Frankfurter Allgemeine Zeitung - 11.09.2019

(ff) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019·NR. 211·SEITE 27


Startrecht für elf Russen

Weitere elf russische Leichtathleten
dürfen in diesem Jahr bei internationa-
len Wettbewerben unter neutraler Flag-
ge antreten. Das teilte der Weltver-
band IAAF am Dienstag in Monte Car-
lo mit. Damit ist die Zahl der startbe-
rechtigten Russen auf 128 gestiegen.
58 Anträge seien zurückgewiesen wor-
den. Zu den elf Sportlern gehört auch
der zweimalige russische Hallen-Meis-
ter über 60 Meter Hürden, Konstantin
Schabanow. Die IAAF hatte Mitte Juni
eine Verlängerung des Ausschlusses
des russischen Verbandes bestätigt.
Der Verband ist nach der Aufdeckung
des Skandals um staatlich gelenktes
Doping seit dem 13. November 2015
für internationale Wettkämpfe ge-
sperrt. Mit dem Thema beschäftigt
sich das IAAF-Council vor den Welt-
meisterschaften in Doha (27. Septem-
ber bis 6. Oktober) wieder. (dpa)

DEG verlängert mit Trainer Kreis
Der Eishockey-Erstligaklub Düsseldor-
fer EG hat seinen Cheftrainer Harold
Kreis langfristig an sich gebunden. Der
Vertrag mit dem 60-Jährigen wurde
vorzeitig um zwei weitere Jahre bis
2022 verlängert. Kreis war im Frühjahr
2018 wieder nach Düsseldorf gewech-
selt. Zuvor war er bereits zwischen
2008 und 2010 für die Rheinländer als
Trainer aktiv gewesen. (sid)

In Kürze


Basketball,Weltmeisterschaft in China, Vier-
telfinale: Argentinien – Serbien 97:87, Spa-
nien – Polen 90:78.


Radsport,UCI WorldTour, Vuelta á España
(3290,70 km), Gesamtwertung nach der 16.
Etappe: 1. Roglic (Slowenien) – Team Jumbo
62:17:52 Std., 2. Valverde (Spanien) – Movi-
star Team + 2:48 Min., 3. Pogacar (Slowenien)



  • UAE Team Emirates + 3:42, ... 90. Arndt
    (Köln) – Team Sunweb + 2:20:51 Std., ... 98.
    Koch (Schwäbisch Hall) – CCC Team +
    2:35:27, ... 134. Degenkolb (Oberursel) –
    Trek- Segafredo + 3:10:51.
    Tennis,WTA-Tour der Damen in Hiroshima/
    Japan (250 000 US-Dollar), Einzel, 1. Runde:
    Siegemund (Metzingen) – Sawinych (Russ-
    land) 6:4, 6:1, Nara (Japan) – Maria (Bad Saul-
    gau) 6:4, 6:4.


FRANKFURT. Es sind spannende Tage
für die Fans der prestigeträchtigsten Segel-
regatta der Welt: Zwar findet der 36. Ame-
rica’s Cup erst im Frühjahr 2021 in der
Bucht der neuseeländischen Hafenstadt
Auckland statt. Doch nach mittlerweile
fast zwei Jahren geheimster Planungs-
und Entwicklungszeit soll sich Anhän-
gern, Sponsoren und Teams schon bald
die Möglichkeit bieten, die 23 Meter lan-
gen, mehr als 26 Meter hohen und knapp
6,5 Tonnen schweren Yachten der offi-
ziell noch fünf teilnehmenden Teams end-
lich auf dem Wasser in Aktion zu sehen
anstatt nur die immergleichen Computer-
animationen. So lautet jedenfalls der Plan
der mit einem Budget von mindestens
100 Millionen Dollar ausgestatteten Syn-
dikate aus Neuseeland, Italien, England
und den Vereinigten Staaten.
Die Realität sieht – zumindest in Teilen


  • anders aus. So zog die als offizieller
    Herausforderer der Cupverteidiger Team
    New Zealand eingetragene „Luna-Rossa“-
    Crew ihre eigentlichfür den Montag die-
    ser Woche geplante und angekündigte
    Präsentation ihrer Monohull genannten
    Einrumpf-Yacht im sardischen Cagliari
    ohne Angabe von Gründen wieder zu-
    rück. Neuer Termin für das Spektakel soll
    nun Ende September sein – ein genaues
    Datum für das Event steht allerdings
    noch aus. Spekulationen zufolge sollen
    die Entwickler des hauptsächlich von Pra-
    da-Chef Patrizio Bertelli finanzierten
    Bootes allerdings Probleme mit der Kon-
    struktion und Stabilität der sogenannten
    Foils haben, welche die Yacht bei hohem


Tempo aus dem Wasser heben und so zu
noch mehr Geschwindigkeit verhelfen sol-
len. Aber auch für die Vorstellung der
Yachten des britischen „Ineos“-Teams so-
wie der Crew von „American Magic“ sind
die Zeitpläne noch reichlich unkonkret.
Sehr ruhig ist es indes um das zweite ame-
rikanische Team „Stars and Stripes“ ge-
worden. Womöglich wird dort die ange-
kündigte Cup-Teilnahme bald ebenso zu-
rückgezogen wie jene der Teams aus Mal-
ta und den Niederlanden, die schon lange
vor dem eigentlichen Bootsbau aus der
Technik-Hatz um die schnellste Yacht aus-
geschieden waren.
Deutlich besser läuft es dagegen beim
Cup-Verteidiger aus Neuseeland: Bereits
am vergangenen Freitag hatte das Team
sein Privileg genutzt und als erste Crew

den fertigen Körper der millionenteuren
Yacht in den frühen Morgenstunden im
Hafen von Auckland erstmals der Öffent-
lichkeit präsentiert. Im Beisein des be-
gehrtesten Pokals des Segelsports und des
Großteils jener Mannschaft um Superstar
Peter Burling, die die mehr als 150 Jahre
alte Silberkanne vor zwei Jahren auf den
Bermuda-Inseln noch auf einem Katama-
ran so souverän gewonnen hatte, wurde
das Boot auf den Namen Te Aihe getauft,
was in der Sprache der Maori für Delphin
steht.
65 Designer, Ingenieure und Bootsbau-
er haben nach eigenen Angaben insge-
samt mehr als 100 000 Stunden in einer
dafür errichteten Werfthalle an der Yacht
gebaut. Anders als die meisten ihrer Kon-
kurrenten verzichteten die Neuseeländer

dabei im Vorfeld auf die Produktion eines
Miniaturmodells ihres Bootes und die da-
zugehörigen Tests auf dem Wasser und
setzten ausschließlich auf die Entwick-
lung am Computer. Fest steht, dass das
Team den bald beginnenden neuseeländi-
schen Sommer für ausgiebige Testregat-
ten im Cup-Revier nutzen – und mit Hilfe
dieser Erkenntnisse dann im kommenden
Jahr einfach noch eine zweite Yacht mit
verbessertem Design bauen wird. Für
Neuseelands Organisationschef Kevin
Shoebridge, dessen Kampagne auch we-
gen des Einsatzes von Regierungschefin
Jacinda Ardern zu einer nationalen Missi-
on stilisiert wird, handelt es sich aber be-
reits jetzt um eine Yacht, welche „die
Grenzen von Innovation und Technologie
im America’s Cup weiter verschiebt“.
Allerdings: Dass die neuen AC75-Yach-
ten, wie sie offiziell heißen werden, noch
weit davon entfernt sind, spektakulären
und mitreißenden Segelsport zu bieten, be-
weist ein in Internetforen kursierendes
Handyvideo, das den ersten Test des neu-
seeländischen Bootes im Hafen von Auck-
land zeigt. Noch ohne Segel, Taue und
technische Geräte ausgestattet und von ei-
nem Motorboot gezogen, hat der „Del-
phin“ große Probleme, stabil und auf sei-
nen Foils durch das Wasser zu gleiten.
Zwar werden die Crews und ihre Yachten
ihren ersten offiziellen Wettkampf erst im
kommenden Frühjahr bestreiten, wenn im
April auf Sardinien der Auftakt der Ameri-
ca’s-Cup-Weltserie auf dem Programm
steht. Doch im auf vier Jahre angelegten
Zyklus der Regatta sind sechs Monate eine
recht kurze Zeit. SEBASTIAN REUTER

EUROSPORT1:7.55 Uhr: Snooker, Turnier in
Schanghai/China, dritter Tag. 15 Uhr: Rad, Spa-
nien-Rundfahrt, 17. Etappe von Aranda de Due-
ro nach Guadalajara.

(Durch kurzfristige Absagen oder Verschiebun-
gen können sich Übertragungszeiten ändern.)

Der Delphin gleitet nicht


Bei den Vorbereitungen auf den America’s Cup zeigen sich bei nahezu allen Teams Probleme


STUTTGART(dpa). Auch mit ihrem
neuen Interimstrainer Dirk Dier hat
Angelique Kerber die nächste Auftakt-
niederlage kassiert. In Zhengzhou
(China) verlor die beste deutsche Ten-
nisspielerin am Dienstag nach einem
vergebenen Matchball 7:5, 4:6, 6:7
(6:8) gegen die Amerikanerin Alison
Riske. Nach 2:50 Stunden war das Aus
für die Kielerin gegen die Weltranglis-
ten-34. besiegelt. Kerber wartet damit
weiter seit ihrer Zweitrunden-Nieder-
lage in Wimbledon auf den ersten Sieg
und schied zum vierten Mal nachein-
ander in der ersten Runde aus. Für das
neue Duo Kerber und Dier war die Ver-
anstaltung in China das erste gemein-
same Turnier. Die Nummer 15 der
Welt will mit dem Nachwuchs-Bundes-
trainer in den kommenden Turnier-
Wochen in Asien einen Weg aus der
sportlichen Krise finden.


FRANKFURT. Es sollte das Turnier der
Serben werden. Nachdem sich bei den
Weltmeisterschaften 2014 in Spanien
und den Olympischen Spielen 2016 in
Rio die Basketball-Auswahl der Verei-
nigten Staaten als zu stark erwiesen hat-
te, wähnten sich die Serben in China
am Zug. Wenn doch beim Titelverteidi-
ger viele Stars fehlen und im eigenen
Team nur der verletzte Milos Teodosic.
Die Vorrunde untermauerte den An-
spruch. Die Mannschaft von Aleksan-
dar Djordjevic beeindruckte mit Homo-
genität, gutem Zusammenspiel, großar-
tigen Wurfquoten und spielerischer Ele-
ganz, während die Amerikaner gegen
die Türkei am Rande der Niederlage
standen. Fast alle Beobachter erwarte-
ten ein Duell der vermeintlich besten
Mannschaften. Doch am Dienstag en-
dete der Traum jäh im Viertelfinale ge-
gen Argentinien (87:97). So wie sich
die Südamerikaner steigerten im Tur-
nierverlauf, so ließ der Titelkandidat
nach. In Krisensituationen, erst beim
abschließenden Gruppenspiel gegen
Spanien (69:81) und nun im Viertelfina-
le, ließen die Serben den Teambasket-
ball vermissen, der sie vorher ausge-
zeichnet hatte. Waren bis dahin die
Würfe durch gutes Passspiel vorbereitet
gewesen, verfiel der Turnierfavorit im-
mer mehr in Einzelaktionen, verließ
sich zunehmend auf Bogdan Bogdano-
vic (21 Punkte) und Nikola Jokic (16).
Vor allem dieses Spiel zeigte, wie anfäl-
lig Serbien an beiden Enden des Feldes
gegen Geschwindigkeit ist. Die längste
Mannschaft des Turniers, deren kleins-
ter Spieler 1,95 Meter misst, konnte
den überragenden Wirbelwind Facun-
do Campazzo (1,79 Meter/18) nie kon-
trollieren. Auf der anderen Seite ver-
stand es Argentinien geschickt, die kör-
perlich überlegenen Serben zu „dop-
peln“, für einen Augenblick zwei Vertei-
diger auf einen Angreifer zu hetzen
und danach wieder tragfähige Zuord-
nungen zu finden. Serbien versuchte,
sich anzupassen, und spielte teilweise
kleiner als gewohnt. So kam der 2,21
Meter lange Boban Marjanovic nicht
einmal drei Minuten zum Einsatz, und
der frühere Berliner Marko Simonovic
(3) spielte als kleiner(er) Power For-
ward.
Die Ausgeglichenheit und Tiefe des
Kaders gelten als große Stärken der Ser-
ben. Doch gegen Argentinien verkürzte
Trainer Djordjevic die Rotation, wäh-
rend sein Kollege Sergio Hernandez sei-
ne erweiterte, wohlwissend, wie viel
Energie dieses Spiel benötigen würde.
„Freie“ Würfe wussten die Serben auch
in der Schlussphase nicht ausreichend
zu nutzen. Ihre Trefferquote bei den
Dreipunkte-Würfen lag bei rund 30,8
Prozent, während Argentinien zwölf
von 27 im Korb versenkte (44,4 Pro-
zent). Zwar verkürzte Bogdanovic 80
Sekunden vor Schluss kaltschnäutzig
mit einem Distanzwurf auf 85:91, doch
Campazzo antwortete postwendend
mit einem Dreier. Auch andere haben
Nerven wie Drahtseile. Die Spanier
zum Beispiel. Sie schlugen Polen in ei-
nem lange umkämpften Spiel 90:78
und qualifizierten sich nebenbei direkt
für die Olympischen Spiele in Tokio


  1. STEFAN KOCH
    Der Autorist zweimaliger Trainer des Jahres.


chwb.FRANKFURT.Sahar Chodaja-
ri, Anhängerin des Teheraner Fußball-
vereins Esteghlal, ist einige Tage nach-
dem sie sich vor einem Gerichtsgebäu-
de der iranischen Hauptstadt aus Pro-
test gegen eine sechsmonatige Gefäng-
nisstrafe angezündet hatte, ihren schwe-
ren Brandverletzungen erlegen. Ihr Tod
hat in Iran zu scharfem Protest gegen
die Aussperrung von Frauen bei Fuß-
ballspielen geführt. Sahar Chodajari
war im März vor dem Teheraner Asadi-
Stadion verhaftet worden, weil sie ver-
sucht hatte, bei einem Spiel von
Esteghlal gegen den Klub Al Ain aus
Abu Dhabi in der asiatischen Champi-
ons League am 12. März ins Stadion zu
gelangen. Nach Angaben ihrer Schwes-
ter gegenüber der iranischen Website
rokna.net sei Sahar Chodajari zunächst
im berüchtigten Gefängnis von Qar-
chak festgehalten worden. Ihre Schwes-
ter habe an einer bipolaren Störung ge-
litten und sei seit zwei Jahren in Be-
handlung gewesen, im Gefängnis habe
sich ihr Gesundheitszustand verschlech-
tert. Zunächst sei Sahar Chodajari
dann auf Kaution freigelassen worden.
Vom Gericht wurde sie aber wegen Be-
amtenbeleidigung zu sechs Monaten
Haft verurteilt, berichtet die Deutsche
Presse-Agentur. Aus Protest gegen die
Verurteilung zündete sich die junge
Frau an.
In den sozialen Netzwerken hat der
Tod unter dem Hashtag Dochtar Abi
(Blaues Mädchen) zu tausendfachem
Protest gegenüber der für das Stadion-
verbot verantwortlichen Polizei und
der Justiz, dem nationalen Fußballver-
band und dem internationalen Ver-
band Fifa geführt. Die Soziologin Par-
waneh Salaschuri, die im iranischen
Parlament den Reformern angehört,
schrieb auf Twitter: „Sie war ein Mäd-
chen Irans, wo Männer über Frauen ent-
scheiden und ihnen die Grundrechte
nehmen. Wir sind alle verantwortlich
für die Inhaftierung und Verbrennung
der Sahars in diesem Land.“ Esteghlal
Teheran kondolierte der Familie Choda-
jaris. Der „traurige und tragische“ Tod
habe im Verein und unter seinen Fans
große Trauer verursacht. Die Fifa teilte
auf Nachfrage mit, man bedauere die
„Tragödie zutiefst“. Der Verband kon-
dolierte der Familie und den Freunden
Chodajaris und „wiederholte den Auf-
ruf an die iranischen Behörden, Sicher-
heit und Freiheit aller Frauen zu schüt-
zen, die sich im legitimen Kampf für
ein Ende des Stadionverbots engagie-
ren“. Das iranische Sportministerium
hatte im August angekündigt, das
Heimspiel in der WM-Qualifikation für
2022 im Oktober gegen Kambodscha
dürfe auch von Frauen besucht werden.
Es gebe kein Stadionverbot, sagte der
stellvertretende Sportminister Dscham-
schid Taghisadeh. Dato Windsor John,
Generalsekretär des asiatischen Fuß-
ball-Verbandes AFC, des Veranstalters
der Champions League, sagte, die AFC
arbeite mit der Fifa an einer „freund-
schaftlichen Lösung“: „Am Ende des
Tages respektieren wir lokale Gesetze,
aber wir wollen Fußball auch promo-
ten.“ Vom Besuch der Spiele in der an-
gelaufenen iranischen Fußball-Liga
sind Frauen weiterhin ausgeschlossen.


Ergebnisse


R


adoje Milic hatte es ja gewusst:
„Achten Sie auf Pogacar, der hat-
te bei mir ähnliche Werte wie Ro-
glic“, sagte der slowenische
Sportmediziner im Mai. Milic hatte 2012
den frisch zum Radsport gekommenen
früheren Juniorenweltmeister Roglic im
Skispringen untersucht und eine Sauer-
stoffaufnahmekapazität des Blutes um
die 80 Milliliter pro Minute und Kilo-
gramm Körpergewicht gemessen. „Ich
sagte ihm damals, dass er damit ganz
vorn in der World Tour fährt“, erinnerte
sich Milic in diesem Frühjahr. Primoz Ro-
glic war im Mai 2019 drauf und dran, den
Giro d’Italia zu gewinnen. Weil er sich ver-
pokerte, wurde er nur Dritter. Vier Mona-
te später aber dominiert er die Spanien-
Rundfahrt. Das Zeitfahren gewann er sou-
verän, und auch in den Bergen hält er die
direkte Konkurrenz meist in Schach. Zu-
dem macht sein Team Jumbo Vismaa, bei
dem er seinen Vertrag am Dienstag bis
2023 verlängerte, einen stärkeren Ein-
druck. Roglic muss nicht pokern wie noch
beim Giro, sondern kann das Rennen dik-
tieren. Er geht bei der Spanien-Rundfahrt
in die letzte und entscheidende Woche
mit 2:48 Minuten Vorsprung vor seinem
ärgsten Verfolger Alejandro Valverde.
Eine knappe Minute hinter dem 39-jähri-
gen Spanier folgt schon Tadej Pogacar. Er
könnte mit seinen 20 Jahren glattweg als
Valverdes Sohn durchgehen.
Pogacar saß wie zuvor Roglic auf dem
Ergometer im leistungsdiagnostischen
Zentrum der Universität von Ljubljana,
und Milic war stolz, wieder einen solch
vielversprechenden Radsportler vor sich
zu haben. Es hatte sich etwas geändert im
Land der Skiflieger. Die Dichte an guten
Radrennfahrern nimmt zu. Jan Polanc ge-

wann zwei Giro-Etappen, Matej Mohoric
je eine bei Giro und Vuelta, Simon Spilak
gewann zweimal die Tour de Suisse. Das
sei Folge einer zunehmenden Diversifizie-
rung der Sportangebote, sagt Milic: „Frü-
her gab es für die Kinder und Jugendli-
chen nur die Möglichkeit, ganz bestimm-
te Sportarten auszuüben. Selbst wenn ei-
ner die Anlagen zu einem guten Basket-
baller hatte, wurde er Skispringer, oder
vielleicht noch Fußballer. Denn eine
Schanze und einen Fußballplatz gibt es
fast überall.“ Jetzt aber gibt es mehr An-
reize für den Radsport. Die erste goldene
Generation des slowenischen Radsports


  • der WM-Dritte von 2001, Andrej Haupt-
    man, etwa oder der solide Helfer Gorazd
    Stangelj – ist inzwischen als Trainer und
    Sportliche Leiter aktiv. Jugendliche ha-
    ben plötzlich Vorbilder. Es gibt auch


mehr Rennen, an der Spitze die fünftägi-
ge Slowenien-Rundfahrt. Und Männer
wie Stangelj, aktuell Sportlicher Leiter
bei Astana, und Hauptman, in gleicher
Funktion bei Team UAE tätig, sind Schlüs-
selfiguren, um den ganz großen Talenten
den Weg in die World Tour zu ebnen.
Hauptman betreut Pogacar derzeit bei
UAE. Er sieht den Profi einen Weg ein-
schlagen, der wie eine Parallele zum Auf-
stieg des aktuellen Toursiegers Egan Ber-
nal wirkt. Der Kolumbianer gewann 2018
als 21-Jähriger die Kalifornien-Rund-
fahrt. Pogacar gelang das gleiche Kunst-
stück im Folgejahr im Alter von nur 20
Jahren. Weil in den Vereinigten Staaten
Alkoholkonsum erst vom 21. Lebensjahr
an erlaubt ist, durfte er nicht einmal vom
Champagner probieren, den er als Sieger
überreicht bekam. Bernal gewann 2019,

ein Jahr nach seinem Sieg in Kalifornien,
die Tour de France. In der Saison davor,
2018, war der Kolumbianer zwar der
stärkste Kletterer bei der Tour, musste
sich aber noch in den Dienst seiner Kapi-
täne Geraint Thomas und Chris Froome
stellen.
Pogacar hält bislang Schritt mit Bernal.
Er könnte sogar bei seiner ersten Grand
Tour aufs Podium gelangen. Und viel-
leicht gewinnt er diese Vuelta gar. „Nein,
das glaube ich nicht. Roglic wirkt einfach
superstark im roten Trikot“, sagte Poga-
car nach einer der zahlreichen Bergan-
künfte bei dieser Vuelta, die er gemein-
sam mit seinem Landsmann von vorn be-
stritten hatte. Zwei Tagessiege holte sich
der Youngster. In Andorra, auf der von
Hagelstürmen beherrschten 9. Etappe,
nahm er Roglic sogar 48 Sekunden ab.
Bei seinem zweiten Sieg, auf dem steilen
Anstieg von Los Machucos, kamen die
beiden Slowenen vereint vor dem zersplit-
terten Rest des Feldes ins Ziel. Am Sonn-
tag dann musste Pogacar den Attacken
von Valverde Tribut zollen und verlor 41
Sekunden sowohl auf den Spanier als
auch auf Roglic. Am Montag aber, am letz-
ten Tag vor dem Ruhetag, konnten nur Po-
gacar und Roglic den Angriffen des Ko-
lumbianers Miguel Ángel López folgen.
„Er hat einfach keine Angst, nicht vor
den Bergen und auch nicht vor großen Na-
men. Eine seiner Vorzüge ist die mentale
Stärke“, sagt Neil Stephens, Sportlicher
Leiter bei UAE. „Wir wollen ihn langsam
als einen Sieger für die Grand Tours auf-
bauen“, sagte Stephens im Mai in Kalifor-
nien. Damals war noch nicht einmal an ei-
nen Vuelta-Start Pogacars gedacht. Aktu-
ell überfliegt der junge Mann alle Ent-
wicklungsstufen.

Sport live im Fernsehen

Wirbelwind


verwirrt Serben


Bei der Basketball-WM


verliert der Titelkandidat


gegen Argentinien


„Blaues


Mädchen“ tot


Nach Selbstverbrennung:


Protest gegen


Stadionverbotin Iran


Skispringer und Überflieger


Fan-Liebling:Tadej Pogacar Foto AP

Kerber: Aus in der


ersten Runde


Bei der Spanien-


Rundfahrt sorgen


zwei Radprofis aus


Slowenien für Furore:


Primoz Roglic und


der erst 20 Jahre alte


Tadej Pagacar, dem


eine Karriere wie


Tour-Sieger Bernal


zugetraut wird.


Von Tom Mustroph,


Madrid


Spitzenkraft:Primoz Roglic liegt in der Gesamtwertung der Spanien-Rundfahrt vorn. Foto AFP

Delphin gesichtet:Die neuseeländische Yacht im Hafen von Auckland Foto AP
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