GEO - 09.2019

(Nancy Kaufman) #1
Gagliano ist
überzeugt, dass
Pflanzen unterein­
ander auf bisher
unbekannte Weise
kommunizieren.
Und auch wenn
Kollegen ihre
Publikationen als
»Mist« bezeichnen,
bleibt sie cool.
»Meine Daten sind
reproduzierbar«,
entgegnet sie

GEO 09 2019


Es geht noch komplexer. Wurzeln arbeiten wie
hochsensible Detektoren, die Gifte, Wasser und
Nährstoffe registrieren. Blätter erkennen Berüh­
rungen. Sie enthalten Zellen, die Duftstoffe analy­
sieren. Und solche, die Licht erfassen. Anhand von
Lichtreflexen kann eine Bananenstaude differen­
zieren, ob neben ihr ein Felsen aufragt. Oder eine
konkurrierende Pflanze emporstrebt, die ihr das
Sonnenlicht stehlen könnte. Sollte das der Fall
sein, würde die Banane wohl mehr Energie in ein
schnelleres Wachstum investieren. Also eine Ent­
scheidung treffen, die auf Informationen beruht.
Und Gewächse lauschen ihre Umgebung ab.
Ohne Ohren?
Vergessen Sie Ihre Ohren. Ton lässt sich be­
schreiben als Berührung über die Distanz-Schall­
wellen haben eine mechanische Wirkung. Man
benötigt einen Apparat, der ihre Schwingungen
aufnimmt. Bei uns ist es das Trommelfell. Bei
Pflanzen genügt dafür womöglich das Zellgewebe.
Was könnten Gewächse davon haben, dass sie
Geräusche vernehmen?
Sotmd ist ein universelles Mittel für die Weiter­
gabe von Informationen über größere Entfernun-

gen. Und wird in der gesamten belebten Welt von
vielen Arten genutzt. Israelische Forscher haben
gerade nachgewiesen, dass Blütenpflanzen die Nek­
tarkonzentration erhöhen, wenn Bienen in der Nä­
he sind -auch dann, wenn man ihnen das Summen
der Insekten nur vorspielt. Die Geräusche signali­
sieren dem Gewächs: Bestäuber sind in Reichwei­
te, lock sie an! Sound ist ein wichtiges Medium der
Flora, sogar Wurzelspitzen können Töne erfassen.
Was gibt es dort Spannendes zu belauschen?
Das Naheliegende: fließendes Wasser, Lebens­
elixier aller Gewächse. Bei einem Experiment ließ
ich Wasser durch Plastikröhren strömen. Und stell­
te fest, dass die Wurzelspitzen in Richtung der Röh­
ren strebten, obwohl sie außer den Geräuschen
nichts wahrnehmen konnten, was auf Wasser hin­
deutete. Wie genau sie das Rauschen erfassen, wis­
sen wir nicht. Wir wissen aber: Geräusche sind
auch bedeutsam für den Austausch untereinander.
Also fü r eine Art Kommunikation?
In einem meiner Versuche wuchsenjunge Chili­
pflanzen in Behältern auf. Sie bekamen Licht und
Wasser, aber waren sonst von der Umwelt abge­
schirmt. Ich dokumentierte ihre Wachstumsraten.

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