2 THEMA DES TAGES DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,11.SEPTEMBER
Migrationspolitik: neutral
Staatsverschuldung: streng
Als Kommissar kritisierte er die
Verschuldung von Italien und
Griechenland. Unter ihm als Pre-
mier war Lettlands Staatsver-
schuldung allerdings gewachsen.
Rechtsstaatlichkeit: sehr streng
Im Dezember kündigte er an, den
Dialog mit Polen zur Rechtsstaat-
lichkeit beibehalten zu wollen.
JOSEP BORRELL, 72, SPANIEN:
HOHER EU-AUSSENVERTRETER
&VIZEPRÄSIDENT
Der Sozialdemokrat war von
2004 bis 2007 Präsident des EU-
Parlaments und bisher spani-
scher Außenminister. Seine No-
minierung ist aber nicht unum-
stritten: Der Katalane stellte sich
in der Unabhängigkeitsfrage fest
gegen die Sezession Kataloniens.
Klimaschutz: engagiert
Europa sei im weltweiten Ver-
gleich ein Vorreiter im Klima-
schutz gewesen, dafür sei das
Kyoto-Abkommen ein Muster-
beispiel.
Migrationspolitik: hart
Er will die europäischen Außen-
grenzen stärker sichern und ab-
gelehnte Asylbewerber konse-
quent zurückführen.
Staatsverschuldung: tolerant
Als die spanische Schuldenbrem-
se beschlossen wurde, sagte Bor-
rell, Spanien beuge sich der Poli-
tik Deutschlands.
Rechtsstaat: sehr streng
Eine starke EU ist für Borrell auf
Rechtsstaatlichkeit gebaut. Er
kritisierte mehrmals die Verstö-
ße des ungarischen Premiers Vik-
tor Orbán.
VERA JOUROVA, 55,
TSCHECHIEN: KOMMISSARIN
FÜR WERTE UND TRANSPARENZ
&VIZEPRÄSIDENTIN
Jourova ist seit 2014 Justizkom-
missarin. Die erneute Nominie-
rung gilt als positives Signal an
die Osteuropäer. Die nämlich se-
hen sich bisher beim Thema Jus-
tiz von Brüssel missverstanden.
Klimaschutz:neutral
Migrationspolitik:neutral
Staatsverschuldung: streng
In Tradition der osteuropäischen
Staaten.
Rechtsstaatlichkeit:sehr streng
Sie ist zwar ein Mitglied der Par-
tei von Andrej Babis, der selbst in
Justizskandale verwickelt ist.
Jourova aber gilt in Brüssel als
unabhängig. Hat bereits Polen
und Ungarn kritisiert.
MARGARITIS SCHINAS, 57,
GRIECHENLAND: KOMMISSAR
FÜR „SCHÜTZEN, WAS EUROPA
AUSMACHT“ & VIZEPRÄSIDENT
Schinas war bisher Sprecher des
scheidenden EU-Kommissions-
präsidenten Juncker. Deshalb
verfügt er über eine exzellente
Kenntnis des Brüsseler Maschi-
nenraums und ein riesiges Netz-
werk. Er ist einer der tonange-
benden konservativen Politiker
in der neuen Kommission.
Klimaschutz: engagiert
Hält er nach eigenen Worten für
wichtig.
FRANS TIMMERMANNS, 58,
NIEDERLANDE: EXEKUTIV-
VIZEPRÄSIDENT
FÜR KLIMASCHUTZ
Timmermans war bereits fünf
Jahre lang erster Vizepräsident
unter Juncker. Künftig dürfte
der frühere Außenminister stär-
ker als bisher sozialdemokrati-
sche Parteipolitik betreiben und
sich noch mehr zu profilieren
versuchen – eine Herausforde-
rung für von der Leyen. Der Nie-
derländer spricht sieben Spra-
chen, er ist ein emotionaler Poli-
tiker, der sich stark auf seinen
Bauch verlässt.
Klimaschutz: sehr engagiert
Er setzt voll auf Klimaschutz.
Unter ihm soll Europa „der erste
klimaneutrale Kontinent der
Welt“ werden, sagte von der Ley-
en bei seiner Ernennung.
Migrationspolitik: liberal
Er will eine Verteilung nach Quo-
ten, zeigt aber eine gewisse Härte.
Staatsverschuldung:sehr streng
Er ist ein Sparer.
Rechtsstaatlichkeit: sehr streng
Timmermans ist prinzipientreu
und wurde so zur Reizfigur für
Polen und Ungarn.
MARGRETHE VESTAGER, 51,
DÄNEMARK: EXEKUTIV-VIZE-
PRÄSIDENTIN FÜR DIGITALES
Die liberale Dänin ist eine aus-
gebuffte Machttechnokratin
und beherrscht alle Tricks. Die
ehemalige EU-Wettbewerbs-
kommissarin ist ähnlich wie
Timmermans eine der mächti-
gen Figuren, die von der Leyen
besser nicht als Gegner haben
sollte. Neben ihrer Rolle als Exe-
kutiv-Vize bleibt sie Wettbe-
werbskommissarin.
Klimaschutz: sehr engagiertSie
steht voll hinter dem Klima-
schutz.
Migrationspolitik: neutral
Staatsverschuldung: streng
Sie tendiert eher zum Sparen.
Rechtsstaatlichkeit: sehr streng
Vestager hat ihre Prinzipien.
VALDIS DOMBROVSKIS, 48,
LETTLAND: EXEKUTIV-
VIZEPRÄSIDENT FÜR
WIRTSCHAFT UND SOZIALES
Dombrovskis ist seit 2014 Kom-
missar für den Euro und den so-
zialen Dialog. Von 2009–2014 war
er Premierminister Lettlands. Er
gewann bei der Europawahl 2019
einen Parlamentssitz, verzichte-
te jedoch zugunsten eines erneu-
ten Kommissionspostens.
Klimaschutz: engagiert
Er wollte als Kommissar „Green-
washing” bei Finanzdienstleis-
tungen bekämpfen.
Migrationspolitik: liberal
Kritisierte eine ungarische Kam-
pagne, die sich gegen Flüchtlinge
wandte, als Fake News. Gleich-
zeitig unterstützt er das Türkei-
EU-Migrationsabkommen.
Staatsverschuldung: sehr tole-
rantSchinas liegt auf der Linie
der Mittelmeerländer: weniger
sparen, mehr Solidarität, mehr
gemeinsame Haftung.
Rechtsstaatlichkeit: tolerant
Ihm ist es wichtiger, Brücken zu
bauen.
MAROS SEFCOVIC, 53,
SLOWAKEI: KOMMISSAR FÜR
INTERINSTITUTIONELLE
BEZIEHUNGEN & VIZEPRÄSIDENT
Er ist ein erfahrener Diplomat,
hatte mehrere hohe Kommissi-
onsposten inne seit 2010. Er trat
bei den Präsidentschaftswahlen
an, unterlag aber der Liberalen
Zuzana Caputova.
Klimaschutz:engagiert
Ist für die Einhaltung der Pariser
Klimaziele. Als Energiekommis-
sar ist ihm auch Energiesicher-
heit wichtig. Ist deshalb für Kom-
promisse offen.
Migrationspolitik:sehr hart
Sefcovic fordert schnelle Ab-
schiebungen von „Leuten, die
hier nichts verloren haben“. Er
hat mehrfach Angela Merkel we-
gen „ihrer“ Flüchtlingspolitik
kritisiert.
Staatsverschuldung:neutral
Rechtsstaatlichkeit:streng
Trat als Präsidentschaftskandidat
als Kämpfer gegen das alte, korrup-
te System des Landes an. Machte
seine Karriere in diesem System.
DUBRAVKA SUICA, 62,
KROATIEN: KOMMISSARIN FÜR
DEMOKRATIE UND DEMOGRAFIE
&VIZEPRÄSIDENTIN
Sie ist Vizevorsitzende der kon-
servativen kroatischen Regie-
rungspartei HDZ. Als Leiterin
des Außenausschusses hat sie ei-
nen Kurs der Anlehnung an die
deutsche CDU geprägt. Für die
Kommission wird sie die Arbei-
ten für die Konferenz zur Zu-
kunft Europas leiten.
Klimaschutz: sehr engagiert
Deutschland gibt den Kurs vor,
wir folgen.
Migrationspolitik:hart
Wir schließen die Grenze, weil
Österreich und Deutschland das
wollen.
Staatsverschuldung: streng
Für Sparpolitik und gegen Kor-
ruption.
Rechtsstaatlichkeit:streng
Sehr wichtig. Wirbt zugleich um
Verständnis für Osteuropa.
JOHANNES HAHN, 61,
ÖSTERREICH: KOMMISSAR FÜR
HAUSHALT UND VERWALTUNG
Hahn startet in seine dritte Amts-
zeit. Er war bereits EU-Kommis-
sar für Regionalpolitik und für
Erweiterung. Der Wiener hat sich
dabei einen exzellenten Ruf in
Brüssel erworben. Er dürfte für
von der Leyen als Ruhepol und
Ratgeber sehr wichtig werden.
Klimaschutz: neutral
Migrationspolitik: hart
Er ist für Härte in der Migrati-
onspolitik.
Staatsverschuldung: neutral
Rechtsstaatlichkeit: tolerant
Zeigt eine leichte Tendenz in
Richtung Brückenbauer.
DIDIER REYNDERS, 61, BELGIEN:
KOMMISSAR FÜR JUSTIZ
UND RECHTSSTAATLICHKEIT
Reynders war zwölf Jahre lang
Finanzminister und fast acht
Jahre Außenminister seines Lan-
des. Der Jurist gehört zu den
wichtigsten Verbündeten von
Frankreichs Staatspräsident Em-
manuel Macron in der neuen EU-
Kommission. Kommissar ist
schon lange sein Traumjob.
Klimaschutz: neutral
Er will Klimaschutz aber nicht
überbewerten.
Migrationspolitik: liberal
„Die Mehrheit der entwickelten
Länder sollte ihren Teil der Ver-
antwortung für die Aufnahme
von Flüchtlingen übernehmen“,
sagte er und kritisierte die men-
schenunwürdigen Bedingungen
in libyschen Lagern.
Staatsverschuldung: neutral
Rechtsstaatlichkeit: tolerant
Er tendiert dazu, ein Brücken-
bauer zu sein. Als Kommissar für
Justiz und Rechtsstaatlichkeit
hat er eine anspruchsvolle und
wichtige Aufgabe vor sich.
PHIL HOGAN, 59, IRLAND:
KOMMISSAR FÜR HANDEL
Er ist bisher Agrarkommissar ge-
wesen. Nach dem Brexit kann er
ein wichtiger Player werden, um
die künftigen Beziehungen zwi-
schen Großbritannien und der
EU festzulegen - gerade im Be-
reich Handel.
Klimaschutz:sehr engagiert
Den Iren ist der Klimaschutz
sehr wichtig.
Migrationspolitik: sehr liberal
Refugees welcome.
Staatsverschuldung: sehr streng
Im Zweifel lieber sparen statt
ausgeben.
Rechtsstaatlichkeit: sehr streng
Hogan ist Verfechter europäi-
scher Werte.
PAOLO GENTILONI, 64, ITALIEN:
KOMMISSAR FÜR WIRTSCHAFT
Er ist eines der größten politi-
schen Schwergewichte Italiens.
Seit fast zwei Jahrzehnten im Par-
lament, war er mehrmals Minis-
ter und von 2016 bis 2018 Pre-
mierminister seines Landes. Nach
dem Bruch der Populistenkoaliti-
on in Italien soll er in Brüssel wie-
der EU-freundlicher auftreten,
muss aber auch Zugeständnisse
fffür sein Land erstreitenür sein Land erstreiten.
Klimaschutz: engagiert
Schon im September 2018 forder-
te er, den Klimawandel „ganz
nach oben auf die politische
Agenda“ zu setzen.
Migrationspolitik: hart
Gentiloni ist im Ton wesentlich
moderater als der gestürzte In-
nenminister Matteo Salvini. Un-
ter Gentiloni aber schloss Italien
einen Deal mit libyschen Milizen,
um die Migration über die Mit-
telmeerroute zu beenden.
Staatsverschuldung: tolerant
Gentiloni ist zwar weniger kon-
frontativ als die Vertreter der
Vorgängerregierung. Aber auch er
wird auf Zugeständnisse für das
hoch verschuldete Land pochen.
Das neue
Europa
Refugees welcome oder Grenzen dicht?
Greta-Fan oder Klimaleugner?
Ursula von der Leyen hat 26 Kandidaten
für die EU-Kommission bestimmt
UUUrsula von der Leyenrsula von der Leyen
hat die weiblichste
KKKommission allerommission aller
Zeiten bestimmt
AP
/ VIRGINIA MAYO
NICHT VERPASSEN!
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