Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14.09.2019

(Elle) #1

SEITE 16·SAMSTAG, 14. SEPTEMBER 2019·NR. 214 Medien FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


W


erwürde sich nach dem Aus-
scheiden von Hanns von
Meuffels (Matthias Brandt)
auf die in München vakante
„Polizeiruf“-Stelle bewerben? Niemand,
so stellte es die zuständige Redakteurin
Cornelia Ackers früh heraus. Der Ermitt-
ler, der eigentlich immer ein Fremder in
München blieb, gewann seinen Scharf-
sinn auch durch die stets gepflegte Au-
ßenseiterposition. Er gehörte nicht dazu,
einfühlende Distanz war seine Stärke.

An seinem Urteilsvermögen war nur ein-
mal zu zweifeln, in „Und vergib uns unse-
re Schuld“, einem grandiosen Duell mit
einem durch von Meuffels Schuld einst
davongekommenen Mädchenmörder (ge-
spielt von Karl Markovics). Nicht nur der
Mörder, der seine Schuld bereut, sucht
da am Ende nach Vergebung, sondern
vor allem der Kommissar selbst. Das Un-
fehlbarkeitsdogma ist gebrochen. Mea
maxima culpa. Auch von Meuffels war
nicht die Erlöserfigur, die im deutschen
Krimi goutiert wird, aber es lag wesent-
lich in seinem Selbstverständnis.
So viel steht fest: Die Polizistin, die nun
ihren Einstand beim BR-„Polizeiruf“ gibt,
ist keine Jesusnachfolgerin. Sie ist auch
keine Berufene, die ihr Berufsleben über
den Karriereaufstieg bestimmt. Sie ist
auch keine Frau, die ihre Welthaltung pri-
mär über Beziehungen zu Männern, seien
es Vorgesetzte oder andere, definiert. Und
sie kommt aus Österreich und heißt Elisa-
beth, was ihren temporären Chef Strasser
(Norman Hacker) im ersten Fall gleich
missverständlich dazu bringt, sie „Sisi“ zu
nennen, wie die unglückliche Kaiserin. Eli-
sabeth Eyckhoff (Verena Altenberger)
weist solche Einnordung von sich. „Bes-
sie“, nicht „Sisi“, bitte schön. Keine voreili-

gen Schlüsse. Hinschauen. Warum sie
trotz bester Jahresbewertungen immer
noch Streifenpolizistin ist und mit den Kol-
legen Cem Halac (Cem Lukas Yeginer), ih-
rem jüngeren Halbbruder und WG-Mitbe-
wohner, und dem arg gemütlich wirken-
den Wolfgang Maurer (Andreas Bittl)
zwar als Gurkentruppe angesehen wird,
aber doch den ersten Fall nach Punkten
für sich entscheidet, wirkt in „Der Ort,
von dem die Wolken kommen“ plausibel.
Anderes weniger. Florian Schwarz (Re-
gie, „Das weiße Kaninchen“, „Tatort –
Im Schmerz geboren“) und Michael Pro-
ehl (Buch) ist es ebenso wie Cornelia
Ackers ernst mit dem Neustart in Mün-
chen. Wenn es keine Kommissarinnen-
heldin mehr gibt, rücken viele Figuren ge-
meinsam ins Zentrum. Teamwork und
flache Hierarchien sind darzustellen, vie-
le Geschichten anzureißen, hinzustellen,
hinzunehmen. Es sei, wie es sei.
Ein verwahrloster Junge (Dennis
Doms) wird am Isarufer aufgegriffen. Er
trägt Fesselspuren, Hornhaut am Gesäß
deutet auf langes erzwungenes Stillsitzen
hin. Er spricht nicht und ist mangeler-
nährt. Wegen Personalknappheit soll
Eyckhoff den Fall übernehmen und das
Kind im Krankenhaus schützen. Ihr ge-

lingt ein Zugang zu dem Jungen, der sich
Polou nennt. Während die zuständige Ju-
gendamtsbeamte Silke Fabian (Anja
Schiffel) blockiert, bietet die Kindertrau-
ma-Psychiaterin Kutay (Katja Bürkle)
an, Polou und Eyckhoff in Doppelhypno-
se zu versetzen, um seine Herkunft zu er-
gründen. Mehr Kinder könnten in Ge-
fahr sein, der „Yodok“ hat Polou entkom-
men lassen, ein „Wolf“ tut allen Gewalt
an. Inzwischen dringt eine pelzverhüllte
Frau mit Schusswaffe in die Klinik ein.
Eyckhoff, die als geerdete Person einge-
führt wird, macht sich mit Polou trotz Re-
traumatisierungsgefahr auf abermalige
Expedition ins Unterbewusste. Surreale
Horrorhausbilder und filmästhetisch for-
ciertes Todeserschrecken bringen die Poli-
zistin gleich zum Auftakt über ihre Gren-
zen hinaus (Kamera Julian Krubasik). Er-
löserfiguren-Komfortzonen-Krimifernse-
hen ist das sicher nicht. Handelsübliche
Logik ist hier uninteressant. Dass aber
nach „Der Ort, von dem die Wolken kom-
men“, einem Film, dem man die Figuren-
ambition deutlich anmerkt, weniger ange-
strengt erzählt wird, wäre der Stimmig-
keit zuträglich.^ HEIKE HUPERTZ
DerPolizeiruf 110: Der Ort, von dem die Wolken
kommen, am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.

A


m Umgang mit den fünf Digitaloligo-
polisten Google (Alphabet), Face-
book, Amazon, Apple und Microsoft wird
sich die Zukunft der Presse entscheiden.
Denn nur wer in deren Diensten und auf
Plattformen und Netzwerken auftaucht,
wird vor allem von den Jüngeren über-
haupt noch wahrgenommen. Die Konzer-
ne aus dem Silicon Valley sind übermäch-
tig. Wie sehr sie auf Demokratie und Ge-
sellschaft einwirken, kann man nicht nur
an der Verbreitung von Fake News, Hass
und Hetze in der digitalen Welt erkennen.
Dabei ist das Wirken dieser Konzerne voll-
kommen intransparent. Über alle anderen
wissen sie alles, von ihren Algorithmen,
mit denen sie die Öffentlichkeit und jeden
Einzelnen steuern, wissen wir nichts. Für
die Verlage stellt sich daher seit langem die
Frage, wie sie mit den „Intermediären“ um-
gehen sollen. Sich anpassen, unterschlüp-
fen, mit kleinen Gaben begnügen? Oder
dagegenhalten und den Gesetzgeber ansta-
cheln, die Stellung der Presse und des
Rundfunks gegenüber den Digitalkonzer-
nen zu stärken? Der Chef von Springer, Ma-
thias Döpfner, fährt, wie man in den ver-
gangenen Tagen sehen konnte, eine Dop-
pelstrategie. Für das umstrittene Leistungs-
schutzrecht, mit dem Verlage einen Rechts-
anspruch erhalten, den sie gegen die Digi-
talkonzerne durchsetzen können, wenn sie
wollen, ist gerade sein Verlag über all die
Jahre vehement eingetreten. Zugleich aber
macht Döpfner einen Rückzieher, sobald
es damit zum Schwur kommt. Eine PR-
Kampagne, welche sich die Verwertungsge-
sellschaft VG Media ausgedacht hatte, um
auf die besondere Bedeutung der Presse
für die Demokratie hinzuweisen und auf
die Gefahren, die von weitgehend unregu-
lierten Digitaloligopolisten ausgehen, hat
Döpfner in seiner Eigenschaft als Präsi-
dent des Deutschen Zeitungsverlegerver-
bandes torpediert. Kaum hatte jemand ein
internes Papier der Kampagne an den On-
line-Dienst „netzpolitik.org“ durchgesto-
chen (genau die richtige Adresse, wenn es
gegen Presseverlage gehen soll), in dem an
einer Stelle davon die Rede ist, man wolle
die Öffentlichkeit überzeugen und Politi-
ker, Beamte und Richter, die mit der Mate-
rie zu tun haben, „ertüchtigen“ – also auf
den Stand bringen, instand, in Kenntnis set-
zen, mit Argumenten überzeugen –, ließ
Döpfner erklären, man distanziere sich
„entschieden von jeglichem Versuch, die
Unabhängigkeit der Meinungsbildung, ins-
besondere von Richtern und Institutionen,
in Frage zu stellen. Richter benötigen kei-

ne ‚Ertüchtigung‘.“ Zum selben Zeitpunkt
wurde bekannt, dass der Digitalkonzern
Facebook, dessen Chef Mark Zuckerberg
Döpfner geradezu kumpelhaft verbunden
scheint, für seine Videoplattform „Face-
book Watch“ drei deutsche Partner gefun-
den hat, die mit jeweils zweistelligen Millio-
nensummen vergütet werden. Und das
sind welche? Burda, Gruner + Jahr und –
Trommelwirbel – Springer. Facebook wie-
derum entwickelt in den Vereinigten Staa-
ten gerade ein Konzept für sein neues An-
gebot „News Tab“. Bei diesem sollen seriö-
se Medien wie „New York Times“, „Wa-
shington Post“, „Wall Street Journal“,
Bloomberg, ABC, CBS oder BBC bevor-
zugt behandelt und als „Partner“ mit bis zu
drei Millionen Dollar pro Jahr bezahlt wer-
den. Potentielle Fake-News-Schleudern
hätten das Nachsehen. Da gilt es für die
Presse selbstverständlich, von den Face-
book-Kuratoren für wert befunden zu wer-
den und dabei zu sein. Auf diese Weise,
schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ zutref-
fend, werde Mark Zuckerberg, der sich lan-
ge gegen die Auffassung gewehrt hat, sein
Konzern trage Verantwortung für die trans-
portierten Inhalte, zum „Chefredakteur“.
Derweil hat Google bekanntgegeben, man
werde in den Suchergebnissen künftig Ori-
ginalberichte der Presse künftig besser pla-
zieren. Darauf, wen Facebook-Chefredak-
teur Zuckerberg dereinst in seinen „Ger-
man News Tab“ aufnimmt, darf man ge-
spannt sein. Wir hätten da so eine Vermu-
tung. miha.

Die AfD hat bei den Landtagswahlen
stark zugelegt. Welchen Anteil hat dar-
an die Unterrepräsentanz ostdeutscher
Themen in überregionalen Medien?


Das Wahlergebnis in Sachsen und in
Brandenburg hat viele Ursachen. Sicher
muss dabei auch kritisch beleuchtet wer-
den, ob die Medien die Themen und Pro-
bleme, die die Ostdeutschen bewegen,
ausreichend reflektieren und inwieweit
sich hier auch Fragen, Zweifel und kriti-
sche Positionen der Wählerschaft wieder-
gefunden haben.


Es gibt auch an der ARD Kritik, dass
ostdeutsche Positionen und Themen zu
wenig vertreten seien.


Wir haben uns mit dieser Frage in der
ARD bereits vor einigen Jahren beschäf-
tigt, haben Defizite festgestellt und auch
gegengesteuert. Zwischen 2017 und 2018
haben sich die Beiträge aus unserem Sen-
degebiet in „Tagesschau“ und „Tagesthe-
men“ zum Beispiel verdoppelt. Zusätz-
lich ist das Themenspektrum vielfältiger
geworden. Zur Wahrheit gehört auch,
dass nach einschlägigen Untersuchungen
bei der Berichterstattung über Ost-
deutschland in den Medien über viele Jah-
re hinweg insgesamt Themen wie Armut,
Rechtsradikalität und das Gefühl, „abge-
hängt zu sein“, dominierten. Damit sind
auch negative Wertungen und Urteile
über den Osten transportiert worden, die
natürlich Spuren bei der Bevölkerung in
den neuen Ländern hinterlassen haben.


Was macht Ihr Sender dagegen?


Der MDR bemüht sich tagtäglich, in al-
len Genres über die Lebenswirklichkeit
der Menschen in unseren drei Ländern
zu berichten. Wir haben unseren Infor-
mationsanteil in den letzten Jahren er-
höht, haben neue Formate entwickelt,
um im direkten Gespräch mit den Bürge-
rinnen und Bürgern die Themen zu disku-
tieren, die sie bewegen, und näher an ihr
Leben heranzurücken. Wir arbeiten zu-
dem systematisch Zeitgeschichte auf,


analysieren so wichtige Phasen deut-
scher Geschichte, wie in der letzten Zeit
verstärkt die neunziger Jahre. Wir reflek-
tieren Biographien mit bemerkenswer-
ten Lebensleistungen, aber auch tiefge-
hende Brüche in den Lebenswegen.
Dazu gehören Dokumentationen über
die Kalikumpel in Bischofferode oder die
Treuhandanstalt und die Investoren im
Osten Deutschlands.

Versteht sich der MDR noch immer als
die Stimme des Ostens?
Ja, in mehrfacher Hinsicht. Aber nicht
als Abgrenzungskategorie, denn der „Os-
ten“ wird mir in der Berichterstattung zu
häufig als Gegensatz zum „Westen“ be-
nutzt. Wir sind die einzige öffentlich-recht-
liche Rundfunkanstalt, die einen Versor-
gungsauftrag ausschließlich für neue Bun-
desländer hat. Damit haben wir den An-
spruch, eine starke publizistische Stimme

aus dieser Region, für diese Region, aber
auch innerhalb der ARD zu sein. So wie
der Bayerische Rundfunk eine starke publi-
zistische Stimme für Bayern sein möchte.
Wir sehen es als unseren Programmauf-
trag an, die Lebensleistung, die Erfahrun-
gen, Erlebnisse, aber auch die Widersprü-
che im Alltag der Menschen in Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen zu be-
schreiben. Das erfordert eine differenzier-
te Sicht auf die Geschichte als auch auf die
aktuelle politische Situation und die gesell-
schaftlichen Rahmenbedingungen. Hinzu
kommt, dass wir uns ebenso als Sender ver-
stehen, der über die osteuropäischen Nach-
barländer berichtet und über deren Erfah-
rungen und Perspektiven informiert.

Setzen Sie sich damit in der ARD durch?
Die Diskussion über Ostthemen in „Ta-
gesschau“ und „Tagesthemen“ ist sehr
ernst genommen worden, und es gab hier
spürbare Veränderungen. Allerdings ist es
im Konzert von neun Landesrundfunkan-
stalten nie ganz einfach, sich durchzuset-
zen. Entscheidend sind immer Respekt
und Wertschätzung. Ich persönlich halte
es an dieser Stelle gern auch mit dem Bun-
despräsidenten, der einmal gesagt hat:
„Ostdeutsche haben nach der Wiederver-
einigung Brüche erlebt, wie sie meine Ge-
neration im Westen nie kannte. Und den-
noch sind diese ostdeutschen Geschichten
kein solch fester Bestandteil unseres ,Wir‘
geworden wie die des Westens. Ich finde,
es ist an der Zeit, dass sie es werden.“

Es gab Kritik an einer geplanten Podiums-
diskussion zum Dokumentarfilm „Stadt
in Aufruhr“ über die Ereignisse in Chem-
nitz vor einem Jahr, weil daran ein Vertre-
ter der rechtsextremen Organisation
„Pro Chemnitz“ teilnehmen sollte. Wie
geht man beim MDR generell mit Sympa-
thisanten und Mitgliedern der AfD um?
Mit dieser Frage befassen mir uns na-
hezu täglich, weil sich sowohl die Perso-
nen als auch die Anlässe immer wieder
ändern. Die Antwort kann man nur in

eine Richtung generalisieren: Unsere
Antwort ist bester Journalismus.

Was heißt das konkret?
Mehr denn je ist solides journalisti-
sches Handwerk gefragt. Tiefe Recher-
che, nachprüfbare Fakten, sorgfältige
Auswahl der Themenfelder, Hartnäckig-
keit im Nachfragen und journalistische
Distanz sind das beste Mittel im journalis-
tischen Umgang mit der AfD.
Die AfD ist häufig in den Talkshows zu
Gast, oder deren Themen bestimmen
viele Diskussionen. Bieten Sie dieser
Partei damit eine zu breite Plattform?
Es ist immer eine Abwägung, welche
Themen relevant sind und ob für deren
Erörterung AfD-Vertreter eingeladen
werden müssen. Diese Frage diskutieren
wir bei jedem Beitrag, bei jeder Sendung
immer wieder neu. Wer etwas zu sagen
hat, soll gehört werden. Aber wir können
nicht zulassen, dass Unwahrheiten unwi-
dersprochen bleiben.

Wie reagieren die Zuschauer auf die
AfD-Berichterstattung des MDR?
Viele Themen unserer Gesellschaft
werden gegenwärtig sehr polarisiert dis-
kutiert. Und das spiegelt sich auch bei un-
seren Berichten wie in einem Brennglas
wieder. Wir haben häufig beim Auftritt
eines AfD-Vertreters eine Pro-und-Kon-
tra-Diskussion, vor allem im Netz, oft
auch mit einem rauhen Duktus.

Wie kann das oft verzerrte rechte Bild
von Ostdeutschland entzerrt werden?
Wir müssen die Stärken der ARD nut-
zen. Das heißt, auch in den überregiona-
len Angeboten die regionale Kompetenz
und örtliche Perspektive überzeugender
darstellen, die kulturelle Vielfalt, die
wirtschaftlichen Leistungen und die tou-
ristischen Highlights sichtbar machen.
Das gilt für den Osten genauso wie für
das Ruhrgebiet. Redaktionen sollen so di-
vers zusammengesetzt sein, dass eine Per-
spektivenvielfalt möglich ist.

Der Chef der Thüringer Staatskanzlei,
Benjamin Hoff, schlägt vor, dass der öf-
fentlich-rechtliche Rundfunk nach dem
Vorbild der BBC statt des Auftrags eine
Charta mit einer genauen gesellschafts-
politischen Standortbestimmung erhält.
Was halten Sie davon?
Wir sind mitten in der Public-Value-Dis-
kussion, und diese Debatte benennt auch
die gesellschaftspolitischen Themenfelder,
die in der BBC-Charta stehen. Deshalb fin-
den sich im ARD-Bericht, den wir 2017 an
die Länder übergeben haben, nicht nur
Strukturreformen mit Einsparungen, son-
dern sechs Versprechen an die Gesell-
schaft zu unserer Verantwortung im digita-
len Zeitalter. Das reicht von einem gemein-
wohlorientierten Kommunikationsraum
bis zu dem Anspruch, für unabhängigen
und verlässlichen Journalismus zu stehen,
jeden Tag Qualität zu bieten und zu einer
starken und lebendigen Kreativwirtschaft
beizutragen. Zu meinen Leitgedanken
während meines ARD-Vorsitzes gehörte
auch, wirklichkeitsgetreuer den Osten wie-
der zu spiegeln und mit Respekt den Dia-
log mit den Bürgerinnen und Bürgern zu
führen.

Sie hatten Ihren ARD-Vorsitz von
2016-2017 genutzt, um auf eine stärke-
re Debatte über die gesellschaftspoliti-
sche Funktion des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks zu drängen. Sind Sie ent-
täuscht, dass die Politik dieses Angebot
nicht aufgegriffen hat?
Es stimmt leider, dass die Debatte
über die Höhe des Rundfunkbeitrages ei-
nen Diskurs über den Sinn und die Per-
spektive unseres Systems überlagert hat.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir in der
Gesellschaft insgesamt mehr ins Ge-
spräch darüber kommen, welchen Wert
ein solch solidarisch finanziertes System
hat, welche Erwartungen bestehen und
wohin es sich im digitalen Zeitalter ent-
wickeln soll.
Das Gespräch führteHelmut Hartung.Er ist Chef-
redakteur des Blogsmedienpolitik.net.

Die negativen Urteile über den Osten haben Spuren hinterlassen


Was macht der Mitteldeutsche Rundfunk, um dem Eindruck entgegenzutreten, in seinem Sendegebiet gebe es nur Rechte und die AfD?


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Im ZDF-Fernsehrat gibt es Kritik an der
Berichterstattung des Senders zu den
jüngsten Landtagswahlen in Sachsen
und Brandenburg. Mehrere Mitglieder
des Aufsichtsgremiums warfen den Ver-
antwortlichen eine zu zurückhaltende
Berichterstattung über die AfD vor.
ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte,
der Sender sei sich bewusst, dass der „ex-
tremistische Flügel“ innerhalb der AfD
an Einfluss gewinne. In der Öffentlich-
keit zeige die Partei zugleich eine „nette-
re Oberfläche“, was Interviews sehr
schwierig mache. Die Positionen der
Partei zu hinterfragen sei aber eine Auf-
gabe nicht nur für Medienvertreter. Tat-
sächlich seien Politiker immer seltener
bereit, sich im Fernsehen Diskussionen
mit AfD-Vertretern zu stellen. Inten-
dant Thomas Bellut verteidigte die
Wahlberichterstattung ebenfalls. „Wir
sind dazu verpflichtet, Politiker der AfD
zu interviewen. Aber wir sind nicht ver-
pflichtet, Rassismus oder Antisemitis-
mus unkommentiert über den Bild-
schirm zu lassen.“ Weiteres Thema der
Sitzung war das neue Konzept für die
ZDF-Mediathek. Dort sollen Videoin-
halte abrufbar sein, die nur einen losen
oder gar keinen direkten Bezug zum
Fernsehprogramms haben. Zu Sporter-
eignissen soll es Livestreams geben. Die
Beiträge in den einzelnen Programm-
sparten sollen zwischen einem bis zu
fünf Jahre verfügbar sein. epd/F.A.Z.


In der ARD regt sich Widerstand gegen
eine Verschiebung des Auslandsmaga-
zins „Weltspiegel“ im Ersten. Gerade in
Zeiten von Fake News und einfachen
Wahrheiten brauche es den „Weltspie-
gel“, „länger und nicht verschoben“, twit-
terte der NDR-Journalist Gabor Halasz.
Die ARD will das Vorabendprogramm
am Sonntag von April 2020 an neu ord-
nen, weil die Serie „Lindenstraße“ abge-
setzt wird. Demnach soll der „Weltspie-
gel“ auf dem prominenten Sendeplatz
vor der „Tagesschau“ durch Sport ersetzt
werden. Das Auslandsmagazin liefe
eine knappe Stunde früher. „Es ist noch
keine definitive Entscheidung getroffen
worden“, sagte der ARD-Vorsitzende Ul-
rich Wilhelm. Bei der ARD-Hauptver-
sammlung kommende Woche würden
die Änderungen thematisiert. Wie dem
„Handelsblatt“ zu entnehmen ist, wand-
ten sich mehr als hundert Auslandskor-
respondenten der ARD und weitere Jour-
nalisten der Sender in einem Brief an
die Intendanten: Statt Informationspro-
gramme wie „Bericht aus Berlin“ und
„Weltspiegel“ zu stärken, würden „sie in
den vorliegenden Planungen zeitlich
nach vorne verlegt und damit marginali-
siert“. Der Deutsche Journalisten-Ver-
band schloss sich der Kritik an. Schon
vor Jahren seien Politikmagazine zu-
gunsten von Unterhaltung verschoben
worden, sagte der DJV-Bundesvorsitzen-
de Frank Überall. Bestehe der Abend im
Ersten nur noch aus Sport und Krimi, ge-
rate der öffentlich-rechtliche Programm-
auftrag ins Wanken. epd/F.A.Z.


Gespräch mit der MDR-Intendantin Karola Wille


ZDFund die AfD


Kritik im Fernsehrat an Berichten


Frust und Haltung
Der Brexit hat Briten mit Zweitwohn-
sitz in Frankreich verunsichert

Protest der Hundert


ARD will „Weltspiegel“ verschieben


Doppel-Döpfner


Vom Umgang des Springer-Chefs
mit den Digitalkonzernen

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Respekt für das It-Girl
Dank Hiphop und Social Media ist Shi-
rin David zum Jugend-Idol geworden

Champions League
Jürgen Klopp und Liverpool
greifen wieder an

Karola Wille Foto MDR


Im „Polizeiruf“ aus Mün-


chen gibt es eine Nach-


folgerin für den von


Matthias Brandt verkör-


perten Ermittler Hanns


von Meuffels. Mit


Verena Altenberger als


Streifenpolizistin wird


in der Tat alles anders.


Die Streifenpolizistin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) muss in ihrem ersten Fall klären, was mit dem verwahrlosten Jungen Polou (Dennis Doms) passiert ist. Foto BR

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