28 WIRTSCHAFT Samstag, 7. September 2019
Im Gegenwind:Facebook-Gründer MarkZuckerberg. DAVIDPAUL MORRIS / BLOOMBERG
Untersuchungen gegenFacebook
(dpa)·Eine Allianz von US-Glied-
staaten hat wegen kartellrechtlicher
Bedenken eine Untersuchung gegen
den Online-RiesenFacebook einge-
leitet. Es solle geprüft werden, ob das
Unternehmen denWettbewerb behin-
dert und Nutzer gefährdet habe, teilte
NewYorks Generalstaatsanwältin Leti-
tia James amFreitag mit.
«Wir werden alle verfügbaren Er-
mittlungsmittel nutzen, um festzustel-
len, obFacebookDatenvon Verbrau-
chern in Gefahrgebracht hat»,kündigte
James an. Zudem solle ermittelt wer-
den, ob Nutzer in ihrer Entscheidungs-
freiheit eingeschränkt oder die Preise
für Werbeanzeigen in die Höhe getrie-
ben worden seien.
«Selbst die grösste Social-Media-
Plattformder Welt muss das Gesetz be-
folgen und dieVerbraucherrespektie-
ren», sagt StaatsanwältinJames. Neben
New York beteiligen sich die US-
Gliedstaaten Colorado, Florida, Iowa,
Nebraska, North Carolina sowie Ohio,
Tennessee und derRegierungsbezirk
Washington DC.
Nach Informationen des«Wall Street
Journal» will in derkommendenWoche
auch ein Bündnis von US-Gliedstaaten
kartellrechtliche Ermittlungen gegen
die Alphabet-Tochter Google einlei-
ten. Im Juli hatten bereits dieWettbe-
werbshüter des US-Justizministeriums
eine weitreichende Untersuchung gros-
ser Online-Plattformen angekündigt.
Finma ortet
einige bedrohliche
BVG-Defizite
nz.·Die Politiker stehen in der beruf-
lichenVorsorge (BVG) seitJahrenein
fürübersetzteLeistungsversprechen,wo-
gegen dieFinma alsAufsichtsinstanz den
LebensversicherernaufdieFingerschaut.
Der soeben publizierteJahresbericht zur
Betriebsrechnung 2018 der Lebensver-
sicherer zeigt auf, dass die Entwicklung
wegendesmit6,8%vielzuhochangesetz-
tenRentenumwandlungssatzesfürimmer
mehr Herausforderungen sorgt.
DieFinmaruftinErinnerung,dassder
Umwandlungssatz von 6,8% nach einer
jährlich wiederkehrendenAnlagerendite
von mindestens3,5% ruft. De facto ist
das deutlich zu tief gegriffen,weil hierbei
voneinerLebenserwartungausgegangen
wird, wie sie1990 gegolten hat. Eine An-
lagerendite von jährlich 4,5% käme der
Realität näher. Für das zurückliegende
Jahr betrugen die laufendenVerlusteder
Lebensversicherer aus der Umwandlung
von Kapital inRenten 1,05 Mrd.Fr.,nach
0,96 Mrd.Fr. im Jahr zuvor.Von 20 14 bis
2016 hatte diese Grösse noch um 0,75
Mrd.Fr. geschwankt.
Damit dieRechnung noch aufgeht,
schreiben die Lebensversicherer – und
dies seit Jahren – vor allem aktivVer-
sicherten auf dem überobligatorischen
AltersguthabenwenigerZinsgut,wennes
überall etwas zu verteilen gibt. Bekannt-
lich war 2018 ein schlechtes Aktienjahr,
was bei vielenPensionskassen zu nega-
tiven Anlagerenditen zwischen ungefähr
4 und 2% führte. Die Lebensversicherer
wurden für einmal dafür belohnt,dass sie
vor allem auf Obligationen und Immo-
bilienwerte setzten.Auf Kapitalanlagen
von 207 Mrd.Fr.wurde zu Marktwerten
noch einePerformance von 0,38%, nach
2,48%imJahrzuvor,sichergestellt.Inder
Folge wurde der Überschussfonds auch
noch dotiert, und zwar mit 1,54 Mrd.
Fr.GemässFinma-Bericht ist aber rund
1Mrd.Fr. davon imRahmen desAus-
stiegsderAxa-Vollversicherungeinmalig
zugeflossen.
Die Lebensversicherer mussten mit
Blick auf diePerformance von ledig-
lich 0,38%Reserven mobilisieren, um
den BVG-Mindestzins von 1% und wei-
tere Leistungsverpflichtungenerfüllenzu
können.Während dieBVG-Kommission
dem Bundesratfür 2020 wider alleVer-
nunft einenBVG-Mindestzins von stabil
1% vorschlägt,prägen für eidgenössische
Anleihen bis zehnJahre Negativzinsen
von gerundet minus 1% das Bild.
IN KÜRZE Roche-Chef setzt
auf eigeneMedikamente
(awp/Reuters)·Der Pharmakonzern
Roche will durch die eigene Entwick-
lung neuer Medikamente wachsen und
nicht durch Zukäufe. «Ich bin zuversicht-
lich, dass wir eine starke Pipeline haben,
diedasWachstum langfristigunterstützen
wird», sagteKonzernchef Severin Schwan
derNachrichtenagenturReutersineinem
am Freitag veröffentlichten Interview.
«Ich glaube nicht, dass es auf lange Sicht
eine kluge Strategie ist, eineWachstums-
lückedurchM&A zuschliessen.Wenn Sie
anfangen, Lücken zu schliessen, laufen
Sie Gefahr, dass Sie zu viel bezahlen oder
etwas an Bord nehmen, wasstrategisch
nicht passt.» Schwan, der seit elfJahren
ander Spitzedes weltgrössten Herstellers
von Krebsmedikamenten steht, bekräf-
tigte, dass fürRoche ergänzende Zukäufe
etwa zum Erwerb neuerTechnologien im
Mittelpunkt stünden.DerKonzern prüfe
laufend Möglichkeiten, verfolge aber
einen opportunistischen Ansatz. Schwan
zeigte sich zuversichtlich,dieAkquisition
der US-Gentherapiefirma SparkThera-
Russische Zentralbank
senkt die Zinsen
(awp/Reuters)·DierussischeNotenbank
hat erneut die Zinsengesenkt und denkt
bereits über weitere Schritte nach. Die
Währungshüter kappten den geldpoliti-
schen Schlüsselsatz amFreitag um einen
Viertelpunkt auf7, 0%. Auf kommenden
Sitzungen soll über weitere Lockerungen
entschieden werden, falls sich dieVer-
braucherpreise wie von der Notenbank
erwartetentwickeln.DiesehatSpielraum
für eine lockerere Geldpolitik gewon-
nen, da die lange Zeitrecht hohe Infla-
tion stark zurückgegangen ist. DieTeue-
rungsrate liegt bei 4,3% und damit nahe
dem von der Zentralbank angestrebten
Zielwert. Die Notenbank erwartet, dass
die Inflation nahe 4% bleiben wird. Die
nächste Zinssitzung ist am 25. Oktober.
HERAUSGEGRIFFEN
Schweizer Politik
im Energie-Schneckenhaus
GiorgioV. Müller· NächsteWoche findet zum 24. Mal derWelt-
energiekongress statt. Die nur jedes dritteJahr durchgeführte
Veranstaltung ist das wichtigsteTreffen der Energiebranche.
Es zieht jeweilsTausende von Branchenvertretern ausPolitik,
Wirtschaft undWissenschaft an. DerWeltenergierat erwartet
über15 000 Teilnehmer in denVereinigten Arabischen Emi-
raten. Und bereits haben die Energieministeraus 60 Ländern
ihreTeilnahme zugesagt, mit rund 70 wird gerechnet. Die offi-
zielle Schweiz hingegen ist nicht vertreten.Bisher galt es als ge-
setzt, dass derVorsteher oder dieVorsteherin des Eidgenössi-
schen Departements für Umwelt,Verkehr,Energie undKom-
munikationdie Schweizer Delegation anführt,die dieses Mal 30
Vertreter umfasst.Vor dreiJahren in derTürkei war es Bundes-
rätin Doris Leuthard.Sie nahm am Ministertreffen teil undrefe-
rierte zumThema «Energietransition in einemJahrzehnt?». Sie
nutzte die globale Plattform,um über das föderaleSystem in der
Schweiz zu sprechen und internationaleKontakte zu knüpfen.
Doch nicht nur Leuthards Nachfolgerin Simonetta Som-
maruga glänzt durch Abwesenheit.Auch aus dem Bundesamt
für Energie macht sich niemand die Mühe, nach Abu Dhabi zu
fliegen. BotschafterJean-ChristopheFüeg, der für denBereich
Internationales zuständig ist, habe das so entschieden, heisst es.
Bei seiner ErnennungEnde 2013 zumBotschafterwurde noch
auf «die fortschreitende internationaleVerflechtung und die
Notwendigkeit, für aktuelle Problemstellungen undAufgaben
Lösungen auf internationaler Ebene zu suchen», als Grund für
seine Beförderung hingewiesen.Für einLand, das seine Inter-
nationalität preist und es sich wegen der starken internationa-
len Verflechtung nicht leisten kann,insular zu denken, ist das
fragwürdig.EsdesavouiertauchdieAnstrengungenderSchwei-
zer,die im Energiebereich auf internationaler Bühne dasFähn-
lein aufrecht halten.Während zehnJahren (bis EndeJahr) be-
kleidete ChristophFrei dasAmt des Generalsekretärs desWelt-
energierats.Und auch die vielbeachtetenWeltenergieszenarien
beruhen zu einem beträchtlichenTeil auf der Arbeit desPaul-
Scherrer-Instituts (PSI).
Schon wieder ein
neuer Chef bei SRTechnics
nz.·Von SR Technics
dringen seit Jahren nur
bruchstückhaft Informa-
tionen nach aussen. Nach
letztem Kenntnisstand
wird zurzeitrestrukturiert,
auch weil der harteFran-
kenkurs stark auf die Margen drückt.
Vor etwas mehr als zweiJahren hatte
SR Technics in der Schweiz noch an-
nähernd 2000 Mitarbeiter; im Früh-
ling 2018 wurde dann ein sich über drei
JahreerstreckenderAbbauvon300Ste l-
len auf noch ungefähr 1300 Arbeits-
plätze angekündigt.Im Namendes chi-
nesischen Eigentümers HNA gibt der
Verwaltungsratspräsident der SRTech-
nics,NingWan,jetztbekannt,Jean-Marc
Lenzsei ab sofort der neue CEO. Er er-
setztFrank Walschot, der erst imApril
2018 Jeremy Remacha abgelöst hatte.
Zuvor hattenAndréWall (bis 2015) und
Remacha immerhin für einigeJahre das
Unternehmen geführt.Damals war SR
Technicsnoch im Besitz von Mubadala,
einerFirma ausAbu Dhabi, gewesen.
Wan lobtWalschot und hebt hervor, er
habe ein starkes Führungsteam aufge-
baut.Walschot,derfrüherauchalsChief
OperatingOfficerfürSRTechnicsarbei-
tete, steht dem Unternehmen noch bis
Ende November zurVerfügung. Schaut
man auf 20Jahre SRTechnics zurück,
ist einAderlass inRaten unverkennbar.
In den spätenSwissair-Zeiten arbeite-
ten in den Hangars am Flughafen noch
über 2500 Mitarbeiter. Aus Aviatik-
Kreisen ist zu hören, dass SRTechnics
vor allem nochTriebwerküberholungen
in Zürich mache, sich aber aus anderen
Geschäftsfeldern zurückgezogen habe.
ArbeitsintensiveProzessesindanSta nd-
orte wie Malta und Malaysia abgewan-
dert. Die Swiss hat die eigeneWartung
schrittweise aufgebaut und hierbei auch
viele frühere SR-Technics-Mitarbeiter
übernommen. Inzwischen arbeiten in
Zürich etwa 800Wartungsspezialisten
für dieSwiss.
DieBVG-Rechnung
derLebensversicherer
Geldwerte in Mio. Fr.
2017 2018 ± %
Bruttoprämien 22 395 22 552 1
Kapitalanlagen (Marktwerte) 209 353 207 537 –1
Kapitalanlagen (Buchwerte) 187 566 188 911 1
Anlegerendite (%; Buchwerte) 2,62 2,10 –
AktiveVersicherte(Mio.)1,851 1,866 1
Rentenbezüger (Tsd.) 253 260 3
peutics für 4,3 Mrd. $ bis zumJahresende
überdie Bühnezu bringen.Erräumte ein,
dass die tiefgreifende Prüfung durch die
US-Kartellbehörde FTC überraschend
gekommen sei.
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