Der Stern - 12.09.2019

(Sean Pound) #1
DER ÄRZTE-
APPELL

In der vergangenen Woche veröffentlichte der stern einen Appell von


Ärzten, die vor dem Diktat der Ökonomie in Krankenhäusern warnen.


Der Aufruf hat viele Menschen bewegt. Reaktionen von Lesern


stern Nr. 37/2019:
Sie können das Heft
online bestellen:
https://shop.stern.de

Gleich drei Ausgaben
stern Nr. 37/2019, „Krank“ –
Ärzte berichten, wie der Druck,
Gewinn zu machen, das Wohl der
Patienten gefährdet

Danke für den Mut und das außer-
gewöhnliche Engagement für
dieses Thema. Als unmittelbar be-
troffener (Privat-)Patient habe ich
diese unbeschreiblichen „Mani-
pulationen zur Gewinnmaximie-
rung“ über mich ergehen lassen
müssen. Spontan habe ich drei
stern-Ausgaben Nr. 37 gekauft:
je eine für den Hausarzt sowie
den Kardiologen, damit die mich –
wir uns – in Zukunft besser
„verstehen“. Und eine für meine
Tennismannschaft 75 plus!
Horst-Dieter Zocher, per E-Mail

Dem System ausgeliefert
Grundsätzlich gefällt mir das Soli-
daritätsprinzip der gesetzlichen
Krankenkassen. Mich stört aller-
dings, dass man als Patient nicht so
ohne Weiteres Informationen über
die vom Arzt in Rechnung gestell-
ten und von der Kasse genehmig-
ten Leistungen bekommt. Es bleibt
kaum anderes, als den „Göttern in
Weiß“ zu vertrauen. Dass diese von
Ökonomen der Klinikleitung ge-
trieben werden, erfährt man nicht.
Der Ärzte-Appell ist dringend not-
wendig! Aber der Druck könnte zu-
sätzlich noch durch einen Patien-
tenappell erhöht werden. Könnten
Sie mit Ihrer Reichweite einen sol-
chen Patientenappell anstoßen?
Ariane Helmbrecht, Mühlheim

Ärzte, denen das Patientenwohl
je nach Kostenlage kaum noch
etwas bedeutet und die sich auf
den Druck von oben berufen,
anstatt sich gemeinsam zu
widersetzen. Überhaupt nicht
mehr zu verstehen sind einzelne
Politiker, die der Bericht im
stern veranlasst, noch schnell auf
den fahrenden Zug zu springen
und die Forderungen der Ärzte an
sich zu reißen. Das ist schon infam.
Und machen Sie bitte aus diesem
Artikel eine Serie. Es ist doch
ein Thema, das uns allen auf den
Magen schlägt.
Hans-Peter Dietrich, Hamburg

Mehr Zeit, mehr Empathie
Ich habe vorgestern als
Krankenhausbesucherin eine
wildfremde alte Dame im
Zimmer meiner Mutter gefüttert.
Ihr Essen stand aufgedeckt
neben dem Bett, das Besteck
konnte sie kaum halten. Ihr Blick
war verloren, und sie schaute
hungrig. Ich habe ihr dann
die Möhrchen klein gemacht
und sie gefüttert. Dabei kam
ganz viel Leben in ihr Gesicht.
Krankenschwestern könnten
das auch. Mit mehr Empathie
und vor allem mehr Zeit.
Gisela Reinartz, via Facebook

Zweiklassenmedizin
Vielleicht sollten die Ärzte im
Kampf gegen Profit in den
eigenen Reihen anfangen und
die Gebührenordnung für Ärzte,
in der die Zweiklassenmedizin
verankert ist, abschaffen?
Hans Walter Singer, Ratingen

Bitte dranbleiben
Endlich nimmt sich einer dieser
Sache an. Ich wohne auf dem
platten Land, die Kliniken „in der
Nähe“ sind 20 bis 30 Kilometer
entfernt und nur über marode
Straßen erreichbar. Wenn ich
demnächst ein Krankenhaus von
innen sehen muss, mache ich
vorher mein Testament. Ich kann
darüber bestimmen, was ich will –
keine lebensverlängernden Maß-
nahmen –, doch wenn es dem
Stationsarzt, Oberarzt, Chef nicht
gefällt, wird zugunsten der Klinik
entschieden. Ärzte könnten
alles begründen, um mich noch
wochenlang an die Beatmung zu
hängen, um noch möglichst viel
Geld für die Klinik zu generieren.
Bitte dranbleiben, es muss sich
was ändern.
Waltraud Lahr, Weilmünster

Druck aufbauen
Da haben endlich rund 200 Ärzte
gemeinsam die Forderung nach
einer Umkehr im Krankenhaus-
betrieb erhoben und mit der
Abschaffung der Fallpauschale
auch einen wesentlichen Schritt
zur Rückkehr des Gesundheits-
wesens zum Allgemeinwohl
angemahnt. Dieser Bereich ist
nun mal kein Tummelplatz für
Kapitalanleger. Bleibt zu hoffen,
dass sich die Mehrheit der Ärzte
diesem Verlangen anschließt
und so viel Druck aufbaut, dass
ein politischer Umbruch un-
ausweichlich wird. Nicht zu
verstehen ist die Gruppe der
Unterstützer, soweit es sich
um Institutionen handelt. Sie
haben doch seit Jahrzehnten die
Möglichkeit gehabt, die Politik
zu einer Umkehr zu veranlassen.
Gar nicht zu verstehen sind

Lesen Sie auf der nächsten Seite:
Was Mediziner, Krankenhausvertreter
und Politiker zu den Missständen sagen

Die Titelge-
schichte im
stern löste eine
bundesweite
Debatte aus

ÄRZTE-APPELL


FÜR EINE MENSCHLICHE MEDIZIN


MENSCH


VOR


PROFIT

Free download pdf