Frankfurter Allgemeine Zeitung - 06.09.2019

(Nandana) #1
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft FREITAG, 6. SEPTEMBER 2019·NR. 207·SEITE 17

Deutschland legt viel Geld im


Ausland an. Doch die Erträge sind


mager. Woran liegt das?Seite 18


Thyssen-Krupp-Chef Kerkhoff


verabschiedet sich aus dem Dax.


Dieser Mann rückt nach.Seite 23


Chinesische Marken leiden unter


dem schwachen Absatz. Nun trifft


es auch deutsche Hersteller.Seite 26


Milliardengrab Kapitalexport Auf- und Absteiger Chinas Automarkt unter Druck


D


ie deutschen Banken haben eine
Führungsposition inne: Im Weh-
klagen über das niedrige Zinsumfeld
und den „Regulierungs-Tsunami“
macht ihnen keiner was vor. Es ist
richtig, dass der Präsident der deut-
schen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hu-
feld, die deutschen Institute nun für
ihre „Opfer-Mentalität“ kritisiert.
Wer die Ertragsschwäche immer nur
mit dem von der Europäischen Zen-
tralbank (EZB) vorgegebenen Zinsum-
feld begründet, vergeudet wertvolle
Zeit, sich über ein profitableres Ge-
schäftsmodell Gedanken zu machen.
Wie unterschiedlich die Sichtweisen
sind, zeigen die jüngsten Auftritte der
Vorstandschefs der Deutschen Bank
und der französischen Société Généra-
le auf einer Bankenkonferenz in
Frankfurt. Christian Sewing warnte
vor den Negativzinsen, weil sie lang-
fristig das Finanzsystem ruinierten.
Zwar hält auch Frédéric Oudéa die Ne-
gativzinsen für eine Belastung. Gleich-
zeitig verwies der Société-Générale-
Chef auf die vielen Geschäftsberei-
che, in denen Banken noch Geld ver-
dienen können. So fragwürdig die Ne-
gativzinsen als geldpolitisches Instru-
ment auch sind, es bleibt die Aufgabe
der Banken, ihre Geschäftsmodelle
wetterfest zu gestalten.

F

rüher wussten Besucher ganz ge-
nau, was sie auf den wichtigsten
Messen in Deutschland erwartet: Bü-
cher auf der Buchmesse, Autos auf der
IAA, Fernseher auf der IFA. Die Zei-
ten haben sich gewandelt. Statt mit
handfesten Produkten locken die Ver-
anstalter die Massen heute mit ab-
strakten Begriffen in die Hallen. Auf
der Buchmesse werden mittlerweile
„Inhalte“ verkauft, auf der IAA „Mobi-
lität“. Und auf der IFA?
Eine Funkausstellung, als die sie
1924 gestartet ist, ist die IFA schon seit
Jahren nicht mehr. Verschwunden ist
der traditionsreiche Begriff. Offiziell
wird nur noch das Kürzel verwendet.
Auf die Besucher warten unterm Funk-
turm zwar auch 2019 noch TV-Geräte.
Doch Radio und Fernsehen sind nur-
mehr – auch wenn die ARD aus Berlin
von Freitag an fleißig und lange sendet


  • ein Randaspekt, zumindest in ihrer
    alten, klassischen Form.
    Heute geht es um vernetzte Techno-
    logie und um vernetzte Unterhaltung,
    um „connected entertainment“, wie es
    im Branchenjargon heißt. Die klassi-
    sche Unterhaltungselektronik, das wa-
    ren Fernseher und Radios, das war
    Kommunikation vom Sender zum
    Empfänger. In der Moderne ist die
    Richtung nicht mehr so eindeutig. In
    der Ära sozialer Medien kann jeder
    ein Sender sein und jeder ein Empfän-
    ger. Trotzdem sind die Profisender, die
    Profiproduzenten, gefragter denn je.
    Sie erreichen ein Publikum, von dem
    sie früher nur träumen konnten, auf
    ganz anderen und effizienteren We-
    gen. Im vorigen Jahrhundert lösten die
    digitalen Medien CD und später DVD
    die analoge Platte ab. Es blieb jedoch
    das Physische, und das ziemlich lange.
    Dieses Zeitalter geht zu Ende. Musik
    wird heute virtuell gestreamt, ebenso
    wie Videos und Computerspiele.
    Das hat gravierendere Konsequen-
    zen, als man zunächst erwarten wür-
    de. Der Branchenverband Bitkom und
    die Beratungsgesellschaft Deloitte
    sprechen in einer gerade veröffentlich-
    ten Studie von der „Revolution des Un-
    sichtbaren“. Sie betrifft alle: Konsu-
    menten, Produzenten, Verteiler, Platt-
    formbetreiber. Und sie verändert alles:
    Geschäftsmodelle und Marktmacht.
    Wer hat in dieser neuen Welt der
    überall verfügbaren digitalen Unter-
    haltung und Information das Sagen?
    Sind es die Plattformbetreiber, Unter-
    nehmen wie Amazon, Apple oder
    Google? Sind es die Gerätehersteller,
    Konzerne wie Samsung oder Panaso-
    nic? Oder sind es die Produzenten von
    Inhalten wie Disney? Sie alle sind von-
    einander abhängig. Ohne Plattformen
    keine Inhalte, ohne Inhalte keine Platt-
    formen und ohne Geräte weder das
    eine noch das andere.
    Und doch zeichnet sich ab, dass in
    diesem Spiel die digitalen Plattformen
    eine immer dominantere Rolle einneh-
    men. Amazon, Apple und Google bie-
    ten mit ihren Ökosystemen längst
    nicht mehr nur die Basis für Musik, Fil-
    me oder Apps. Sie produzieren selbst


Inhalte, sie produzieren Geräte, und
sie aggregieren mehr und mehr Inhal-
te aus den unterschiedlichsten Gattun-
gen. Die Fachleute sprechen von
„One-Stop-Content-Shops“. Das süße
Versprechen an die Verbraucher: Wir
liefern alles, ihr braucht nur noch uns
als einzigen Einstiegspunkt in die bun-
te Medienwelt.
Noch ist die Branche fragmentiert.
Netflix oder Spotify sind weiterhin
klingende Namen im Musik- und Vi-
deogeschäft. Doch Analysten rechnen
über kurz oder lang mit einer Konsoli-
dierung des Marktes. Darauf deutet
schon das Interesse der Kundschaft
hin. In einer Umfrage bekundete

mehr als ein Drittel der Befragten, an
einem gebündelten Inhalteangebot in-
teressiert zu sein. Rund die Hälfte da-
von würde im Gegenzug bestehende
Abonnements kündigen.
Wer sich da nicht anpasst, etwa als
Hardwarehersteller, hat tendenziell
schlechte Chancen. Die TV-Industrie
weiß, dass ein Fernseher ohne Online-
Anschluss heute praktisch unverkäuf-
lich ist. Und nicht nur sie: In drei Jah-
ren dürfte jeweils nur noch eine kleine
Minderheit aller Fernsehgeräte, Spiel-
konsolen und Audiogeräte nicht mehr
mit dem Internet verbunden sein. Und
so versucht die Industrie, ihre Hard-
ware mit Software aufzurüsten, die
den einfachen Zugriff auf ein mög-
lichst breites Angebot ermöglicht. Zwi-
schen Plattformbetreibern, Geräteher-
stellern und Inhalteproduzenten dürf-
te es in den kommenden Monaten zu-
nehmend zu Kooperationen kommen,
erwarten die Fachleute.
Ein Beispiel lieferten Amazon und
die Marke Grundig im IFA-Umfeld.
Vorgestellt wurde ein TV-Gerät, in
das Mikrofone für Amazons Sprachas-
sistentin direkt integriert sind. Die
deutsche Traditionsmarke, die zum
türkischen Arçelik-Konzern gehört,
wurde so zum weltweit ersten Anbie-
ter eines Fernsehers mit eingebauten
Alexa-Mikrofonen.
Selbst die Beteiligten sehen dies
zwiegespalten. Man habe sich auch
mit der Frage auseinandergesetzt, ob
eine Marke schneller austauschbarer
werde, wenn die Bedienung eines Fern-
sehers an Alexa und Amazon abgetre-
ten werde, sagte ein Manager. Aber die
Geschwindigkeit, die man sich mit ei-
nem globalen digitalen Player wie
Amazon hole, sei entscheidend gewe-
sen. Wenn die IFA an diesem Freitag
ihre Tore öffnet, steht fest: Es dürfte
nicht die letzte Entscheidung dieser
Art in einer Welt der immer mächtige-
ren Internetgiganten gewesen sein, die
mit dem Unsichtbaren ihre Milliarden
machen.

E


in Klimaschutztreffen jagt das
nächste. Über halbgare Papiere
aus Klausuren und Gipfel, wie nun
zum Wind, versuchen alle Beteiligten
kleinteilige Vorfestlegungen zu errei-
chen für den Kabinettsbeschluss Ende
September. Passt die große Koalition
nicht auf, setzt sie genau die unüber-
sichtliche widersprüchliche Politik
fort, die deutschen Klimaschutz beson-
ders teuer gemacht hat, aber nicht be-
sonders wirksam. Weniger ist manch-
mal mehr, das gilt auch für die Regulie-
rung der Energiewende. Jene, die in
Union und SPD Verantwortung tra-
gen, sollten sich auf wenige richtungs-
weisende Korrekturen beschränken:
zentral ist die Festlegung eines
CO 2 -Deckels für noch nicht vom Emis-
sionshandel erfasste Wirtschaftssekto-
ren oder einer Steuer, die ähnlich
wirkt. Für den Fall, dass der so poli-
tisch erhöhte CO 2 -Preis unerwünschte
soziale oder wirtschaftliche Folgen zei-
tigt, sollte die Koalition einige flankie-
rende Instrumente parat halten. Ab-
wehren sollte sie alle Ideen, Widerstän-
de mit der Zusage einzelner Zinsvortei-
le für Klimaschutzinvestitionen oder
ähnlichen Begünstigungen zu überwin-
den. Davon profitieren wenige auf Kos-
ten der Mehrheit, ohne deren Akzep-
tanz kein Klimakonzept funktioniert.

Wer führt in der Welt der
überall verfügbaren
digitalen Unterhaltung
und Information?

E


s kommt nicht oft vor, dass
sich Vorstandschefs von
Dax-Konzernen um ein Flug-
ticket bewerben. Wenn aber
Bundeskanzlerin Angela Mer-
kel (CDU) nach China reist,
dann ist das so. Im Airbus der Luftwaffe,
der an diesem Freitagmorgen in Peking
landet, gab es exakt zehn Plätze für die
Wirtschaftsdelegation. Die Nachfrage, so
ist in Berlin zu hören, war deutlich größer.
So kommt es, dass weitere fünfzehn Mana-
ger auf eigene Faust angereist sind – in der
Hoffnung, dass im Rahmen von Merkels
Staatsbesuch in der zweitgrößten Volks-
wirtschaft der Welt auch ein paar lukrative
Geschäftsabschlüsse herausspringen.
Zum zwölften Mal reist die Kanzlerin in
die Volksrepublik, aber gerade dieser Be-
such ist brisant: Zwar ist China Deutsch-
lands wichtigster Handelspartner, im ver-
gangenen Jahr wechselten Waren im Wert
von 200 Milliarden Euro den Besitzer. Im
Vergleich zum Vorjahr ist das Handelsvo-
lumen damit noch einmal deutlich gestie-
gen. Doch beide Länder beäugen sich zu-
nehmend kritisch. Dass Deutschland sei-
ne Übernahmeregeln verschärft hat,
schneller einschreitet, wenn ein chinesi-
scher Investor nach einem deutschen Un-
ternehmen greift, kommt in Peking
schlecht an. Umgekehrt beschweren sich
Vertreter deutscher Unternehmen indes
darüber, wie der chinesische Überwa-
chungsstaat auch sie immer stärker er-
fasst. Wenn das neue Sozialpunktesystem
der kommunistischen Regierung vom kom-
menden Jahr an auch für Unternehmen
gilt, dann gehe es um „Leben und Tod“,
mahnte gerade Jörg Wuttke, der Chef der
europäischen Handelskammer in Peking.
Es ist kein Zufall, dass Wuttke ausgerech-
net eine Woche vor dem Besuch Merkels –
neben Peking besucht die Kanzlerin auch
die Provinz-Metropole Wuhan, wo der Au-
tozulieferer Webasto gerade sein Werk er-
weitert – eine 40 Seiten lange Studie vor-
stellte, die vor Warnungen nur so strotzt.
Ausländische Unternehmen seien völlig
unvorbereitet auf die bevorstehende Revo-
lution in Chinas Wirtschaftssystem, heißt
es darin. Wuttke, hauptberuflich der Chef-
repräsentant der BASF in China, weiß, wo-
von er spricht. Der Ludwigshafener Che-
miekonzern, der in China ungefähr 8000
Zulieferer hat, ist nach den Regeln des neu-
en Punktesystems dazu verpflichtet, sämtli-
che seiner Geschäftspartner daraufhin zu
überprüfen, ob diese „vertrauenswürdig“
im Sinne der Führung in Peking sind. An-
dernfalls droht ein Punkteabzug in der
„Schulnote“, die der Algorithmus jedem in-
ländischen und ausländischen Unterneh-
men in China erteilt. Die Folgen können
gravierend sein: Die geplanten Sanktionen
reichen von verweigerten Genehmigungen
für Produkte über den Ausschluss von öf-
fentlichen Ausschreibungen bis hin zum
Rauswurf aus dem chinesischen Markt. Be-
sonders Letzteres kann sich kein großes
deutsches Unternehmen leisten – schließ-
lich leben in China so viele Konsumenten
wie in keinem anderen Land.
„Die Kanzlerin muss mit ihren chinesi-
schen Gesprächspartnern Klartext reden“,
fordert denn auch Ulrich Ackermann, Lei-
ter Außenwirtschaft des Maschinenbauver-
bandes VDMA. Merkels Gesprächspart-


ner, das sind allen voran der mächtige
Staatspräsident Xi Jinping und sein Minis-
terpräsident Li Keqiang, den Merkel nach
der Ankunft als Erstes zum Frühstück
trifft. Wie so viele deutsche Unternehmen
in China sind auch Ackermanns Maschi-
nenbauer „massiv verunsichert“. Die deut-
sche Handelskammer in Peking kritisiert,
der Algorithmus sei vollkommen intrans-
parent, eine „Kopplung an rechtsstaatli-
che Prinzipien und transparente nachvoll-
ziehbare Regeln“ nötig – wohl wissend,
dass dies im autokratisch regierten China
wohl ein Wunsch bleiben wird.
Die Bundesregierung hielt sich im Vor-
feld der Reise zu diesem Thema bedeckt.
Ja, es könne gut sein, dass das Sozialpunk-
tesystem in den Gesprächen eine Rolle
spielen werde. Nein, mehr könne man

dazu wirklich nicht sagen, hieß es in Regie-
rungskreisen. Die Manager, die Merkel in
Peking begleiten, erst zum deutsch-chine-
sischen Wirtschaftsausschuss, dann zum
Mittagessen mit Li, werden jedenfalls ge-
nau hinhören. Angeführt wird die Reise-
gruppe vom Siemens-Vorstandsvorsitzen-
den Joe Kaeser, der zugleich Vorsitzender
des Asien-Pazifik-Ausschusses der deut-
schen Wirtschaft ist. Mit dabei sind auch
die Vorstandschefs des Versicherers Alli-
anz, des Autoherstellers Daimler, der
Deutschen Bank, von BASF, Infineon und
VW sowie mehrere Mittelständler und der
BDI-Präsident Dieter Kempf.

D

er Spitzenverband der deut-
schen Industrie hat vor nicht all-
zu langer Zeit ein Papier heraus-
gebracht, das im Berliner Politik-
betrieb für viel Aufsehen sorgte. Der BDI
gibt darin ungewöhnlich offen die Hoff-
nung auf, dass das langjährige deutsche
Credo „Wandel durch Handel“ im Fall
Chinas noch aufgeht. Deutschland und
Europa, so konstatiert der Verband, stün-
den in einem Systemwettbewerb mit Chi-
na. Wichtig sei nun, die Marktwirtschaft
hierzulande „widerstandsfähiger“ zu ma-
chen – gegenüber dem chinesischen
Staatskapitalismus.
Das passt zum Kurs von Bundeswirt-
schaftsminister Peter Altmaier (CDU), der
im vergangenen Jahr die Spielregeln für
Übernahmen ein weiteres Mal verschärf-
te. Plant ein ausländisches Unternehmen
einen Zukauf in Deutschland in sensiblen
Bereichen wie der Strom- und Wasserver-
sorgung oder der IT-Sicherheit, kann die
Politik jetzt schon Beteiligungen von 10
Prozent prüfen und gegebenenfalls ein
Veto einlegen; zuvor lag die Schwelle bei

25 Prozent. Zweimal ist Altmaier schon
eingeschritten: Einmal wollten die Chine-
sen beim Stromkonzern 50Hertz einstei-
gen, das andere Mal den Maschinenbauer
Leifeld Metal Spinning übernehmen. In
beiden Fällen hatte die Bundesregierung
Sicherheitsbedenken. Die Zahl der Investi-
tionsprüfungen ist zuletzt stark gestiegen,
wie eine bislang unveröffentlichte Statis-
tik des Wirtschaftsministeriums zeigt. In
diesem Jahr gab es demnach schon bis
Ende August 71 Fälle. Zum Vergleich: Im
gesamten Jahr 2018 waren es 78 Prüfun-
gen. Bei 13 Überprüfungen des laufenden
Jahres kamen die Investoren aus China, da-
mit liegt das Land nach den Vereinigten
Staaten (26 Fälle) an zweiter Stelle.
Nach den Zahlen der Unternehmensbe-
ratung EY haben Unternehmen aus der
Volksrepublik hierzulande im ersten Halb-
jahr umgerechnet nur noch gut 500 Millio-
nen Dollar investiert, 95 Prozent weniger
als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Der chinesische Botschafter in Deutsch-
land, Wu Ken, machte seinem Unmut
über diese Entwicklung gerade öffentlich
Luft. Die deutschen Investitionen in Chi-
na seien dagegen um 81 Prozent gestie-
gen, rechnete er in einem Gastbeitrag im
„Tagesspiegel“ vor. „Es sollte unsere vor-
dringlichste Aufgabe sein, den Kuchen
der Zusammenarbeit größer zu machen,
statt die Mauer des Protektionismus höher
zu bauen.“ Dass Deutschland mit Blick
auf den chinesischen Technikkonzern
Huawei die Sicherheitsanforderungen für
das 5G-Mobilfunknetz erhöhte, stößt in
Peking ebenfalls auf Missfallen.
Und dann ist da noch die Sache mit
Hongkong, der neueste Punkt auf der län-
ger werdenden Liste der Meinungsver-
schiedenheiten. Zwar hat sich die Situati-
on in der früheren britischen Kronkolonie
etwas entspannt, seit Pekings Statthalte-
rin Carrie Lam das umstrittene Ausliefe-
rungsgesetz nicht weiterverfolgen will.
Doch die Proteste haben eindringlich ge-
zeigt, dass Peking nicht duldet, wenn Mit-
arbeiter privater Unternehmen in ihrer
Freizeit gegen die chinesische Regierung
demonstrieren. Im Fall der Hongkonger
Fluggesellschaft Cathay Pacific musste
deshalb sogar der Vorstandschef gehen.
Kein Wunder, dass die deutschen Mana-
ger in puncto Hongkong ausgesprochen
schweigsam sind. Selbst APA-Chef Kae-
ser, der sonst über den Kurznachrichten-
dienst Twitter immer wieder politisch Stel-
lung bezieht, hält sich mit Kritik zurück.
Zu groß ist die Angst, den größten Absatz-
markt der Welt zu verlieren.
Das gilt umso mehr, weil Deutschland
im Handelskrieg zwischen den Vereinig-
ten Staaten und China zerrieben zu wer-
den droht. Beide Länder sähen es gerne,
würde sich Deutschland in dem Konflikt
auf ihre Seite schlagen. Merkel will das un-
bedingt verhindern, auch aus Rücksicht
auf die ohnehin schon schwächelnde deut-
sche Wirtschaft, die auf keinen dieser so
wichtigen Handelspartner verzichten
kann. Von chinesischer Seite wird schon
kritisch gefragt, warum der Besuch der
Kanzlerin diesmal so kurz ausfällt, keine
zwei Tage dauert. In Berlin will man davon
nichts wissen. Das Verhältnis zwischen
Deutschland und China sei nicht schlecht,
sagen Regierungsvertreter. Sie empfehlen
stattdessen das Wort „komplex“.

Illustration iStock;Foto Picture Alliance


Wehklagende Banken
Von Markus Frühauf

Die Revolution des Unsichtbaren


Von Thiemo Heeg


Ruf des


Drachen


Windige Versprechen
Von Heike Göbel

China ist der wichtigste deutsche Handelspartner.


Doch die Stimmung zwischen beiden Ländern ist


nicht gut. Kann die Kanzlerin das ändern?


Von Julia Löhr und Hendrik Ankenbrand


Warenhandel 2018

Bestand der Direktinvestitionen 2017

Quellen: Destatis; Bundesbank / F.A.Z.-Grafik fbr.

93 Mrd. €

106 Mrd. €

Rang 3

Rang 1

81 Mrd. €

3 Mrd. €
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