Frankfurter Allgemeine Zeitung - 06.09.2019

(Nandana) #1

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FREITAG, 6. SEPTEMBER 2019 Deutschland und die Welt FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


FLENSBURG/DANNEWERK, 5. Septem-
ber.Kurz bevor es losging, war sie dann
doch nervös. Lieselotte Wilms, 86 Jahre
alt, saß in ihrem Rollstuhl und lächelte. Sie
durfte die dänische Königin Margrethe II.
im Altenheim willkommen heißen, einem
dänischen Heim mitten in Flensburg. Drau-
ßen standen einige Kinder vom nahen dä-
nischen Kindergarten. Es regnete mal stär-
ker und wieder schwächer, und die Zacken
der Kronen knickten langsam ab.
Drinnen im Altenheim wartete Lieselot-
te Wilms. Sie hatte sich einen Zettel ge-
schrieben. Nur nicht die Königin mit Du
ansprechen, sagte sie, auch nicht auf Dä-
nisch. „Hjertelig velkommen Deres Majes-
taet“, stand auf dem Zettel und wie sehr
man sich über den Besuch freue. Ein paar
Minuten später stieg die Königin aus ih-
rem Wagen, die Kinder riefen „Hurra“,
und Lieselotte Wilms wurde hinaus vor die
Tür geschoben. Die Königin beugte sich
mit einem Lächeln zu ihr, nahm den Blu-
menstrauß entgegen und die Willkom-
mensgrüße. Die Fotoapparate klickten.
Seit Dienstag besucht die dänische
Königin Schleswig-Holstein. Das Alten-
heim war ihr erster Termin nach der An-
kunft. In einem dicht getakteten Pro-
gramm folgten viele weitere. Sie nahm
Blumen entgegen, trug sich in Bücher ein,
besuchte Schulen und Firmen, hörte nette
Worte der Begrüßung – und immer wieder
wurden Bilder gemacht. Doch der Königin

ging es um mehr: Mit ihrem viertägigen
Besuch erweist sie auch der dänischen
Minderheit in Schleswig-Holstein aus-
führlich die Ehre, wofür sich die auch sehr
dankbar zeigte.
Das wurde schon am Dienstagnachmit-
tag deutlich, als die Königin eine dänische
Schule in Flensburg besuchte. Die Du-
borg-Schule, darauf verweist schon der
Name, wurde auf einem Hügel über der In-
nenstadt errichtet, wo einst eine dänische
Burg stand, die Duborg. Margrethe II. war
ein wenig spät dran, drinnen hatten sich
schon die Schüler versammelt und ver-
trieben sich mit Fahnenschwenken und
Handy-Spielen die Zeit. Auf einer Holz-
bank saßen Jesper und Jonas aus der elf-
ten Klasse, ein paar Meter hinter ihnen
konnte man aus dem Fenster und über die
Stadt blicken, hinunter bis zum Hafen, wo
auch die königliche Yacht festgemacht hat-
te. Sie erzählten, wie besonders es sei,
wenn zwei Nationen so verbunden seien.
Sie sprachen von „unserer Königin“.
Als Margrethe II. dann kam, einen Bio-
logie-Raum eingeweiht und sich in die
Aula gesetzt hatte, hielt die 18 Jahre alte
Johanne Juul Olsen eine kurze Rede. Sie
sagte, dass Dänemark für sie nicht nur ein
Wohnsitz oder eine Adresse sei, nicht nur
Regierung oder Königshaus, sondern ein
Ort, den die Bürger der dänischen Minder-
heit Heimat des Herzens nennen könnten.
Die Königin war angetan. Sie ließ Olsen
gleich zu sich holen, um ihr zu sagen, dass
sie sich über die Rede gefreut habe, wie
die Jugendliche später erzählte.
Offiziell heißt es, etwa 50 000 Men-
schen gehörten zur dänischen Minderheit.
So ganz genau aber kann das niemand sa-
gen. Das liegt schon daran, dass man nicht
etwa Wurzeln nachweisen muss im Nach-
barland. Es braucht nur das Bekenntnis
zur dänischen Minderheit, um zu ihr zu ge-
hören. In Flensburg sollen das etwa ein

Fünftel der Einwohner sein. In der Stadt
sind die Grenzen im Alltag längst ver-
schwommen. Auf der Straße hört man
Dänisch so selbstverständlich wie
Deutsch. Die offizielle Grenze ein Stück
weiter nördlich wurde vor knapp 100 Jah-
ren gezogen. 1920 wurde sie in zwei Volks-
abstimmungen festgelegt und Schleswig in
den dänischen Norden und den deutschen
Süden geteilt. Auch das ist ein Anlass des
Besuchs der Königin. Er gilt als etwas ver-
frühter Auftakt der Feierlichkeiten zum


  1. Jahrestag. 2020 soll ein „deutsch-dä-
    nisches Freundschaftsjahr“ werden.
    Als Margrethe II. im Flensburger Rat-
    haus sprach, erzählte sie auf Deutsch
    davon, dass es Zeiten gab, in denen Flens-
    burg die drittgrößte Stadt Dänemarks ge-
    wesen sei. Ihr Großvater, König Christi-
    an X., hätte es 1920 gerne gesehen, wenn
    Flensburg wieder dänisch geworden wäre.
    Aber neue Gedanken hätten Fuß gefasst,
    und ein demokratischer Prozess sei in
    Gang gesetzt worden. Es habe „im Gro-
    ßen und Ganzen um diese Grenzen Ruhe
    und Akzeptanz“ gegeben. Als sie am
    Mittwoch den Landtag in Kiel besuchte,
    sagte Ministerpräsident Daniel Günther
    (CDU): „Was vor bald 100 Jahren zur Zeit
    der Grenzabstimmung noch kühne Vision
    war, ist heute gelebte Realität. Aus ehe-
    maligen Feinden wurden gute Nachbarn
    und echte Freunde.“
    Dass es nicht immer so freundschaftlich
    zuging, ist klar. Tiefe Spuren hat die Zeit
    des Zweiten Weltkriegs hinterlassen.
    Auch danach war es für die dänische Min-
    derheit nicht immer leicht. Sogar die Par-
    tei der dänischen Minderheit, der SSW,
    rutschte einmal aus dem Landtag, bevor
    die Bonner Vereinbarung 1955 für Ent-
    spannung sorgte und den SSW von der
    Sperrklausel befreite. Um die Minderhei-
    tenpolitik stehe es gut, sagt heute zum Bei-
    spiel Lars Harms am Telefon, als er gerade


von einem Mittagessen mit der Königin
auf Schloss Gottorf zum nächsten Termin
fährt. Der Ministerpräsident hatte zum
Empfang geladen. Harms ist Fraktions-
vorsitzender des SSW und kann sich noch
gut an andere Zeiten erinnern. Noch unter
Ministerpräsident Peter Harry Carstensen
(CDU) gab es einen erbitterten Kampf um
staatliche Zuschüsse für dänische Schu-
len. Als der SSW dann 2012 selbst in die
Regierung kam, wurden die Kürzungen zu-
rückgenommen. Bei der Jamaika-Koaliti-
on sei die Minderheitenpolitik nun auch
kein „loses Beiwerk“ mehr. Gerade erst
hat die Landesregierung mit Sachsen im
Bundesrat einen Antrag eingebracht,
nach dem der Schutz der nationalen Min-
derheiten ins Grundgesetz aufgenommen
werden soll. Der Besuch der Königin, sagt
Harms, sei schon eine ganz besondere Aus-
zeichnung. Der letzte sei im Jahr 1978 ge-
wesen. An diesem Freitag wird sie mit
ihrer Yacht wieder abfahren.
Am Donnerstag ging es dann aber noch
einmal um Grenzen – und um ein histori-
sches Bild. Am Morgen standen wieder
Kinder im Regen, die ihre nassen Fähn-
chen schwenkten. Die echte Grenze war
in letzter Zeit wieder sichtbarer geworden.
Seit der Flüchtlingskrise kontrollieren die
Dänen sie zumindest stichprobenartig,
und sie bauen einen Zaun, um Wildschwei-
ne davon abzuhalten, unkontrolliert rüber-
zumachen – und die Afrikanische Schwei-
nepest zu verbreiten.
Nun aber kam Margrethe II. nach Dan-
newerk, um eine alte Grenze zu durch-
schreiten. Das „Danewerk“ trennte über
Jahrhunderte in wandelnder Gestalt den
Norden und den Süden. Schon vor der Zeit
der Wikinger waren erste Erdwälle gebaut
worden. Die Königin ging allein durch
eine Schneise, die einst wohl das einzige
Tor war, vom Norden in den Süden. Mit
einem Schirm in der Hand und einem
Lächeln im Gesicht.

Und die Königin ging über die Grenze


PARIS, 5. September. Der morgendliche
Hahnenschrei bleibt auf der französi-
schen Ferieninsel Oléron erlaubt. Dem
wohl bekanntesten aller gallischen Häh-
ne, Maurice, wurde am Donnerstag vor
Gericht ausdrücklich gestattet, zum Son-
nenaufgang sein „Kikeriki“ (auf Franzö-
sisch: Cocorico) durch die Nachbarschaft
erschallen zu lassen. Ein Rentnerehepaar
hatte gegen die Ruhestörung geklagt und
verlangt, dass Hahn Maurice den Hühner-
stall auf der Insel binnen zwei Wochen
verlassen müsse. Doch die Richter in
Rochefort entschieden, dass Hahnen-
schreie zum ländlichen Leben auf Oléron
gehörten und deshalb nicht verboten
werden könnten.
Auf der Insel an der Atlantikküste
schwankt die Zahl der Bewohner stark.
Im Winter ist die Insel von 23 000 Men-
schen bewohnt, in den Sommermonaten
wächst die Zahl auf mehr als 200 000 an.
Die Kläger, die auf der Insel an der Atlan-
tikküste eine Ferienwohnung haben,
wollten „nur Ruhe und Frieden“, wie ihr
Anwalt betonte. „Schließlich handelt es
sich um eine Wohnsiedlung, wir sind hier
nicht auf dem Land.“ Der Bürgermeister
des Inselortes, Christophe Sueur, sieht
das anders. „Wir haben hier immer mit
Tieren, Gemüsegärten und eben auch Fe-
dervieh gelebt“, sagte er. Die Urlauber
könnten den ständigen Bewohnern nicht
ihre Ruhevorstellungen diktieren. Bei der
Gerichtsanhörung Anfang Juli waren
Nachbarn der verklagten Hahn-Besitze-
rin mit ihren eigenen Hähnen und Hen-
nen erschienen, um „Solidarität mit Mau-
rice“ einzufordern. „Das Land lebt und
macht Lärm – der Hahn auch“, hatte ein

Halter auf ein Pappschild geschrieben.
Die Besitzerin von Maurice, Corinne Fes-
seau, äußerte: „Wenn mein Hahn spre-
chen könnte, würde er sagen: Lasst mich
in Ruhe singen!“ Im Französischen
„kräht“ der Hahn nicht, er „singt“. Gegen
das Singen könne doch niemand etwas
haben, meinte Fesseau, die selbst gerne
Lieder trällert. Die Französin lebt bereits
seit 35 Jahren auf Oléron und hat seit ei-
nigen Jahren eine kleine Hühnerzucht.
Der Stall liegt nur wenige Meter vom
Schlafzimmer der Kläger entfernt. Eine
außergerichtliche Einigung scheiterte.
Das Gerichtsverfahren gegen den Gockel
erregte in ganz Frankreich Aufsehen, der
Hahn ist schließlich Wappentier des Lan-
des. Der Streit symbolisiert den Konflikt
zwischen Landbewohnern und Urlau-
bern. Ein Bürgermeister hat bereits ei-
nen Antrag bei der Unesco eingereicht,
um ländliche Geräusche als „nationales
Kulturerbe“ unter Schutz stellen zu las-
sen. MICHAELA WIEGEL

FRANKFURT, 5. September.Nach den
Landtagswahlen in Sachsen und Bran-
denburg und den guten Wahlergebnis-
sen der AfD ist die Diskussion über Un-
terschiede zwischen Ost und West wie-
der entbrannt. Es gibt eine große Unzu-
friedenheit mit politischen Entschei-
dungsträgern. Zugleich aber blicken die
Deutschen insgesamt weniger pessimis-
tisch in die Zukunft als in den vergange-
nen Jahren. Das zeigt die Studie „Die
Ängste der Deutschen 2019“ der R+V
Versicherung, die am Donnerstag in
Berlin vorgestellt wurde. Dafür hatte
das Infocenter des Versicherers 2446
Deutsche ab 14 Jahren repräsentativ
nach ihren größten Ängsten befragt.
Anders als viele Medienberichte sug-
gerieren, zeigen sich die Deutschen ge-
lassen wie seit einem Vierteljahrhun-
dert nicht mehr. Der Angstindex, also
der Durchschnitt der in der Umfrage ab-
gefragten Ängste, ist von 47 auf 39 Pro-
zent gefallen. Das ist der niedrigste
Wert seit 1994.
Hatten im vergangenen Jahr noch
63 Prozent der Deutschen befürchtet,
der Staat sei durch die hohe Zahl an
Flüchtlingen überfordert, die insbeson-
dere in den Jahren 2015 und 2016 ins
Land gekommen sind, lag der Anteil
diesmal nur noch bei 55 Prozent. Dersel-
be Unterschied zum Vorjahr wurde bei
der Sorge ermittelt, zwischen Deut-
schen und Ausländern könne es durch
weitere Zuwanderung zu wachsenden
Spannungen kommen. Allerdings zeigt
die Studie auch, dass hier die Kluft zwi-
schen Ost und West nach Jahren der An-
gleichung wieder zunimmt.
Die Ängste in Westdeutschland ha-
ben stärker abgenommen als in Ost-
deutschland. Im Osten lag der Anteil de-
rer, die vor den beiden zuletzt erwähn-
ten Themen Angst haben, jeweils bei 64
Prozent. Hier finden mit 60 Prozent
auch deutlich mehr Befragte die Politik
des amerikanischen Präsidenten Do-
nald Trump bedrohlich. Im Westen liegt
der Anteil bei 54 Prozent – durch die
niedrigeren Werte für andere Sorgen ist
es hier aber die größte Angst.
Erstmals hat der Versicherer danach
gefragt, ob sich die Deutschen vor den
steigenden Mieten ängstigten. Es zeigt
sich, dass sich tatsächlich 45 Prozent
der Befragten deswegen sorgen – was
auf Anhieb Platz 6 in der Rangliste be-
deutet. Davor lagen außer den genann-
ten Themen noch eine konstatierte
Überforderung von Politikern und poli-
tischer Extremismus mit jeweils 47 Pro-
zent Anteil. Auf einer Stufe mit den
Mieten landete die Sorge, im Alter pfle-
gebedürftig zu werden. 41 Prozent der
Deutschen befürchten, dass der Klima-
wandel dramatische Auswirkungen für
die Menschen haben könnte, und ge-
nauso viele, dass Hitzewellen, Dürren
und andere Extremwetterereignisse
Deutschland häufiger treffen werden.
Die R+V veröffentlicht die Studie seit
25 Jahren, was Langfristvergleiche er-
laubt. PHILIPP KROHN

ceh. LOS ANGELES, 5. September.
Amerikanische Beratungsstellen und
Staatsanwälte warnen vor sogenann-
ten Rape Kits, durch die Vergewalti-
gungsopfer angeblich selbst DNA-Pro-
ben und weitere Beweise sichern kön-
nen. Die Sets mit Teststreifen und Wat-
testäbchen, die das New Yorker Unter-
nehmen „MeToo“ in den kommenden
Wochen auf den Markt bringt, seien
vor Gericht nicht als Beweismittel zu-
gelassen. Zudem verhinderten die
„Rape Kits“ eine medizinische und
psychologische Betreuung der Opfer
von Sexualstraftaten.
„Ein Übergriff hinterlässt lebenslan-
ge Verletzungen. Die Sets trivialisieren
das Verbrechen, indem sie den Ein-
druck vermitteln, dass man allein da-
mit fertig wird“, teilte die Organisation
New York City Alliance Against Sexual
Assault am Mittwoch mit.
Vergangene Woche hatte schon die
Staatsanwaltschaft des Bundesstaats
Michigan das Unternehmen mit Sitz in
Brooklyn aufgefordert, die „Rape Kits“
nicht zu verkaufen. Das Produkt ver-
stößt angeblich gegen Verbraucher-
schutzgesetze und versucht, aus der
MeToo-Bewegung gegen sexuelle Über-
griffe Kapital zu schlagen.
Die Gründerin des Unternehmens,
Madison Campbell, kündigte nach den
Beschwerden an, unter Umständen den
Namen des Sets zu ändern. „Die Me-
Too-Bewegung hat mich als Opfer sexu-
ellen Missbrauchs auf die Idee ge-
bracht, dieses Produkt zu entwickeln“,
sagte sie der „New York Post“. „Falls
der Name andere Opfer davon abhält,
Hilfe zu bekommen, ändere ich ihn.“


Das Monster von Loch Nesskönnte
einAal gewesen sein, wahrscheinlich
ein besonders großer. Zu diesem Er-
gebnis kam ein internationales For-
scherteam nach der Analyse von rund
300 Wasserproben aus dem schotti-
schen See Loch Ness. Für die Existenz
eines Monsters, ob früher oder heute,
gebe es von wissenschaftlicher Seite
keine Beweise. Das Team um den Ge-
netik-Experten Neil Gemmell von der
neuseeländischen University of Otago
hatte DNA-Spuren von Lebewesen
ausgewertet, darunter Fragmente von
Haut, Schuppen, Kot und Urin. Gem-
mell sagte am Mittwoch, es gebe nicht
einmal „weit entfernt“ Hinweise dar-
auf, dass im Loch Ness Kreaturen wie
Plesiosaurier überlebt haben könnten.
„Nessie“-Fans glauben sehr stark an
die Saurier-Theorie. Gemmell zufolge
wurde jedoch eine „signifikante Men-
ge“ von Aal-DNA gefunden. „Unsere
Daten zeigen nicht, wie groß die sind.
Aber die reine Menge dieses Materials
sagt, dass wir die Möglichkeit, dass es
in Loch Ness riesige Aale gibt, nicht
ausschließen können“, sagte Gem-
mell.(dpa)
Ein Kommissaranwärterim Saarland
ist des Dienstes enthoben worden, weil
er versucht haben soll, ein Funkgerät
der Polizei im Internet zu verkaufen.
Dem Mann aus dem Kreis Sankt Wen-
del wird vorgeworfen, das Funkgerät
auf einer Internetplattform für Klein-
anzeigen zum Kauf angeboten zu ha-
ben, sagte am Donnerstag ein Spre-
cher der Staatsanwaltschaft Saarbrü-
cken, die nun gegen den Mann ermit-
telt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung
seien das Funkgerät aus dem Bestand
der saarländischen Polizei und weitere
Gegenstände entdeckt worden. Ob dar-
unter noch weitere Teile einer Polizei-
ausstattung waren, war unklar. Vergan-
gene Woche sei der Mann vom Dienst
entbunden worden, sagte eine Spreche-
rin des saarländischen Innenministeri-
ums. Kurz darauf habe der Kommissar-
anwärter seine Entlassung beantragt.
Dem sei Anfang dieser Woche stattge-
geben worden. (AFP)

Cocorico!


Derfranzösische Gockel Maurice darf weiter krähen


Die Deutschen


sind wieder


gelassener


Experten in Amerika


warnen vor „Rape Kits“


MÜNCHEN, 5. September.Der Tag, an
dem Georg Köttner zum Retter wurde,
war ein kalter Tag. Es war der 19. De-
zember 2017. Köttner, 51 Jahre alt, tech-
nischer Zeichner aus Paunzhausen im
Landkreis Freising, holte nach der Ar-
beit bei einem Bekannten ein Auto ab,
um es in die Werkstatt zu bringen. Auf
dem Weg von Johanneck nach Paunz-
hausen sah er an einem Feldweg einen
parkenden Bus. Im Vorbeifahren be-
merkte Köttner nur, dass der Fahrer
sich zur Seite gebeugt hatte. „Vermut-
lich schaut er nach dem Weg“, dachte
Köttner und fuhr weiter. Nach der Werk-
statt ging es zurück, wieder bemerkte er
den Bus, der jetzt hinter einer Scheune
parkte. Den Fahrer sah er nur von hin-
ten. Köttner fuhr vorbei und gab das re-
parierte Auto ab. Auf dem Rückweg
nach Paunzhausen stand der Bus immer
noch da. Und dann sah Köttner, ganz
schnell, nur im Vorbeifahren – ein klei-
nes Mädchen auf dem Beifahrersitz.
„Das Mädchen hatte riesengroße
Augen und den Mund geöffnet, auf
mich wirkte es verängstigt. Diesen
Blick werde ich nie mehr los.“
Er bemerkte auch das Schulbuszei-
chen hinten am Fahrzeug. „Da stimmt
was nicht“, sagte er sich. Er fuhr sofort
zu einem Freund, einem Polizisten im
Ruhestand. Die Männer kehrten zu-
rück und hielten neben der Beifahrer-
seite. Köttner stieg aus, schaute auf den
Beifahrersitz und schrie seinem Freund
zu: „Das Mädchen ist nackt!“ Während
er sich um das Kind kümmerte, rannte
sein Freund zur Fahrerseite, riss die
Tür auf: Dort saß ein 71 Jahre alter
Mann, ganz ruhig. Er entschuldigte
sich und versuchte, die Situation „zu er-
klären“: Er kenne die Eltern, alles sei in
Ordnung. „Der Mann hatte eine Plastik-
tüte in der Hand, die er die ganze Zeit
nicht loslassen wollte.“ Unter dem Wa-
gen fanden Köttner und sein Freund ei-
nen Dildo und Tüten einer Fastfood-
Kette. Das Mädchen, zehn Jahre alt, er-
zählte, dass der Mann Nachhilfelehrer
und mit den Eltern befreundet sei. Kött-
ner rief die Polizei, der Mann wurde
festgenommen. Später stellte sich her-
aus, dass er als Schulbusfahrer gearbei-
tet hatte. Und dass es nicht das erste
Treffen mit dem Kind war. Er wurde
2018 zu vier Jahren und vier Monaten
Gefängnis verurteilt. Laut Anklage
hatte er das Kind über Monate miss-
braucht und nackt fotografiert.
Am Donnerstag zeichnete der bayeri-
sche Innenminister Joachim Herrmann
(CSU) Georg Köttner mit der „Coura-
ge-Medaille“ aus, ebenso wie 36 wei-
tere Frauen und Männer, die Kriminali-
tätsopfern beigestanden haben. Die
Medaille wird jedes Jahr „in bewusster
zeitlicher Nähe“ zum Todestag von
Dominik Brunner verliehen. Dieses
Jahr, am 12. September, ist es zehn Jah-
re her, dass sich Brunner an einem
S-Bahnhof schützend vor Schüler ge-
stellt hat und seinen Einsatz mit dem
Leben bezahlte. KARIN TRUSCHEIT


CHARLESTON, 5. September. Auf seiner
Bahn zur amerikanischen Südostküste ist
Hurrikan Dorian wieder auf die Kategorie
drei hochgestuft worden. Obwohl das
Auge des Wirbelsturms am Donnerstag-
morgen noch 160 Kilometer südlich von
Charleston in South Carolina entfernt war,
haben Windgeschwindigkeiten von bis zu
185 Kilometern pro Stunde viele Bäume
umgerissen. Dadurch wurden auch Strom-
masten zerstört, so dass in South Carolina
und in Georgia mehr als 200 000 Haushal-
te ohne Strom waren. Für Donnerstag wur-
de eine über drei Meter hohe Sturmflut in
Charleston erwartet. Große Teile der Stadt
standen da schon unter Wasser. Aus Wil-
mington in North Carolina wurde ein Tor-
nado gemeldet. Eine solche Windhose hat-
te zuvor schon in Myrtle Beach in South
Carolina für Zerstörungen gesorgt.
Auf den Bahamas, wo der Hurrikan eine
Schneise der Verwüstung hinterlassen hat,
wurde der Tod von 20 Bewohnern gemel-
det. „Wir erwarten, dass diese Zahl noch
steigt“, sagte Premierminister Hubert Min-
nis. Viele Menschen würden noch ver-
misst. Dorian hatte auf dem Inselstaat in
der Karibik als Hurrikan der Kategorie
fünf fast drei Tage gewütet. Es handelte
sich um den verheerendsten Wirbelsturm
auf den Bahamas seit Beginn der Aufzeich-
nungen. Die Vereinten Nationen teilten
mit, 70 000 Menschen, fast jeder fünfte
Einwohner der Bahamas, benötige drin-
gend Hilfe zum Überleben. Erste Hilfsliefe-
rungen erreichten am Mittwoch die
schwer getroffenen Gebiete. Der amerika-
nische Präsident Donald Trump sicherte
Minnis in einem Telefonat Unterstützung
zu. Die Küstenwache der Vereinigten Staa-

ten flog Verletzte mit Hubschraubern aus.
Auch Kanada und Großbritannien helfen.
Washington beschäftigt sich derweil mit
der Frage, ob der Hurrikan anfänglich
auch den Bundesstaat Alabama bedrohte.
Trump hatte am Sonntag auf Twitter ge-
schrieben, Alabama, das über einen kur-
zen Küstenabschnitt am Golf von Mexiko
verfügt, könnte ebenfalls heftig von Dori-
an getroffen werden. Der Wetterdienst des
Bundesstaates stellte daraufhin klar: „Ala-
bama wird keine Auswirkungen von ,Dori-
an‘ spüren.“ Viele Medien griffen das be-
lustigt auf, woraufhin der Präsident nach-
legte: Bei einer Unterrichtung im Oval Of-
fice präsentierte er eine Karte des Hurri-
kan-Verlaufs, auf der jemand offenbar mit
einem schwarzen Filzstift das Gebiet der
möglichen Sturm-Ausbreitung so vergrö-
ßert hatte, dass auch noch Alabama be-
rührt wurde. Am Donnerstag insistierte
Trump, es habe ursprünglich Wirbelsturm-
Prognosen gegeben, die auch Alabama ein-
schlossen. MAJID SATTAR

Kurze Meldungen


Georg Köttner


fuhr nicht einfach


so vorbei


Wieder Kategorie drei


Wegen des Hurrikans Dorian Tausende ohne Strom


Couragiert:Georg Köttner Foto privat


Margrethe II. besucht


Deutschlands Norden.


Dafür ist die dänische


Minderheit dankbar.


Von Matthias Wyssuwa


Über die Grenze:Königin Margrethe II. durchquert am Donnerstag das historische „Danewerk“ von Nord nach Süd. Foto EPA


Hatrecht bekommen:Gockel Maurice
darf laut Urteil weiter krähen. Foto Reuters

Will recht haben:Trump präsentiert eine
mitFilzstift erweiterte Karte. Foto dpa
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