Süddeutsche Zeitung - 07.09.2019 - 08.09.2019

(Rick Simeone) #1

Neues Denken: In Deutschland regen
sich viele Menschen auf über Mario
Draghis lockere Geldpolitik. Nun möchte
der EZB-Präsident bei der Ratssitzung
am kommenden Donnerstag sogar noch
nachlegen und den Strafzins erhöhen,
womöglich sogar die Anleihekäufe wie-
der hochfahren. Und jenseits dieser
aktuellen Entscheidungen tüfteln die
Denker im EZB-Turm insgeheim an
weiteren Maßnahmen. Die Frage lautet
doch: Wie könnte die Notenbank in einer
nächsten Finanzkrise reagieren, wenn
Leitzins und Anleihekäufe ausgereizt
sind, mithin nicht mehr wirken? So viel
sei verraten: Vielleicht kaufen die Wäh-
rungshüter irgendwann sogar Aktien. In
Japan geschieht das schon lange – für
die EZB wäre es der nächste Tabubruch.
Das Exklusivthema zur EZB amMontag
von Markus Zydra.


Am selben Tag kommt imMontagsinter-
viewFrank Mastiaux zu Wort. Der Chef
des Energieversorgers EnbW ist einiger-
maßen verzweifelt: So geht das doch
nicht, rief er immer wieder während des
Interviews. Was nicht geht? Na, dass die
Energiewende und damit auch die Mobi-
litätswende so sehr ins Stocken gekom-
men seien. 53 Monate brauche man
derzeit, um ein Windrad aufzustellen,
ein Unding. Wenn das so weitergehe,
sagt Mastiaux, werde auch die Umstel-
lung auf Elektroautos fürchterlich
schwierig.


ImMittwochsporträtstellen wir Ihnen
Katy Roewer vor. Sie ist Bereichsvorstän-
din beim Handelskonzern Otto und eine
der wichtigsten Personal-Managerin-
nen, die aus Deutschland heraus gegen
den Internet-Platzhirsch Amazon antre-
ten. Otto ändert sich, will moderner,
innovativer und schneller werden – und
dafür muss sich auch ändern, wie die
Menschen bei Otto arbeiten. Roewer
(FOTO: DPA)geht mit gutem Beispiel voran.


Sie ist Führungskraft in Teilzeit – und
ihr eigenes Vorstandsbüro gibt sie dem-
nächst auf.


Fürs „Reden wir über Geld“ amFreitag
haben Vivien Timmler und Barbara Vor-
samer die Unternehmerin Milena Glim-
bovski in Berlin besucht. Dort hat die
heute 29-Jährige 2014 einen der ersten
Unverpackt-Läden Deutschlands eröff-
net, heute gehört Glimbovski zu den
erfolgreichsten Anti-Müll-Aktivistinnen
Deutschlands. Ein Gespräch über imma-
teriellen Luxus, feministisches Milchpul-
ver und ihre Sehnsucht danach, endlich
richtig deutsch zu sein.


Was noch?Eine Veranstaltung, die ga-
rantiert kurzweilig und innovativ sein
wird, findet amFreitagin Saarbrücken
statt: der nächste Gipfelstürmer-Salon
derSüddeutschen Zeitung. Das Thema
ist nicht nur fürs kleine Saarland rele-
vant: „Jenseits von Kohle, Stahl und


Automotive – wo die neuen Arbeitsplät-
ze entstehen!“ Entstehen sie wirklich?
Ammar Alkassar, Innovationsbevoll-
mächtigter des Saarlandes, Max Ulbrich,
Gründer der Fanomena GmbH, Carolin
Ackermann, Gründerin von oceancube,
und Axel Koch, der Leiter des Dezernats
Forschungsmanagement und Transfer
der Universität des Saarlandes, klären
darüber auf, die Gäste diskutieren mit.
Merke: Ein Land kann ohne Boden-
schätze reüssieren. Aber ein Land ohne
Gründer ist ein Land ohne Zukunft.
Für unsere Leser ganz im Südwesten
der Republik ist die Teilnahme nahelie-
gend und übrigens auch kostenlos.
Anmeldung noch bis 11.09. online unter:
http://www.cutt.ly/7wRUPie. marc beise


von henrike roßbach

S


ie ist“, sagte Peer Steinbrück An-
fang August 2005 über die dama-
lige Kanzlerkandidatin der Uni-
on, „offenkundig unsicher und
fachlich nicht sattelfest.“ Dreiein-
halb Monate später saß Angela Merkel im
Bundeskanzleramt, und bekanntermaßen
tut sie das auch heute noch, vierzehn Jahre
und eine gescheiterte Kanzlerkandidatur
Steinbrücks danach.
Der spätere SPD-Finanzminister im Ka-
binett Merkel II lag also gründlich dane-
ben. Das kann schon mal vorkommen im
Wahlkampf, wo man lieber einmal zu laut
poltert, als gar nicht gehört zu werden.
Trotzdem erzählt dieser kleine, abschätzi-
ge Satz über eine später sehr mächtige
Frau noch eine andere Geschichte. Näm-
lich die, wie Frauen auf ihrem Weg nach
oben bewertet und welche Maßstäbe an
sie gelegt werden. Und es stellt sich die Fra-
ge: Sind es dieselben, mit denen Männer
vermessen werden?
Selbst zu Merkels Kanzlerzeiten soll in
CDU-Spitzenrunden noch von anwesen-
den Herren über die eigene Chefin hergezo-
gen worden sein, sobald diese den Raum
verlassen hatte. Als wiederum die Nachfol-
gerin im Parteivorsitz, CDU-Vorsitzende
Annegret Kramp-Karrenbauer, Mitte Juli
dieses Jahres nach dem vakant geworde-
nen Posten der Verteidigungsministerin
griff, dauerte es nicht lange, bis die ersten
Männer ihr die Qualifikation dafür abspra-
chen. Verteidigungsminister mit ausge-
prägter Militärerfahrung sind in der Ge-
schichte der Bundesrepublik zwar selten.
Das aber focht die Kritiker nicht an. Nicht
„AKK“, die ehemalige Ministerpräsidentin
und erfahrende Landesministerin, galt als
natürliche Kandidatin – sondern der in sei-
ner Jugend ausgemusterte, 39 Jahre alte
Gesundheitsminister Jens Spahn.

Er sei nun mal ehrgeizig, machtbewusst
und risikobereit, hieß es zur Begründung,
ganz so, als befähige ihn allein schon seine
Aufstiegssehnsucht zu höheren Weihen.
Die neue CDU-Chefin aber, der Spahn im
Kampf um den Parteivorsitz im Übrigen
unterlegen war, verkörpert all diese Eigen-
schaften ebenfalls. Okay, Spahn hatte zu-
letzt in seinem Amt eine gute Figur ge-
macht, AKK in ihrem eine, nun ja, durch-
wachsene – vorsichtig formuliert. In Sa-
chen Uniform und Schulterklappen aber
sind beide gleich unbeleckt. Welche Rolle
also spielte es, dass Spahn ein Mann ist?
Noch ein Beispiel: Als die SPD ihre Par-
tei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nah-
les vom Hof jagte, soll Außenminister Hei-
ko Maas in der entscheidenden Fraktions-
sitzung lautSpiegeldie Frage gestellt ha-
ben, ob man mit einem Mann auch so um-
gegangen wäre. Nein, konstatierte Maas,
und dass man einem Mann auch bestimm-
te Auftritte nicht derart vorgehalten hätte.
Dass für Frauen immer wieder andere
Maßeinheiten verwendet werden als für
Männer, hat viel mit den Erwartungen an
sie zu tun. Schon Mädchen sehen sich im-
mer noch mit anderen Anforderungen kon-
frontiert, sei es in der Familie, in Kita,
Schule oder Sportverein. Viele Eltern brin-
gen ihren Töchtern zwar bei, dass sie alles
werden können, lassen die rosa Kleidchen
im Laden hängen und erklären das Mäd-
chenzimmer zum Sperrbezirk für Königin
Elsa: Die gesellschaftlichen Erwartungen
an Mädchen und Frauen aber sind den-
noch andere als an Jungen und Männer.
Sich anpassen, Regeln respektieren,
dem Wettstreit aus dem Weg gehen, vor-
sichtig sein, fürsorglich, sozial und empa-
thisch: Solche Geschlechterklischees wer-
den Frauen zugeschrieben. Ja, Mädchen
sind auch von Natur aus anders als Jun-
gen, selbst wenn man sie klischeefrei zu er-
ziehen versucht. Trotzdem formen stereo-
type Vorstellungen schon kleinste Kinder.
Zunächst profitieren Mädchen sowohl von
ihrem natürlichen wie auch ihrem erlern-
ten Naturell: Sie haben weniger Schwierig-
keiten in der Schule, schreiben bessere No-
ten – das ganze System kommt ihnen
mehr entgegen als Jungen.
Später aber, als Frauen, konkurrieren
sie mit Männern, deren typisch männliche
Eigenschaften plötzlich zum Wettbewerbs-

vorteil geworden sind. „Stereotype Erwar-
tungen über Männer und Frauen produzie-
ren die entsprechenden Verhaltenswei-
sen“, schrieb Jutta Allmendinger, Präsiden-
tin des Wissenschaftszentrums Berlin,
kürzlich in der SZ. Erwartungen und Ver-
halten stabilisierten sich gegenseitig, führ-
ten zu „Teufels- und Tugendkreisen“ und
zementierten den Status quo.
Die Schweizer Ökonomin Iris Bohnet,
Professorin und Dekanin an der US-Uni-
versität Harvard, sieht Frauen wegen die-
ser etablierten gesellschaftlichen Rollen-
bilder in einem Dilemma. Wenn ein Mann
jemanden unterbreche, sagte sie in einem
Interview mit derNeuen Zürcher Zeitung,
werde das als Teil einer engagierten Dis-
kussion toleriert. „Tut eine Frau dasselbe,
gilt es als aggressiv.“ Männer zu imitieren,

bekommt Frauen also nicht gut, typisch
weibliches Auftreten aber bringt ihnen
laut Bohnet ebenfalls Nachteile. Träten sie
nämlich warmherzig oder emotional auf,
sagt sie, „mag man sie, zweifelt aber an ih-
rer Kompetenz“. Auch deshalb verhandel-
ten Frauen zwar genauso hart wie Männer,
wenn sie sich fürandereeinsetzten –
Selbstlosigkeit gilt als angemessen. Eine
Frau aber, die für sich selbst kämpfe, etwa
beim Gehalt, verstoße gegen Rollenbilder.
Frauen sind die Königinnen der forma-
len Qualifikation. Abitur, Studium, Ab-
schlussnoten, Fremdsprachenkenntnisse,
Auslandsaufenthalte, Studiendauer: Oft
schneiden sie besser ab als die männliche
Konkurrenz. Ab einem bestimmten Karrie-
relevel aber spielt die formale Qualifikati-
on eine zunehmend untergeordnete Rolle.

Denn studiert und Berufserfahrung haben
sie (fast) alle in den Führungsetagen, und
die Note auf dem Unizeugnis interessiert
im Karriereverlauf immer weniger.
Wer höher hinauswill, muss mit seiner
Persönlichkeit punkten. Mit Aufstiegswil-
len, Biss, Charisma, Chuzpe und dem Ta-
lent, Netzwerke nicht nur zu knüpfen, son-
dern auch zu nutzen. Auf diesem Terrain
sind Männer geländegängiger als Frauen


  • vom Komplex Kind und Karriere, der
    Müttern weiterhin viel mehr zu schaffen
    macht als Vätern, mal ganz abgesehen.
    Die Soziologin Christiane Funken
    spricht vom „Mythos Mutterschaft“ und
    vom „Mythos Weiblichkeit“, die den Frau-
    en im Weg stünden. Weil die Fähigkeit zu
    führen gemeinhin assoziiert ist mit Eigen-
    schaften, die Männern zugeschrieben


werden, sehen Frauen sich viel eher mit
der Frage „Kann die das?“ konfrontiert.
Hinzu kommt die Trivialisierung von Frau-
en, die in der Öffentlichkeit stehen, indem
ihre Kleidung und Frisuren thematisiert
werden. All das hat Folgen – auch dafür,
wie Frauen sich selbst betrachten.
Denn Frauen legen auch an sich selbst
andere Maßstäbe an, als Männer es bei
sich tun. Eine Studie des Instituts der deut-
schen Wirtschaft zeigt, dass arbeitslose
Frauen und Männer zwar ein vergleichba-
res Qualifikationsniveau haben, Frauen
aber eher Stellen unterhalb ihrer Qualifika-
tion suchen, Männer darüber. So begeh-
ren etwa mehr arbeitslose Frauen Helfer-
jobs, als es überhaupt arbeitslose Frauen
ohne Berufsabschluss gibt. Und: 8,7 Pro-
zent der arbeitslosen Frauen sind Akade-
mikerinnen, aber nur 5,8 Prozent suchen
eine Akademikerstelle. Bei Männern ist
die Lücke kleiner. Als Ursache nennen die
Autorinnen unter anderem, dass Frauen
Stellenanzeigen strenger auslegten. Män-
ner hätten weniger Scheu, sich nonforma-
le Kompetenzen gutzuschreiben und sich
dadurch mehr zuzutrauen, als ihr Lebens-
lauf hergibt. Natürlich ist es kein Wunder,
dass Männer dann auch öfter oberhalb ih-
res Qualifikationsniveaus arbeiten als die
hyperselbstkritischen Frauen.
Eine extreme Form des unangemessen
kritischen Blicks auf sich selbst ist das
„Hochstaplersyndrom“. Die amerikani-
schen Psychologinnen Pauline R. Clance
und Suzanne A. Imes haben das Phäno-
men schon in den Siebzigern am Beispiel
hoch qualifizierter, erfolgreicher Frauen
erforscht. 1978 fassten sie ihre Ergebnisse
in einem Aufsatz zusammen, in dem sie
erstmals den Begriff „Impostor Phenome-
non“ einführten, Hochstaplersyndrom.

Die 150 betroffenen Frauen, mit denen
Clance und Imes gearbeitet hatten, waren
alle entweder äußerst begabte Studentin-
nen oder sehr erfolgreiche berufstätige
Frauen mit diversen Abschlüssen und Ti-
teln, allesamt angesehen in ihrem Umfeld.
Dennoch, schreiben die Autorinnen, emp-
fänden die Frauen sich selbst nicht als er-
folgreich. Sie seien überzeugt, alle, die sie
für intelligent hielten, hinters Licht ge-
führt zu haben. Als Ursachen sehen die Psy-
chologinnen Kindheitserfahrungen. Das
gesellschaftliche Stereotyp, Frauen seien
Männern intellektuell unterlegen, ver-
schärfe schon in jungen Jahren die Selbst-
zweifel, die im familiären Kontext entstan-
den seien, schreiben die Autorinnen.
Sie verweisen auch auf die amerikani-
sche Ethnologin Margaret Mead, die
schon 1949 in ihrer Studie „Male and Fe-
male“ konstatierte, die erfolgreiche, unab-
hängige Frau werde als feindliche und des-
truktive Kraft innerhalb der Gesellschaft
gesehen. Sie führen zudem Studien an, de-
nen zufolge Frauen persönliche Erfolge öf-
ter auf Glück oder schlicht harte Arbeit zu-
rückführen, Männer dagegen auf ihre be-
sonderen Fähigkeiten. Umgekehrt neigten
Frauen dazu, ihr Scheitern mit fehlendem
Talent zu erklären, Männer mit Pech.
Gesellschaftliche Stereotype wandeln
sich nur sehr langsam, weshalb auch die
männlich geprägten Spielregeln und Kul-
turen in Unternehmen so langlebig sind,
obwohl die Arbeitswelt insgesamt im Wan-
del ist. Was also könnte den Frauen hel-
fen? Die Ökonomin Bohnet empfiehlt un-
ter anderem veränderte Auswahlverfah-
ren. So sei etwa in amerikanischen Orches-
tern der Frauenanteil deutlich gestiegen,
nachdem Bewerber und Bewerberinnen
hinter einem Vorhang vorspielen muss-
ten. Insgesamt seien faire Spielregeln not-
wendig und ein zivilisierterer Umgang in
der Arbeitswelt. Dass in der jüngeren Gene-
ration auch Männer mehr Flexibilität woll-
ten, komme den Frauen ebenfalls zugute.
Bohnet plädiert zudem für Quoten. Not-
wendig sei eine kritische Masse von Frau-
en, ein Anteil von etwa einem Drittel, in
führenden Positionen. Dann erst ändere
sich mit der Zeit auch die Norm.
Und die Frauen selbst? Sie müssen ihre
Scheu zu überwinden versuchen und ei-
nen gesunden Stolz auf ihr Können entwi-
ckeln. Charmant sein ist erlaubt. Char-
mant, aber unmissverständlich für sich
selbst zu kämpfen, ist zwingend.

Gefühlte zwei Meter
Bildschirmund jedes
winzigste Detail
gestochen scharf:
Moderne Fernseher
wollen Filme zeigen
wie im Kino. Aber
wer will schon jeden
Pickel so hoch
aufgelöst sehen?
Die meisten wohl
lieber nicht.
FOTOS: BLOOMBERG, OH

Offenere Bewerbungsprozesse, Frauenquoten, um den
Kulturwandel zu forcieren – und mehr Selbstbewusstsein

Frauen werden oft anders vermessen als Männer


Gesellschaftliche Erwartungen prägen das Verhalten


Kristalina Georgiewa, die künftige IWF-
Chefin ist 66 Jahre alt – und das ist nun
auch in Ordnung so für die Behörde. Das
oberste Gremium des Internationalen
Währungsfonds hat die Aufhebung der
Altersgrenze für den Posten des IWF-Di-
rektors beschlossen. Damit kann die Bul-
garin (FOTO: REUTERS) nun auch regelkonform
neue IWF-Chefin werden. Die Änderung
ist sofort wirksam. Bisher war es laut
IWF-Satzung so, dass der Direktor oder
die Direktorin zum Zeitpunkt der Ernen-
nung nicht älter als 65 sein durfte. Ende
August hatte das IWF-Direktorium den
189 Mitgliedsstaaten empfohlen, für eine
Abschaffung der Altersgrenze zu stim-
men. Das Einverständnis des Gouver-
neursrats galt als relativ sicher.
Die bisherige Weltbank-Geschäftsfüh-
rerin Georgiewa kann nun die Nachfolge
von Christine Lagarde
antreten, die Chefin
zur Europäischen Zen-
tralbank wird. Georgie-
wa war von den EU-
Staaten nominiert
worden, Deutschland
war zunächst für den
Niederländer Jeroen
Dijsselbloem. sz

Letitia James, 60, Generalstaatsanwältin
in New York, geht gegen Facebook vor. Sie
führt eine breite Allianz verschiedener
US-Bundesstaaten an, die den Internet-
konzern aus Kalifornien aufgrund von
kartellrechtlichen Bedenken überprüfen
wollen. Im Fokus der Ermittlungen steht
dabei die Frage, ob das Unternehmen den
Markt für digitale Werbung behindert
und Nutzer gefährdet hat. „Wir werden
alle verfügbaren Instrumente nutzen, um

festzustellen, ob Facebook Daten von
Verbrauchern in Gefahr gebracht hat“,
kündigte die gebürtige New Yorkerin an.
Es besteht der Verdacht, dass das Unter-
nehmen aus Menlo Park durch sein Ge-
schäftsgebaren als Internet-Plattform die
Wahlmöglichkeiten von Konsumenten
eingeschränkt und Nutzerdaten miss-
braucht hat.
Ein weiterer Aspekt der Überprüfung
beschäftigt sich mit der Marktmacht
Facebooks in Bezug auf die Preise für
Werbeanzeigen. Diese könnten künstlich
in die Höhe getrieben worden sein.
„Selbst die größte Social-Media-Platt-
form der Welt muss das Gesetz befolgen
und die Verbraucher respektieren“, sagt
James. Mit ihren Kollegen aus acht weite-
ren US-Bundesstaaten macht sie den
Auftakt zu weitreichenden Untersuchun-
gen großer Online-Plattformen. Bereits
im Juli wurden diese von den Wettbe-
werbshütern des US-Justizministeriums
angekündigt. Dabei sollen potenziell
wettbewerbsschädliche Praktiken in der
Technologie-Branche aufgespürt werden.
Nach Informationen desWall Street Jour-
nalfolgen in der kommende Woche kar-
tellrechtliche Ermittlungen gegen die
Alphabet-Tochter Google. Als weitere
Kandidaten gelten Amazon und
Apple. mxh

Jonas Köller,38, muss sich nun endgül-
tig damit abfinden, ein verurteilter Straf-
täter zu sein. Der Bundesgerichtshof hat
die Revision des früheren Geschäftsfüh-
rers der Immobilienfirma S&K verwor-
fen. Damit ist das Urteil gegen Köller
rechtskräftig. Das Landgericht Frankfurt
hatte ihn und seinen Kompagnon 2017
wegen Untreue, Anstiftung zur Untreue
in sechs Fällen sowie Beihilfe zur Untreue
in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheits-
strafe von acht Jahren und sechs Mona-
ten verurteilt. Köller, der bis Ende des
Strafprozesses gut vier Jahre in Untersu-
chungshaft saß, ist seit dem Richter-
spruch 2017 auf freiem Fuß. Die insge-
samt sechs Angeklagten sollen mit ihrer
Immobilienfirma S&K zwischen 2008
und 2013 ein Schneeballsystem aufge-
baut haben. Dadurch wurden rund 11 000
Anleger geschädigt, der Verlust soll rund
240 Millionen Euro betragen. Die beiden
Hauptangeklagten haben viel vom dem
Geld verprasst, doch der Großteil der
veruntreuten Anlegergelder ist bis heute
verschwunden. Der Prozess machte viel
Aufhebens, auch weil private Filme pu-
blik wurden, in denen die beiden S&K-Ge-
schäftsführer mit 500 Euro-Geldschei-
nen um sich warfen. zyd

... sind unsere Mitarbeiter
der Woche. Sie fahren nachts
durch die Straßen und
sammeln E-Scooter ein, um
sie bei sich zu Hause an der
Steckdose wieder aufzu-
laden. Dafür bekommen sie
von den Verleihfirmen
ein paar Euro pro Roller und
einen dreckigen Hausflur.

FOTO: CATHERINA HESS

Der Leistungswahn, in Deutschlands
Messehallen wird er dieser Tage lustvoll zur
Schau gestellt: Auf der Ifa zeigen gerade die
Elektronikhersteller ihre Entwicklungen, auf
der IAA dann nächste Woche die Autoindus-
trie. Fragt sich nur: Wer braucht das alles?

Locker zwei Tonnen
Leergewicht, aber
eine Beschleunigung
wie ein Rennauto:
Das Auto will heute
alles zugleich sein,
sportlich und doch
praktisch. Aber wer
fährt damit wirklich
ins Gelände oder auf
die Piste? Meistens
geht es doch nur
zum Einkaufen.


UHD

26 WIRTSCHAFT Samstag/Sonntag,7./8. September 2019, Nr. 207 DEFGH


DIE LÖSUNG


Kann


die das?


Geht es um Führungspositionen,


wird oft mit zweierlei Maß gemessen:


Frauen müssen höheren


Ansprüchen genügen als Männer.


Und dann sind sie oft auch


noch kritischer mit sich selbst


DAS PROBLEM


DERGRUND


SAMSTAGSESSAY


Letitia James, Generalstaatsanwäl-
tinin New York, leitet eine Untersu-
chung gegen den Facebook-Konzern.
FOTO: MARY ALTAFFER/AP

Sie ist 66, und das ist ok


Allianzgegen Facebook


Es bleibt dabei


JUICER


PERSONALIEN


WAS KOMMT


Auto vs. Fernseher


SUV

Frauen neigen dazu, ihr
Scheitern mit fehlendem Talent

Die Erwartungen an Mädchen zu erklären, Männer mit Pech
und Frauen sind andere
als an Jungen und Männer
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