Frankfurter Allgemeine Zeitung - 11.09.2019

(ff) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019·NR. 211·SEITE 23


Anlegerliebling Varta verliert





260 Prozent hat der Aktienkurs
des Batterieherstellers Varta in
diesem Jahr schon zugelegt. Analysten
überschlagen sich mit Lob und stecken
immer höhere Kursziele. Gerade setz-
te etwa die Berenberg Bank ihr Kurs-
ziel von 72,50 auf 100 Euro deutlich
hinauf. Am Dienstag jedoch ging es
plötzlich in die andere Richtung. Varta
rutschten mit ei-
nem Kursverlust
von mehr als 10
Prozent auf 80,50
Euro an das Ende
des Kleinwertein-
dex S-Dax.

MTU erst hui, dann pfui





Der Aktienkurs des Flugzeug-
triebherstellers und baldigen
Dax-Aufsteigers MTU hat am Diens-
tag heftig ausgeschlagen. Zunächst
kletterte er um 4 Prozent auf ein Re-
kordhoch von 256,60
Euro. Am Nachmit-
tag allerdings lag die
Notierung dann 4 Pro-
zent im Minus. MTU
hatte am Morgen mit-
geteilt, Wandelschuld-
verschreibungen zu kündigen und da-
für neue anzubieten. Diese mit einem
Kupon von 0,05 Prozent ausgestatte-
ten Papiere wurden am Nachmittag zu
einem Ausgabekurs von 103 Prozent
plaziert.

Wenn Donald Trump twittert,


reagieren die Märkte. Jetzt gibt


es dazu einen Index.Seite 25


Die Geldanlage von Mietern ist


weniger ertragreich als die von


Hausbesitzern.Seite 25


Bei der Vorbereitungen auf den


America’s Cup zeigen sich bei


vielen Teams Probleme.Seite 27


Bei der Spanien-Rundfahrt


sorgen zwei Radprofis aus


Slowenien für Furore.Seite 27


Continental gefragt





Die tief gefallene Aktie des Auto-
mobilzulieferer Continental lag
am Dienstag den zweiten Tag hinter-
einander in der Spitzengruppe im Dax.
Vorstandschef Elmar Degenhart hatte
zuvor in der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung als
Reaktion auf die
schwächere Konjunk-
tur Standortschließun-
gen und betriebsbe-
dingte Kündigungen
angedeutet. Der Ak-
tienkurs ist seit Mitte
August von 104 auf
126 Euro geklettert

Tops&Flops


Smartphone des Schreckens Arme Mieter


9.9. 10.9.

Dax

F.A.Z.-Index 2260,92 2269,36
Dax 30 12226,10 12268,71
M-Dax 26004,12 25883,49
Tec-Dax 2864,04 2823,80
Euro Stoxx 50 3495,02 3498,99
F.A.Z.-Euro-Index 127,92 128,34
Dow Jones 26835,51 26842,13*
Nasdaq Index 8087,44 8070,63*
Bund-Future 174,41 173,96**
Tagesgeld Frankfurt -0,34 % -0,45 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,57 % -0,55 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J.-0,26 % -0,23 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 1,64 % 1,69 % *
Gold, Spot ($/Unze) 1498,40 1491,60
Rohöl (London $/barrel) 62,71 62,71**
1 Euro in Dollar 1,1033 1,1040
1 Euro in Pfund 0,8928 0,8930
1 Euro in Schw. Franken 1,0923 1,0943
1 Euro in Yen 118,01 118,52
*) Ortszeit 13.00 Uhr, **) Ortszeit 19.00 Uhr

Bundesanl. R. 10 J.

11.6.2019 10.9.2019 11.6.2019 10.9.2019

Der Delfin gleitet nicht


Die Börse


Skispringer und Überflieger


D


ie Analysten der Investmentbank
JP Morgan beweisen mit ihrer
neuen Index-Kreation Sinn für Humor.
„Volfefe“ ist ein Wortspiel mit dem Be-
griff „Volatilität“ und einem der bizar-
reren Tweets des amerikanischen Präsi-
denten: „Covfefe“ – ein wahrschein-
lich auf einen Tippfehler von Donald
Trump zurückgehendes inhaltsfreies
Kunstwort. Der Trend des Volfefe-Ba-
rometers bietet wenig Anlass zum
Schmunzeln. Trump sorgt mit einer
steigenden Zahl von Tweets für wach-
sende Kursschwankungen an den Fi-
nanzmärkten. Verwundern sollte das
niemand. Hohe Volatilität ist ein Aus-
druck steigender Verunsicherung. Cha-
os und Verwirrung sind zentrale Ele-
mente von Trumps Politik. Das gilt für
seinen Umgang mit Mitarbeitern und
ausländischen Regierungen und auch
für die Börsen. Auch hier schert sich
Trump wenig um Gepflogenheiten. Sei-
ne Tweets schlagen häufig mitten im
Handel ein, was für heftige Reflexreak-
tionen sorgt. Die Börsen stehen im
Bann der Tweets. Wie es letztlich aus-
gehen wird, ist völlig unklar. Nur eines
scheint sicher: Bis mindestens zu den
Präsidentschaftswahlen im kommen-
den Jahr werden Anleger mit höherem
„Volfefe“ leben müssen.

Der Volfefe-Präsident


Von Norbert Kuls

mfe.FRANKFURT,10.September. Der
Bezahlriese Paypal will es seinen 23 Mil-
lionen deutschen Nutzern erleichtern, auf
Raten im Internet einzukaufen. Wer ein
Paypal-Konto hat, kann demnächst auch
den von Paypal finanzierten Ratenkauf
als Bezahlmethode auswählen, falls diese
im Online-Shop zur Verfügung steht. Das
kündigte Paypal am Dienstag an. Verbrau-
cher können größere Anschaffungen über
eine Laufzeit von zwölf Monaten zu ei-
nem effektiven Jahreszins von 9,99 Pro-
zent abstottern. Laut Ratenrechner auf
der Internetseite von Paypal entspricht
ein Kaufpreis von 1000 Euro zwölf monat-
lichen Raten von 87,71 Euro, so dass der
Kunde am Ende der Laufzeit insgesamt
1052 Euro bezahlt hat.
Der Ratenkauf steht für Beträge ab 199
Euro zur Verfügung und kann für bis zu
5000 Euro Warenwert zum Einsatz kom-
men. Die erste Monatsrate bucht Paypal

30 Tage nach Abschluss des Teilzahlungs-
vertrags vom Bankkonto des Nutzers ab.
Der erhält einige Tage vorher eine E-Mail
von Paypal mit der Nachricht über den be-
vorstehenden Einzug. Wer zwischen-
durch sehen will, wann er wie viel zahlen
muss, kann sich in seinem Paypal-Konto
einloggen und auf den Ratenkauf klicken.
Dort wird der Zahlungsplan angezeigt.
Kunden können ihren Kredit unter dieser
Funktion in ihrem Konto auch vorzeitig
zurückzahlen, ohne dass zusätzliche Ge-
bühren fällig werden.
Anbieter von Teilzahlungsverträgen
müssen die Kreditwürdigkeit ihrer Kun-
den prüfen. Das macht Paypal in Echtzeit
direkt im Online-Shop. Der Händler er-
hält sein Geld sofort, damit er die Ware
risikolos verschicken kann. Händler zah-
len im Rahmen von Ratenkäufen die glei-
che Gebühr an Paypal wie im Fall von nor-
malen Zahlungen.

Paypal dürfte mit seinem Angebot
wohl vor allem auf die Bequemlichkeit
der Nutzer setzen, die ihre Finanzierung
direkt über ihr gewohntes Paypal-Konto
abschließen können, ohne eine Bank ins
Boot holen zu müssen. Dem Bezahlriesen
sollte es wegen seiner großen Kunden-
zahl und der breiten Akzeptanz im Han-
del leichtfallen, genug Abnehmer für sein
Angebot zu finden. Zudem erwartet der
Bankenfachverband auf Grundlage einer
im August veröffentlichten Verbraucher-
befragung eine steigende Nachfrage nach
Konsumkrediten. Der Bankenfachver-
band ist die Lobby der auf Finanzierun-
gen spezialisierten Kreditbanken.
Verglichen mit Ratenkrediten von Ban-
ken, haben es die Paypal-Konditionen al-
lerdings in sich. Zum Vergleich: Die Cre-
ditplus Bank, eine deutsche Tochtergesell-
schaft der französischen Bank Crédit
Agricole, verlangt laut ihrem Online-Ra-

tenrechner für einen Nettokreditbetrag
von 1000 Euro über zwölf Monate einen
effektiven Jahreszins von nur 1,99 Pro-
zent – etwa ein Fünftel des Paypal-Zinses.
Der Bezahldienst hat schon Erfahrungen
mit den Konditionen für Ratenkäufe ge-
sammelt, die er bereits seit 2016 anbietet,
bisher allerdings nur im Rahmen von
Factoring-Verträgen zwischen Internet-
shops und Käufern. Paypal stützt sich laut
einer Sprecherin auch auf eine Umfrage,
nach der 51,7 Prozent der potentiellen
Ratenkäufer Interesse an einem Paypal-
Angebot zum effektiven Jahreszins von
9,99 Prozent hätten. Verbraucher sollten
bei Konsumfinanzierungen jedoch immer
die Angebote der Konkurrenz verglei-
chen. Das ist auf Online-Portalen wie
Smava oder Check 24 leicht möglich.
Laut Smava haben deutsche Kreditneh-
mer im ersten Halbjahr 2 Milliarden Euro
Zinsen zu viel gezahlt.

mfe. FRANKFURT, 10. September.
Will ein Verbraucher seine Restschuld
aus einem Immobilienkredit nach
Ende der Laufzeit von einer neuen
Bank finanzieren lassen, kann das alte
Kreditinstitut keine Gebühr für den
Wechsel verlangen. Das entschied der
Bundesgerichtshof am Dienstag in
Karlsruhe. Das Aktenzeichen lautet
XI ZR 7/19. Immobilienkredite mit
Zinsbindung werden oft für eine Lauf-
zeit von 10 oder 15 Jahren abgeschlos-
sen, nach deren Ende die Schuld nicht
vollständig zurückgezahlt ist. Der Kun-
de kann nach Ablauf entscheiden, ob
er bei der bisherigen Bank bleibt oder
zu einer anderen Bank wechseln will,
wenn diese bessere Konditionen etwa
in Form niedrigerer Zinsen bietet.
Geklagt hatte der Bundesverband
der Verbraucherzentralen, aus dessen
Sicht Banken den Wechsel von Kun-
den nicht durch Gebühren erschweren
dürfen. Die verklagte Kreissparkasse
Steinfurt verlangte nach Darstellung
der Verbraucherschützer von wechsel-
willigen Kreditkunden laut Preisver-
zeichnis eine Gebühr von 100 Euro.
Gerechtfertigt wurde die Gebühr da-
mit, die als Kreditsicherheit eingetrage-
ne Grundschuld auf die neue Bank
übertragen zu müssen. Aus Sicht des
Kunden mag das eine Formalie sein,
doch muss die bisherige Bank sicher-
stellen, dass sie die Grundschuld erst
freigibt, wenn die neue Bank die Rest-
schuld bezahlt hat.
BGH-Richter Jürgen Ellenberger
hatte während der Verhandlung durch-
blicken lassen, dass der Aufwand der
Bank mit dem Zins abgegolten sei. In
einer Pressemitteilung schrieb der Bun-
desgerichtshof, dass die Bank mit der
Bestellung, Verwaltung und Verwer-
tung von Kreditsicherheiten allein eige-
ne Vermögensinteressen verfolge. Das
gelte auch, wenn für die Übertragung
von Sicherheiten ein Treuhandauftrag
erforderlich sei. In der Vorinstanz hat-
te schon das Oberlandesgericht Hamm
der Kreissparkasse untersagt, Bearbei-
tungskosten für die Übertragung der
Grundschuld zu verlangen.


Paypal-Nutzer können Interneteinkäufe in Raten zahlen


Kreditprüfung in Echtzeit direkt im Online-Shop / Teurer effektiver Jahreszins in Höhe von 9,99 Prozent


sibi.FRANKFURT, 10. September. Der
bevorstehende Zinsentscheid der Europäi-
schen Zentralbank (EZB) hat die Anleger
am Dienstag von größeren Engagements
an den Aktienmärkten abgehalten. „Viele
haben Angst, jetzt neue Positionen einzu-
gehen und dann auf dem falschen Fuß er-
wischt zu werden“, sagte Portfolio-Mana-
ger Thomas Altmann vom Vermögensbe-
rater QC Partners. Während als ver-
gleichsweise sicher gilt, dass die EZB den
Zinssatz für Einlagen der Banken bei der
Notenbank weiter ins Minus senken wird,
vermutlich von minus 0,5 auf minus 0,6
Prozent, ist nach wie vor unklar, ob sie
von neuem Anleihekäufe tätigen wird.


Finanzfachleute meinen, an den Rendi-
ten der Bundesanleihen ablesen zu kön-
nen, dass der Markt jetzt sowohl eine wei-
tere Zinssenkung als auch neue Anleihe-
käufe eingepreist hat. Am Dienstag lag
die Rendite der Bundesanleihe mit zehn
Jahren Laufzeit bei minus 0,57 Prozent
und damit jedenfalls unterhalb des aktuel-
len negativen Einlagenzinssatzes der
EZB von minus 0,4 Prozent. Das könnte
zu einer Enttäuschung führen, meint
etwa Franck Dixmier von der Fondsgesell-
schaft Allianz Global Investors: „Die Fi-
nanzmärkte, die ein größeres Stimulie-
rungspaket erwarten, könnten enttäuscht
werden – einer Zinssenkung um 20 Basis-

punkte wird am Markt eine Wahrschein-
lichkeit von 80 Prozent beigemessen, au-
ßerdem wird von einem Neustart des An-
leihekaufprogramms ausgegangen.“ Die
Erwartungen seien hoch und damit auch
die Gefahr von Enttäuschungen, kom-
mentierte auch Neil Wilson, Chefanalyst
des Online-Brokers Markets.com.
Auch über die Frage, welche Wertpapie-
re am Donnerstag profitieren könnten,
gibt es schon Spekulationen. „Wenn die
Europäische Zentralbank wieder Unter-
nehmensanleihen kauft, würde das zu ei-
ner Straffung der Risikoaufschläge für Pa-
piere guter Bonität führen“, sagte Jim Lea-
viss von der Fondsgesellschaft M&G.

Französische Emittenten und die Versor-
gerbranche hätten von früheren Anleihe-
käufen der EZB am meisten profitiert.
„Wir gehen davon aus, dass Vergleichba-
res auch bei einem neuen Ankaufpaket
der Fall wäre“, sagt Leaviss. Hingegen sei
es unwahrscheinlich, dass die EZB jetzt
auch Bankanleihen kaufen werde, das sei
ein politisch zu heikler Schritt.
Auf der anderen Seite spekulieren die
Fondsmanager der Gesellschaft Natixis
Investment Managers, dass Bankaktien in
Europa einen regelrechten „Schub“ be-
kommen könnten, wenn am Donnerstag
Erleichterungen für die Banken bei den
Negativzinsen in Form einer Staffelung

der Zinssätze oder in Form von Freibeträ-
gen beschlossen werden sollten. Dieser
Schritt gilt als im EZB-Rat umstritten,
aber dennoch als möglich. Die Ratsmit-
glieder selbst äußern sich traditionsge-
mäß in der Woche vor einer Zinssitzung
nicht mehr öffentlich. In den vorangegan-
genen Wochen hatte es aus dem Rat indes
vor allem kritische Äußerungen zu mögli-
chen neuen Anleihekäufen gegeben. Der
Kreis der Kritiker war dabei größer als
bei vielen früheren Entscheidungen. Un-
ter anderem wurde in Frage gestellt, ob
die Situation im Euroraum ausreichend
ernst für einen weiteren, derart harten
Eingriff der Notenbank sei.

sibi.FRANKFURT, 10. September. Eine
sehr „goldfreundliche“ Stimmung unter
vielen Privatanlegern in Deutschland
scheint die Anfälligkeit für unseriöse und
unvorteilhafte Anlageangebote rund um
das Edelmetall erhöht zu haben. Darauf
weisen Kapitalmarktanwälte hin, verbun-
den mit einer Warnung vor allzu verlo-
ckend klingenden Versprechungen. „Es
ist auffällig, dass Anleger in Deutschland
immer wieder auf unseriöse Angebote
zur Anlage in Gold hereinfallen“, sagte
Corinna Ruppel von der CDR-Legal
Rechtsanwalts GmbH aus Rosenheim, die
mit solchen Fällen befasst ist.
Das Muster sei oft ähnlich: Es werde
mit einer vermeintlich sicheren Anlage
in Gold geworben, die zudem noch eine
hohe Rendite abwerfen solle. Das Nied-
rigzinsumfeld und die Angst vor einem
Kollaps des Finanzsystems scheine die
Menschen sehr anfällig dafür zu machen,
in seltsame Anlagemodelle zu investie-
ren. „Es trifft Rentner, die ihre Altersvor-
sorge in Gold investiert haben, Familien,

die für die Ausbildung ihrer Kinder spa-
ren wollten, und Vermögende, die einen
Teil ihres Depots durch Gold absichern
wollten“, sagte Ruppel. „Ein älterer Fall,
bei dem einer der Verantwortlichen so-
gar ins Gefängnis musste, ist die Cosma-
Gruppe“, sagte Ruppel: „Und in jüngster
Zeit wirft auch das UnternehmenPIM
Gold, bei dem es eine Razzia gab, Fragen
auf.“
Im Augenblick beschäftige sie sehr der
Fall der DWL Deutsche Wertlager
GmbH. Betroffen seien hier etwa 400 bis
500 Anleger. „Wir vertreten da einige
Mandanten“, berichtet die Anwältin. Das
Modell bei der DWL habe so ausgesehen:
Der Anleger habe Gold zu einem inter-
nen „Hauspreis“ gekauft, der deutlich
über dem Marktpreis gelegen habe, zum
Teil um bis zu 50 Prozent. Das Unterneh-
men habe unverbindlich in Aussicht ge-
stellt, das Gold nach 13 Monaten zurück-
zukaufen und dazu noch 0,11 Prozent „Bo-
nus-Gold“ versprochen. „Das hätte dann
eine Rendite von 10 Prozent auf 10 000

Euro einbringen sollen“, sagt Anwältin
Ruppel: „Tatsächlich befindet sich die
DWL jetzt in Insolvenz, und Teile des von
den Anlegern zurückgesendeten Goldes
scheinen verschwunden zu sein.“
Der Fall der Cosma-Gruppe sei ähnlich
gewesen. Das Unternehmen habe angebo-
ten, den Großteil einer Geldanlage in
Gold zu investieren und einen anderen
Teil in Immobilien, die es günstig kaufen,
verwalten und teurer verkaufen könne.
Mit der Immobilienspekulation hätte in
13 Monaten eine Rendite von 30 Prozent
auf das freie Kapital erwirtschaftet wer-
den sollen. „Das war vollkommen unrea-
listisch“, meint Ruppel.
Die Gesellschaften seien dabei be-
müht, das Konzept so zu gestalten, dass
es nicht unter die Aufsicht der Bundesan-
stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(Bafin) falle. Oftmals seien die Vermitt-
ler Bekannte oder Verwandte, die Unter-
nehmen hätten bisweilen ein ganzes Netz-
werk an Vertriebspersonen aufgebaut.
„Grundsätzlich wäre ich immer vorsich-

tig, wenn jemand Gold am Telefon ver-
kaufen will, man den Anbieter nicht
kennt, eine hohe Rendite versprochen
wird oder das Geschäftsmodell undurch-
sichtig ist“, meint die Anwältin. Ihr selbst
habe am Telefon schon mal jemand ange-
boten, ihr Gold im Wert von Millionen zu
verkaufen und versprach, dessen Wert
werde demnächst sicher steigen. „Als ich
ihn dann fragte, warum er sich das Ge-
schäft selbst dann entgehen lassen wolle,
antwortete dieser, er wolle auch andere
Menschen an diesem Glück teilhaben las-
sen“, berichtet Ruppel: „So etwas sollte ei-
nen immer sehr misstrauisch machen – es
gibt nichts geschenkt.“
Die Anwältin führte weiter aus, sie ver-
stehe auch nicht, dass die Menschen,
wenn sie Gold kaufen wollten, dies nicht
bei ihrer Bank um die Ecke machten oder
bei bekannten Goldhandelsunterneh-
men – sondern sich immer wieder an Un-
ternehmen wendeten, die offensichtlich
Teile des Kundengeldes in andere Ge-
schäfte investierten.

Bank darf für


Umschuldung


nichts berechnen


Der nahende EZB-Entscheid macht die Anleger nervös


Sind die Markterwartungen mittlerweile so hoch, dass die Notenbank sie zwangsläufig enttäuschen wird?


Warnung vor unseriösen Geldanlagen in Gold


Kapitalmarktanwälte berichten von Leichtfertigkeit vieler Anleger angesichts der Niedrigzinsen


F.A.Z.-Grafik Walter/Siedenbiedel

Quelle: F.A.Z. / Foto AFP

Draghis großes Lockerungspaket – das könnte die EZB am Donnerstag beschließen

Senkung
des Einlagenzinses





















Staffelung
des Einlagenzinses

Billige
Langfristkredite

Kaufprogramme für
Aktien oder Bankanleihen

Wiederaufnahme
der Anleihekäufe

Maßnahme Maßnahme Maßnahme Maßnahme Maßnahme

Der Zins für Einlagen der Banken
bei der Notenbank könnte von


  • 0,4 auf –0,5 oder – 0,6 Prozent
    gesenkt werden.


Es wird für Banken teurer, Geld
bei der Notenbank zu horten –
das soll die Kreditvergabe
ankurbeln und mittelbar die Inflation
näher an das Ziel der EZB von unter,
aber nahe 2 Prozent bringen.

Es könnten Freibeträge
für die von Banken
gezahlten Negativzinsen
eingeführt werden.

Banken sollen entlastet
werden, um den
geldpolitischen
Transmissionsmechanimus
nicht zu gefährden.

Die EZB könnte ankündigen,
wieder Staatsanleihen aufzukaufen,
beispielsweise im Volumen
von netto 30 Milliarden Euro
für sechs bis neun Monate.

Die EZB könnte mit neuen
günstigen Langfristkrediten
namens TLTRO notleidenden
Banken helfen.

Entlastung von
schwachen Banken.

Spekuliert wurde zuletzt auch
über Kaufprogramme für Aktien
oder Bankanleihen.

Erweiterung des Potentials
aufkaufbarer Vermögens-
gegenstände für die EZB.

Hoch. Der Hauptrefinanzierungs-
leitzins, zu dem Banken sich
bei der EZB regulär Geld leihen,
dürfte bei 0 Prozent bleiben.

Die Maßnahme ist im
EZB-Rat nicht unumstritten,
es könnte trotzdem
dazu kommen.

Umstritten.
Es gab im EZB-Rat zuletzt
spürbare Widerstände.
Ein halbes Dutzend
Ratsmitglieder hat sich
dagegen ausgesprochen.

Über Druck auf die Kapitalmarkt-
renditen soll die Wirtschaft angeregt
und die Inflation dichter an das
EZB-Ziel von unter, aber nahe
2 Prozent geführt werden. Kritiker
sehen Staatsanleihekäufe indes
als verdeckte Staatsfinanzierung.

Ungewiss. Wird jetzt wohl auf keinen Fall
kommen, möglicherweise aber
irgendwann in der Zukunft.

Ziel Ziel Ziel Ziel Ziel

Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit

EZB-Präsident Mario Draghi
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