Der Tagesspiegel - 07.09.2019

(John Hannent) #1

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tütehinterdem Ersatzreifen, wo sieschon
zu faulen begonnenhatten. Prompt wurde
mir vorgehalten,ich wolledas verd orbene
Fleischeinschmuggeln un ddie Bü rger der
DDR vergif ten. DieVorwürfe,das Verhör in
derBaracke, derGerucheines Putzmittels
–das alles prägte sich mir ti ef ein. Seit dem
nahm ichnur noch dasFlugz eug. In dem
Moment aber,als di eMauer fiel, reisteich
sofort nachBerlin, um denJubel zu erleben,
undwusst e, dass diepolitische Zäsur auch
für mi ch eine sein würde.

Hatten Sie Erwartungen an dieStadt als
künftigeMetropole desKunsthandels?
Kommerzielle Erwartungenknüpfte ichan
Berlin keine, dieStadt warnie einsob edeu-
tenderHandelsplatzwie Lon donoderParis.
ImUmlan dleben nuneinmal nichtwie in
Württemberg oder im Rh einlan dIndustriel-
le undprivate Sammler.Glücklicherweise

kommen siehin un dwiedernachBerlin,
aber dieMärkteinL ondon, Basel, Miami
undHongkongsindanziehen der. Trotzdem
binich überrascht, wi eviele Künstler hier
ihren Platzgefundenhaben,auchweildie
Mieten noch immer günstigsind.

Vonwem haben Sie zuletzt einWerk
erworben,auchinder Hoffnungaufeine
Wertsteigerung?In meinem Alter sollt eich
nichtmehrauf Wertsteigerung spekulieren.
Aber ichglaubeane inespiri tuelle Wertstei-
gerung,besonders beiKünstlern, dienur
ichimMoment hoch einschätze. Ichbin mir
sicher, dass mit zeitlichemAbstand auch
andere ihreQualität er kennen.Vielleicht
erlebe ichdas auch nochmit JakobMattner,
dessen Bilderich im Moment um mich ver-
sammelthabe. Ichbin zwar kein Trendsett er
mehr wi eheute DavidZwirner, derWerke
an Kundenverka uft, nurweilers ie schätzt.
Aber zumindest hatmeine Vergangenheit
bewi esen,dassich Kunst oftvor ihrer
breitenAnerkennung gezeigthabe. Manch
einermeiner damaligenKundenist dur ch
dievon mir vermittelte Kunst zuReichtum
gekommen.

ZwirnerswichtigsterKundewurdederSupersammlerundSchokoladen-


fabrikant PeterLudwig, demernicht nurWarholund Lichtenstein, sondern


auch Kunst vonGerhard Richterbis SigmarPolkeverkaufte–und da mit


denGrundstoc kdes MuseumsLudwig schuf. Sein eeigeneGalerie schl oss


Zwirner1992 undzog Mitteder 90er zurückins eine Geburtsstadt Be rlin


meineGenerationzuzeigen, interessierte


mich da gege nnicht,auchweildie Preise


so enormstieg en.UmmeinenStandard zu


halten,hätte ichhohe Kredit eaufnehmen


müssen.Das wollteich nichtmehr.


HätteesSie nichtgereizt,schon vorher in


ihreGeburtsstadt Berlin zurückzukehren?


Mein Lebenlang hatte ichmir dasvorge-


nommen.IchwolltenachBerlin,sobaldes
möglich wäre,mit demAutooderder Bahn


ohne Zwischenstopp in di eStadt zu reisen.


DieKontrolle nander deutsch-deutschen


Grenze ko nnte ichnicht er tragen, sieriefen


in mir Erinnerungenandie Restrikti onen
im „Dritten Reich“ wach. Denletzten


Ausschla g, erst einmal nichtnachBerlin zu


ziehen ,gab einErlebnismit DDR-Beamten,


nachdemsie sechs Schweinefiletsvom Vor-


tagimKofferraummeinesWagen sentdeckt
hatten. Sielagen vergessenine iner Pl astik-


Im Herb st erscheintimK ölnerWienand
Verlag Rudolf Zwirners Autobiografie
„Ich wollteimmer Gegenwa rt“, aufgeschrieben
vonNicol aKuhn.BerlinerBuchpremiere:
21.Oktober,Tagesspiegel-Salon,
AskanischerPlatz 3

Haltungsfrage.
Rudolf Zwirner
posi ert1969
mit All en Jones’
Sexm öbeln

Foto:Guido Ma

ngold
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