24 LIFESTYLE DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019
Eigentlich wollte man mit der
„Kollegin nur kurz das neue
Projekt besprechen, nur treibt
die einen mit ihrer Art zur
Weißglut. Die Diskussion wird
schnell hitzig und laut.
Ein bisschen leidenschaftlicher
an eine Sache heranzugehen,
kann schon okay sein – die Ge-
sellschaft hat uns antrainiert
sehr formal zu sein. Geht es zu
stark mit einem durch, sollte
man zum einen versuchen, ruhig
durchzuatmen, es also über die
Atemluft regulieren. Zum ande-
ren sollte man sich in der Situati-
on überlegen, was die Absicht,
das Ziel dieses Gesprächs ist, also
in die Metaebene gehen. Um aus
der starken Emotionalität he-
rauszukommen, sollte man sich
überlegen, was man in diesem
Gespräch überhaupt möchte und
zielgerichteter verhandeln. Wird
man unfair, weil man keinen küh-
len Kopf mehr hat, sollte man
rausgehen aus der Situation, um
die innere Haltung zu ändern –
draußen gut durchatmen, aus
dem Fenster gucken, vielleicht
mit einem Kollegen kurz über et-
was anderes sprechen und erst
dann wieder reingehen. Wichtig
ist auch, immer in Ich-Botschaf-
ten zu kommunizieren – sagen,
wie es einem selbst gerade dabei
geht. Also nicht: „Immer bist du
...“ sondern „Ich fühle mich ...“
oder „Ich habe den Eindruck ...“
Wenn die Kollegen lästern, ist
das Eis gebrochen und es lässt
sich nur allzu leicht mitma-
chen. Wie entzieht man sich
dieser Situation charmant?
Mobbing ist menschlich und
gruppenbildend, das gibt es
überall. Man kann versuchen, zu
schweigen, unauffällig das The-
ma zu wechseln oder sich der Si-
tuation komplett zu entziehen –
etwa, weil einem geradeeingefal-
len ist, dass man noch ein wichti-
ges Telefonat zu führen hat.
Häufig weiß man ja schon, an
welchen Orten besonders geläs-
tert wird, zum Beispiel in der
Kaffeeküche, die kann man ja
auch einfach meiden. Durchaus
kann man aber auch mal Stellung
beziehen, die Situation des ge-
mobbten Kollegen erklären.
M
itten in einem Ge-
spräch mit dem
Chef brechen die
Tränen heraus, in
einem Meeting wird einem ein-
fach das Wort abgeschnitten, die
Diskussion mit der Kollegin glei-
tet ins Unfaire ab. Der Job hält
eine Menge unangenehmer Si-
tuationen bereit, auf die man
nicht immer gleich eine profes-
sionelle Reaktion parat hat. Busi-
ness-Coach Jessica Wahl aus
Berlin erklärt uns anhand typi-
scher Büro-Beispiele, wie man
sich in den jeweiligen Situatio-
nen am besten verhalten sollte.
VON DIETGARD STEIN
Natürlich gibt es nie den einen
richtigen Satz, bei allem sollte
man situativ entscheiden, wie zu
reagieren ist. Aber eines gilt im-
mer: Man muss seine Position
verändern – die Opferhaltung
aufgeben und stattdessen die der
kompetenten Persönlichkeit ein-
nehmen. Oft reicht schon ein La-
chen, um die Situation zu retten.
WELT: Privat läuft es gerade
nicht und dann das: Man sitzt
im Gespräch mit dem Chef, wo-
möglich kritisiert der auch
noch etwas an der eigenen Ar-
beit. Man merkt, wie die Trä-
nen unaufhaltsam aufsteigen.
JESSICA WAHL:In erster Linie
sollte man darauf achten, dass ei-
nem so etwas gar nicht erst pas-
siert. Wenn man schon in der Si-
tuation steckt, sollte man es of-
fen ansprechen. Man könnte et-
wa sagen: „Entschuldigen Sie,
ich fühle gerade einen großen
Druck in diesem Gespräch, las-
sen Sie uns ein bisschen Druck
rausnehmen und erst mal auf ei-
nen anderen Punkt eingehen.“
Ist es passiert, weil man selbst zu
dünnhäutig ist, sollte man dazu
stehen und sich erklären. Dem
Gegenüber sollte man klar sagen,
dass es nichts mit ihm zu tun
hat, dass man einfach grad nah
am Wasser gebaut ist. Allgemei-
ne Antworten gibt es dafür nicht,
es hängt immer von der Situati-
on ab. Ist der Chef etwa zu hart
zu einem gewesen, sollte man
genau das auch kommunizieren.
Und wenn man im Vorbeigehen
merkt, dass da gerade über ei-
nen selbst gelästert wird?
Wenn über einen gelästert wird,
sollte man zuerst schauen, was
der Grund ist. In den meisten
Fällen macht man etwas, das an-
dere stört – telefoniert man viel-
leicht im Großraumbüro ständig
so laut, dass andere ihr eigenes
Wort nicht verstehen? Entspre-
chend reflektiert sollte man
überlegen, sein Verhalten zu än-
dern. Denn die Gruppe gibt ein
bestimmtes Klima vor, bestimm-
te Regeln. Weicht man als Ein-
zelner davon ab, irritiert man
und stört. Insofern ist es hilf-
reich, zuerst zu gucken, was in
der Gruppe üblich ist, und sich
entsprechend anzupassen. Nicht
zu stark, man sollte versuchen,
man selbst zu bleiben. Lässt sich
das eigene Verhalten nicht än-
dern, weil es einfach zu einem
gehört, womöglich gar einem
Handicap geschuldet ist, dann
muss man den Kollegen erklä-
ren, warum man so ist. Das
macht es für sie nachvollziehbar.
Weiß man, von wem die Läste-
reien ausgehen, sollte man in ei-
nem zweiten Schritt versuchen,
mit dem Anführer in Beziehung
zu gehen, das Gespräch zu su-
chen – vielleicht lästert die Per-
son nur, weil sie sich abgelehnt,
verletzt fühlt von einem. Es kann
sein, dass man sich mit der Per-
son unheimlich gut versteht, so-
gar Freunde wird, weil man auf
Augenhöhe ist. Gespielt sollte
die starke Rolle aber nicht wer-
den, das wird entlarvt, wir haben
alle Instinkte. Das muss von in-
nen kommen.
Es gibt ein neues Projekt, das
super ins eigene Jobprofil
passt. Nur kommt der Chef da-
mit nicht zu Ihnen, sondern zu
Ihrem Kollegen, dessen Aufga-
bengebiet es eigentlich nicht ist
- Sie werden übergangen.
Zuerst sollte man überlegen, ob
dieses spannende Projekt nicht
nur Mehrarbeit für einen wäre.
Vielleicht ist es ja sehr prak-
tisch, dass es ein anderer
macht, weil es das eigene Ar-
beitspensum verringert. Ist es
aber ein Thema, das einem sehr
wichtig ist, dann sollte man es
ansprechen und daran erinnern,
dass es der eigene Bereich ist,
um den es da geht, und man es
deshalb gerne übernehmen
möchte. Allerdings sollte man
in der jeweiligen Situation im-
mer abwägen, ob man es in Ge-
gelegt, auf das er prima hätte
schwitzen und spucken können?
Das empfiehlt der Anbieter des
High-Intensity-Intervall-Trai-
nings (HIIT, man kann auch In-
tervalltraining sagen), zu dem ich
neuerdings gern gehe, sowieso.
Um zu verstehen, warum ein
Handtuch dabei eine gute Idee
ist, sollte man Folgendes über
diese Trainingsmethode wissen:
Die Übungen, die man jeweils für
40 Sekunden macht, sind extrem
fordernd. Wer da nicht schwitzt,
macht wahrscheinlich was falsch.
Außerdem benötigt man Zube-
hör, also Matten, Hanteln, Kett-
lebells – die man sich teilt, wenn
man so wie ich in der Gruppe
Sport macht.
D
a lag sie vor mir, die
Sportmatte, auf der ich
mich gleich für eine
Plank auf den Unterarm aufstüt-
zen sollte. Im oberen Drittel hat-
te sich eine kleine Pfütze gebil-
det: ein Gemisch aus Schweiß
und Speichel von dem Mann, der
noch bis vor zehn Sekunden hier
geplanked hatte.
VON ANNA EUBE
Die Pfütze machte mich ganz
ratlos, wie sollte ich die Matte
benutzen, ohne zwangsläufig
meine Arme hineinzutauchen?
Dann machte sie mich wütend:
Wieso hatte der Mann nicht ein-
fach ein Handtuch auf die Matte
Eine einfache Gleichung ei-
gentlich: Man wird schwitzen.
Man benutzt die Sportgeräte
nicht allein. Man sollte sich ein
Handtuch mitbringen, mit dem
man sich und die Sportgeräte
abwischen kann, das man unter
sich legen kann. So muss sich
niemand ekeln.
Es ist nicht so, dass ich das
Handtuch nicht auch gelegent-
lich vergessen würde, das pas-
siert. Aber nach sehr vielen Trai-
ningseinheiten mit sehr vielen
Pfützen-Matten befürchte ich:
Einige meiner Fitnesskameraden
vergessen das Handtuch nicht ab
und zu, sie bringen systematisch
keines mit. Und die meisten sind
meiner Beobachtung nach Män-
ner. Nein, ich habe dazu keine
Statistik geführt, kann auch kei-
ne seriöse, wissenschaftliche
Quelle zitieren. Aber ich kann
guten Gewissens schreiben:
Wann immer ich mich in den ver-
gangenen Wochen vor einer Mat-
te ekelte, hatte zuvor ein Mann
darauf Sport gemacht.
Das brachte mich zum Nach-
denken. Hatte ich mich nicht vor
drei Jahren, als ich noch einiger-
maßen regelmäßig ins Fitnessstu-
dio ging, auch über die Männer
dort geärgert? Darüber zum Bei-
spiel, wie sie ihre bestimmt wich-
tigen Gespräche unter Fitness-
Buddies direkt vorm Eingang zur
Frauenumkleide führten – die ich
deshalb nur betreten konnte, in-
dem ich mich mit einem „Sorry“
an ihnen vorbeidrängelte? Oder
darüber, dass sie Geräte mit ihren
Handtüchern „reservierten“, für
wann auch immer? Wobei die
mitgebrachten Handtücher im
Nachhinein betrachtet ja ein ech-
ter Lichtblick waren.
Kurz, ich fragte mich: Wieso
benehmen sich Männer beim
Sport so schlecht – und bemer-
ken sie es womöglich selbst gar
nicht? Bei Frauen war mir das in
der Intensität und Häufigkeit
einfach noch nicht aufgefallen.
Weil ich in Gedanken schon die
empörten Stimmen höre („Ein-
zelerfahrung! KEIN generelles
Problem!! Frauen schwitzen
auch!!!“), hier noch einige Erfah-
Vollgeschwitztes Equipment und versperrte Wege:
„Mobbing ist
menschlich und
gruppenbildend“
Von Gefühlsausbrüchen im Büro bis zur Redeangst in
Meetings: Das Berufsleben ist für viele Menschen eine
emotionale Herausforderung. Ein Business-Coach erklärt,
wie man in schwierigen Situationen kompetent reagiert