FOTO: HANNA JARAY
| ILLUSTRATION: ANNE SEEGER
S
eit er das Bündner Baukartell auf
fliegen liess, hat der Baumeister
und Whistleblower Adam Qua
droni viele mächtige Gegenspieler.
Einer ist Orlando Zegg, Präsident des
Regionalgerichts Engiadina Bassa/Val
Müstair, der eng mit der Unterengadiner
Bauwirtschaft verbandelt ist.
Zegg war bereits 2013 von Quadroni
über die Machenschaften des Kartells
informiert worden, blieb aber bis heute
untätig. Besonders aktiv war Zegg hin
gegen als Quadronis Konkursrichter
sowie als Familienrichter im Eheschutz
stichhaltiger Grund für die Einweisung
fehlte. Die Bündner Regierung reichte
damals Strafanzeige gegen unbekannt
ein. Ein ausserkantonaler Staatsanwalt
untersucht die Aktion.
Gesuch abgelehnt. Obwohl kein beteilig
ter Psychiater feststellte, Quadroni sei
akut suizidgefährdet oder verfüge über
grosses Gewaltpotenzial, wird dem
Vater bis heute der Kontakt zu seinen
drei Kindern weitgehend verunmög
licht. Quadroni verlangte darum, dass
Richter Zegg wegen Befangenheit in
Ausstand treten müsse. Das Gesuch
wurde durch das Regionalgericht En
giadina Bassa/Val Müstair aber abge
lehnt. Gegen diesen Entscheid ist eine
Berufung vor Kantonsgericht hängig.
Vor kurzem hat Quadronis Frau die
Scheidung eingereicht. Das Dossier
landete ebenfalls auf dem Tisch von
Orlando Zegg. Quadroni forderte um
gehend, dass der Richter in den Aus
stand treten müsse. Mittlerweile hat die
Bündner Staatsanwaltschaft ein Straf
verfahren gegen den Regionalrichter
Orlando Zegg eröffnet. Darauf stützt
Quadroni seinen Antrag.
Mit Erfolg. Zegg ist nun
selber in den Ausstand getre
ten und das Unterengadiner
Regionalgericht nicht mehr
mit dem Fall betraut. Das
Scheidungsverfahren Qua
droni wird jetzt vom Regio
nalgericht Maloja betreut.
ANDREA HAEFELY
verfahren der Eheleute Quadroni. Der
Beobachter berichtete.
In den letzten vier Jahren versuchte
Zegg wiederholt, den Whistleblower als
suizidgefährdet zu diskredi
tieren. Einmal liess er ihn we
gen Selbst und Drittgefähr
dung in eine Klinik einweisen.
Allerdings erfolglos. Adam
Quadroni wurde im Juni 2017
zwar überfallartig von
einem Polizeikommando in
eine Klinik gebracht, aber
umgehend entlassen, weil ein
ABZÜGE. Seit acht Jahrzehn
ten füllt Frida Rimlinger ihre
Steuererklärung pflicht
bewusst aus. Daran hat sich
auch nichts geändert, als sie
2018 nach einem Sturz ins
Pflegeheim ziehen musste.
Doch was die bald Hundert
jäh rige nicht wusste: Die
Pflegekosten hätte sie von
den Steuern abziehen können.
Als ihr Sohn Marcel Rimlinger
darauf aufmerksam wurde,
war für die Rentnerin sofort
klar: Sie musste Einsprache
gegen die zu hohe Steuer
rechnung erheben. Ihr Sohn
tat das für sie und erklärte
in einem Brief die Umstände,
die zum Versäumnis geführt
hatten.
Beim Steueramt des Kantons
Zürich warf man nur einen
kurzen Blick auf den Brief und
konstatierte, die Einsprache
frist sei seit zehn Tagen ab
gelaufen. Marcel Rimlingers
Erklärung brachte nichts. Der
Entscheid war kurz und klar:
«Auf die Einsprache wird
nicht eingetreten.»
«Juristisch gesehen ist das
Steueramt im Recht», be
stätigt Martin Müller vom
Beratungszentrum des Beob
achters. Trotzdem findet
Marcel Rimlinger, dass das
Steueramt hätte kulant sein
können. «Ich finde es be
fremdlich, dass man gar nicht
auf die Umstände eingegan
gen ist.»
«Das Amt könnte stutzig
werden.» Marcel Rimlinger
bemängelt auch die unter
schiedlichen Standards für
Steuerzahler und Steueramt.
«Wenn man zu viel abzieht,
dann wird das korrigiert. Und
bei einer Hundertjährigen
könnte das Steueramt ja auch
stutzig werden, wenn sie
überhaupt keine Pflegekosten
geltend macht.»
Roger Keller von der Zürcher
Finanzdirektion verteidigt das
Vorgehen: «Bei einer verpass
ten Frist braucht es ausser
ordentliche Gründe wie einen
langen Auslandaufenthalt.
Eine Änderung der Steuer
erklärung ist aber immer
möglich, sofern die Schluss
rechnung noch nicht vor
liegt.» Aber: «Nach der
Schlussrechnung kann auch
das Steueramt nichts mehr
ändern – es sei denn bei Steu
erhinterziehung oder völlig
ungerechtfertigten Abzügen.»
Bei mehr als einer Million
Steuererklärungen pro Jahr
sei eine systematische Suche
nach vergessenen Abzügen
unmöglich. JONAS KELLER
Steueramt hat kein Ohr für Hundertjährige
FALL QUADRONI. Die Bündner Staatsanwaltschaft hat
ein Strafverfahren gegen Richter Orlando Zegg eröffnet.
Strafverfahren
gegen Richter
Orlando Zegg
8 Beobachter 19/