ist
als Künstlerin bisher unbekannt. Erst
vor 20 Jahren hat sie begonnen, sich ih-
rer abstrakten Malerei zu widmen und
es als Befreiung empfunden. Gironcoli
reagiert auf die Spuren der Vergangen-
heit, als Bildträger benutzt sie bis zu 100
Jahre alte Stützleinwände, mit denen
historische Bilder verso abgesichert
wurden (4300 bis 17.000 Euro).

TInfos unter http://www.frankfurtexperi-
ence.art/#saisonstart

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Frankfurt greift an


Die Stadt gilt als provinziell. Jetzt will sie das ändern,


mit einer neuen Messe und viel „Experience“


Hans Tichas „Hindernislauf“ von 1975,
zu sehen bei Hanna Bekker vom Rath

HANS TICHA/ GALERIE HANNA BEKKER VOM RATH/VG BILDKUNST, BONN 2019

/ ALEXANDER BECK

F


rankfurts Institutionen haben in-
ternationale Strahlkraft. Das
weiß man, spätestens seitdem
der ehemalige Direktor des Städels, der
Schirn und des Liebighauses, Max Hol-
lein, zum Direktor des Metropolitan
Museums in New York ernannt wurde.
Auch die neue Leitung des Museums für
Moderne Kunst, Susanne Pfeffer, sorgt
zurzeit für viel nationale und interna-
tionale Anerkennung.

VON VIVIEN TROMMER

Im Gegensatz dazu erstaunt es im-
mer wieder, dass der Galeriemarkt über
einige Platzhirsche hinaus, wie Bärbel
Grässlin, kaum Aufmerksamkeit be-
kommt. Kunstmessen zu etablierten
scheiterte meist nach ein, zwei Ausga-
ben. Jetzt aber sollen die Kräfte in der
Stadt endlich gebündelt werden: An die-
sem Wochenende starten 50 Galerien
gemeinsam in die Herbstsaison – eine
Traditionsveranstaltung, die in diesem
Jahr ihr 25. Jubiläum feiert. Parallel aber
findet im „Flare of Frankfurt“, dem viel
diskutierten Waben-Neubau von Hadi
Teherani, erstmals die Messe „Paper
Positions“ statt, die bereits in Berlin,
München und Basel Standorte pflegt.
Und den diskursiven Überbau bietet
„The Frankfurt Art Experience“, eine
von der Stadt geförderte Initiative, die
zum ersten Mal Galerien und Messe mit
einem Walk-und-Talk-Programm ver-
bindet. Auch sie feiert Premiere.
Auf der Messe versammeln sich zum
Großteil Frankfurter Kunsthändler –
die Liste zeigt aber auch, was viel zu oft
unter dem Radar bleibt: Mitgedacht
werden muss immer auch Frankfurts
wirtschaftlich starkes Umfeld. Aus
Mannheim ist Sebastian Fath dabei, aus
Stuttgart die Galerie Fuchs. In dieser
Konzentration, frei von internationalen
Ambitionen, liegt eine Chance.
Bärbel Grässlin ist da skeptisch. Schon
Ende der 80er-Jahre habe sie mit Kolle-
gen einen offenen Brief an die Stadt ge-
schrieben und davor gewarnt, sich an ei-
ner Messe zu verheben, deren Erfolg
aussichtslos gewesen sei. Frankfurt sei
einfach zu klein und Köln zu nah, um aus
der Stadt einen Kunstmarkt-Hub zu ma-
chen. Braucht Frankfurt also gar keine
neue Messe? Ihr Blick verrät es. „Ich
denke, wenn wir einen flotten Saison-
start hinkriegen, kann man doch froh
sein.“ Sie hält sich da ganz an Georg He-
rold, DDR-Dissident und Ex-Professor
der Städelschule, dessen knallorangefar-
bene Bronzeskulptur „Heyday“ allen
Gravitationsgesetzen zuwider einen
Luftsprung wagt (220.000 Euro). Und
was ist mit der jüngeren Generation?
AAAuch Jacky Strenz, die ihre Galerie inuch Jacky Strenz, die ihre Galerie in
Mainnähe führt, bezweifelt, dass Frank-
fffurt der Sprung zur Messestadt gelingt.urt der Sprung zur Messestadt gelingt.
Dennoch macht sie mit, weil man sonst

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