Die Welt - 07.09.2019

(Axel Boer) #1
N�

� km

Indischer Ozean

Garden RouteGarden RouteGarden Route

Hänge- Dolphin Trail
brücke

Start

Misty Misty
Mountain Mountain
SanddriftSanddriftSanddrift

U


nd hier – unser Serienkil-
ler!“ Kaum hat Minando
Jafta diesen Satz ausge-
sprochen, blickt der Guide
in ängstliche Gesichter.
Augen scannen hektisch Unterholz und
Dickicht ab – nach Giftschlangen und
Riesenspinnen. Naheliegende Reflexe in
diesem dunklen Regenwaldabschnitt an
Südafrikas Südküste. Minando deutet
nach oben: „Hier ist er“, sagt der 30-Jäh-
rige und tätschelt einen Baum, der auf
den ersten Blick so auch in der Lüne-
burger Heide stehen könnte. „Er hat
schon reichlich Morde auf dem Gewis-
sen.“ Ungläubiges Staunen als Minando
erzählt, wie diese Würgefeige ihre
Opfer meuchelt: „Sie nistet sich als klei-
ner Busch in der Krone eines großen,
kräftigen Baumes ein, treibt dann un-
zählige Luftwurzeln aus, die sich – un-
ten angekommen – in den Waldboden
graben. Dort saugen sie erstens unterir-
disch ihrem Wirtsbaum das Wasser
weg, während sie zweitens oberirdisch
seinen Stamm umwickeln und ihn so
strangulieren, bis er morsch in sich
zusammenfällt.“

VON STEPHAN BRÜNJES

„Open-Air-Classroom“ nennt Minan-
do solche Stopps auf dem Dolphin-Trail,
für den man drei Tage kalkulieren muss.
Der Trail ist insgesamt 42 Kilometer
lang und erfordert einiges an Kondition,
weil es während der beiden Wandertage
ständig rauf- und runtergeht, mancher-
orts mehrere Hundert Höhenmeter. Am
dritten Tag ist Erholung angesagt – im
Jeep zurück zum Startpunkt. Jährlich
werden hier rund 500 Wanderer ge-
zählt; im Gegensatz etwa zum populäre-
ren Otter-Trail ist der Dolphin-Trail
noch ein Geheimtipp, der nur mit Guide
durchstreift und nur als Dreitagespaket
gebucht werden kann. Auf seinen selbst
geschnitzten Eukalyptusstock gestützt
plaudert Guide Minando unterwegs wie
ein cooler Junglehrer; engagiert, aber
ohne erhobenen Zeigefinger, detail-
reich, aber nicht schlaumeiernd. Kurz,
kompakt und meist mit einer guten Ge-
schichte. Um keine dieser Storys zu ver-
passen, lauschen die Dolphin-Trailer
ebenso aufmerksam, wenn Minando vor
Giftschlangen warnt, etwa vor der Kap-
kobra, der Afrikanischen Baumschlange
und der Puffotter.
Von diesen Gefahren ahnt die Gruppe
am ersten Tag noch nichts im „Storms
River Mouth Restcamp“, dessen kom-
fortable Holzhütten von der Gischt des
Indischen Ozeans in einen permanen-
ten Sprühnebel gehüllt sind und den
Wanderern vor dem Start eine letzte
Dusche verpassen. Dann, nach einer
halben Stunde, der nächste Wow-Mo-
ment: Zwei Hängebrücken überspannen
die Mündung des Storms River und ge-
ben den Blick frei auf dicht bewaldete
Bergrücken und auf Meereswasser, das
dazwischen so stark schäumt, als hätte
ein Riese Waschmittel hineingekippt.
Zwischen den Felsen und auf Grün-
flächen sonnen sich Klippschliefer. Sie
sehen aus wie stummelschwänzige
XXL-Meerschweinchen und posieren
für die Kameras. „Na, wer kennt deren
engste Verwandte?“, fragt Minando. Die
Gruppe tippt sich von Hamster über
Murmeltier bis zum Kaninchen durch
den Kleintierzoo. „Elefanten“, löst der
Guide das Rätsel dann zur Überra-

schung aller auf und erklärt, der riesige
Dickhäuter und dieses krabbelnde Fell-
knäuel hätten vor mehr als 80 Millionen
Jahren mal einen gemeinsamen Vorfah-
ren gehabt.
Nun beginnt der erste Aufstieg des
Trails. Von null auf fast 200 Meter über
schmale Tritte, Treppen und Steinpla-
teaus. Mit großprofiligen Wanderschu-
hen und mittelmäßiger Kondition gut
zu schaffen, so wie der gesamte Trail. Er
ist zwar nur spärlich ausgeschildert,
darf aber ohnehin nur mit Guides be-

gangen werden. Minando ist stets vor-
neweg, mit seinem Stock im Boden sto-
chernd, an Bäume tippend, im Gebüsch
raschelnd. So, als wollte er bei den Tie-
ren anklopfen: „Hallo, wir sind’s, kleine
Menschengruppe. Ich passe auf, dass
keiner in eure Reviere trampelt, wir
sind dann auch gleich wieder weg.“
Vorher stellt der Guide noch ein, zwei
Aliens vor: „Die vermehren sich hier ra-
sant!“ Nanu – wo denn? Minando
spricht von Bäumen. Etwa dem Euka-
lyptus, aus Australien nach Südafrika

eingeführt, seine pflanzliche Umgebung
erdrückend und Samen streuend, so-
dass im Nu sieben neue Exemplare
wachsen, wo einer gefällt wird. Da ist
Minando, dem engagierten Naturbe-
wahrer, das heimische Kraut der „kleb-
rigen Erika“ viel lieber, weshalb er sich
und seinen Dolphin-Trail-Wanderern
jeweils eine bohnenförmige, rote Blüte
als Schmuck an die Ohrläppchen heftet.
Handys raus, Selfies klicken, sofort in
die Heimat schicken! Bei vielen Wande-
rern juckt es inzwischen, der Insekten-

stiche wegen. Statt konventionellem
Mückenspray empfiehlt Minando seine
selbst angerührte Spezialmischung aus
Wasser, Alkohol, Parfüm, Paraffinöl und
Vaseline. Und wirklich, einmal damit
eingerieben surrt und pikt kein Stören-
fried mehr.
Nach dem letzten Aufstieg geht es
bald wieder Richtung Meer. Der Dol-
phin-Trail führt nun durch dichte Fyn-
bos-Vegetation. „Etwa 8000 verschie-
dene Arten fassten einst niederländi-
sche Eroberer unter dem Sammel-

begriff ‚Fijnbosch‘ zusammen“, erzählt
Minando, „daher der Name.“ Eine da-
von ist die wunderschön blühende Pro-
tea – Südafrikas Nationalpflanze. Am
Meer angekommen verteilt Minando
Wasserflaschen, Sandwiches und Äpfel.
Sonderapplaus!
Kurz vor dem Ziel der ersten Tages-
etappe – alle Dolphin-Wanderer sind ge-
danklich schon in den luxuriösen Cha-
lets der „Misty Mountain Reserve“ –,
hören sie noch ein scharfes „Achtung“
von Minando; der Guide liebt das deut-
sche Wort, sagt er. Deshalb gleich noch
einmal: „Achtung, eine Puffotter, rechts
im Gebüsch.“ Die Gruppe weicht in-
stinktiv zwei Schritte zurück. „Also, sie
war da“, fährt Minando fort und deutet
auf die fleckige Haut, die sich die Gift-
schlange offenbar an einem Baum-
stamm abgeschubbert
hat. Alle atmen auf und
schauen sich den etwa
fünf Meter langen, flecki-
gen Schlauch näher an.
Der zweite Wandertag
startet mit Dauerregen,
den der Wind waagerecht über die Küs-
te bläst. Nun wird auch klar, warum der
Dolphin-Trail damit wirbt, vier Jahres-
zeiten an einem Tag zu bieten.
Bemooste Böden, verwunschene
Bachläufe, schroffe Felsengrate in chan-
gierenden Brauntönen – die Wanderer
fühlen sich für kurze Zeit in schottische
Highlands gebeamt. Doch dann ist volle
Konzentration gefragt! Denn der
schmale, ursprünglich von Fi-
schern geschaffene Pfad, der
deshalb Dolphin-Trail (Del-
fin-Weg) heißt, endet abrupt.
Minando bittet die Gruppe
auf einen Felsvorsprung,
kaum einen Fuß breit. Ei-
gentlich kein Ding, würde
es rechts nicht zehn Meter
steil runtergehen. „Also
schön nach links lehnen und
gut am Felsen festhalten“, rät
der Guide. Toller Tipp! Gelän-
der? Gibt’s hier nicht. Die Dol-
phin-Kraxler tasten sich vorsichtig
über den Grat – alle mit weichen
Knien, einige im Krebsgang.
Wieder auf sicherem Boden öffnet
Minando den Gewürz- und Medizin-
schrank des Tsitsikamma-National-
parks, durch den der Dolphin-Trail jetzt
führt: Eine krokusartige Blume ent-
puppt sich als wilder Knoblauch, aus ei-
ner anderen namens Kamasie gewannen
Jäger früher ihr Pfeilgift. Und dann ist
da noch Wormwood. „Sehr gut gegen
die Schulkrankheit“, sagt Minando.
„Wenn Kinder nicht zum Unterricht
wollen, geben südafrikanische Mütter
ihnen Wormwood als Medizin. Das
schmeckt so scheußlich, da machen sich
die Kleinen lieber auf den Weg.“ Auch
Minandos Gruppe will gerade los, da
krabbelt ein fingerdicker scheckiger Re-
genwurm durchs Laub. „Achtung, nicht
drauftreten, eine Puffotter“, ruft Mi-
nando. Wieder weichen die Wanderer
zurück, doch der Guide gibt Entwar-
nung: „Das ist bloß eine süße Baby-
schlange, sie ist noch nicht giftig.“

TDie Teilnahme an der Reise wurde
unterstützt von South African Tourism.
Unsere Standards der Transparenz und
journalistischen Unabhängigkeit finden
Sie unter http://www.axelspringer.de/
unabhaengigkeit

Reisetipp



  • ab 1 Übernachtung inkl. Frühstück

  • Abendessen im Rahmen der Feinschmecker-Halbpension
    (5-Gang-Abendmenu bzw. Mittwoch & Samstag Themenbuffet)

  • Begrüßungsgetränk bei Anreise

  • Nutzung des Wellnessbereichs

  • Teilnahme am Fitness-, Sport- & Aktivprogramm (Montag – Freitag)
    Preis pro Person & Angebot: Doppelzimmer ab € 117,50


Lindner Parkhotel & Spa
Argenstrasse 1 · 87534 Oberstaufen
Tel. 08386-703 117
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Bin mal kurz weg!


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In WELT AM SONNTAG/DIE WELT finden


Sie die schönsten Orte zum Entspannen.


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07.09.19 Samstag, 7. September 2019DWBE-VP1


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AnreiseZum Beispiel mit Lufthansa
(www.lufthansa.com) oder South
African Airways (flysaa.com) non-
stop oder mit KLM (www.klm.de) via
Amsterdam oder mit British Airways
(www.britishairways.com) via Lon-
don nach Johannesburg. Weiter per
Inlandsflug nach Port Elizabeth; von
hier sind es im Mietwagen knapp
zwei Stunden zum Startpunkt des
Dolphin-Trails im „Storms River
Mouth Restcamp“. Einige Reisever-
anstalter bieten den Dolphin-Trail im

Rahmen von zweiwöchigen Südafri-
karundreisen als Programmpunkt an,
so etwa die von Deutschen seit 1999
in Kapstadt geführte Reiseagentur
Relax’n Travel, http://www.relax-n-travel.de.

TrailDer dreitägige Dolphin-Trail
besteht aus zwei Wandertagen und
einem Rückfahrtag zum Startpunkt.
Die Wanderetappen à 7,5 und 9,5
Kilometer muten zwar kurz an, dau-
ern aber pro Tag jeweils gut sechs
Stunden – wegen der vielen Auf-

und Abstiege. Die Übernachtungen
in großzügigen, gut ausgestatteten
Holzchalets sind mit Frühstück und
abendlichem Diner. Das gesamte
Gepäck der Teilnehmer – mit Aus-
nahme des Tagesrucksacks – wird
während der Wandertage in die
jeweiligen Unterkünfte transportiert,
sodass es abends zur Verfügung
steht. Die Rückfahrt zum Ausgangs-
punkt erfolgt in einem Transporter.
Der Dolphin-Trail kostet komplett
4 24 Euro pro Person bei Unterbrin-

gung im Chalet zu zweit, Allein-
reisende zahlen 508 Euro.
Weitere Infos und Buchung unter
http://www.dolphintrail.co.za/booking.php.

UnterkunftFür eine Übernachtung
vor oder nach der Dolphin-Trail-Tour
empfiehlt sich „The Beach Hotel“
in Port Elizabeth, Doppelzimmer
mit Frühstück ab 80 Euro,
http://www.thebeachhotel.co.za

Auskunftwww.dein-suedafrika.de

Tipps und Informationen

Gut möglich,
dass sich hier
im Unterholz
Schlangen
verbergen

STEPHAN BRÜNJES

Eine Puffotter,


gefolgt von KAP-KOBRA


Drei Tage wandern mit leichtem Gepäck durch Regenwald, über


Hängebrücken und entlang schroffer Felsküsten: Auf dem Dolphin-Trail


können Touristen Südafrikas Garden Route von ihrer wilden Seite erleben


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