Frankfurter Allgemeine Zeitung - 11.09.2019

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019·NR. 211·SEITE 19


wvp.WASHINGTON, 10. September.
Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der
Senat des Bundesstaates Kalifornien noch
in dieser Woche ein Gesetz verabschiedet,
das das Geschäftsmodell der Fahrdienst-
leisterUberundLyft fundamental be-
droht. Das Gesetz würde es für Unterneh-
men nahezu unmöglich machen, Mitarbei-
ter als freie Dienstleister zu klassifizieren,
wenn sie zentrale Funktionen fürs Unter-
nehmen erfüllen. Für Uber oder Lyft zu
fahren würde darunterfallen.
Die Unternehmen hatten in den Bör-
senprospekten für ihre jeweiligen Börsen-
gänge vor einer Umklassifizierung ihrer
Beschäftigten gewarnt und auf mögliche
Auswirkungen auf Einnahmen und Finan-
zen hingewiesen. Die Uber-Aktie büßte
seit Anfang Juni, als das kalifornische Re-
präsentantenhaus für das Gesetz votierte,
30 Prozent ihres Wertes ein. Lyft ist ein
ein Viertel weniger wert als noch Anfang
Juni.
Die vom geplanten Gesetz betroffenen
Unternehmen unternahmen größte An-
strengungen, die Parlamentarier noch um-
zustimmen. Lyft, Uber und der Essen-
Bringdienst Doordash haben Medienbe-
richten zufolge zusammen 90 Millionen
Dollar eingeplant, um den Gesetzesent-
wurf aufzuhalten. Damit wollen sie eine
Volksabstimmung stützen, die Teile des
Gesetzes außer Kraft setzen würde. Die
Chefs der sich sonst hart bekämpfenden
Unternehmen Uber und Lyft verfassten
im Juni einen gemeinsamen Zeitungskom-
mentar im „San Francisco Chronicle“, in
dem sie ihren Fahrern Zugeständnisse
wie Weiterbildungs-Angebote, Ruhe-
standsplanung, bezahlte Auszeiten und
generell mehr Mitsprache in Aussicht
stellten – unter der Voraussetzung, dass
sie weiter freie Dienstleister blieben. Vor
zwei Wochen schließlich boten die Unter-
nehmen sogar an, jedem Fahrer einen
Mindestlohn von 21 Dollar je Stunde zu
garantieren – für die Zeiten, in denen sie
Kunden befördern oder auf dem Weg zu
ihnen sind.
Die Anstrengungen hatten bisher kei-
nen Erfolg. Das wurde klar, als Kalifor-


niens Gouverneur, der Demokrat Gavin
Newsom, am Labor Day ankündigte, er
würde das Gesetz mit seiner Unterschrift
rechtskräftig machen, sollte es den Senat
passieren. Newsom hatte zuvor für einen
Kompromiss zwischen Arbeitnehmern
und Unternehmen geworben.

Die Unternehmen kämpfen so hart ge-
gen das Gesetz, weil sie jährlich rund
3600 Dollar zusätzlich pro Fahrer aufwen-
den müssten, wenn diese als Angestellte
klassifiziert würden. Das hat zumindest
dieInvestmentbank Barclay’s vorgerech-
net: Angestellte kommen laut Gesetz in

den Genuss des staatlichen Mindest-
lohns und staatlicher Gesundheitsvorsor-
ge. Zudem müssten die Arbeitgeber in
die Sozialversicherungen einzahlen.
Uber hat allein in Kalifornien 140 000
Fahrer, schätzt Barclay’s, Lyft kommt auf
80 000. Das könnte die ohnehin stattli-
chen Betriebsverluste von Uber um eine
halbe Milliarde Dollar nach oben schnel-
len lassen, Lyft hätte zusätzliche Verluste
aus dem Tagesgeschäft von 290 Millio-
nen Dollar zu tragen. Dazu kommt, dass
Angestellte anders als freie Dienstleister
das Recht haben, sich gewerkschaftlich
zu organisieren und Tarifverträge auszu-
handeln.
Das geplante Gesetz beschränkt sich
nicht auf die Fahrdienstleister, sondern
betrifft jede Branche. Es folgt einer Ent-
scheidung des Obersten Gerichtshofs in
Kalifornien vom April, in der die Richter
den Fahrern eines Kurierdienstes Ange-
stellten-Status zuerkannten und zugleich
einen neuen Test für die Klassifizierung
einführten. Unternehmen, die die Löhne
und Arbeitszeiten der Mitarbeiter kontrol-
lieren, müssen demnach diese als Ange-
stellte entlohnen. Hier konnten Lyft und
Uber bisher argumentieren, dass ihre Fah-
rer in dieser Hinsicht frei seien. Schwerer
wiegt nun allerdings, dass Beschäftigte,
die das Kerngeschäft des Unternehmens
erledigen, nun als Angestellte gelten sol-
len. Das trifft Uber, aber auch die großen
Pizza-Bringdienste wie Grubhub oder
Doordash ins Mark.
Die Entscheidung in Kalifornien könn-
te noch weiter reichende Folgen haben.
Von Demokraten regierte Bundesstaaten
könnten folgen, zudem könnte eine bun-
desweite Gesetzgebung folgen, sollten die
Demokraten Kongress und das Weiße
Haus erobern. Mehrere Bewerber für die
Präsidentschaftskandidatur der Demokra-
ten haben schon ihre Unterstützung für
das kalifornische Gesetz bekundet.
Uber-Fahrer und Gewerkschaften hat-
ten mit Protesten und Streiks die Politik
aufgeschreckt. Fahrer klagten vor allem
über schrumpfende Einnahmen. Ob der
Angestellten-Status im Sinn der meisten
Beschäftigten ist, ist derweil unklar. Die
Mehrheit der Fahrer nutzt Uber und Lyft,
um in eigenen Leerlaufzeiten etwas dazu-
zuverdienen zum Lohn aus dem Hauptbe-
ruf. Ob ein Angestelltenstatus diese Zeit-
souveränität erlaubt, ist ungeklärt wie
auch die Frage, ob sie als Uber-Fahrer
auch für Lyft und andere Anbieter fahren
dürften. Das praktizieren aktuell viele
Fahrer.

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csc.KÖLN,10. September. Vor der welt-
größten Ernährungsmesse Anuga in Köln
beklagt die deutsche Lebensmittelindus-
trie einen massiven Nachwuchsmangel.
Zum diesjährigen Ausbildungsstart blie-
ben 5000 Lehrstellen und damit 42 Pro-
zent aller ausgeschriebenen Ausbildungs-
plätze unbesetzt, wie die Bundesvereini-
gung der Deutschen Ernährungsindustrie
(BVE) in Köln berichtete. Besonders be-
troffen sind die technischen Berufe wie
etwa Elektroniker, Mechatroniker und
Anlagenmechaniker. Unter den Teilbran-
chen haben die fleischverarbeitenden Be-
triebe am meisten zu kämpfen.
„Es wird immer schwieriger, junge
Menschen für unsere Branche zu gewin-
nen“, stellte BVE-Hauptgeschäftsführer
Christoph Minhoff fest. Eine Imagekam-
pagne soll künftig mehr Interesse bei den
Schulabsolventen wecken. Aber nicht nur
an Nachwuchs-, sondern auch an Fach-
kräften fehle es, berichtete er. Bei man-
chen der 6000 Betriebe herrsche ein so
großer Personalengpass, dass die Produk-
tion dadurch beeinträchtigt werde oder
ein geplanter Ausbau nicht möglich sei.


Derzeit sind in der Branche 14 000 offene
Stellen gemeldet.
Die Personalsorgen sind mit dafür ver-
antwortlich, dass die Erwartungen nur
verhalten ausfallen. Zwar konnte die Le-
bensmittelindustrie ihren Umsatz im ers-
ten Halbjahr um 1,5 Prozent auf 89,5 Mil-
liarden Euro steigern. Doch ist der Zu-
wachs vollständig auf Preiserhöhungen
zurückzuführen, die Absatzmenge sta-
gnierte. Beim Blick auf die kommenden
Monate bereitet vor allem der bevorste-
hende Brexit Sorgen. Bei einem ungere-
gelten Austritt Großbritanniens aus der
Europäischen Union könnten der europäi-
schen Lebensmittelindustrie jährliche
Zollkosten von insgesamt 382 Millionen
Euro drohen, so der BVE.
Etwas optimistischer zeigt sich der
deutsche Lebensmittelhandel: Für das Ge-
samtjahr wird mit einem Umsatz von
221,6 Milliarden Euro und damit einem
Plus von 2,2 Prozent gerechnet. Am
stärksten zulegen konnten im ersten Halb-
jahr die klassischen Supermärkte und die
Drogeriemärkte. Die Discounter verbuch-
ten dagegen nur ein Umsatzwachstum

von 0,1 Prozent, für die SB-Warenhäuser
gab es eine Einbuße von 0,4 Prozent.
Die Verbraucher mussten für Nahrungs-
mittel in den ersten sieben Monaten 1,
Prozent mehr zahlen als im Vorjahr. Teu-
rer wurden unter anderem Gemüse, Brot
und Brötchen, Schweinefleisch und Jo-
ghurt. Dagegen sanken die Preise für fri-
sches Obst, Butter, Vollmilch, Käse und
Eier. Laut dem Marktforschungsinstitut
GfK bemühen sich immer mehr Verbrau-
cher um einen ausgewogenen und nach-
haltigen Lebensstil. So wurden mit pflanz-
lichen Brotaufstrichen, Getreideflocken,
Fleischersatzprodukten und Müsliriegeln
zweistellige Umsatzsprünge erzielt.
Im 100. Jahr ihres Bestehens ist die
Anuga weiter gewachsen: Für die vom 5.
bis 9. Oktober in Köln stattfindende Fach-
messe haben sich 7590 Aussteller aus 106
Ländern angemeldet, knapp 200 Unter-
nehmen mehr als bei der Vorveranstal-
tung vor zwei Jahren. 90 Prozent der An-
bieter kommen aus dem Ausland. Die
Koelnmesse rechnet mit 165 000 Besu-
chern. Die erste Anuga fand 1919 als klei-
ne Musterschau in Stuttgart statt.

tko.FRANKFURT, 10. September.Batte-
rieantrieb und Verzicht auf Schweröl – vor
dem Hamburger Kreuzfahrtfest „Cruise
Days“ am kommenden Wochenende wol-
len die deutschen Reedereien ihr Umwelt-
engagement in den Vordergrund rücken.
MarktführerAidakonkretisierte Pläne für
einen Batteriebetrieb. Das Schiff Aidaper-
la bekommt bis zum Sommer 2020 Batte-
rien für einen phasenweisen Elektrobe-
trieb. Mit dem norwegischen Hersteller
Corvus Energysei ein Vertrag zum Ein-
bau von Lithium-Ionen-Batterien mit ei-
ner Gesamtleistung von 10 Megawatt un-
terzeichnet worden. Damit wird Aidaper-
la zum größten Urlaubsschiff mit Batterie-
speicher. Ähnliche Technik ist schon auf
demHurtigruten-Schiff Roald Amundsen
im Einsatz, das Aida-Schiff ist aber fünf-
mal so groß.Hapag-Lloyd Kreuzfahrten
aus dem TUI-Konzern bekräftigte, vom
Sommer 2020 an alle drei Schiffe für Expe-
ditionstouren samt dem für Oktober er-
warteten Neubau Hanseatic Inspiration
dauerhaft ohne das von Umweltschützern
kritisierte Schweröl zu betreiben. Zwölf
Schiffe werden am Wochenende in Ham-
burg erwartet, bis zu fünf machen gleich-
zeitig fest. Der Naturschutzbund Nabu be-
klagte im Vorfeld unnötige, aber gewaltige
zusätzliche Luftbelastungen für Hamburg.

Kalifornien treibt Uber und Lyft in die Enge


bth.FRANKFURT, 10. September. Die
IT-Abteilungen deutscher Unternehmen
sind mit den Risiken von Cloud-Technolo-
gien offenbar großenteils überfordert. Zu
diesem Ergebnis kommt der aktuelle Si-
cherheitsbericht über die virtuellen Da-
tenspeicher des renommierten Sicher-
heitssoftware-Anbieters Symantec, des-
sen deutsche Ergebnisse der F.A.Z. exklu-
siv vorliegen. Mehr als 70 Prozent der be-
fragten deutschen Unternehmen glauben
demnach, dass von Kriminellen erbeutete
Daten aus ihren Häusern im Darknet ge-
kauft werden könnten.
Die Studie basiert auf einer Befragung
von 1250 IT-Verantwortlichen in elf Län-
dern der Welt sowie der Auswertung von
Symantec-eigenen Daten aus der Verwen-
dung der Sicherheitssoftware des Unter-
nehmens. Rund 50 Millionen Verbrau-
cher und zahlreiche Unternehmen benut-
zen die Produkte des amerikanischen Un-
ternehmens.
Angesichts der „Vielzahl geschäftskriti-
scher Daten, die in der Cloud gespeichert
werden“, stellten Sicherheitslücken an
den Internet-Datenspeichern „ein größe-
res Risiko dar als zuvor angenommen“,
sagte Nico Popp, Cloud-Fachmann von
Symantec. Dabei sei es nicht die Techno-
logie selbst, die zu den Problemen führe,
sondern der fahrlässige Umgang vieler
Nutzer mit der Cloud. Die Studie nennt
etwa überlastete IT-Mitarbeiter und feh-
lende Verschlüsselung als Gründe für Si-
cherheitsrisiken – so verwendeten 80 Pro-


zent der Unternehmen gar keine Ver-
schlüsselung. Auch auf das Verhalten der
normalen Angestellten gehen viele Risi-
ken zurück – etwa indem sie zu schwache
Passwörter wie „passwort123“ verwen-
den, alle ihre Passwörter auf einem Zettel
in ihrer Schreibtischschublade aufbewah-
ren oder unsichere Verbindungen zu ih-
rem privaten Handy herstellen.
IT-Verantwortliche überfordert insbe-
sondere die oftmals zerfaserte Land-
schaft verschiedener Cloud-Anwendun-
gen in einem Unternehmen. Ein einzel-
nes deutsches Unternehmen verwendet
im Durchschnitt 436 verschiedene Cloud-
Apps – etwa weil unterschiedliche Abtei-
lungen sich unabhängig voneinander un-
terschiedliche Lösungen gesucht haben.
Insgesamt werden von den befragten deut-
schen Unternehmen sogar 1807 verschie-
dene Apps genutzt. Jede dieser Apps hat
eigene Sicherheitslücken, außerdem ber-
gen die Schnittstellen zwischen ihnen häu-
fig Risiken. Clouddienste können zudem
sowohl frei im Internet (public cloud), in
einem abgegrenzten Bereich desselben
(private cloud) oder im unternehmensei-
genen Rechenzentrum (on-premise) ange-
siedelt sein. Jeden dieser Orte können Kri-
minelle mit unterschiedlichen Taktiken
angreifen. Angesichts der Unübersicht-
lichkeit der Lage befürchten mehr als 80
Prozent der befragten IT-Verantwortli-
chen, keine ausreichenden Prozesse eta-
bliert zu haben, um bei Angriffen effektiv
handeln zu können.

bü.DÜSSELDORF,10. September. Die
Konjunktur stottert, aber der deutsche
Einzelhandel brummt. Getrieben vom
E-Commerce dürfte der Umsatz in die-
sem Jahr um 2 Prozent auf rund 537 Milli-
arden Euro zulegen, wie der Handelsver-
band Deutschland (HDE) am Dienstag in
Düsseldorf berichtete. Die anhaltend
niedrige Arbeitslosenquote und spürbare
Einkommensverbesserungen versetzen
die Verbraucher weiter in Konsumlaune.
„Unsere Prognose ist eher konservativ“,
meinte HDE-Hauptgeschäftsführer Ste-
fan Genth. Auch für das kommende Jahr
zeigte er sich trotz der gesamtwirtschaftli-
chen Risiken zuversichtlich, ein Einbre-
chen des Konsums sei jedenfalls nicht zu
befürchten. Während der stationäre Han-
del mit nominal 1,3 Prozent Wachstum
voraussichtlich auf der Stelle treten wird,
steigt der Online-Handel um 8,5 Prozent.
Mehr als ein Zehntel des Gesamtum-
satzes dürfte in diesem Jahr auf den In-
ternetvertrieb entfallen. Doch dabei ver-
lieren kleine und mittlere Händler zuneh-
mend den Anschluss. An ihnen gehe der
Aufwärtstrend in vielen Fällen vorbei,
„die kleineren Unternehmen haben
Schwierigkeiten, die Herausforderungen
der Digitalisierung zu nutzen“, sagte
Genth. Deutlich zeigt sich das an den Er-
gebnissen des HDE-Stimmungsbarome-
ters. Betriebe mit bis zu zehn Beschäftig-
ten rechnen im laufenden Jahr mehrheit-
lich mit sinkenden Einnahmen, während
Händler mit mehr als 100 Beschäftigten
die Lage besonders positiv einschätzen.
Wie eine aktuelle HDE-Umfrage un-
ter 850 Handelsbetrieben zeigt, lassen
zwei Drittel der Händler den Online-Ver-
trieb komplett links liegen. Für Genth ist
das eine gefährliche Entwicklung: „Wer
heutzutage nicht im Internet vertreten
ist, existiert für viele Kunden gar nicht
mehr. Die Kunden erwarten, dass sie
den Händler in der Fußgängerzone und
im Internet finden.“ Teils erklären sich
die Zahlen dadurch, dass der Online-
Handel mit Lebensmitteln, der für rund
ein Drittel des Gesamtumsatzes steht,
nur langsam in Gang kommt. Wegen der
hohen Kosten für die aufwendige Logis-
tik beim Transport verderblicher Ware
glaubt Genth nicht, dass sich das so
schnell ändern wird. Zudem gebe es nir-
gendwo sonst in Europa so viele stationä-
re Lebensmittelgeschäfte, die zudem alle-

samt immer stärker auf Frische und Qua-
lität setzten. Und für viele Verbraucher
sei es eben immer noch sehr wichtig, ge-
rade frische Lebensmittel vor dem Kauf
im Laden begutachten zu können.
Viele online-scheue Händler lassen
sich allerdings, wie die HDE-Umfrage be-
legt, auch von den komplexen Daten-
schutzforderungen und hohen Investitio-
nen abschrecken. Die neue EU-Kommis-
sion sei gefordert, den Datenschutz pra-
xisnäher zu gestalten. Über Plattformen
wie Amazon oder Ebay zu verkaufen sei
zwar ein möglicher Einstieg, wegen der
damit verbundenen Abhängigkeiten
aber auch ein Risiko, so Genth. Er befür-
wortet deshalb strenge Kontrollen, da-
mit Plattformbetreiber die Daten von
den auf ihren Plattformen vertretenen
Händlern nicht für die „Optimierung“
des eigenen Geschäftes missbrauchen.
So läuft schon ein EU-Verfahren gegen
Amazon, in dem die Europäische Kom-
mission die Datenflüsse rund um den
Marktplatz unter die Lupe nimmt.
Schwierigkeiten ganz anderer Art be-
mängelte Genth im europäischen Binnen-
markt: die nach seiner Meinung völlig
überzogenen Preise der Paketdienste im
grenzüberschreitenden Online-Handel.
Lieferungen über wenige Kilometer von
Karlsruhe nach Straßburg etwa kosteten
bei allen Anbietern deutlich mehr als Pa-
kete von Kiel nach München, kritisierte
Genth. Dafür machte er Monopolstruktu-
ren in der ansonsten durch harten Wett-
bewerb gekennzeichneten Paketbranche
verantwortlich. Eine Schattenseite des in-
ternationalen Online-Handels sei die
teils unfaire Konkurrenz durch Anbieter
vor allem aus Asien. Weil europäische
und deutsche Vorschriften zu Umsatzbe-
steuerung, Produktpiraterie oder Produkt-
sicherheit missachtet würden, hätten
Handelsunternehmen hierzulande einen
Kostennachteil von bis zu 45 Prozent.
Neu in den Fokus gerückt ist die oft
fehlende Kostenbeteiligung an der Ent-
sorgung der Verpackungen, die in
Deutschland eine wachsende Rolle
spielt. Genth sieht die Aufsichtsbehör-
den in der Pflicht, energischer gegen
Missstände und Sicherheitsmängel vorzu-
gehen. „Stichprobenkontrollen reichen
nicht aus. Der stationäre Handel wird ja
auch beinahe täglich von der Gewerbe-
aufsicht heimgesucht“, forderte er eine
Gleichbehandlung.

Cloud überfordert Unternehmen


Viele glauben, dass ihre Daten schon im Darknet sind


Zwei Drittel der Händler


ohne Online-Vertrieb


Mittelstand verliert den Anschluss an die Digitalisierung


Lebensmittelindustrie braucht Nachwuchs


Fast jeder zweite Ausbildungsplatz kann nicht besetzt werden


Aida-Schiff bekommt


10-Megawatt-Batterien


Dienstleister oder Angestellte:Uber-Fahrer wollen mehr Rechte. Foto AFP

Ein neues Gesetz gegen


die „Gig-Economy“ macht


Fahrer zu Angestellten.


Die Geschäftsmodelle großer


Fahrdienstleister sind dadurch


bedroht.

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