Die Welt Kompakt - 09.09.2019

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BERLIN • FRANKFURT • MUNICH

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MONTAG,9.SEPTEMBER2019 SPORT 29


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W


as in diesen Mo-
menten wohl
Florentino Pérez
denkt? Vor den
Toren Barcelonas taucht die
AAAbendsonne den Himmel überbendsonne den Himmel über
dem neuen Johan-Cruyff-Stadi-
on in blau-orangenes Licht, und
aaauf dem Platz setzte es für dieuf dem Platz setzte es für die
Spielerinnen in Weiß ein Gegen-
tor nach dem anderen. Auch
wenn der FC Barcelona ohne sei-
nen verletzten Star Lieke Mar-
tens antritt. Auch wenn die Spie-
lerinnen in Weiß das stolze Wap-
pen von Real Madrid verteidigen.
Pérez mag denken: Worauf habe
ich mich da bloß eingelassen?


VON FLORIAN HAUPT

Am kommenden Sonntag wird
der Real-Präsident seine Mitglie-
der entscheiden lassen, ob sie
den Kauf der Lizenz des CD
Tacón genehmigen, der damit of-
fffiziell als Frauenabteilung in deniziell als Frauenabteilung in den
VVVerein eingegliedert wird. Dieerein eingegliedert wird. Die
Zustimmung gilt als Formsache.
Schon jetzt trainiert Tacón auf
dem Vereinsgelände von Real,
und erste Neueinkäufe unter-
schrieben ihre Verträge auf Real-
Briefpapier. Zum Ligaauftakt in
Barcelona versinnbildlichen die
Trikots das aktuelle Zwischen-
stadium: Vorn tragen die Spiele-
rinnen noch das Design ihres al-
ten Vereins, hinten aber schon
das aktuelle von Real: Goldene
RRRückennummern mit dem kö-ückennummern mit dem kö-
niglichen Emblem.
Und in denen bekommen sie
im Prototyp eines Frauen-Clás-
ico vor 5413 Zuschauern auf dem
Barça-Campus nun also ein 1:9
(0:4) verpasst. Während die
Gastgeberinnen gekonnt das
hauseigene Passspiel und Pres-
sing zeigen, nähert sich der Auf-
tritt der frisch aufgestiegenen,
aaaber um internationale Stars ver-ber um internationale Stars ver-
stärkten Gäste dem Slapstick.
„In jeder Partie mithalten“ woll-
te Trainer David Aznar. Kapi-
tänsfrau Malena sprach davon,
„eine wichtige Rolle in der Liga
zu spielen“ , und die Presse
schrieb von den „Galácticas“.
Doch ohne Pfostenglück, ein
paar wohlwollende Abseitsent-
scheidungen und das gekonnte
Libero-Spiel von Torhüterin
YYYohana würde es noch übler aus-ohana würde es noch übler aus-
gehen. Dabei hatte Pérez schon
vor Jahren betont: „Dieser Ver-
ein kann kein Fußballteam ha-
ben, das nichts gewinnt. Wenn es
gemacht wird, muss es gut ge-
macht werden.“
Seit Langem war er zum Ein-
stieg in den Frauenfußball ge-
drängt worden. So virulent war
das Thema in der Stadt, dass das
erst 2014 gegründete Tacón von
Anfang an mit dem jetzt einge-
treten Szenario spekulierte. Die
ambitionierte Präsidentin Ana
Rosell unterbreitete Real mit ih-
rer Betreiberfirma „AR10“ früh
einen entsprechenden Vorschlag.
Ihren Klub leuchtete sie so grell
aaaus – „Tacón“ heißt „Hacke“,us – „Tacón“ heißt „Hacke“,
aaaber auch „Absatz“, und dasber auch „Absatz“, und das
WWWappen zeigt tatsächlich einenappen zeigt tatsächlich einen
Fußballschuh mit rosa Stiletto –,
dass es schon an freiwilligen Se-
xismus grenzte. Wohl nicht al-


lein aus hehren Motiven stieg
bald auch René Ramos, Bruder
und Berater des Real-Kapitäns,
als Vizepräsident ein. Das Ab-
kommen beinhaltete eine Zu-
sammenarbeit beim Talentscou-
ting, denn der Agent betreute in-
zzzwischen auch Spielerinnen. In-wischen auch Spielerinnen. In-
diz dafür, dass immer mehr
Branchenakteure im Frauenfuß-
ball ein gutes Geschäft sehen.
In Spanien wächst er derzeit
noch ein bisschen schneller als
anderswo. Diese Saison kassie-
ren die Klubs erstmals für ihre
TV-Rechte insgesamt drei Millio-
nen Euro. Und erneut dürften
zahlreiche Spitzenpartien in die
Männerstadien wandern, wie im
März jenes zwischen Atlético
und Barça, als 60.739 Besucher
den Weltrekord für ein Frauen-
klubspiel aufstellten. Die Bun-
desliga, vor wenigen Jahren noch
um Längen enteilt und einst das
Maß aller Dinge auch im Europa-
pokal, dürfte inzwischen in fast
allen Aspekten eingeholt worden
sein. Vorige Saison schlug Barça
im Champions-League-Halbfina-
le Bayern, landete aber nur auf
Platz zwei hinter Atlético.
In einem Punkt hängt
Deutschland den übrigen Fuß-
ballnationen weit hinterher.
WWWährend in Spanien also mitährend in Spanien also mit
dem Real-Einstieg die letzte Lü-
cke geschlossen wurde und alle
großen Traditionsklubs von Bil-
bao bis Valencia auch Frauen-
teams ins Rennen schicken, wäh-
rend die englische „Women’s Su-
per League“ am Samstag mit ei-
nem Derby zwischen Manches-
ter City und Manchester United
startete und auch die anderen
„Big Six“-Vereine Arsenal, Chel-
sea, Tottenham und Liverpool in
ihr mittun, während die französi-
schen Spitzenvereine Olympique
LLLyon und Paris St. Germain dieyon und Paris St. Germain die
größten Frauenbudgets des Kon-
tinents aufweisen und in Italien
etwa Juventus, Inter, Milan und
der AS Rom mit beiden Ge-
schlechtern um den Titel kämp-
fffen, da gab es vorige Saison unteren, da gab es vorige Saison unter
den Achtelfinalisten der (Män-
ner)-Champions League neben
Real nur noch zwei weitere Klubs
ohne Frauenfußballteam: Borus-
sia Dortmund und Schalke 04.
Ändern dürfte sich daran so bald
nichts. Es gebe derzeit keine
Überlegungen in die entspre-
chende Richtung, erfuhr WELT
vom BVB wie auch von Schalke.

Ansonsten jedoch ist der
Trend klar: Im Frauenfußball
spielen zunehmend dieselben
Topvereine die Titel aus, die es
schon bei den Männern tun.
Auch die beiden schwedischen
WM-Dritten Sofia Jakobsson
und Kosovare Asllani sind ge-
wiss nicht nach Madrid gekom-
men, um für Tacón zu kicken.
In ihren sozialen Netzwerken

verkündeten sie vollmundig,
beim „größten Verein der Welt“
angeheuert zu haben. Nun er-
leiden sie zum Einstieg in Bar-
celona zwar eine Demütigung,
aber wenigstens keine Häme.
Selbst bei einem Clásico ist der
Frauenfußball insofern noch
anders. Wenn eine Tacón-Spie-
lerin behandelt werden muss,
wird sie von den Rängen aufge-

muntert. Nach dem Schluss-
pfiff gibt es auch für die Gäste
viel Applaus.
Wie lange das so bleiben wird,
wenn mit dem boomenden
Frauenfußball auch die Rivalität
zunimmt? Fürs erste stellt sich
fffür das künftige Real Madridür das künftige Real Madrid
wohl eine ganz andere Heraus-
ffforderung: überhaupt die Ligaorderung: überhaupt die Liga
zu halten. MITARBEIT: OM

Barcelona spielt mit Reals zukünftigem Team Katz und Maus

REUTERS

/ALBERT GEA

Jetzt hat auch Real Madrid sein


Frauenteam. Im ersten Clásica


setzt es vor 5413 Zuschauern gegen


Barcelona ein 1:9 und viel Gespött


„Galácticas“


starten mit


Demütigung

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