Neue Zürcher Zeitung - 13.09.2019

(Romina) #1

14 SCHWEIZ Freitag, 13. September 2019


«Zigarrenliebhaber

sind Persönlichkeiten»

Heinrich Villiger ist der letzte Zigarrenbaron der Schweiz. Er kämpft


für das Genussrauchen und wehrt sich vehement dagege n, dass


an Schwingfesten keine Stumpen mehr abgege ben werden dürfen.


Das Gespräch führten Daniel Gerny, Erich Aschwanden und Sergio Aiolfi


HerrVilliger,der Ständerat plant ein Ge-
setz, das dieTabakwerbung überall dort
verbietet,wo sich Jugendliche aufhalten.
Was spricht dagegen?
Die WHO führt seitJahrzehnten einen
end losen Krieg gegen denTabak. Man
hat die Schraube imVerlaufe der letzten
Jahre immer weiter angezogen.Ich frage
mich,weshalb.Ichwerdejetztbald90und
habe schonals 10-jähriges Kind gewusst,
dass Rauchen ungesund ist.Damals gab
es den Spruch: «Alkohol und Nikotin
raff en die halbe Menschheit hin. Doch
ohne Alkohol undRauch stirbt die an-
dere Hälfte auch.» Schon zu dieser Zeit
verbotendieElternihrenKindernzurau-
chen,weil es schädlich ist.Aber niemand
dachte an Anti-Tabak-Kampagnen, es
galtdasPrinzipderEigenverantwortung.
Wir sterben alle – dieFrage ist höchs tens,
ob es früher oder später geschieht.

Das beantwortet allerdings dieFrage
nicht,was gegenTabakwerbeverbote
spricht.
Jedes Kind und jederJugendliche weiss,
dass man besser nichtrauchen sollte.
Aberallein wegen der «Rauchen ist
gefährlich»-Aufkleber und der Prä-
ventionskampagnen hört niemand da-
mit auf. Genauso beginnenJugendliche
nichtmit dem Rauchen,weil sie sich von
einem Plakat oder einem Inserat ange-
sprochen fühlen.Werbeverboteändern
nichts amTabakkonsum.Viel wichtiger
ist der Gruppendruck.

Rauchen denn Ihre eigenen Kinder?
Nein –komischerweiserauchen weder
meine vier Kinder noch meine acht
Enkel. Ich weiss auch nicht, was ich
falsch gemachthabe...(lacht)

Wenn dieWerbung nichts bringt,könnte
man darauf ja getrost verzichten.
Werbung dient nicht dazu, die Leute
zumRauchen zu verleiten, sondern
dazu, sie zu einer bestimmten Marke zu
holen.Das ist wenigstens das, was die
Zigaretten-Leute sagen. Ich glaube,sie
haben damit zu einem grossenTeil recht.
Für uns als Hersteller von Zigarren und
Zigarillos steht aber etwas anderes im
Vordergrund: OhneWerbung ist es uns
unmöglich, auf Innovationen aufmerk-
sam zu machen. Ich habe aberkeinerlei
Mühe damit, aufWerbung fürJugend-
liche zu verzichten. Sie gehören schlicht
nicht zu unserer Zielgruppe.

Wenn Sie keine Mühe mit demJugend-
schutz haben...
...nein, das ist für uns völlig in Ord-
nung. Die Branche ist längst damit ein-
verstanden, dass Tabakprodukte nicht
an unter18-Jährige abgegeben werden.
Für unsereFirma gilt das sowieso: Ich
habe noch nie einenJugendlichen mit
einer Zigarre oder einem Stumpen ge-
sehen.Weshalb sollte ich gegen den
Jugendschutz sein?

Was stört Sie dann an strengeren Ge-
setzen?
UnsereKunden sind Erwachsene, die
sich selbstein Bild von der Schädlich-
keit vonTabakwaren machenkönnen.
Wenn wir überhaupt nicht mehr werben
dürfen,haben wir einen massiven Nach-
teil gegenüber den globalen Playern im
Zigarettengeschäft.Diese Konzerne spa-
ren mitWerbeverboten viel Geld. Denn
sie haben andereWege, an Kunden zu
kommen: Sie kaufen im grossen Stil
Stellfläche im Detailhandel auf und ver-

stopfen mit einerVielzahl von Produk-
ten unsere traditionellen Absatzkanäle.
Mit demAufkommen der E-Zigarette
akzentuiert sich das Problem, denn dort
gibt es Hunderte von Geschmacksrich-
tungen.Wir werden schlicht verdrängt.
Werbung ist für uns heute besonders
wichtig, um unsereKunden überhaupt
nochauf unsere Produkte aufmerksam
machen zukönnen.

Wo wollen Sie dennwerben?
Zum Beispiel im Internet.Esist unver-
ständlich,dass dieWerbung im Netz ver-
boten werden soll.Das ist nicht nur ein
schwerer Eingriff in die freie Marktwirt-
schaft, sondernes ist auch völlig unklar,
was damit gemeint ist. Heisst das, dass
letztlich der gesamteWebauftritt von
Tabakfirmen nicht mehr zulässig sein
soll? Denn natürlich machen wir auf
unse rer WebsiteWerbung für unsere
Produkte.Wir lehnen es auch ab, dass
wir unsere Produkte zuWerbezwecken
nicht mehr unentgeltlich abgeben dürfen
sollen. Es schadet doch nicht, wenn wir
an Schwingfesten oder an Golfturnie-
ren Muster unserer Zigarren oder Ziga-
rillos abgeben. Diese Aktionen richten
sich ganz klar nichtan ei ne junge Ziel-
gruppe.Villiger geht ja nicht an ein Kin-
derfest. Und wirkönnen von den Leu-
ten auch nicht verlangen, dass sie sich
durch unser gesamtes Sortiment kaufen.

Sie müssen Ihre Produkte mit gros-
sen Warnhinweisen bedrucken. Ärgert
Sie das?
Ach, wissen Sie, man gewöhnt sich im
Leben an alles.Verbote sind in unse-
rer Branche das tägliche Brot. Deshalb
störe ich mich nicht mehr daran. Man

BUNDESGERICHT


Kein e Schranken


beim Assistenzbeitrag


St.Galler Urteil zu sechsjährigem Behinderten korrigiert


Mit dem sogenannten Assistenz-


beitrag sollen Behinderte


selbstbestimmt lebenkönnen.


Auch Minderjährige haben darauf


einen Anspruch, egal ob sie


handlungsfähig sind oder nicht.


Das hält das Bundesgericht fest.


KATHRIN ALDER


Wer aufgrund einer Krankheit oder
von Geburt an seinen Alltag nicht ohne
Hilfe bewältigen kann, darf eine Hilf-
losenentschädigungbeanspruchen.Wer
darüber hinaus aufregelmässige Hilfe
angewiesen ist, aber dennoch in seinem
eigenen Zuhause leben möchte, hat An-
spruch auf einen Assistenzbeitrag. Die-
ser soll vor allem ermöglichen, dass Be-
hinderte eigenverantwortlich und selbst-
bestimmt lebenkönnen.
Geregelt ist der Assistenzbeitrag im
Bundesgesetz über die Invalidenver-
sicherung (IVG). Dieses unterscheidet
beim Anspruch zwischen volljährigen
und minderjährigenVersicherten. Letz-
tere können einen Assistenzbeitrag be-
antragen, wenn sie mindestens sechs
Stunden imTag bet reut werden müssen,
so steht es in der entsprechendenVer-
ordnung.Dennoch verneinten die IV-
Stelleund dasVersicherungsgericht des
Kantons St. Gallen den Anspruch eines
knapp sechsjährigenJungen mit einem
Betreuungsaufwand von mindestens
sechs Stunden imTag.


Diverse Geburtsgebrechen


Der Junge kam zu früh auf dieWelt
und leidet seither an diversen Geburts-
gebrechen. Nach einem längeren Spital-
aufenthalt wohnt er nun zu Hause bei
den Eltern. Die Eltern gelangten denn
auch an das Bundesgericht, wo sie den
Entscheid des St. GallerVersicherungs-
gerichts anfochten. In ihrem am Don-
nerstag publizierten Entscheid heis-
sen die Richter in Luzern nun die Be-
schwerde der Eltern gut.
Die Vorinstanz hatte ihren Ent-
scheid damit begründet, dass der Um-
stand, dass eine versicherte Person
einen Intensivpflegezuschlag von min-
destens sechs Stunden beziehe, nicht für


deren ausreichende Handlungsfähigkeit
oder Selbständigkeit spreche. Sinn und
Zweck des Assistenzbeitrags sei aber
genau, dem Bezüger ein selbständiges
und eigenverantwortliches Leben zu er-
möglichen. Eine derart intensive Be-
treuung und Pflege, wie sie derJunge
benötige, rechtfertige einen Assistenz-
beitrag somit nicht. Zwar seien die
gesetzlichenVoraussetzungen für den
Anspruch erfüllt. Doch erachtete das
Gericht die Anforderung eines im
Minimum sechsstündigen Betreuungs-
aufwands für gesetzeswidrig.

Keine Diskriminierung


Das Bundesgericht lässt diese Argu-
mentation nicht gelten. Es legt zu-
nächst dar, dass das Gesetz selbst den
Anspruch auf einenAssistenzbeitrag für
Minderjährige ausweite: Demnach sol-
len auch diejenigen einen Beitrag er-
halten, die nicht uneingeschränkt hand-
lungsfähig sind. Schliesslich setzten sich
die Richter in Luzern intensiv mit der
Entstehung des IVG auseinander. Ins-
besonderedie zuständigeKommission
des Ständerats habedas Kriterium der
Handlungsfähigkeit genau geprüft. Sie
habe vermeiden wollen,dassVersicherte
mit eingeschränkter Handlungsfähigkeit
diskriminiert würden.Auf keinenFall
sollten zwei Kategorien von Behinder-
ten geschaffen werden.
Mit Blick auf die Anspruchsberech-
tigung minderjährigerVersicherter für
einen Assistenzbeitrag hält das Bun-
desgericht abschliessend fest, die Hand-
lungsfähigkeit müsseals taugliches Ab-
grenzungskriterium zwangsläufig ausser
Betracht fallen.Ferner sei auch der ent-
sprechendePassus der IV-Verordnung
nicht gesetzeswidrig, wie von derVor-
instanzkonstatiert.Vielmehr habe der
Bundesrat alsVerord nungsgeber über
einen sehr grossen Gestaltungsspiel-
raum verfügt. Entgegen der Annahme
der Vorinstanz ergäben sich aus dem
Gesetzkeine Schranken für den Assis-
tenzbeitragsanspruch von Minderjähri-
gen,weder hinsichtlich der Urteilsfähig-
keit noch in Bezug auf ein Mindestmass
an Autonomie.

Urteil 8C_9/2019 vom 22 .8.19 –BGE-Publi-
kation.

GLEICHNACHDERDT.GRENZE
WALDSHUT-

TIENGEN
WALDSHUTERSTRASSE^25

WHO’SPERFECT–LaNuova Casa MöbelhandelsGmbH&Co.KG·WaldshuterStraße 25 ,Waldshut-Tiengen,Deutschland·Tel.:+ 497751 /8 948720 ·Öffnungszeiten:Mo–Sa9–19Uhr*Sie erhalten bis zu 44 %Rabatt auf die UVP der Hersteller.

WHO’SPERFECTbieteteingroßesAngebotan hoch-
wertigen,italienischenDesignermöbeln zuattraktiven
Preisen.Kurznachderdeutschen Grenzewartetaufüber
2.600m^2 erstklassigesDesignaufSie.LassenSiesichvor-
abinunseremOnline-Shopwhos-perfect.deinspirieren.

VORTEILEFÜR KUNDEN AUSDER SCHWEIZ:
•Lieferungbis inIhreWohnunginkl. Zollabwicklung
•Aufbau- undMontageservice
•Mehrwertsteuervorteil

ONLINE


whos-perfect.de

SHOPPEN

DEUTSC HLANDSNR.1FÜREXKLUSIVE


ITA LIENISCHEDESIGNERMÖBEL


BETTENab€ 94 9,–

BIS -^4

4 %



SA

LE

LUXUS

E

NOCH

WENIGE

TAGE!

TISCHEab€ 999 ,– STÜHLE ab€ 99 ,–

ECKSOFAab€1. 99 9,–
Free download pdf