Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14.09.2019

(Elle) #1

ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND


Samstag, 14. September 2019·Nr. 214/37 R1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,10 € D 2955 A F. A. Z. im Internet:faz.net


Die beiden neuen Comicserien


„House ofX“ und „Powers of X“


unterlaufen politisch und ästhe-


tisch das Kino.Feuilleton, Seite 13


Maike Inga sitzt für uns Modell,


Donatella Versace sagt alles,


Barbara Klemm ist in Venedig.


Kosovos Nationalmannschaft


begeistert mit Offensivfußball.


Reicht es für die EM, droht


Ungemach.Sport, Seite 36


Narendra Modi hat noch einiges


mit Indien vor: Er will das Land


zur drittgrößten Volkswirtschaft


machen.Wirtschaft, Seite 21


Mario Draghi nimmt noch einmal


viel Geld für Anleihekäufe in die


Hand. Was bedeutet das für die


Finanzmärkte?Finanzen, Seite 29


Die einen testen SUVs, die ande-


ren protestieren: In Frankfurt steht


das Wochenende im Zeichen der


IAA.Rhein-Main-Zeitung, Seite 37


Cem Özdemir will nach Jahren als


Hinterbänkler wieder ein


Spitzenamt. Hat er eine Mehrheit


in der Fraktion?Politik, Seite 2


Der Brexit kann kommen


Alles rund ums Auto


hap.FRANKFURT,13. September. Die
Automobilmesse IAA wird aller Voraus-
sicht nach nächstes Mal in Berlin oder
Frankfurt stattfinden.Nach Informatio-
nen dieser Zeitung gibt es zwischen dem
veranstaltenden Verband der Automobil-
industrie (VDA) und den Städten eine Art
Reservierung. In den vergangenen Tagen
hatte sich auch die Stadt Köln ins Ge-
spräch gebracht, die Erfahrungen mit pu-
blikumsträchtigen Messen hat. Der VDA
arbeitet an einem neuen Konzept, das die
Unlust der Hersteller an teuren Ausstellun-
gen reflektiert. Überdies muss er einen
Nachfolger für Bernhard Mattes finden,
der am Donnerstag überraschend seinen
Rückzug als Präsident verkündet hatte.
(Siehe Wirtschaft, Seiten 19 und 28.)

F


ür das angeblich grundsätzliche
Fehlverhalten der Mütter gibt es
viele Ehrentitel: Übermütter, Mutter-
tiere, Rabenmütter, Tigermütter. Seit
einer Weile auch Latte-macchiato-Müt-
ter und Instagram-Mütter. Im Zweifel
machen sie es nie richtig. Derjenige,
dem sie mit ihrem Lifestyle nachhaltig
schaden würden, so die Meinung der
Kritiker, von denen viele häufig selbst
Mütter sind, sei demnach der unschul-
dige Nachwuchs.
Ist dieser weiblich, kann man die
Mutter nun einmal mehr zur Täterin er-
klären und sie für den Schönheits-
druck, unter dem Frauen noch immer
stärker leiden als Männer, verantwort-
lich machen. Sicher, die Mutter steht
der Tochter seit Menschengedenken
besonders nahe, wenn es um das Aus-
sehen geht. Sie ist imstande, selbstbe-
wussten Frauen mit einem Halbsatz
eine Haarfarbe oder ein Hochzeits-
kleid auszureden. Viele müssen sich
nicht wiegen, um zu erfahren, ob sie
zu- oder abgenommen haben. Die Mut-
ter teilt es ihnen zuverlässig mit. Nicht
unbedingt nur auf Nachfrage.
Das Ergebnis einer in Deutschland
in dieser Woche veröffentlichten Stu-
die des Meinungsforschungsinstituts
Ipsos, das in 27 Ländern 19 000 Frau-
en und Männer im Hinblick auf Schön-
heitsideale und Körperbewusstsein so-
ziologisch vermessen hat, kommt da ei-
nem kleinen Aha-Erlebnis gleich. Ip-
sos formuliert es heiter: Mütter sind
demnach für Frauen die wichtigsten
„Beauty-Influencer“. Bedeutet: Keine
andere, nicht die beste Freundin, nicht
die Schwester, das Instagram-Starlet,
die Youtuberin oder die Moderedakteu-
rin, hat stärkeren Einfluss auf die
Beautyroutine. 49 Prozent für die Mut-
ter! Zwar bleibt offen, was mit Beauty-
routine gemeint ist, aber es muss ja
nicht gleich die Botox-Spritze sein. Un-
sicherheiten äußern sich auch in der
Schicht Make-up auf der Haut. Zwar
hat die Mutter demnach in Süd-, La-
teinamerika und Asien überdurch-
schnittlich viel Einfluss, aber auch in
Deutschland sind es mit 41 Prozent
mehr als in vielen anderen europäi-
schen Ländern.
Die Mutter auf Platz eins fegt somit
die Magazine vom Thron (33 Prozent),
von denen es lange Zeit hieß, sie seien
mit der Darstellung dünner Models
hauptverantwortlich für Schönheits-
druck. Und zum anderen die Influen-
cer (31 Prozent), die vor allem auf Ins-
tagram unter dem Deckmantel der Au-
thentizität Einblicke aus ihrem Leben
posten, während ihre zur Schau gestell-
te „Ab Crack“, die trainierte senkrech-
te Spalte oberhalb des Bauchnabels,
längst professionell gemanagt wird.
Junge Frauen wie Caro Daur und Pa-
mela Reif liefern dort die Vorlage im
Feed der User. Viele eifern ihnen
nach. Deren Schnappschüsse mögen
immer unterschiedlich sein, die Bot-
schaft ist häufig eindeutig intim. Nicht
alles, was mit einem Hashtag versehen
ist, muss das eigene Körpergefühl da-

bei negativ beeinflussen: Für Heran-
wachsende, die noch nicht selbst wis-
sen, wer sie sind, kann der Strom an
Bekenner-Posts der Identitätsfindung
dienen. Hashtags wie „Body Positivi-
ty“, „Acne Positivity“ und „Fat Sha-
ming“ bringen die diffuse Unsicher-
heit, mit der junge Menschen häufig le-
ben, auf den Punkt. Viele kokettieren
auch mit ihren Schönheitsmakeln.
Aber es braucht eben meist das Mittel
der Ironie. Die extreme Thematisie-
rung des Aussehens bleibt auch dann
Ausdruck unserer körperbewussten
Zeiten.
Wenn die Sorgen und Nöte kleiner
werden, kann das Ego wachsen, und
Ich-Fixierung bedeutet häufig auch
Körperfixierung. Die Bilder der aufop-
ferungsvollen Mutter und jenes der

von den Nationalsozialisten geprägten
deutschen Mutter sind allenfalls histo-
risch zu betrachten. Die Fraktion der
Latte-macchiato-Mütter und Insta-Ma-
mas könnte hingegen auch hierzulan-
de nicht gegenwärtiger sein. Teenager
stehen vor dem Spiegel und hassen
ihre Nase, Ältere kämpfen in einer Ge-
sellschaft, die Jugend vergöttert, dage-
gen an, dass sich ihr Körper verändert.
Schönheitsdruck betrifft alle.
Denn auch viele Mütter, egal wel-
chen Alters, wollen heute Lederleg-
gings und honigblonde Strähnchen tra-
gen. Dass sie damit eine Referenz für
die eigenen Töchter bleiben, ist kein
Wunder. Leider wurde nicht gefragt, in-
wiefern Väter das Schönheitsverständ-
nis von Männern prägten. Auch die be-
richten heute bei Facebook und Insta-
gram von „Cheat Days“ und „Body
Challenges“. Dass auch sie es im Alter
nicht so entspannt sehen werden wie
die ältere Generation, ist wahrschein-
lich. Mütter hingegen machen schon
heute die Trends mit. Weder, dass sie
oft zu einem späteren Zeitpunkt Kin-
der bekommen, ist ein Widerspruch,
noch die Berufstätigkeit in immer hö-
herer Stundenzahl. Das Allensbach-In-
stitut hat dazu gerade neue Zahlen im
Bundesfamilienministerium vorge-
stellt: Dass beide voll arbeiten und sich
die Aufgaben teilen, ist demnach kein
ganz exotischer Einfall mehr.
Dass die Mutter das Schönheitsver-
ständnis der Tochter so stark beein-
flusst, ist trotz mitunter verletzender
Kommentare über Gewichtsvorgaben
und Haarfarben mal eine seltene Win-
win-Situation beim Thema Schönheits-
druck, von dem für gewöhnlich nur die
Industrie etwas hat. Die Mütter bekom-
men die Bestätigung ihrer Töchter,
und die Töchter haben ein Vorbild, das
ohne Filter-Effekte und Management-
Strategien auskommt. Und meistens
ohne Ab Crack.

Auf die Größe kommt es an –Das Schreckensszenario für
den Fall eines No-Deal-Brexits, das die britische Regierung
veröffentlichen musste, konnte einem echt Angst und Bange
machen. Würden die Bewohner der Insel noch genug zu es-
sen haben, wenn siefor heaven’s sakeendlich krachend aus

der EU geflogen wären? Bilder von der „Autumn Flower
Show“ in Harrogate können alle jetzt aber ruhiger schlafen
lassen, denn mit dem Riesengemüse, das die Hobbygärtner
Albions stolz präsentieren, werden die Briten auch dem na-
henden Winter trotzen können.Seite 10 Foto dpa

IAA künftig in Berlin


oder Frankfurt


BUDAPEST, 13. September (AFP). Der
ungarische Schriftsteller, frühere Dissi-
dent und Holocaust-Überlebende György
Konrad ist tot. Der 86 Jahre alte Konrad
sei nach langer Krankheit zu Hause gestor-
ben, teilte seine Familie am Freitag der un-
garischen Nachrichtenagentur MTI mit.
Konrad galt als einer der besten Autoren
Ungarns, seine Romane und Essays wur-
den in viele Sprachen der Welt übersetzt.
Konrad war 1933 in der ostungarischen
Stadt Debrecen in einer jüdischen Familie
zur Welt gekommen. Im Juni 1944 entging
er knapp der NS-Judenvernichtung. Sein
erster Roman „Der Besucher“ wurde in 13
Sprachen übersetzt. 1989 spielte er eine
maßgebliche Rolle bei der Abkehr Un-
garns vom Kommunismus.

Mutter des Schönheitsdrucks


VonJennifer Wiebking


luci.FRANKFURT,13. September. Die
Versorgung kranker Kinder in Deutsch-
land ist wegen des zunehmenden ökono-
mischen Drucks im Gesundheitssystem
gefährdet. Fehlendes Personal, sowohl in
der Pflege als auch bei Ärzten, führe zu ei-
ner eingeschränkten Versorgungsqualität
und gefährde damit das Wohl der Patien-
ten; besonders betroffen seien akut und
chronisch schwerkranke Kinder. Zu die-
sen Ergebnissen kommt eine Studie des
interdisziplinären Forschungszentrums
Ceres der Universität Köln.
Für die sogenannte Cope-Studie haben
Wissenschaftler in Einzel- und Gruppen-
gesprächen fünfzig Beschäftigte in Kin-
derkliniken sowie Fachabteilungen für
Kinder- und Jugendmedizin und Kinder-
chirurgie nach ihrer Arbeitssituation be-

fragt. „Die derzeitige Lage der Pädiatrie
resultiert daraus, dass die Anforderungen
an die Gesundheitsversorgung von Kin-
dern nicht ausreichend finanziert wer-
den. Ganz besonders betrifft das die ho-
hen Vorhalte- und Personalkosten der Kli-
niken“, sagt Professorin Ingeborg Kräge-
loh-Mann, Präsidentin der Deutschen Ge-
sellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
„Für die Mitarbeiter in Kinderkliniken
wird es zunehmend schwierig, eine Balan-
ce zwischen finanzieller Notwendigkeit
und adäquater Patientenversorgung zu
finden“, so Krägeloh-Mann weiter.
Nach Ansicht der für die Cope-Studie
Befragten stünden Mitarbeiter von Pädia-
trien immer häufiger vor ethischen Kon-
flikten. Diese trügen zu einer weiteren De-
stabilisierung des Systems bei. Das Bun-

desgesundheitsministerium sieht im Mo-
ment offenbar keinen Handlungsbedarf
in Bezug auf die Finanzierung pädiatri-
scher Leistungen. Aufgrund der jährli-
chen Kalkulation und Anpassung des Fall-
pauschalensystems an die Rahmenbedin-
gungen sei zurzeit von einer sachgerech-
ten Abbildung der stationären Leistungen
von Kindern und Jugendlichen auszuge-
hen, heißt es seitens des Ministeriums.
Besondere Sorge bereiten den Kinder-
und Jugendärzten die nahenden Winter-
monate. Schon jetzt können zahlreiche
Kliniken, selbst in großen Städten, kran-
ke Kinder wegen fehlender Betten oder
fehlenden Personals nicht aufnehmen.
Selbst schwerkranke Kinder müssen häu-
fig in weit von ihrem Wohnort entfernte
Kliniken verlegt werden.(Siehe Seite 3.)

Im Realo-Fundi-Kontinuum


Ein Identitätskrieg mutiert


Der Yoga-Ministerpräsident


Nach der EZB-Entscheidung


Wir sind dann mal da


E

ine neue Studie belegt schwarz
auf weiß, was Eltern von kranken
Kindern schon länger spüren: Eine si-
chere und gute gesundheitliche Versor-
gung der Kleinsten ist vielerorts in
Deutschland nicht mehr gewährleistet.
Es fehlt an Betten, an speziellen Ein-
richtungen und an Personal. Dieser Be-
fund ist das Ergebnis des ökonomi-
schen Drucks, der zunehmend auf
dem Gesundheitssystem lastet, der
aber die Pädiatrie so schwer trifft wie
fast keinen anderen Fachbereich. In ei-
nem System, in dem es darum geht,
viel Geld zu verdienen, indem man
möglichst viel Technik anwendet, und
in dem möglichst wenig geredet, zuge-
hört und gepflegt wird, ist der besorg-
niserregende Zustand der Kindermedi-
zin keine Überraschung. Kranke Kin-
der verlangen nämlich genau das, was
das System nicht zahlt: Ärzte und Pfle-
ger, die mit Zeit, Geduld und Empa-
thie versuchen, eine sehr gute, aber
möglichst wenig belastende Behand-
lung zu finden.
Dass sich die Situation im Gesund-
heitssystem zuspitzt, ist nicht nur in
der Pädiatrie zu spüren. Es brennt an
vielen Ecken. Einigen Feuern versu-
chen Politik und Selbstverwaltung mit

neuen Regularien entgegenzuwirken;
sei es beim Pflegepersonal, in der In-
tensivpflege, der Hygiene oder Notfall-
versorgung. Jeder dieser Ansätze mag
für sich sinnvoll und wichtig sein, verla-
gert im Alltag der Krankenversorgung
das Problem aber oft von der einen auf
die andere Station. So wie Kinderklini-
ken bei knappen Kapazitäten ihr spe-
zialisiertes Pflegepersonal auf die In-
tensivstation für sehr kleine Frühgebo-
rene schicken, um dort die rechtlichen
Anforderungen zu erfüllen und ihre
Leistung abrechnen zu können. In der
Folge haben sie niemanden mehr, der
ältere schwerkranke Kinder pflegt, für
die es solche gesetzlichen Vorgaben
noch nicht gibt.
Nur über Vorschriften werden sich
die Probleme des deutschen Gesund-
heitswesens nicht lösen lassen. Was es
viel mehr braucht: wieder das Wohl
des Patienten in den Mittelpunkt zu rü-
cken. Eine Gesundheitsversorgung,
die das als oberstes Ziel hat, muss
nicht teurer werden. Sie kann nämlich
dazu führen, dass bestimmte Thera-
pien gar nicht angewendet werden,
dass Kliniken schließen müssen, weil
sie die Qualitätsstandards nicht erfül-
len und weil Dasein, Zuhören und Be-
raten kaum Sachressourcen beanspru-
chen. Das, was Kinder also instinktiv
verlangen, sollte dem gesamten Ge-
sundheitssystem bei künftigen Ent-
scheidungen als Maßstab dienen.

György Konrad mit


86 Jahren gestorben


Heute


D.D.FRANKFURT,13. September. Das
Vorhaben der Deutschen Bischofskonfe-
renz, gemeinsam mit Vertretern des Laien-
katholizismus über Reformen in der katho-
lischen Kirche in Deutschland zu beraten,
stößt im Vatikan auf Widerstand. Im Juni
hatte Papst Franziskus gemahnt, die Deut-
schen mögen sich „in Übereinstimmung
mit der Weltkirche“ bewegen – eine For-
mulierung, die jede Kontroverse über „hei-
ße Eisen“ im Keim ersticken soll. Jetzt
ließ Kardinal Ouellet wissen, die Bischöfe
würden ihrer „besonderen Verantwor-
tung“ nicht gerecht, wenn sie sich auf Au-
genhöhe mit Laien bewegten. Außerdem
hätten sie in Sachen Ämter für Frauen
oder Sexualmoral nichts zu beschließen.
(Siehe Seite 4; Kommentar Seite 8.)

jbe. FRANKFURT, 13. September.
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat
Bundespräsident Frank-Walter Stein-
meier vorgeworfen, sich an einem „poli-
tischen Kampf gegen die AfD“ zu betei-
ligen. Steinmeier hatte der Zeitschrift
„Der Spiegel“ gesagt, dass Parteien, die
sich in einer bürgerlichen Tradition se-
hen, „nicht gleichzeitig einem ausgren-
zenden, autoritären oder gar völkischen
Denken huldigen“ könnten. Das sei
„das Gegenteil von bürgerlich: Es ist an-
tibürgerlich.“ Steinmeier hatte die AfD
nicht namentlich erwähnt. Meuthen
und sein Ko-Vorsitzender Alexander
Gauland beharren darauf, dass ihre Par-
tei bürgerlich sei. Meuthen kritisierte,
Steinmeier verlasse „mit solchen Äuße-
rungen erstens seine Rolle, die eine par-
teipolitisch neutrale zu sein hat. Zwei-
tens redet er Unfug, wenn er der strikt
rechtsstaatlichen, konservativ-freiheitli-
chen AfD die Bürgerlichkeit abspricht.“
Steinmeier selbst mangele es an „wah-
rer Bürgerlichkeit“, sagte Meuthen die-
ser Zeitung. Gauland sagte: „Ein Bun-
despräsident sollte sich nicht in Partei-
politik einseitig einmischen.“ – „Ich un-
terhalte michgerne mit ihm unter vier
Augen über das, was bürgerlich ist.“
Steinmeier hatte argumentiert, jede
Partei müsse „sich entscheiden“, wie
sie sich aufstellen wolle: „entweder völ-
kisch-kollektivistisch oder aufgeklärt-
bürgerlich“.(Kommentar Seite 10.)


job.LONDON, 13. September.Der Ende
Oktober aus dem Amt scheidende briti-
sche Parlamentspräsident John Bercow
hat mit einem Ausreizen seiner verfas-
sungsmäßigen Möglichkeiten gedroht,
sollte Premierminister Boris Johnson ver-
suchen, das No-Deal-Verhinderungsge-
setz zu umgehen. In einer Rede in Lon-
don kündigte Bercow am Donnerstag-
abend „zusätzliche Kreativität“ bei der
Interpretation der parlamentarischen Ge-
schäftsordnung an. Zugleich verglich er
Johnson mit einem Bankräuber. Der Pre-
mierminister hatte gesagt, er läge lieber
tot im Graben, als in Brüssel einen Auf-
schub des Austrittstermins zu beantra-
gen. Eben dazu zwingt ihn das Gesetz, so-
fern es nicht bis zum 19. Oktober ein Ab-
kommen gibt.

„Lassen Sie mich das hier glasklar sa-
gen: Der einzige Brexit, den wir, wann
auch immer, haben werden, wird ein Bre-
xit sein, dem das Unterhaus ausdrücklich
zugestimmt hat“, sagte Bercow. Der Vorsit-
zende im Ausschuss für Verfassungsfra-
gen, Bernhard Jenkins, kritisierte Ber-
cows Äußerungen als „persönlichen An-
griff“ auf Johnson. Bercow habe sein Amt
„politisiert und radikalisiert“. Seine „unge-
hinderte Macht“ müsse vom Unterhaus in
die Schranken gewiesen werden. Der
Tory-Abgeordnete Michael Fabricant
warf Bercow Heuchelei vor und schrieb:
„Seine Voreingenommenheit hat das Amt
des Speakers in Misskredit gebracht.“
Unterdessen kündigte Johnsons Büro
an, dass er am Montag nach Luxemburg
reisen werde, um EU-Kommissionspräsi-

dent Jean-Claude Juncker zu treffen. Mit
einem Durchbruch in den Vorgesprächen
über ein neues Austrittsabkommen wird
jedoch nicht gerechnet. Johnsons Ver-
such, den Verhandlungsstillstand mit ei-
ner Variante des „Northern Ireland-only
Backstop“ zu überwinden, erlitt am Frei-
tag einen Rückschlag. Die nordirische
DUP wies Zeitungsberichte als „Unsinn“
zurück, dass sie in dieser Frage kompro-
missbereit sei. Die zehn Abgeordneten
würden keiner Lösung zustimmen, die
Nordirland anders behandle als den Rest
des Vereinigten Königreichs, hieß es. Mög-
lich ist, dass Johnson die Linie dennoch
weiterverfolgt. In europäischen Diploma-
tenkreisen werden die Erfolgsaussichten
eines Kompromisses allerdings skeptisch
beurteilt.(Siehe Seite 10.)

Papst und Kurie gegen


„Synodalen Weg“


Parlamentspräsident Bercow droht Johnson


„Wird nur einen Brexit mit Zustimmung des Unterhauses geben“ / Kritik an Äußerungen


Mütter tragen Leggings
und honigblonde
Strähnchen – und bleiben
Referenz für die Töchter.

Briefe an die Herausgeber Seite 6


AfD: Steinmeier


führt politischen


Kampf gegen uns


Mediziner warnen vor


Versorgungsnotstand in Kinderkliniken


Pflegepersonal und Ärzte fehlen / Gesundheitsministerium sieht keinen Handlungsbedarf


Medizin ohne Empathie


VonLucia Schmidt


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Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 3,90 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,00 € / Dänemark 31dkr/ Großbritannien 3,50 £ / Schweiz 5,20 sfrs / Ungarn 1060 Ft

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