Focus - 06.09.2019

(singke) #1
BREXIT

Foto: Jonathan Brady/dpa

FOCUS 37/2019 49


E

s ist kurz nach sieben Uhr,
als Dominic Cummings, 47,
sein Backstein-Reihenhaus in
Islington im Norden Londons
verlässt. Er trägt an diesem
Mittwochmorgen eine zer-
knitterte schwarze Jeans, das
weiße Hemd weit aufgeknöpft. Wie ein
Tourist macht er sich auf den Weg zur
Arbeit – in 10 Downing Street, dem Amts-
sitz des Premierministers.
Dominic Mckenzie Cummings ist Chef-
stratege der britischen Regierung und
damit Boris Johnsons wichtigster Bera-
ter. Den Fahrplan für Großbritanniens
EU-Austritt? Hat er sich ausgedacht.
Die Idee, das britische Parlament in eine
Zwangspause zu schicken? Von ihm mit-
entwickelt. Cummings ist so etwas wie
Johnsons Mastermind – und damit des
ganzen britischen Königreichs.
Für Cummings war es eine kurze
Nacht. Wenige Stunden zuvor war es
zum Debakel im Parlament von West-
minster gekommen. Erst hatte sein Chef
seine Parlamentsmehrheit eingebüßt, weil
ein konservativer Abgeordneter während
der Debatte zur Opposition überlief. Dann
rebellierten 21 Tories und votierten mit der
Opposition. Sie wollten per Gesetz einen
harten EU-Austritt („No Deal“-Brexit) ver-
hindern. Plötzlich war Premier und Mas-
termind die Kontrolle entglitten.
Johnson wird nun vom Parlament ge-
zwungen, in Brüssel nach einer erneuten
Fristverlängerung für den EU-Austritt zu
fragen. Was für eine Demütigung für den
Regierungschef, der versprochen hatte,
das Land am 31. Oktober aus der EU zu
führen.
Sofort machte Johnson seinem Ärger
darüber Luft. Per SMS wurden die

Er ist der Mann, der für Boris


Johnson den Brexit orchest-


rierte. Sein Name: Dominic


Cummings. Sein Problem:


der Widerstand der parla-


mentarischen Demokratie


Der


Mastermind


des Brexits


Brexit-Office
10 Downing Street im Lon-
doner Regierungsviertel ist
seit 1902 ständiger Wohn-
und Amtssitz der britischen
Premierminister. Von hier
aus will Boris Johnson sein
Land aus der EU führen
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