Die Welt Kompakt - 11.09.2019

(Darren Dugan) #1

14 WIRTSCHAFT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,11.SEPTEMBER


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AUCH ALS
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ATTACKENerfolgen nicht immer direkt.


Bei passiv-aggressiven Menschen kommen sie


AUS DEM HINTERHALT.


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I


n Halle 11 auf dem Frankfur-
ter Messegelände steht eine
Neuheit der Internationalen
AAAutomobilausstellung (IAA),utomobilausstellung (IAA),
die ausnahmsweise mal so gar
nichts mit Elektromobilität zu
tun hat. Hier am Stand von Land
Rover kann man die neue Versi-
on des Defender sehen. Das
Fahrzeug ist so etwas wie das Ur-
SUV: Breit, hoch, robust. Schon
im völlig unrealistischen alten
NEFZ-Testzyklus verbraucht der
Defender je nach Motorisierung
zzzwischen 7,5 und zehn Liter Spritwischen 7,5 und zehn Liter Sprit
aaauf 100 Kilometer, in der Praxisuf 100 Kilometer, in der Praxis
dürfte es noch deutlich mehr
sein.


VON PHILIPP VETTER

Land Rover wirbt mit 900 Kilo
maximaler Nutz- und 3,5 Tonnen
Anhängelast, das prädestiniere
den neuen Defender „zum ulti-
mativen Geländewagen für alle
ZZZwecke – ob Abenteuer, Expedi-wecke – ob Abenteuer, Expedi-
tionen, humanitäre Einsätze in
unwegsamen Gebieten“. Er biete
jedoch auch „entspannten Kom-
fffort im Straßeneinsatz“, heißt es.ort im Straßeneinsatz“, heißt es.
Und da beginnt das Problem,
denn viele Defender-Besitzer
fffahren damit nicht ins Gelände,ahren damit nicht ins Gelände,
sondern zum Einkaufen. Die Au-
toindustrie hat ausgerechnet zu
ihrer Leitmesse IAA in Frankfurt
eine Diskussion über SUVs im
Stadtverkehr erreicht. Ausgelöst
von einem schrecklichen Unfall
mit vier Toten, wird über Sinn
und Unsinn von Gelän-
dewagen diskutiert. Nun
geht es nicht mehr nur
um hohen Spritverbrauch
und CO 2 -Ausstoß, plötzlich gel-
ten die SUVs als potenziell le-
bensgefährlich.
Kritiker der Industrie nutzen
die Debatte geschickt, um ihre
AAAgenda voranzutreiben. Lautgenda voranzutreiben. Laut
wird von einigen Politikern der
Grünen über Verbote oder Quo-
tenregelungen für SUVs nachge-
dacht, der Chef der Deutschen
Umwelthilfe ruft zum „SUV-
Schämen“ der Nachbarn auf,
sollten die sich einen Gelände-
wagen anschaffen.
Für die Branche kommt die
Diskussion nicht nur zur Unzeit,
sie bringt auch einen ihrer wich-
tigsten Gewinnbringer unter


Druck. Nicht umsonst haben die
Hersteller in den vergangenen
Jahren immer neue Modelle mit
höherer Sitzposition auf den
Markt gebracht und massiv be-
worben. Die SUVs sind nicht nur
beliebt bei den Kunden, sie sind
fffür die Autobauer auch deutlichür die Autobauer auch deutlich
profitabler. Die Industrie kann
aaauf solche Gewinnbringer zur-uf solche Gewinnbringer zur-
zeit nicht verzichten: Schließlich
müssen die Unternehmen der-
zeit Milliarden in die Entwick-
lung von Elektroautos investie-
ren, die allerdings zumindest in
den ersten Jahren so teuer sein
werden in der Herstellung, dass
sie kaum Gewinne abwerfen.

Entsprechend deutlich fallen
die Reaktionen auf die öffentli-
che Debatte über SUVs aus: Der
AAAufsichtsratschef von Volkswa-ufsichtsratschef von Volkswa-
gen, Hans Dieter Pötsch, kriti-
sierte die Instrumentalisierung
eines tödlichen Unfalls in Berlin.
„Es ist teilweise pietätlos, wie da
argumentiert wird“, sagte Pötsch
am Rande der IAA. Am Freitag
war in Berlin-Mitte der Fahrer ei-
nes Porsche Macan von der Stra-
ße abgekommen und hatte vier
Fußgänger überfahren und getö-
tet. Als wahrscheinliche Ursache
gilt derzeit, dass der Fahrer ei-
nen epileptischen Anfall am
Steuer erlitten hat. „Ich bin be-

troffen von dem, was in Berlin
passiert ist“, sagte Pötsch. „Aber
es fällt mir schwer, damit einen
bestimmten Autotyp in Verbin-
dung zu bringen.“ Der Unfall
hätte auch mit einem Modell
passieren können, das nicht in
die SUV-Kategorie gehört.
AAAuch Daimler-Chef Ola Källe-uch Daimler-Chef Ola Källe-
nius spricht sich klar ge-
gen einen Eingriff der Po-
litik aus. „Es ist nicht sinn-
voll, eine Designvorgabe zu
machen“, sagte er. Betrachte
man die Marktentwicklung der
vergangenen 20 Jahre, habe das
SUV-Segment weltweit an Be-
deutung gewonnen. Seit Jahren
wächst auch die Zahl der in
Deutschland neu zugelassenen
SUVs deutlich stärker als die an-
derer Fahrzeuge. Was früher
eher ein Phänomen in den USA
war, ist längst auch hierzulande
angekommen. Doch noch immer
gibt es Unterschiede: Fahrzeuge,
die in Deutschland als SUVs oder
gar Geländewagen gelten, wür-
den in den USA wohl nur belä-
chelt. Die wenigsten der eine
Million SUVs fällt in die Katego-
rie Defender, BMW X7 oder an-
derer extrem großer Fahrzeuge.
Doch auch die kleinen SUVs ver-
brauchen fast immer deutlich
mehr Sprit als eine in der Größe
vergleichbare Limousine.
Trotzdem verteidigt man auch
bei BMW die extrem großen Mo-
delle wie den X7. „Der Hauptab-
satzmarkt für den X7 ist nicht
Europa“, sagte Finanzchef Nico-
las Peter. „Aber es sichert Ar-
beitsplätze in Deutschland, dass
Unternehmen wie wir den globa-
len Markt im Blick behalten.“
Schließlich würden auch die gro-
ßen SUVs vor allem in Deutsch-
land entwickelt, auch wenn sie
später in den USA oder China
produziert und verkauft werden.
„BMW steht nicht nur für flexi-
ble Antriebskonzepte, sondern
deckt das ganze Portfolio an
Fahrzeugtypen ab“, sagte Peter.
„Es gibt einen wachsenden
Markt für SUVs, und den müssen
wir auch abdecken.“ Die deut-
sche Volkswirtschaft profitiere
davon, dass BMW auch SUVs im
Angebot habe.
Carlos Tavares, Vorstandschef
der französischen PSA-Gruppe,

zu der auch Opel gehört, hält die
SUV-Debatte nicht für ein rein
deutsches Phänomen. „Das wird
in Europa um sich greifen“, sagte
er bei der IAA. Der SUV ersetze
heute für größere Familien eben
den Kombi. „Wir müssen als eu-
ropäische Bürger entscheiden,
wer legitimiert ist, zu entschei-
den, was richtig und was falsch
ist“, sagte Tavares. „Das ist eine
wichtige gesellschaftliche Fra-
ge“, keine der Automobilindus-
trie allein. „Wenn wir entschei-
den, dass wir die SUVs stoppen
wollen, okay, stoppen wir die
SUVs. Aber was kommt dann als
Nächstes? Die individuelle Mobi-
lität insgesamt?“
Insgesamt gibt sich die Bran-
che ob der Proteste von Klima-
schützern und Autogegnern ge-
lassen. „Das ist gar nichts Unge-
wöhnliches bei einer IAA“, sagte
VVVW-Chefkontrolleur Pötsch.W-Chefkontrolleur Pötsch.
„Man muss den Protest akzeptie-
ren.“ Er könne sich an Zeiten er-
innern, als zum Beispiel während
der Ölkrise eine ähnliche gesell-
schaftliche Stimmung und Kritik
an der Autoindustrie vorge-
herrscht habe. „Wir haben be-
wiesen, wir gehen in den Dialog
aaauch mit unseren schärfsten Kri-uch mit unseren schärfsten Kri-
tikern“, so Pötsch. Er spielte da-
mit auf ein Streitgespräch von
VVVorstandschef Herbert Diess mitorstandschef Herbert Diess mit
einer Aktivistin des Bündnisses
„Sand im Getriebe“ an, das die
IAA am Sonntag blockieren will.
Mit Blick auf die Proteste von
Schülern bei „Fridays for Futu-
re“ sagte Pötsch: Ich finde es
großartig, dass sich junge Leute
so engagieren.“
„Ja, einige sind ungeduldig mit
uns“, sagte auch Daimler-Chef
Källenius. Der Stuttgarter Auto-
bauer sei „auf dem Weg zur CO 2 -
neutralen Zukunft, da müssen
wir hin“. Gleichzeitig dürfe man
aaaber auch die Kosten der Umstel-ber auch die Kosten der Umstel-
lung auf die Elektromobilität
nicht aus den Augen verlieren.
„Das ist eine doppelte Heraus-
ffforderung“, so Källenius. Auchorderung“, so Källenius. Auch
BMW-Finanzchef Peter sagte, er
begrüße die Klimadiskussion
grundsätzlich. „Ich finde Debat-
ten gut“, sagte er. Es sei aber
wichtig, „nicht nur Meinungen
zu äußern, sondern auch nach
den Fakten zu schauen“.

Der
Defender von
Land Rover
(hier eine
neue Version)
iiiiiist so etwasst so etwasst so etwasst so etwas
wie der
„Ur-SUV“

REUTERS

/WOLFGANG RATTAY

SUV-Dilemma


Zur Internationalen


Automobilausstellung verschärft


ein Unfall die Diskussion über


Geländewagen. Automanager


verteidigen die Fahrzeugklasse

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