Die Welt am Sonntag Kompakt - 08.09.2019

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28 WIRTSCHAFT & FINANZEN WELT AM SONNTAG NR.36 8.SEPTEMBER2019


Geld sachen


GESAMMELT VON PETER SCHELLING

Flugzeughersteller Boeing hat
es nicht leicht. Erst fällt die
737 MAX vom Himmel, jetzt
fliegt auch der neue Langstre-
ckenflieger
777x nicht
wie er soll.
Die Tests an
dem neuen
Modell muss-
ten eingestellt werden. Es gibt
kaum ein Unternehmen, dass
dringender gute Nachrichten
bräuchte. Die Deutsche Bank,
höchstens.

Fliegt nicht


Für die USA ist das ja ein Fort-
schritt. Die Einzelhändler Wal-
mart, Kroger und WEgmans,
die Apothekenketten Wal-
greens und CVS sind sich einig:
Kunden sollten beim Einkauf
keine Waffen mehr offen
tragen. Darum bitten sie alle,
Polizisten natürlich ausgenom-
men. Man stelle sich aber mal
vor: Rewe bittet alle Kunden,
künftig den Colt verdeckt zu
tragen. Oder Kaufhof wehrt
sich gegen das Repetiergewehr
auf Ihrem Rücken. Absurd.

Mit Waffen shoppen


In Deutschland
ist die Deut-
sche Post mit
ihrem elek-
trischen Liefer-
fahrzeug „Streetscooter“ noch
nicht so ganz durchgekommen,
der Absatz ist mäßig. Der Gang
nach China soll den Durch-
bruch bringen. Ab 2021 wollen
die Truppen von Vorstandschef
Frank Appeldort 100.000
Fahrzeuge pro Jahr fertigen.
Ambitioniert: Vor einer Woche
hat die Post ihrer Aachener
Tochter das 10.000. Fahrzeug
abgekauft. Insgesamt.

Große Pläne


SPD-Umweltministerin Svenja
Schulze will laut „Frankfurter
Allgemeiner Sonntagszeitung“
Ölheizungen verbieten, klima-
halber. Wahrscheinlich wissen-
schaftlich zu rechtfertigen.
Nehmen wir aber mal an, Öl-
heizungen wurden vor allem
früher eingebaut, und nehmen
wir an, die Wähler der SPD
seien eher alt, dann dürften
Ölheizungsbesitzer unter SPD-
Wählern häufig sein. Bisher.
Blöd: Kunden politischer Par-
teien handeln nicht vernünf-
tig,sondern interessengeleitet.
Wissen alle (außer der SPD).

Die SPD und das Öl


2 2,78


... Übernachtungen ausländischer Gäste wurden im vergangenen Jahr
in Bangkokgezählt – Weltspitze. Auf Platz zwei folgt Paris (19,1 Millio-
nen) knapp vor London. Deutschland taucht in den Top 20 der Studie
von Mastercard nicht auf, es sei denn, man rechnet Palma de Mallorca
dazu, mit knapp neun Millionen auf Rang 18.

MILLIONEN


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Wovor du


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Wovor du


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Wovor du


,,wegläufst undwegläufst undwegläufst und,,,


wonach du dich


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wonach du dich


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wonach du dich


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sehnst, beides ist


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sehnst, beides ist


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sehnst, beides ist


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in dir


ANTÓNIO FONTES DE MELO,
1 819–1887, portugiesischer Präsident
und Wirtschaftspolitiker. Er wäre
heute 200 Jahre alt geworden

s klingt absurd, ist aber deut-
sche Realität: Wer als Fach-
kraft in Westdeutschland ge-
arbeitet hat und nun auf ei-
nen Führungsposten im Os-
ten wechseln will, der muss mit einem
Gehaltsabschlag rechnen. Denn im
Durchschnitt verdient beispielsweise
ein Sachbearbeiter in Hessen mit 51.900
Euro pro Jahr mehr als der Teamleiter
im angrenzenden Thüringen (49.600
Euro). Fast 30 Jahre nach dem Fall der
Mauer zeigen die Gehaltsstatistiken,
wie groß das Gefälle noch ist.
Viele halten das für einen Skandal.
Wenn die Angleichung der Lebensver-
hältnisse zwischen Ost und West gefor-
dert wird, dann stehen
dabei neben den Ren-
ten regelmäßig die
Löhne im Fokus. Doch
so einfach ist die Lohn-
einheit nicht. Denn
zum einen gibt es gute
Gründe, warum das
Gehaltsgefüge im Os-
ten nach wie vor nied-
riger ist. Zum anderen
bedeuten geringere
Löhne nicht, dass sich die Menschen
dort auch weniger leisten können – im
Gegenteil. Bei genauerem Hinsehen
zeigt sich, dass die wahren Verlierer des
Gehaltsgefälles heute ganz woanders
sitzen oder besser: arbeiten.
Was die Menschen in Ost und West
heute im Mittel verdienen, zeigt eine
aktuelle Auswertung des Jobportals
StepStone, das wie WELT AM SONN-
TAG zur Axel Springer SE gehört. So
liegt das mittlere Einkommen – der Be-
trag, bei dem genau die Hälfte der Ange-
stellten mehr beziehungsweise weniger
verdient – für Fach- und Führungskräfte
in Westdeutschland bei knapp 61.000
Euro brutto im Jahr, in Ostdeutschland
(inklusive Berlin) beträgt es nur 48.900
Euro. Das ist ein Abschlag von rund 20
Prozent.

EXTREME DIFFERENZENDie Unter-
schiede zwischen einzelnen Bundes-
ländern sind sogar noch größer. So
steht Hessen bei den Einkommen an
der Spitze; Fach- und Führungskräfte

verdienen hier im Mittel 65.800 Euro.
In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-
Vorpommern kommen sie dagegen nur
auf 43.800 Euro – das ist sogar ein Ab-
stand von einem Drittel. Und betrach-
tet man einzelne Städte, ist die Diffe-
renz noch extremer. Einem mittleren
Einkommen von 69.700 Euro in der
Bankenstadt Frankfurt stehen 41.500
im sächsischen Chemnitz gegenüber –
40 Prozent weniger.
Warum ist das so? Ökonomen haben
für die Unterschiede in den vergange-
nen Jahren mehrere Ursachen ausge-
macht. Eine davon ist die Produktivität.
Einer aktuellen Studie des IWH Halle
zufolge liegt sie im Osten auch 30 Jahre
nach dem Mauerfall im
Schnitt rund 20 Prozent
unter der in den alten
Bundesländern. Doch
dazu gesellt sich noch
eine Reihe weiterer Fak-
toren. Einer davon ist
die unterschiedliche
Wirtschaftsstruktur. In
Süddeutschland herr-
schen beispielsweise
vielerorts verarbeitende
Betriebe der Automobilindustrie vor,
die traditionell hohe Löhne zahlen. Dies
ist in Ostdeutschland in weit geringe-
rem Maße der Fall. Wenn es dort ent-
sprechende Betriebe gibt, sind es meist
Tochterunternehmen – die höher be-
zahlten Managerjobs sind beim Mutter-
konzern im Westen angesiedelt. Zudem
sind die Betriebe im Osten im Durch-
schnitt kleiner als jene im Westen – 464
der 500 größten deutschen Unterneh-
men haben ihren Sitz im Westen der Re-
publik. Größere Betriebe zahlen jedoch
tendenziell höhere Löhne. Gleiches gilt
auch für tarifgebundene Unternehmen


  • die Tarifbindung ist im Osten weit ge-
    ringer. Der Hans-Böckler-Stiftung zu-
    folge gilt im Westen für 56 Prozent der
    Beschäftigten ein Tarifvertrag, im Os-
    ten sind es nur 45 Prozent.
    Ein weiterer Faktor klingt als Grund
    für den Unterschied zunächst seltsam:
    die Frauenerwerbsquote, die im Osten
    höher ist als im Westen. Frauen verdie-
    nen im Schnitt nach wie vor weniger als
    Männer – was man beklagen kann und


E


Jahre


FREIHEITFREIHEITFREIHEIT


Wenig


verdienen,


billig leben


Die Löhne im Osten sind nach wie vor


niedriger – und die Lebenshaltungskosten.


Schwer haben es Arbeitnehmer im Westen


Unbehütet


Die Hersteller von Fahrrad-ie Hersteller von Fahrrad-
helmen haben noch einen
großen Markt. Nur 18 Prozent
der Radler tragen bisher Kopf-
schutz, bei den unter 30-Jäh-
rigen sind es nur acht Prozent.
AAAusnahme: Kinder. Unter zehnusnahme: Kinder. Unter zehn
Jahren tragen ihn mehr als 80
Prozent. Da wär mal gute Lob-
byarbeit hilfreich, sollte
Pflicht werden. Helme retten
Leben.
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